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Bewahre christliches GleichgewichtDer Wachtturm 1969 | 15. Januar
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Bewahre christliches Gleichgewicht
„Christus [hat] für euch gelitten ..., euch ein Vorbild hinterlassend, damit ihr seinen Fußstapfen genau nachfolgt.“ — 1. Petr. 2:21.
1. Wofür hat Gott gesorgt, und was muß man tun, um aus dieser Vorkehrung Nutzen zu ziehen?
JEHOVA Gott hat dafür gesorgt, daß Menschen einst in einem gerechten neuen System der Dinge ewig leben können. Er gab „seinen einziggezeugten Sohn ..., damit jeder, der Glauben an ihn ausübt, nicht vernichtet werde, sondern ewiges Leben habe“. (Joh. 3:16) Um aber diesen wunderbaren Lohn, das ewige Leben, zu empfangen, müssen wir christliches Gleichgewicht bewahren. Jesus Christus, der Sohn Gottes, bewahrte jederzeit das Gleichgewicht und ist dadurch unser bestes Beispiel oder Vorbild geworden. Wer daher beständig vor Gott wandeln möchte, muß ‘Christi Fußstapfen genau nachfolgen’. (1. Petr. 2:21) Es ist allerdings nicht immer leicht, das christliche Gleichgewicht zu bewahren.
2. Was versteht man unter Gleichgewicht?
2 Was unter Gleichgewicht zu verstehen ist, geht aus folgender, einem englischen Wörterbuch (Webster’s Dictionary of Synonyms) entnommenen Erklärung hervor: „Gleichgewicht ist ein Zustand, bei dem kein Teil, Element, Faktor oder Einfluß überwiegt. Es deutet auf eine Beständigkeit oder Festigkeit hin, die gewöhnlich erst wahrnehmbar wird, wenn eine Störung eintritt ... ein Mensch verliert also sein Gleichgewicht und fällt hin, wenn er auf dem Eis ausrutscht und sich dadurch sein Gewicht verlagert und seine Beine ihn nicht mehr stützen.“ Wer auf diese Weise das Gleichgewicht verliert und dann hinfällt, kann sich einen Schaden zuziehen. Auf dem Fahrrad oder Motorrad das Gleichgewicht zu verlieren kann einen schweren oder sogar tödlichen Unfall zur Folge haben. Die Bewahrung des körperlichen Gleichgewichts ist somit sehr wichtig.
SICH CHRISTLICHES GLEICHGEWICHT ANEIGNEN
3. Warum ist das geistige Gleichgewicht so wichtig? Ist es uns angeboren?
3 Noch wichtiger aber ist das geistige Gleichgewicht, denn es ist unerläßlich, um Gottes Segen und ewiges Leben zu erlangen. Adam und Eva, das erste Menschenpaar, verloren das geistige Gleichgewicht; sie wichen vom rechten Weg ab und wurden Gott ungehorsam. Die Folge war, daß sie sterben mußten und daß das Leben ihrer Nachkommen, zu denen auch wir gehören, von Anfang an sozusagen nicht im Gleichgewicht war. Ja, wir alle wurden in Sünde empfangen und in Ungerechtigkeit oder mit der natürlichen Neigung zum Unrechttun geboren. — Ps. 51:5; Röm. 5:12.
4. Wie eignet man sich geistiges Gleichgewicht an, und kann man es wieder verlieren?
4 Da das christliche Gleichgewicht uns also nicht angeboren ist, müssen wir es uns allmählich aneignen. Wie ein Kleinkind, das laufen lernt, sich anstrengen muß, um allmählich das körperliche Gleichgewicht zu erlangen, so müssen auch wir uns anstrengen und beharrlich sein, wenn wir uns christliches Gleichgewicht aneignen möchten. Schon viele haben sozusagen laufen gelernt, das heißt, sie haben begonnen, als Christen den Fußstapfen des Meisters, Jesu Christi, zu folgen. Sie haben das Loskaufsopfer angenommen, haben sich von der gegenwärtigen bösen Welt und ihren schlechten Gewohnheiten abgewandt und sich sogar Jehova Gott hingegeben, um ihm zu dienen. (Matth. 20:28; Joh. 17:16; Hebr. 10:7) Sie haben aber das christliche Gleichgewicht nicht bewahrt. Irgend etwas hat sie aus dem Gleichgewicht geworfen und bewirkt, daß sie den Fußstapfen Christi nicht mehr folgten.
5. Was mag sich jeder Christ fragen?
5 Es erhebt sich daher die Frage: Können wir das christliche Gleichgewicht, das wir uns angeeignet haben, in jeder Lebenslage bewahren? Können wir den Fußstapfen Christi jederzeit genau nachfolgen? Wer ewiges Leben in Gottes gerechtem neuem System erlangen möchte, muß dies tun! — 2. Petr. 3:13; Offb. 21:3, 4.
DAS GLEICHGEWICHT BEWAHREN IN UNSEREM VERHÄLTNIS ZU GOTT
6. Welches ist die erste Voraussetzung für das christliche Gleichgewicht? Welches Beispiel gab Christus durch seine Einstellung gegenüber Gott?
6 Die erste Voraussetzung für das christliche Gleichgewicht ist ein richtiges Verhältnis zu unserem Schöpfer, zu Jehova Gott. Was ist aber unter einem richtigen Verhältnis zu Gott zu verstehen? Denke an Christus, unser vollkommenes Vorbild. Er stellte sich seinem Vater bereitwillig zur Verfügung, um seinen Willen zu tun. Die Gottesanbetung bildete stets den Mittelpunkt seiner Tätigkeit. Er war jederzeit vor allem darauf bedacht, seinem Vater zu gefallen. Auch wir sollten uns der Wichtigkeit, unserem Schöpfer zu dienen, bewußt sein und sollten stets daran denken, daß wir in seiner Schuld stehen. Jehova gibt uns alles, was wir zum Leben benötigen, auch die Sonne, den Regen, die Luft, die wir atmen, und die Speise, die wir genießen, aber auch die Dinge, die wir zur Stärkung unseres Geistes benötigen. (Matth. 5:45; Apg. 14:15-17) Wir sollten wie der Psalmist bereit sein zu sagen: „Bei dir ist der Quell des Lebens.“ — Ps. 36:9.
7. Wie sollten wir als ausgeglichene Christen unsere Verpflichtungen Gott gegenüber ansehen?
7 Was aber können wir Gott für seine Güte geben, da ihm doch alles gehört? Wir haben einen freien Willen und können daher aus freien Stücken Jehova Gott anbeten und ihm dienen; wir können ihn mit unserem ganzen Herzen, unserem ganzen Sinn, unserer ganzen Seele und unserer ganzen Kraft lieben. (Matth. 22:37, 38) Eine solch ganzherzige Hingabe kann nichts mit Unausgeglichenheit zu tun haben, sondern setzt voraus, daß man im richtigen Verhältnis zu Gott steht. Jesus Christus sagte: „Jehova, deinen Gott, sollst du anbeten, und ihm allein sollst du heiligen Dienst darbringen.“ (Matth. 4:10) Um das christliche Gleichgewicht zu bewahren, muß man Gott ausschließlich ergeben sein.
8. Welches Beispiel zeigt, daß es nicht so leicht ist, Gott ausschließlich ergeben zu sein?
8 Es ist jedoch viel leichter, darüber zu reden, daß man Gott lieben sollte, und viel leichter, darüber zu schreiben, daß man Christus nachahmen und Gott unter allen Umständen ausschließlich ergeben sein sollte, als es wirklich zu tun. Als zum Beispiel König Salomo Jehova noch treu diente, schrieb er: „Fürchte [den wahren, NW] Gott und halte seine Gebote.“ (Pred. 12:13) Später ließ sich Salomo aber dazu verleiten, Gottes Gebote außer acht zu lassen, und er handelte nicht mehr nach dem, was er geschrieben hatte. Warum? Was erschwert es dem Menschen so sehr, das christliche Gleichgewicht zu bewahren?
9. Warum ist es schwierig, das christliche Gleichgewicht zu bewahren?
9 Es ist nicht nur seine Neigung zur Sünde und zum Unrechttun. (Röm. 7:20, 21) Ein weiterer bedeutender Faktor ist der schlechte Einfluß Satans, des Teufels, des unsichtbaren Geistgeschöpfes, das in der Bibel der „Gott dieses Systems der Dinge“ genannt wird. (2. Kor. 4:4) Satan geht darauf aus, unser Verhältnis zu Gott zu zerstören, indem er Situationen oder Verhältnisse herbeiführt, die uns aus dem Gleichgewicht bringen könnten. Jesus Christus gab dies zu verstehen, als er in der Nacht vor seinem Tod zu seinem Apostel Simon Petrus sagte: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat danach verlangt, euch wie Weizen zu sichten.“ (Luk. 22:31) Eine eingehende Betrachtung der Bemühungen Satans, Petrus zu veranlassen, so zu handeln, daß er Gottes Gunst verloren hätte, kann uns helfen, das christliche Gleichgewicht zu bewahren.
FURCHT KANN UNS AUS DEM GLEICHGEWICHT BRINGEN
10. (a) Zur Feier welches religiösen Festes kamen Jesus und seine Jünger am 14. Nisan des Jahres 33 u. Z. zusammen? (b) Warum ist anzunehmen, daß sie wahrscheinlich kurz vor Mitternacht zum Garten Gethsemane hinausgingen?
10 Betrachten wir zunächst den Rahmen, in dem sich die denkwürdigen Ereignisse abspielten. Es war im Vorfrühling des Jahres 33 u. Z., im Monat Nisan, an dem Tag, da das jährliche Passah gefeiert wurde. Jesus und seine Apostel hatten sich an diesem Tag nach 18 Uhr — denn um diese Zeit begann der jüdische Tag — in einem Obersaal irgendwo in Jerusalem zu dieser Feier versammelt. Nach Gottes Anweisungen mußte das Passahlamm bis zum 14. Nisan aufbewahrt und dann „zwischen den zwei Abenden“ (oder, gemäß der Erklärung gewisser Gelehrter, zwischen dem Sonnenuntergang und dem Einbruch der eigentlichen Dunkelheit) geschlachtet und danach ganz gebraten werden. (2. Mose 12:6-10) Ein solches Tier ganz zu braten dauerte vielleicht etwa vier bis fünf Stunden. Als das Passahmahl beendet war und Christus die Feier zum Gedächtnis an seinen Tod einsetzte, war es daher wahrscheinlich kurz vor Mitternacht. Danach begab sich Jesus mit seinen Jüngern hinaus zum Garten Gethsemane, wo er festgenommen und dann abgeführt wurde. — Mark. 14:17-46.
11. Was tat Petrus, als Jesus in Gewahrsam genommen wurde?
11 Über das, was danach in jenen kühlen, düsteren Morgenstunden geschah, berichtet die Bibel: „Sie führten Jesus nun ab zum Hohenpriester, und alle Oberpriester und die älteren Männer und die Schriftgelehrten kamen zusammen. Petrus aber folgte ihm in gutem Abstand bis hinein in den Hof des Hohenpriesters; und er saß mit den Dienern des Hauses zusammen und wärmte sich an einem hellen Feuer. Mittlerweile suchten die Oberpriester und der ganze Sanhedrin nach einem Zeugnis gegen Jesus, um ihn zu Tode zu bringen, aber sie fanden keines. In der Tat, viele legten falsches Zeugnis gegen ihn ab.“ — Mark. 14:53-56.
12. Wie wurde Jesus zu dieser Zeit behandelt?
12 Jesus wurde durch jene falschen Zeugenaussagen verleumdet. Das war aber nicht alles, denn in dem inspirierten Bericht heißt es weiter: „Einige fingen an, ihn anzuspeien, und einige, sein ganzes Gesicht zu verhüllen und ihn mit den Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: ‚Prophezeie!‘ Und die Gerichtsdiener gaben ihm Backenstreiche und übernahmen ihn.“ (14:65) Welche Ungerechtigkeit! Jener Pöbel handelte unter dem Einfluß des Teufels. Satan hatte ihn aufgestachelt und veranlaßt, Jesus zu mißhandeln und zu schmähen. Wie berührte dies Petrus? Bewahrte er wie sein Meister unter diesen schwierigen Verhältnissen das richtige Gleichgewicht?
13. Was bewirkte diese Behandlung Jesu bei Petrus?
13 Wir werden nicht im ungewissen gelassen, denn die Bibel berichtet weiter: „Während Petrus nun unten im Hofe war, kam eines von den Dienstmädchen des Hohenpriesters, und als sie Petrus sich wärmen sah, schaute sie ihn direkt an und sagte: ‚Auch du warst mit dem Nazarener, diesem Jesus.‘ Er aber leugnete es, indem er sprach: ‚Ich kenne ihn nicht und verstehe auch nicht, was du sagst‘, und er ging hinaus zur Vorhalle. Als das Dienstmädchen ihn dort erblickte, fing sie wieder an, zu den Dabeistehenden zu sagen: ‚Dieser ist einer von ihnen.‘ Wieder leugnete er es. Und nochmals, nach einer kleinen Weile, begannen die Dabeistehenden zu Petrus zu sagen: ‚Bestimmt bist du einer von ihnen, denn du bist ja ein Galiläer.‘ Er aber fing an zu fluchen und zu schwören: ‚Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet.‘“ — Mark. 14:66-71.
14. Was veranlaßte Petrus, Christus zu verleugnen?
14 Das stimmte aber nicht, denn Petrus kannte Jesus. Er hatte sogar nur wenige Stunden vorher, als er noch mit Jesus zusammen war, erklärt: „Herr, ich bin bereit, mit dir sowohl ins Gefängnis als auch in den Tod zu gehen.“ „Wenn auch alle anderen deinetwegen zum Straucheln kommen, werde doch ich niemals straucheln!“ (Luk. 22:33; Matth. 26:33) Wodurch wurde dieser plötzliche Gesinnungswechsel bei Petrus hervorgerufen? Durch Furcht. Petrus kam ganz unerwartet in diese Situation. Jesus war als ein gemeiner Verbrecher hingestellt worden. Die Wahrheit war entstellt worden. Das Recht war als Unrecht und der Unschuldige als schuldig hingestellt worden. Unter dem Druck der Verhältnisse wurde Petrus aus dem Gleichgewicht geworfen. Ganz unerwartet war seine Treue zu Jesus erschüttert worden. Hinterher tat es ihm leid. „Er brach zusammen und weinte“, heißt es in der Bibel. — Mark. 14:72.
DAS KANN AUCH HEUTE GESCHEHEN
15. (a) Warum können wir in ähnliche Situationen kommen wie Petrus? (b) Wurde Petrus durch dieses Erlebnis für immer aus dem Gleichgewicht geworfen?
15 Heute können ähnliche Situationen entstehen. Satan, der Teufel, ist immer noch am Werk, und er bemüht sich auch heute, Christen aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihr Verhältnis zu Gott zu erschüttern. Ohne Zweifel wendet er bei Christen heute die gleichen Methoden an, die er bei Petrus mit Erfolg anwandte. Petrus gewann sein geistiges Gleichgewicht allerdings schnell wieder. Er zeigte bittere Reue und erlangte die Vergebung, die er ernstlich suchte. Er wurde einer der furchtlosesten Diener des verachteten Jesus Christus und starb in Treue zu Jehova Gott. Doch wie elend muß ihm zumute gewesen sein, als er Jesus, seinen Meister, dreimal verleugnet hatte! Wieviel besser wäre es doch gewesen, er hätte es nicht getan! Weißt du, wie du handeln würdest, wenn du in eine ähnliche Situation kämest wie Petrus? Solche Situationen können und werden sogar sehr wahrscheinlich entstehen.
16. Was mag einen Christen heute aus dem Gleichgewicht bringen?
16 Es gibt viele Situationen, in denen unangebrachte Furcht einen Gott hingegebenen Christen aus dem Gleichgewicht bringen und ihn veranlassen kann, sein Verhältnis zu Jehova Gott zu vergessen. Es mag die Furcht vor dem sein, was die Nachbarn denken könnten, wenn sie sehen, daß man mit der Königreichsbotschaft von Haus zu Haus geht. Ja, was könnte geschehen, wenn man von seinem Arbeitgeber gesehen würde! Welch furchterregender Gedanke für jemand, der vergessen hat, daß das, was Gott von ihm denkt, maßgebend ist! Jugendliche neigen besonders dazu, sich vor dem zu fürchten, was andere von ihnen denken könnten.
17, 18. Wie könnte in der Schule während des Unterrichts eine ähnliche Situation entstehen wie damals bei Petrus?
17 Angenommen, du bist ein jugendlicher Christ und gehst noch zur Schule. Während des Unterrichts entsteht eine Diskussion über die biblischen Glaubensansichten der Zeugen Jehovas. Voreingenommenheit und Patriotismus herrschen vor. „Jehovas Zeugen sind Staatsfeinde, sie sind gegen die Regierung“, behauptet ein Junge. Eine ähnliche Anklage schleuderte man Jesus am Tage seiner Hinrichtung ins Gesicht. (Luk. 23:2) „Jehovas Zeugen gehen nicht zur Wahl und kämpfen nicht für ihr Vaterland“, ruft ein anderer Junge. Jesus Christus und die ersten Christen verhielten sich den politischen Angelegenheiten der Nationen gegenüber ebenfalls streng neutral. (Joh. 6:15; 15:17-19; Jak. 4:4) In einem modernen Lehrbuch heißt es: „Eifrige Christen dienten nicht in der Armee und lehnten es ab, ein politisches Amt zu bekleiden.“a Schüler und Lehrer wissen jedoch nicht, was die Bibel hierüber lehrt, und sie kennen auch die Glaubensansichten und die Verhaltensweise der ersten Christen nicht. Die Diskussion wird immer hitziger.
18 „Jehovas Zeugen sind antichristlich“, behauptet ein Mädchen, „denn sie feiern nicht einmal Weihnachten!“ Die Stimmung gegen Jehovas Zeugen steigert sich. Die Anwesenden wissen nicht, daß Weihnachten ein heidnisches Fest ist, daß es dafür in der Bibel keine Stütze gibt und daß die ersten Christen es nicht feierten. Sie wissen nicht, was anerkannte Nachschlagewerke darüber sagen. Dann bringt ein Junge die Anklage vor: „Jehovas Zeugen haben keine Liebe zu ihren Kindern. Sie lassen sie lieber sterben, als daß sie den Ärzten gestatten, ihnen durch eine Blutübertragung das Leben zu retten!“ Wie grausam diese Zeugen Jehovas doch sein müssen! Das ist die Ansicht aller. Sie wissen nicht, daß die Bibel den Blutgenuß streng verbietet und daß die ersten Christen sich sowohl des Tier- als auch des Menschenblutes enthielten.b — 3. Mose 17:10; Apg. 15:20, 29.
19. (a) Vor welchen Fragen würde ein jugendlicher Christ in einer solchen Situation stehen? (b) Wann sollte man sich auf solche Situationen vorbereiten?
19 Nun wendet sich auf einmal ein Schüler an dich mit der Frage: „Bist du nicht ein Zeuge Jehovas?“ Jetzt befindest du dich in einer ähnlichen Situation wie damals der Apostel Petrus. Was sagst du? Wie begegnest du dieser Situation? Bewahrst du christliches Gleichgewicht? Beweist du wie Jesus Christus, daß du ein treuer Zeuge Jehovas Gottes bist? (Joh. 17:6; Offb. 1:5) Wenn du in einer solchen Situation standhaft bleiben möchtest, dann mußt du dich jetzt darauf vorbereiten. Du mußt jetzt den festen Entschluß fassen, in solchen Situationen ebenso furchtlos zu sein wie Jesus Christus. Das wird dir helfen, das Gleichgewicht zu bewahren.
VORBEREITUNG
20. Was ist zur Bewahrung des christlichen Gleichgewichts unerläßlich, und wie bewies Jesus, daß er diese Notwendigkeit erkannt hatte?
20 Um das richtige Verhältnis zu Jehova Gott aufrechtzuerhalten und dadurch unser christliches Gleichgewicht zu bewahren, müssen wir beten und uns regelmäßig mit Gottes Wort befassen. Jesus hatte diese Notwendigkeit erkannt. In den letzten, so denkwürdigen Stunden seines irdischen Lebens war er sich dessen besonders bewußt. Als er daher in jener letzten Nacht noch mit seinen Jüngern im Obersaal zusammen war, sprach er ihnen Mut zu und stärkte ihren Glauben. Abschließend sagte er noch: „In der Welt werdet ihr Drangsal haben, doch faßt Mut! Ich habe die Welt besiegt.“ Dann sprach er im Kreise seiner Jünger noch ein langes Gebet und ging dann mit ihnen hinaus zum Garten Gethsemane. — Joh. 16:33 bis 18:1.
21, 22. Wie zeigte es sich, daß die Jünger im Garten Gethsemane Christus nicht nachahmten?
21 Dort in jenem Garten betete Jesus erneut zu seinem himmlischen Vater und bat ihn um Führung und Leitung. Bevor er wegging, um allein zu beten, sagte er zu Petrus und zu zwei anderen Jüngern: „Bleibt hier und wachet!“ Taten sie dies aber? Befolgten sie seine Anweisung? Die Bibel berichtet: „Er kam und fand sie schlafend.“ Welche Enttäuschung! Auf diese Weise konnten sie sich nicht auf das vorbereiten, was ihnen noch bevorstand. Jesus wandte sich darauf an Petrus und sagte: „Simon, schläfst du? Hattest du nicht die Kraft, eine einzige Stunde zu wachen? Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung hineinkommt. Der Geist ist zwar voller Eifer, das Fleisch aber ist schwach.“ (Mark. 14:32-38) Gewiß, es war schon spät, vielleicht schon nach Mitternacht, und sie waren körperlich müde. Sie hätten sich aber dennoch an Jesus ein Beispiel nehmen sollen. Sie hätten in jener Stunde den geistigen Dingen unbedingt mehr als die gewöhnliche Aufmerksamkeit schenken sollen. Der verheißene Same des Weibes Gottes sollte zermalmt werden. Welch denkwürdiger Anlaß! — 1. Mose 3:15; Gal. 3:16.
22 Nahmen Petrus und die anderen Jünger die zweite dringende Ermahnung Jesu ernst? Markus berichtet: „Und er ging wieder hin und betete und sprach dasselbe Wort. Und wieder kam er und fand sie schlafend, denn ihre Augen waren beschwert, und so wußten sie nicht, was sie ihm antworten sollten.“ (Mark. 14:39, 40) Petrus und seine Gefährten hörten nicht. Sie beachteten die Anweisungen Jesu nicht. Bevor Jesus zum drittenmal wegging, um zu beten, ermahnte er seine Jünger bestimmt wiederum, zu wachen und zu beten. Aber sie beachteten seine Ermahnungen auch diesmal nicht, denn Jesus „kam zum drittenmal und sprach zu ihnen: ‚Zu einer solchen Zeit, wie diese es ist, schlaft ihr und ruht euch aus! Es ist genug! Die Stunde ist gekommen! Seht, der Sohn des Menschen wird in die Hände von Sündern verraten.‘“ — Mark. 14:41.
23. (a) Was trug ohne Zweifel dazu bei, daß die Jünger Jesus im Stich ließen, und was kann daher nicht genug betont werden? (b) Warum ist anzunehmen, daß Satan heute noch aktiver ist als damals?
23 Veranlaßte diese Gleichgültigkeit und Schläfrigkeit die Jünger einige Augenblicke später vielleicht auch, Jesus im Stich zu lassen und zu fliehen, wie es vorhergesagt worden war? (Mark. 14:50; Matth. 26:31; Sach. 13:7) Es kann nicht genug betont werden, daß ein Christ sich unbedingt vorbereiten und seinen Glauben stärken muß, wenn er in Glaubensprüfungen standhaft bleiben möchte. Das ist heute genauso notwendig wie damals. Wir leben in einer Zeit, in der Satan wahrscheinlich noch aktiver ist als damals. Biblische Prophezeiungen zeigen deutlich, daß er vor einiger Zeit, in unserer Generation, samt seinen Dämonen aus dem Himmel hinausgeworfen wurde. Was dies bewirkte, war durch die Stimme aus dem Himmel mit den Worten angekündigt worden: „Wehe der Erde und dem Meer, weil der Teufel zu euch hinabgekommen ist und große Wut hat, da er weiß, daß er nur eine kurze Frist hat.“ (Offb. 12:12) Wir leben heute in dieser kurzen Frist. Satan tut alles, was in seiner Macht steht, um Christen aus dem Gleichgewicht zu bringen und dadurch zu bewirken, daß sie Gottes Gunst verlieren.
24. Was müssen alle Christen tun, um das Gleichgewicht zu bewahren?
24 Wir dürfen daher jetzt nicht gleichgültig werden. Wir müssen geistig wachbleiben und uns auf die unmittelbar vor uns liegenden Glaubensprüfungen vorbereiten. Denke nicht, du seiest nun schon so viele Jahre ein aktiver Christ gewesen, daß dein Verhältnis zu Jehova Gott nicht mehr gefährdet werden und nichts bewirken könne, daß du seine Gunst verlierst. Denke nicht, du könntest es dir leisten, den Zusammenkünften der Versammlung fernzubleiben, oder du brauchtest nicht aufmerksam zu sein, wenn über geistige Dinge gesprochen wird. (Hebr. 2:1; 10:24, 25) Wir alle müssen geistig wachbleiben und müssen Gottes Wort regelmäßig für uns und im Kreise unserer Mitchristen studieren, wenn wir christliches Gleichgewicht bewahren wollen. Auch das Gebet dürfen wir nicht vernachlässigen. Ein inniges Verhältnis zu Gott, das durch eine ständige Verbindung mit ihm aufrechterhalten wird, ist unerläßlich. Ahme Christus nach! Obwohl er geistig stärker war als jeder andere Mensch, betete er beharrlich, ganz besonders in der letzten Nacht seines irdischen Lebens. Wenn wir das geistige Gleichgewicht bewahren möchten, müssen wir dies ebenfalls tun.
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25. Was half Jesus, das Gleichgewicht zu bewahren?
25 Der Wunsch, seinem himmlischen Vater zu gefallen, und seine Freude darauf, von ihm ewiges Leben zu empfangen, halfen Jesus, das geistige Gleichgewicht zu bewahren. Wir werden deshalb aufgefordert, „unseren Blick auf Jesus, den Hauptvermittler und Vervollkommner unseres Glaubens, gerichtet [zu] halten. Für die vor ihm liegende Freude erduldete er einen Marterpfahl, der Schande nicht achtend, und hat sich zur Rechten des Thrones Gottes niedergesetzt.“ (Hebr. 12:2) Folge also dem Beispiel Jesu, und bewahre das Gleichgewicht! Halte deinen Blick auf das Vorrecht gerichtet, deinen Schöpfer zu ehren, und auf seine Belohnung: das ewige Leben!
26. Warum ist es nicht immer leicht, die Interessen Gottes in unserem Leben allem voranzustellen?
26 Es mag jedoch nicht immer leicht sein, die Interessen Jehovas Gottes, der unsichtbar ist, im Leben allem voranzustellen. Es ist besonders in der gegenwärtigen Welt mit ihren vielen sichtbaren Lockungen nicht leicht. Denken wir zum Beispiel an das Geld und die vielen schönen Dinge, die man damit kaufen kann. Viele Christen sind durch ein unbeherrschtes Verlangen nach materiellen Dingen aus dem Gleichgewicht geworfen worden. (2. Tim. 4:10) Sie haben Jesus Christus, der die Interessen seines Vaters stets allem voranstellte, nicht nachgeahmt. Ja, die persönliche Bequemlichkeit kam bei Jesus wirklich an zweiter Stelle, denn er sagte einmal: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels haben Schlafsitze, der Sohn des Menschen aber hat keine Stätte, wo er sein Haupt niederlegen kann.“ — Luk. 9:58.
27. Welches vortreffliche Beispiel gaben uns Moses und David?
27 Auch der Patriarch Moses stellte die Gottesanbetung in seinem Leben allem voran und gab uns dadurch ein vortreffliches Beispiel. Er wurde als Sohn der Tochter des Pharaos erzogen und genoß ohne Zweifel den Prunk am Hofe dieses mächtigen Herrschers. Doch Moses zog die Schmach eines Dieners Jehovas Gottes allen Schätzen Ägyptens vor. Warum? Der Bibelbericht lautet: „Er blieb standhaft, als sähe er den Unsichtbaren.“ (Hebr. 11:23-27) Ja, er richtete seine Aufmerksamkeit unablässig auf Jehova, seinen unsichtbaren Gott. Mose vorbildliches geistiges Gleichgewicht war auf sein Verhältnis zu Jehova Gott zurückzuführen. Er wußte, daß Jehova alles gehört und daß Anbetung und Ergebenheit alles ist, was Menschen ihm zurückgeben können. Der Psalmist David, der später lebte als Moses, war ebenso eingestellt. Er schrieb: „Ich habe Jehova stets vor mich gestellt.“ — Ps. 16:8.
28. Welche abschließende Ermahnung sollten wir unbedingt beherzigen?
28 Um das christliche Gleichgewicht zu bewahren, müssen auch wir diesen Standpunkt einnehmen, und zwar besonders heute, da es so viele verlockende materielle Dinge gibt. Wenn man diesen Dingen zu große Aufmerksamkeit schenkt, könnte man aus dem Gleichgewicht geraten. Halte daher deinen Blick stets auf die Dinge gerichtet, die droben sind, auf deinen unsichtbaren Gott, und mache nicht irgendwelche eigennützigen materiellen Interessen zum Mittelpunkt deines Strebens. (Kol. 3:2) Ja, wenn du dem Beispiel Jesu Christi folgst, der ‘uns ein Vorbild hinterlassen hat, damit wir seinen Fußstapfen genau nachfolgen’, wirst du das christliche Gleichgewicht bewahren können und mit ewigem Leben belohnt werden. — 1. Petr. 2:21.
Gürtet euren Sinn zur Tätigkeit, bewahrt völliges Gleichgewicht; setzt eure Hoffnung auf die unverdiente Güte, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht wird. Formt euch als gehorsame Kinder nicht mehr nach den Begierden, die ihr früher in eurer Unwissenheit hattet, sondern in Übereinstimmung mit dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch ihr selbst heilig in eurem ganzen Wandel, weil geschrieben steht: „Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin.“ — 1. Petr. 1:13-16, NW, englische Ausgabe 1950.
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Das Gleichgewicht bewahren im Umgang mit unseren MitmenschenDer Wachtturm 1969 | 15. Januar
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Das Gleichgewicht bewahren im Umgang mit unseren Mitmenschen
‘Wer Gott liebt, liebe auch seinen Bruder.’ — 1. Joh. 4:21.
1. Was setzt die Bewahrung des christlichen Gleichgewichts außer Liebe zu Gott noch voraus, und wie zeigt dies der Apostel Johannes?
DIE ausschließliche Anbetung Jehovas, unseres himmlischen Vaters, ist zur Bewahrung des christlichen Gleichgewichts unerläßlich, aber untrennbar damit verbunden ist die Liebe zu unseren Mitmenschen, besonders zu denen, die uns im christlichen Glauben verwandt sind. (Gal. 6:10) Wir müssen also auch das richtige Verhältnis zu unseren christlichen Brüdern haben, wenn wir christliches Gleichgewicht bewahren möchten. Der Apostel Johannes wies treffend auf diese Tatsache hin, als er schrieb: „Wenn jemand erklärt: ‚Ich liebe Gott‘, und haßt doch seinen Bruder, so ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann Gott nicht lieben, den er nicht gesehen hat. Und wir haben dieses Gebot von ihm, daß, wer Gott liebt, auch seinen Bruder liebe.“ — 1. Joh. 4:20, 21.
2. Wie denken viele Weltmenschen über ihr Verhältnis zu ihren Mitmenschen? Wie sollte dagegen ein Christ seinen Mitmenschen gegenüber eingestellt sein?
2 Was schließt aber die Liebe zu unseren Mitchristen alles ein? Was ist unter einem richtigen Verhältnis zu ihnen zu verstehen? Wie sollten wir unseren Glaubensbrüdern in der Christenversammlung gegenüber eingestellt sein? In der Welt ist man geneigt, Freundschaften oder Bekanntschaften anzuknüpfen, durch die man zu Ehre und Ansehen gelangt. Man denkt auch gern, man sei mehr oder besser als andere. Viele stehen auf dem Standpunkt, man müsse andere betrügen oder übervorteilen, bevor man von ihnen betrogen oder übervorteilt werde. Wie ganz anders ist doch ein Christ eingestellt, der das richtige Gleichgewicht hat! Die inspirierte Ermahnung des Wortes Gottes lautet: „[Tut] nichts aus Streitsucht oder aus Selbstgefälligkeit ..., sondern in Demut [achtet] die anderen höher ... als euch selbst, indem ihr nicht nur eure eigenen Dinge im persönlichen Interesse im Auge behaltet, sondern im persönlichen Interesse auch die der anderen. Bewahrt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der, obwohl er in Gottes Gestalt existierte, ... sich selbst [entäußerte] und ... Sklavengestalt an[nahm].“ — Phil. 2:2-7.
3. Wie wäre das Leben, wenn jedermann so eingestellt wäre wie Christus?
3 Überlege einmal, wie angenehm das Leben wäre, wenn alle Menschen diesen biblischen Rat befolgen und Jesus Christus nachahmen würden. Dann würde niemand selbstsüchtig das Eigentum oder die Fähigkeiten eines anderen begehren; niemand würde versuchen, sich hervorzutun, um zu beweisen, daß er besser sei als andere. Auch würde niemand einen anderen bloßstellen wollen, um ihn in Verlegenheit zu bringen. Die selbstsüchtige, weltliche Einstellung, die jemand veranlaßt, zu denken, er sei mehr oder besser als andere, stört das Gleichgewicht und die Beziehungen unter den Menschen. Christen sollten daher unbedingt den Rat des Apostels Paulus beherzigen:
4, 5. Welchen biblischen Rat sollten wir befolgen? Ist es aber immer leicht, dies zu tun?
4 „Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt ... ich [sage] einem jeden, der sich dort unter euch befindet, nicht höher von sich zu denken, als zu denken nötig ist ... Habt in brüderlicher Liebe innige Zuneigung zueinander. In Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor. Seid gegen andere gleichgesinnt wie gegen euch selbst; sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern laßt euch mit den niedrigen Dingen mitführen. Werdet nicht verständig in den eigenen Augen.“ — Röm. 12:2, 3, 10, 16.
5 Wir werden aber zugeben müssen, daß es viel leichter ist, davon zu reden, daß wir unsere Brüder lieben sollten, daß wir demütig sein, nichts aus Streitsucht oder Selbstgefälligkeit tun und die anderen höher achten sollten als uns selbst, als diesen inspirierten Anweisungen entsprechend zu handeln. Selbst die Apostel Jesu Christi hatten eine Zeitlang nicht das richtige Gleichgewicht, weil sie falsch eingestellt waren. Das zeigte sich ebenfalls beim letzten Passah, das Jesus am 14. Nisan des Jahres 33 u. Z. in einem Obersaal in Jerusalem feierte.
DER WORTSTREIT ÜBER DIE FRAGE, WER DER GRÖSSTE SEI
6. (a) Welche scharfe Auseinandersetzung entstand unter den Aposteln Jesu in der Passahnacht des Jahres 33 u. Z., und was gab wenige Tage vorher Anlaß zu einem ähnlichen Wortstreit? (b) Was sagte Jesus über das richtige Verhältnis seiner Nachfolger zueinander?
6 Nach dem Abendmahl des Herrn entstand eine scharfe Auseinandersetzung unter den Aposteln über die Frage, „wer von ihnen der Größte zu sein scheine“. (Luk. 22:24) Nur wenige Tage vorher, als sie nach Jerusalem unterwegs waren, um dort die ereignisreiche letzte Woche der irdischen Dienstzeit Jesu zu verbringen, war diese Sache schon einmal zur Sprache gekommen. Die Mutter der Apostel Jakobus und Johannes kam bei dieser Gelegenheit zu Jesus und bat ihn, er möchte ihren Söhnen in seinem Königreich eine besondere Stellung verleihen. „Als die zehn anderen davon hörten“, berichtet die Bibel, „wurden sie über die beiden Brüder unwillig.“ Jesus trat jedoch dazwischen und beschwichtigte ihren Zorn, indem er sie darauf hinwies, daß in Gottes Organisation eine ganz andere Ordnung herrsche, als sie es von der Welt gewohnt seien. Personen in verantwortlichen Stellungen unter ihnen müßten ihren Freunden dienen. „Wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein; geradeso wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und seine Seele als ein Lösegeld im Austausch gegen viele zu geben.“ — Matth. 20:17, 20-28.
7. Was erschwerte es den Aposteln, die Bedeutung des Rates Jesu richtig zu verstehen?
7 Allem Anschein nach verstanden die Apostel aber nicht recht, was Jesus damit meinte. Was er ihnen sagte, war für sie offenbar etwas völlig Neues, etwas ganz anderes als das, was sie zu sehen gewohnt waren, und es vermochte die weltliche Ansicht nicht aus ihrem Sinn zu verdrängen. Sie beharrten bei ihrer verkehrten Ansicht über ihr Verhältnis zueinander. Vielleicht dachten sie an die Zeit zurück, da die israelitischen Könige aus dem Geschlecht Davids herrschten, und stellten sich vor, Jesus Christus, der messianische König, werde auch das Haupt einer irdischen Regierung sein, in der es Männer gäbe, die eine hohe Stellung oder einen hohen Rang bekleideten. Sie mögen den ehrgeizigen Wunsch gehabt haben, in einer solchen Stellung zu dienen. Wie der Jünger Lukas berichtet, entstand deshalb nach der Einsetzung des Abendmahls des Herrn „ein hitziger Wortstreit unter ihnen darüber, wer von ihnen der Größte zu sein scheine“. — Luk. 22:24.
8. (a) Wie muß dieser Wortstreit Jesus berührt haben? (b) Was zeigt diese Begebenheit?
8 Beachten wir, daß es nicht nur eine kleine Meinungsverschiedenheit war, sondern ein „hitziger Wortstreit“. Diese Angelegenheit hatte die Apostel offenbar schon länger beschäftigt, und nun führte sie zu einem richtigen Wortgefecht. Jesus muß darüber sehr betrübt gewesen sein. Monatelang war er unter ihnen gewesen und hatte ihnen durch seine Demut und Bescheidenheit ein gutes Beispiel gegeben. Und gerade jetzt mußten sie sich wegen so etwas streiten. Es war die letzte Nacht seines irdischen Daseins, und seine Abschiedsworte sollten den Aposteln wegweisend sein und sie ermutigen. Ohne Zweifel hatte das, was Jesus in dieser Nacht über Gottes Königreich gesagt hatte, Anlaß zu diesem Streit unter den Aposteln gegeben. Das zeigt, wie sehr der Wunsch, etwas Besseres zu sein, eine hohe Stellung zu bekleiden und großes Ansehen zu genießen, bei einem unvollkommenen Menschen eingefleischt sein kann.
JESU LIEBEVOLLE BELEHRUNG UND SEIN BEISPIEL
9. Wie schlichtete Jesus diesen Streit?
9 Wie schlichtete Jesus diesen Streit? Wies er seine Jünger streng zurecht? Demütigte er sie, indem er sie scharf kritisierte? Nein, liebevoll und zweifellos in einem gefälligen Ton erklärte er ihnen nochmals geduldig, daß es unter Christen nicht so sei wie unter Weltmenschen. Er sagte: „Die Könige der Nationen spielen sich als Herren über sie auf, und jene, die Gewalt über sie haben, werden Wohltäter genannt. Ihr aber sollt nicht so sein, sondern möge der, der unter euch der Größte ist, wie der Jüngste werden, und der, der als Oberster amtet, wie der Dienende.“ Dann stellte er ihnen die Frage: „Wer ist größer, der zu Tische Liegende oder der, der bedient?“ Selbstverständlich ist der, der zu Tische liegt und bedient wird, der Größere. Jesus sagte jedoch: „Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende.“ — Luk. 22:25-27.
10. Welche Fragen darüber, ob die Apostel die Worte Jesu verstanden, erheben sich?
10 Begriffen sie diesmal, was Jesus ihnen sagen wollte? Verstanden sie jetzt völlig, daß alle Christen Brüder sein sollten und daß jemand, der in der Christenorganisation mehr Verantwortung hatte, wie der „Jüngste“ unter ihnen, das heißt der Demütigste, sein und die anderen höher achten sollte? (Matth. 23:8-12) Verstanden sie, daß in der Christenorganisation ganz anders gehandelt werden sollte, als es in der Welt üblich war? Die Jünger anerkannten die Tatsache, daß Jesus ihr Lehrer und Führer und somit der Größte unter ihnen war; darüber stritten sie sich nicht. Dennoch hatte er ihnen etwas früher an jenem Abend die Füße gewaschen. (Joh. 13:1-12) Er hatte sie tatsächlich bedient!
11. Auf welche Weise diente Jesus seinen Nachfolgern?
11 Mit den Worten: „Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“, wollte Jesus also offenbar nicht einfach sagen, daß er ihnen als Lehrer in geistiger Hinsicht diene. Nein, er bediente sie buchstäblich, wie ein Diener, indem er etwas tat, was normalerweise die Aufgabe weniger wichtiger Personen war. Er hatte an jenem Tag, dem letzten, an dem er mit ihnen im Fleische zusammen war, Petrus und Johannes nach Jerusalem vorausgeschickt, „und sie machten die Dinge für das Passah bereit“. — Matth. 26:17-19; Luk. 22:7-16; Mark. 14:12-18.
12. Auf welch ganz besondere Weise diente Jesus den zwölf Aposteln, bevor dieser Wortstreit entstand und er ihnen sagte, wie sie sich verhalten sollten?
12 Der Apostel Johannes, ein Augenzeuge dessen, was in jener Nacht geschah, schreibt darüber folgendes: „[Jesus] erhob ... sich vom Abendmahl und legte seine äußeren Kleider beiseite. Und er nahm ein leinenes Tuch und gürtete sich. Danach goß er Wasser in ein Becken und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem leinenen Tuch, mit dem er umgürtet war, abzutrocknen.“ (Joh. 13:2-5) Kannst du dir das vorstellen? Jesus ging von einem seiner Apostel zum anderen, kniete vor ihnen nieder, wusch ihre Füße und trocknete sie — sogar die des Judas Iskariot!
DIE BEDEUTUNG SEINER HANDLUNG
13. Welche biblischen Beispiele zeigen, daß es damals üblich war, anderen die Füße zu waschen, und wer mußte dies gewöhnlich tun?
13 Jemandem die Füße zu waschen war an sich damals nichts Außergewöhnliches. In orientalischen Ländern waren die Straßen oft staubig, und da die Leute meistens Sandalen trugen oder barfuß gingen, wurden ihre Füße schmutzig. Wenn daher jemand ein Haus betrat, ließ der Hausherr ihm zum Zeichen der Gastfreundschaft die Füße waschen. Sowohl Abraham als auch Lot erwiesen Fremden, die, wie es sich später herausstellte, verkörperte Engel waren, auf diese Weise Gastfreundschaft. (1. Mose 18:4; 19:2; Hebr. 13:2) Ein Pharisäer, bei dem Jesus zu Gast war, versäumte es aber, ihm diese freundliche Geste zu erweisen. (Luk. 7:44) Die Fußwaschung galt als eine sehr geringe Arbeit, die gewöhnlich dem niedrigsten Diener des Hauses übertragen wurde. Die junge Abigail bewies daher echte Demut, als sie zu den Dienern Davids sagte: „Siehe, deine Magd als Dienerin, um die Füße der Knechte meines Herrn zu waschen.“ — 1. Sam. 25:41; 1. Tim. 5:10.
14. Warum wusch Jesus diesmal seinen Aposteln die Füße, und wie reagierte Petrus zuerst?
14 Um seiner Belehrung den nötigen Nachdruck zu verleihen, beschloß Jesus, seinen Aposteln diesen so geringen und doch so notwendigen Dienst zu erweisen. Er begann ihnen die Füße zu waschen. Der Apostel Petrus verstand nicht, warum Jesus dies tat, und protestierte dagegen, daß sein Meister ihn wie ein geringer Sklave bedienen sollte. Jesus sagte aber zu Petrus: „Was ich tue, verstehst du jetzt nicht, doch wirst du es nach diesen Dingen verstehen.“ Als er dann mit dem Waschen fertig war und seine äußeren Kleider wieder angelegt und sich wieder am Tisch niedergelegt hatte, sagte er zu seinen Aposteln:
15. Wie erklärte Jesus seinen Nachfolgern, warum er ihnen die Füße gewaschen habe?
15 „Wißt ihr, was ich euch getan habe? Ihr redet mich mit ‚Lehrer‘ und ‚Herr‘ an und ihr sagt es mit Recht, denn ich bin es. Wenn nun ich euch, obwohl Herr und Lehrer, die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch das Beispiel gegeben, damit so, wie ich euch getan habe, auch ihr tun sollt. Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ein Sklave ist nicht größer als sein Herr, noch ist ein Gesandter größer als der, der ihn gesandt hat. Wenn ihr diese Dinge wißt, glücklich seid ihr, wenn ihr sie tut.“ — Joh. 13:6-17.
16. Was wollte Jesus ihnen dadurch einprägen?
16 Welch wirkungsvolle Art, seinen Aposteln einzuprägen, daß sie demütig gesinnt sein sollten, und ihnen vor Augen zu führen, daß sie nicht um der Ehre und des Ansehens willen nach einem Amt streben, sondern bereit sein sollten, einander die niedrigsten Dienste zu erweisen! Jesus führte damals nicht die Fußwaschungszeremonie ein, die in gewissen Religionsgemeinschaften der Christenheit üblich und mit viel Heuchelei verbunden ist. Nein, er wollte ihnen damit begreiflich machen, daß sie demütig gesinnt, auf das Wohl anderer bedacht und bereit sein sollten, für ihre Brüder selbst die geringste Arbeit zu tun. Diese Einstellung haben Christen, die das richtige Gleichgewicht haben, einander gegenüber.
17. Was beweist, daß die Apostel verstanden, was Jesus ihnen sagen wollte?
17 Petrus und die anderen Apostel verstanden, was er sagen wollte. (1. Petr. 3:8) Die Treuen nahmen es sich wirklich zu Herzen, denn aus dem Bibelbericht geht hervor, daß sie diese Gesinnung beibehielten und vereint zusammenwirkten, um die Christenversammlung zu stärken. Keiner von ihnen strebte ehrgeizig nach Ehre und Ansehen. Als sogar einige Jahre später die Streitfrage um die Beschneidung entstand und sich „die Apostel und die älteren Männer“ in Jerusalem versammelten, um die Angelegenheit ordnungsgemäß zu besprechen, hatte offenbar kein Apostel den Vorsitz, sondern der Jünger Jakobus, der Halbbruder Jesu. — Apg. 15:6-29; 12:1, 2.
EIN NEUES GEBOT
18. Wie lenkte Jesus später die Aufmerksamkeit der Jünger nochmals auf das Beispiel, das er ihnen gegeben hatte?
18 Nachdem Jesus seinen Aposteln die Füße gewaschen und Judas Iskariot hinausgeschickt hatte, lenkte er die Aufmerksamkeit der elf Jünger, die noch zurückgeblieben waren, wiederum auf das Beispiel, das er ihnen gegeben hatte, indem er sagte: „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe, daß auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“ (Joh. 13:34, 35) Als beschnittene, unter dem Gesetz stehende Juden waren die Apostel bereits verpflichtet, ihren Nächsten zu lieben wie sich selbst. (Matth. 22:39; 3. Mose 19:18) Doch nun sagte Jesus, seine wahren Nachfolger würden daran erkannt werden, daß sie eine noch umfassendere, höhere Liebe hätten — eine Liebe, die seiner Liebe entspräche.
19. Auf welch einzigartige Weise bewies Jesus seine Liebe?
19 Jesus bekundete tatsächlich eine einzigartige Liebe. Unermüdlich diente er anderen und war mehr auf ihre Interessen bedacht als auf seine. Seine Tätigkeit, die darin bestand, anderen zu helfen, auf den Weg des Lebens zu gelangen, nahm ihn so sehr in Anspruch, daß er manchmal sogar auf die üblichen Bequemlichkeiten, an die der Mensch gewöhnt ist, verzichtete. (Luk. 9:58) Diese Liebe war umfassender als die Nächstenliebe, die der Gesetzesbund verlangte. Du wirst dich noch erinnern, daß Jesus, als er von der Mutter der beiden Apostel auf deren Veranlassung gebeten wurde, ihnen die wichtigsten Stellungen im Königreich zu übertragen, sagte: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und seine Seele als ein Lösegeld im Austausch gegen viele zu geben.“ (Mark. 10:35-45; Matth. 20:20-28) Jesus suchte nie, sich selbst zu verherrlichen, sondern war stets bereit, seinen Nachfolgern zu dienen, und demütigte sie schließlich so weit, daß er für sie starb. Welch erhabene, beispielhafte Liebe! — Phil. 2:8; Joh. 15:12, 13.
20. Wie wird es sich auf unser Verhältnis zu unseren christlichen Brüdern auswirken, wenn wir die beispielhafte Liebe Jesu nachahmen?
20 Als Christen sind wir verpflichtet, Jesus nachzuahmen. Wir sollten nicht nur Jehova Gott so lieben wie er, sondern auch seine selbstlose Liebe zu seinen Nachfolgern sollten wir nachahmen. (1. Joh. 4:20, 21) Hast du die gleiche Liebe wie er? Würdest du dein Leben für deine christlichen Freunde hingeben? Es mag zwar von uns nicht verlangt werden, daß wir unser Leben buchstäblich für sie opfern, aber wir sollten eine solche Liebe zu ihnen haben, daß wir bereit wären, es nötigenfalls zu tun. „Wir sind verpflichtet, unsere Seelen für unsere Brüder dahinzugeben“, erklärte der Apostel Johannes. (1. Joh. 3:16; Röm. 16:3, 4) Überlege deshalb nun: Sollten wir, wenn wir eine solche Liebe haben, nicht bereit sein, demütig den Interessen unserer Brüder zu dienen? Sollten wir gegenüber denen, für die wir bereitwillig unsere Seele dahingeben würden, nicht freundlich und rücksichtsvoll sein? Bemühte sich Jesus nicht, seinen Nachfolgern gerade dies einzuprägen?
DEN SINN NEUGESTALTEN
21. Warum müssen Christen umgewandelt werden, indem sie ihren Sinn neugestalten?
21 Um das richtige Verhältnis zu seinen christlichen Brüdern zu haben, muß man also den Rat befolgen: „Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt.“ (Röm. 12:2) Christen sind ganz anders eingestellt als Weltmenschen. In der Welt sind Personen, die eine besondere Ausbildung genossen haben, zum Beispiel Geistliche, Ärzte, Wissenschaftler oder Rechtsanwälte, gewöhnlich von sich eingenommen und denken, sie seien mehr als andere. Ähnlich verhält es sich mit Personen, die besonders begabt sind, wie Sport- oder Filmgrößen, oder Menschen, die auffallend schön oder außergewöhnlich intelligent sind. Die Bewunderung, die ihnen zuteil wird, macht sie oft überheblich. Vergessen wir aber nicht, daß jemand, der christliches Gleichgewicht hat, „in Demut die anderen höher achtet“ als sich selbst. — Phil. 2:3.
22. Was bedeutet es, demütig gesinnt zu sein und andere höher zu achten als sich selbst?
22 Was bedeutet es denn, demütig zu sein und andere höher zu achten als sich selbst? Es bedeutet zum Beispiel nicht, daß ein geübter Geigenspieler denken sollte, ein Freund, der noch nie eine Geige in der Hand gehabt hat, könne besser spielen als er. Es ist ganz klar, daß dies nicht der Fall ist. Manche Leute haben eine gute Ausbildung genossen oder sind besonders begabt und sind anderen, die diese Ausbildung nicht genossen haben oder nicht so begabt sind wie sie, deshalb überlegen. Das heißt aber nicht, daß sie deswegen mehr seien als andere. Sie sollten sich darauf nichts einbilden und deswegen nicht auf andere herabsehen. Die Bibel nimmt hier auf die geistige Einstellung eines Menschen Bezug, und ein aufrichtiger Christ sollte so eingestellt sein, daß er andere höher achtet als sich selbst. Er sollte nicht denken, er sei mehr als andere und sie müßten ihn deshalb bedienen. Bestimmt hätte Jesus alles, was die Apostel zu tun unternahmen oder zu tun beabsichtigten, weit besser tun können. Dennoch diente er ihnen demütig, ja er wusch ihnen sogar die Füße!
23. Worin unterscheiden sich Christen, die das richtige Gleichgewicht haben, von vielen Weltmenschen?
23 Wie erfrischend und angenehm ist es doch, mit Menschen zusammen zu sein, die diese demütige Gesinnung bekunden! Sie haben das richtige Gleichgewicht und beweisen es durch ihr Verhältnis zu ihren christlichen Brüdern. Sie sind ganz anders als Personen, die zum gegenwärtigen System der Dinge gehören. Selbst wenn sie mehr Geld haben oder begüterter sind als andere, denken sie nicht, sie sollten besonders beachtet werden. Sie wissen, daß Geld sie nicht über andere Menschen erhebt, und sie handeln auch entsprechend. (1. Tim. 6:17) Auch denken wahre Christen nicht, sie seien besser als andere, weil sie eine bestimmte Hautfarbe haben oder einer bestimmten Nation angehören. Sie bleiben demütig und achten selbst Angehörige weniger beliebter Rassen oder Nationen höher als sich selbst. — Röm. 10:12.
24, 25. Wer sollte im Erweisen von Liebe und im Bekunden von Demut besonders mit gutem Beispiel vorangehen?
24 Diese demütige Gesinnung sollten besonders die ernannten Aufseher, die Dienstamtgehilfen und andere, die in der Christenorganisation mit besonderen Dienstvorrechten betraut sind, haben. Die übrigen Glieder der Versammlung werden zwar angespornt, mit denen, die die Führung innehaben, zusammenzuarbeiten und ihren Glauben nachzuahmen, doch diese sollten nicht denken, sie seien mehr als andere, weil sie die Zusammenkünfte leiten, vielleicht bessere Redner oder Organisatoren sind oder weil sie dem Dienst Jehovas mehr Zeit widmen können. (Hebr. 13:7, 17) Der Apostel Petrus gebot, nachdem er die jüngeren Männer aufgefordert hatte, den älteren Männern, die die Herde Gottes hüten sollten, untertan zu sein: „Ihr alle aber, gürtet euch mit Demut gegeneinander, denn Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber verleiht er unverdiente Güte.“ (1. Petr. 5:5) Niemand ist ausgeschlossen. Alle, auch die, die die Führung innehaben, sollten sich mit Demut gürten. „Seid einander untertan in der Furcht Christi“, gebietet die Bibel. — Eph. 5:21.
25 Der Aufseher sollte durch seine Bescheidenheit und Demut mit gutem Beispiel vorangehen. Jesus Christus, der rechte Hirte, tat dies. Er bemühte sich sehr, durch sein Beispiel seinen Nachfolgern zu zeigen, daß sie Liebe haben und demütig sein sollten. Das sollte auch der Aufseher tun. Er ist kein Chef, sondern ein Diener seiner Brüder. (Matth. 20:25-27) Das sollte er stets im Sinn behalten. Ja jeder Christ sollte sich dies gut einprägen, denn wenn wir im Umgang mit unseren Brüdern das richtige Gleichgewicht bewahren wollen, müssen wir sie lieben und dürfen nie denken, wir seien mehr als sie. — 1. Joh. 4:21; Phil. 2:2-4.
26. Was sollte uns anspornen, jetzt christliches Gleichgewicht zu bewahren?
26 Versetze dich im Geiste einmal in die Zeit, da alle Menschen diese wohltuende Gesinnung haben werden! Welch herrliche Wohnstätte die Erde dann sein wird! Ihre Bewohner werden vollkommen „mit der innigen Zuneigung des Erbarmens, mit Güte, Demut, Milde und Langmut“ und ganz besonders mit Liebe gekleidet sein. (Kol. 3:12-14) Ja alle werden dann Jehova Gott mit ganzem Herzen, ganzem Sinn, ganzer Seele und ganzer Kraft lieben und zu ihren Brüdern die Liebe haben, die Christus bewiesen hat. Welch ein Ansporn, jetzt das Gleichgewicht zu bewahren, um diese Zeit zu erleben!
[Bild auf Seite 50]
Jesus lehrt seine Apostel Demut.
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‘Als vortrefflicher Soldat am Erleiden von Ungemach teilnehmen’Der Wachtturm 1969 | 15. Januar
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‘Als vortrefflicher Soldat am Erleiden von Ungemach teilnehmen’
Von Gerhard Oltmanns erzählt
„WIR [werden] um jeden Preis Gottes Gebote befolgen ... uns versammeln ... ihn anbeten und ihm dienen ... Wenn Ihre Regierung oder Ihre Regierungsbeamten uns Gewalt antun, ... werden [Sie] Gott, dem Allmächtigen, Rechenschaft ablegen müssen.“ Das waren die abschließenden Worte einer Resolution, die am 7. Oktober 1934 bei der Reichskanzlei einging. Hunderte von Briefen mit dieser Botschaft gingen von Versammlungen der verbotenen „Ernsten Bibelforscher“ (in anderen Ländern als Zeugen Jehovas bekannt) ein.
Ich werde diesen Tag nie vergessen. Pünktlich um 10 Uhr morgens versammelten wir uns zum Gebet und beschlossen dann nach einer Besprechung einmütig, der Hitlerregierung diese Botschaft zu senden. Wir hätten Hitler niemals als Führer anerkennen und ihm folgen können, denn wir hatten uns bereits als ‘vortreffliche Soldaten Christi Jesu’, des wahren von Gott eingesetzten „Führers und Gebieters für die Völkerschaften“, verpflichtet. (2. Tim. 2:3; Jes. 55:4, NW) Für mich war dies damals ein besonders begeisterndes Erlebnis.
Meine erste Begegnung mit den Bibelforschern hatte ich im Mai 1924. Ich half einem Berufskollegen beim Umzug. Da kam mir eine alte Mandoline in die Hände, die nur noch die G-Saite hatte. Ich begann — warum, weiß ich eigentlich heute noch nicht —, das Lied „Lobet den Herrn, den mächtigen König der Ehren“ darauf zu spielen; das war alles. Doch im Nu war eine Diskussion über die Bibel im Gange. Es stellte sich heraus, daß mein Berufskollege ein Bibelforscher war. Als Lutheraner erzogen, widersprach ich ihm natürlich, aber im stillen staunte ich über seine Bibelkenntnisse.
Danach kamen mit der Post nacheinander die sieben Bände der Schriftstudien von Charles T. Russell. Zunächst las ich nur gelegentlich darin, doch dann nahm ich mir mehr Zeit, um sie zu studieren. Schließlich las ich oft bis spät in die Nacht hinein. Manchmal ärgerte ich mich über die Bloßstellung des lutherischen Glaubens. Oft stimmte ich jedoch mit dem Verfasser völlig überein.
Um diese Zeit folgte ich auch der Einladung zu einer Veranstaltung, bei der ein katholischer Priester, ein bekannter Kanzelredner, zu einigen jungen Männern sprach, die den Ersten Weltkrieg miterlebt hatten. Er rühmte sich seiner Taten als Feldgeistlicher, besonders dessen, wie er sich bemüht hatte, die Seelen der Soldaten in den Schützengräben zu retten. Was er aber über einen jungen Mann sagte, der sich sogar in seiner Sterbestunde weigerte, seine Hilfe anzunehmen,
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