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  • Ist die Bibel wirklich wahr?
    Erwachet! 1983 | 8. Oktober
    • Ist die Bibel wirklich wahr?

      „In biblischen Zeiten waren die Leute unwissend und abergläubisch. Sie konnten weder lesen noch schreiben. Die Berichte über die geschichtlichen Ereignisse gaben sie mündlich weiter. Wie kann die Bibel somit wahr sein?“ Hast du auch schon so über die Bibel geurteilt?

      VIELE aufrichtige Personen haben das getan. Andere sagen das natürlich nur, um sich der Verantwortung zu entziehen. Stimmt es denn, daß die Menschen in biblischen Zeiten primitiv und unwissend waren?

      In den vergangenen Jahren hat man bei den Ausgrabungen in Ebla (Syrien) ein Keilschriftarchiv mit über 16 500 Tafeln und Bruchstücken entdeckt. (Die Keilschrift ist benannt nach den keilförmigen Eindrücken eines Rohrgriffels in den weichen Ton der Schreibtafel.) Die Tafeln geben über viele Aspekte des Lebens in jenem Gebiet Auskunft. Aus welcher Zeit stammen sie? Aus dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeit (v. u. Z.), wie die Archäologen neuerdings schätzen.

      Was berichten die Tafeln über die Eblaiten? Waren sie primitiv, unwissend und des Lesens und Schreibens unkundig? Der Keilschriftexperte Giovanni Pettinato erzählte: „Aus den Tafeln, die wir bereits entziffert haben, geht hervor, daß Ebla ein hochindustrialisierter Staat war; seine wirtschaftliche Grundlage bildeten weder Ackerbau noch Schafzucht, sondern gewerbliche Produkte und der internationale Handel.“

      Was steht auf den Keilschrifttafeln des großen Staatsarchivs von Ebla alles geschrieben? Professor Pettinato erläuterte: „Siebzig Prozent der erhaltenen Texte sind Geschäfts- und Verwaltungsurkunden ... Zehn Prozent sind historische, und da auf ihnen wichtige internationale Verträge verzeichnet sind, mußten sie sorgsam gehütet werden. Bei gut zwanzig Prozent handelt es sich um literarische Texte.“

      Ob dieses in Ebla ausgegrabene Keilschriftarchiv Licht auf biblische Ereignisse und Orte werfen wird, bleibt abzuwarten. Die Tafeln zeigen jedoch deutlich, daß das Leben vor über 4 000 Jahren nicht primitiv war, wie einige uns glauben machen möchten.

      Gibt es Beweise für die Genauigkeit des Bibelberichts?

      Gibt es alte Keilschrifttexte und Inschriften, die das bestätigen, was die Bibel als historische Tatsachen darstellt? Wir wollen uns kurz mit einigen Beispielen aus dem Bibelbericht näher befassen. Als erstes möchten wir einen Fall aus der Zeit der israelitischen Eroberung des Landes Kanaan im 15. Jahrhundert v. u. Z. betrachten.

      1. „Josua kehrte zu jener Zeit um und nahm Hazor ein ..., und er verbrannte Hazor im Feuer“ (Josua 11:10, 11).

      Im Jahre 1928 ermittelte der inzwischen verstorbene Professor John Garstang, daß es sich bei dem Tell el-Qeda, nördlich des Sees Genezareth, um die kanaanitische Stadt Hazor handelt. In den Jahren 1955—58 grub ein Team von Archäologen die Stadt aus. Dabei wurde eine Keilschrifttafel gefunden, die eindeutig den Beweis erbrachte, daß es sich um die Stadt Hazor handelte. „In dem südwestlichen Teil der Unterstadt stieß man auf kanaanitische Häuser ... Die Schicht, zu der sie gehörten, ... ließ erkennen, daß sie gewaltsam zerstört und verlassen worden waren. Das stimmt sehr gut mit der Überlieferung überein, daß Josua nach dem Auszug aus Ägypten diese Stadt eroberte“ (Illustrations of Old Testament History, R. D. Barnett). Diese Entdeckung bestätigt deutlich die Genauigkeit des Bibelberichts.

      2. In dem Bibelbuch Esra wird berichtet, daß Cyrus, König von Persien und Eroberer von Babylon, ein Edikt erließ, das den jüdischen Gefangenen Religionsfreiheit zusicherte und ihnen erlaubte, in ihr Heimatland zurückzukehren und dort ihre Form der Anbetung wiederherzustellen (Esra 1:1-3). Läßt es sich beweisen, daß Cyrus, ganz im Gegensatz zu den vor ihm herrschenden Babyloniern und Assyrern, eine Politik der religiösen Duldsamkeit verfolgte?

      Im Jahre 1879 nahm H. Rassam im Auftrag des Britischen Museums in Babylonien Ausgrabungen vor und entdeckte dabei den mit Keilschrifttext bedeckten Cyrus-Zylinder. Im Jahre 1970 identifizierte man noch ein Bruchstück als Bestandteil dieses Zylinders. So konnte ein weiterer Teil des Textes wiederhergestellt werden. Was zeigt der Schluß des Textes?

      „Von [...] bis nach Assur und Susa, Akkade, Ešnunak ..., bis zum Gebiet des Landes Gutium, die Städte [jenseits] des Tigris, deren Wohnsitze von altersher (?) verfallen waren — (überall) brachte ich die dort wohnenden Götter an ihren Ort zurück und ließ sie eine ewige Wohnung beziehen. Alle ihre Leute versammelte ich und brachte sie zurück zu ihren Wohnsitzen.“

      Dieser Keilschrifttext bestätigt in bemerkenswerter Weise die Genauigkeit des Bibelberichts, aus dem hervorgeht, daß Cyrus eine tolerante Politik gegenüber ausländischen Religionen verfolgte.

      3. Die Bibel berichtet: „Im vierzehnten Jahr des Königs Hiskia kam Sanherib, der König von Assyrien, wider all die befestigten Städte von Juda herauf und nahm sie dann ein.“ Angesichts dieser Gefahr erbot sich Hiskia, Sanherib Tribut zu bezahlen. „Dementsprechend legte der König von Assyrien Hiskia, dem König von Juda, dreihundert Talente Silber und dreißig Talente Gold auf“ (2. Könige 18:13-16).

      Werden diese Ereignisse durch andere Quellen bestätigt? In den Jahren 1847—51 entdeckte der britische Archäologe A. H. Layard in den Ruinen des Palastes König Sanheribs einen Tonzylinder, der jetzt als Prisma des Sanherib und auch als Taylor-Prisma bekannt ist. Er enthält in Keilschrift Sanheribs Bericht über seinen Feldzug. Wird Hiskia darauf erwähnt? Wird bemerkt, daß er Tribut zahlte? Eine Übersetzung davon lautet:

      „Hiskia von Juda jedoch, der sich meinem Joch nicht unterworfen hatte — 46 seiner festen ummauerten Städte, sowie die zahllosen kleinen Städte in ihrem Umkreis, belagerte und eroberte ich.“ Dann heißt es in dem Bericht weiter: „Ihn selbst schloß ich gleich einem Käfigvogel in seiner Residenz in Jerusalem ein.“ Man beachte, daß Sanherib nicht behauptet, Jerusalem erobert zu haben, was mit dem Bibelbericht übereinstimmt. Doch wie verhielt es sich mit dem Tribut? „Zu dem früheren Tribut, ihrer jährlichen Abgabe, fügte ich ein Geschenk als Gabe für meine Herrschaft zu und legte es ihnen auf ... zusammen mit 30 Talenten Gold, 800 Talenten Silber, ... allem möglichen, einem schweren Schatz.“ Der Bibelbericht stimmt mit dem Prisma des Sanherib überein, nur in bezug auf die Anzahl der Talente Silber weicht er ab. Sollten wir deshalb die Genauigkeit der Bibel anzweifeln? Warum sollten wir den prahlerischen Worten Sanheribs eher Glauben schenken als dem sachlichen Bibelbericht?

      In den Aufzeichnungen auf dem Prisma des Sanherib wird noch gesagt, daß Sanherib 200 150 Personen aus Juda gefangen fortführte, während die Bibel berichtet, daß er selbst in einer Nacht 185 000 Soldaten verlor (2. Könige 18:13 bis 19:36). Wie läßt sich diese Diskrepanz erklären?

      Professor Jack Finegan spricht in seinem Buch Light From the Ancient Past davon, „daß sich die Inschriften der assyrischen Könige allgemein durch einen prahlerischen Ton auszeichnen“. Und Professor Olmstead äußert in Assyrian Historiography (Assyrische Geschichtsschreibung) die Meinung: „Wenn Sanherib berichtet, er habe aus ... Juda nicht weniger als 200 150 Gefangene weggeführt, und zwar trotz der Tatsache, daß Jerusalem nicht eingenommen wurde, dürfen wir 200 000 als maßlose Übertreibung des assyrischen Schreibers abziehen und annehmen, daß die restlichen 150 der eigentlichen Zahl derer, die gefangen weggeführt wurden, näherkommen.“

      Übertriebene Kriegsmeldungen sind offenbar kein besonderes Merkmal des 20. Jahrhunderts! Auch ist es nichts Neues, daß in amtlichen Annalen eine schlimme Niederlage nicht verzeichnet wird. Entscheidend aber ist, daß die Aufzeichnungen auf dem Taylor-Prisma die Genauigkeit des Bibelberichts erkennen lassen.

      4. Noch ein weiteres Beispiel dafür, daß der Geschichtsbericht durch Ausgrabungen bestätigt wurde, kann angeführt werden. Als die Israeliten vor über 3 400 Jahren das Verheißene Land einnahmen, erhielt der Stamm Dan das Gebiet nördlich von Galiläa. Darüber sagt die Bibel:

      „Und die Söhne Dans gingen daran, hinaufzuziehen und gegen [die kanaanitische Stadt] Leschem [Lajisch] Krieg zu führen und es einzunehmen ..., und sie begannen Leschem Dan zu nennen, gemäß dem Namen Dans, ihres Vorvaters“ (Josua 19:47; Richter 18:29).

      Hat es diese Stadt gegeben? Hat sie je Dan geheißen? In Tell el-Qadi entdeckte 1976 der Archäologe Avraham Biran eine Kalkplatte mit einer Inschrift in Griechisch und Aramäisch. Im griechischen Text wird eine Person namens Zoilos erwähnt, die vor dem „Gott, der in Dan ist“, ein feierliches Gelöbnis ablegte. Die Archäologen wußten somit, daß sie den Ruinenhügel der altisraelitischen Stadt Dan, früher Lajisch oder Leschem genannt, vor sich hatten. Das war ein erneuter Beweis für die Genauigkeit der Bibel. Aus Platzgründen ist es leider nicht möglich, noch mehr archäologische Funde als Beispiele zu erwähnen.

      Bildet die Bibel eine zuverlässige Grundlage?

      Häufig haben die Archäologen in der Bibel nachgeschaut, um die geographische Lage alter Orte zu ermitteln. Wie wertvoll die Bibel in dieser Beziehung ist, geht aus den Worten des Archäologen Yohanan Aharoni hervor: „Die Bibel ist immer noch die wichtigste Quelle für die historische Geographie Palästinas der israelitischen Periode. Ihre Erzählungen und Schilderungen spiegeln die geographische Umgebung wider, in der sich das Geschehen zutrug, sowie die zeitgenössischen historischen Ereignisse. Sie enthält Bezugnahmen auf etwa 475 Ortsnamen, die in jenem Land vorkommen, davon viele in Kontexten, die Einzelheiten über das Aussehen, die Lage und die Geschichte des Ortes liefern.“ Das ist so, obschon „die Bibel weder ein Erdkundebuch noch eine Enzyklopädie ist“.

      Je intensiver man sich mit archäologischen Funden, die in einem Zusammenhang mit der Bibel stehen, beschäftigt, desto deutlicher erkennt man, wie genau sie ist. Aber archäologische Funde sind e i n e Sache, etwas ganz anderes dagegen sind Auslegung, Theorie und Spekulation. Stimmen die Archäologen in ihren Interpretationen immer überein? Sind sie immer ganz objektiv? Sind ihre Theorien dem Geschichtsbericht der Bibel vorzuziehen?

  • Sollten uns gewisse archäologische Theorien veranlassen, die Bibel anzuzweifeln?
    Erwachet! 1983 | 8. Oktober
    • Sollten uns gewisse archäologische Theorien veranlassen, die Bibel anzuzweifeln?

      WARUM ist die Archäologie heute für uns von Interesse? Weil sie ein wertvolles Mittel zur Erforschung der Vergangenheit des Menschen ist. Beispielsweise trägt sie dazu bei, Geographie und Geschichte der biblischen Länder und ihrer Bevölkerung aufzuhellen. Sie ist in Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften tätig und bemüht sich, die gleiche strenge Genauigkeit wie jene zu erzielen. Doch der Erreichung dieses Zieles steht etwas im Wege — der menschliche Faktor. Jeder Archäologe hat eine Überzeugung: Er ist Atheist, Agnostiker, Christ, Jude oder Moslem. In welchem Maß wird er bei seinen Interpretationen durch seine Überzeugung oder durch vorgefaßte Meinungen beeinflußt? Könnte ihn das daran hindern, richtige Schlüsse zu ziehen?

      Die archäologische Forschung ist eine Art Detektivarbeit. Indizienbeweise in Form sichtbarer Überreste alter Kulturen (Töpferwaren, zerbrochen oder heil, Gebäuderuinen, Hausrat, Skelette und anderes) werden ausgegraben. Dann beginnt die Auswertung: Wie sah das Original aus, von dem man ein Bruchstück gefunden hat? Welcher Zeit gehört es aufgrund seiner Form, seiner Farbe und seiner Beschaffenheit an? Wozu wurde es gebraucht? Wo stammt es her — aus dem Ort, wo es gefunden wurde, oder von woanders? Stammt es aus der Schicht, in der man es gefunden hat, oder ist es im Laufe der Zeit zufolge örtlicher Verhältnisse in eine tiefere Schicht abgesunken? Das sowie viele weitere Faktoren können die Interpretation beeinflussen. Bei den Schlußfolgerungen stützt man sich somit auf Indizienbeweise und auf eine Mischung aus objektiven und subjektiven Interpretationen.

      Wie recht hatte der jüdische Gelehrte Yohanan Aharoni, als er schrieb: „Wenn es um historische oder um historisch-geographische Interpretation geht, verläßt der Archäologe das Gebiet der exakten Wissenschaft und muß sich auf Werturteile und Hypothesen [unbewiesene Annahmen] verlassen, um zu einem umfassenden historischen Bild zu gelangen.“

      Was sind einige der Schwierigkeiten bei der Bewertung von Ausgrabungen? Professor Aharoni antwortet: „Der Ausgräber muß sorgfältig zwischen den verschiedenen Schichten seines Tells [Ruinenhügel einer alten Stadt] unterscheiden ... Das ist gewöhnlich nicht leicht, weil die Schichten eines bestimmten Tells nicht schön gleichmäßig übereinanderliegen. ... Inschriften liefern in der Regel lediglich einen Terminus a quo [Zeitpunkt, von dem an etwas beginnt] für ihre eigene Schicht, denn es besteht immer die Möglichkeit, daß die beschrifteten Gegenstände lange in Gebrauch waren oder sogar wieder gebraucht wurden, nachdem der ursprüngliche Besitzer sie weggeworfen hatte. ... Manchmal ist auch ein Vergleich mit anderen Ländern gefährlich: Man kann in einen Teufelskreis kommen, weil die Gegenstände in der anderen Kultur aufgrund ihrer Beziehung zu der palästinensischen datiert worden sein mögen, ohne daß genügend Rücksicht auf die Umstände der Entdeckung und die damit zusammenhängende relative Zeitrechnung genommen wurde. Ohne Zweifel sind besonders historische Überlegungen riskant, weil damit immer gewisse Annahmen und subjektive Standpunkte verbunden sind. Wir dürfen deshalb nie vergessen, daß nicht alle Daten als absolut gelten können, sondern mehr oder weniger fragwürdig sind“ (Kursivschrift von uns).

      Wie zogen die Israeliten durch das Rote Meer?

      Die erwähnten warnenden Worte sind heute sehr angebracht, weil so viele Archäologen ihre einander widersprechenden Forschungsergebnisse, Theorien und Chronologien veröffentlichen. Als ein Beispiel wollen wir den Auszug der Israeliten aus Ägypten und ihren Durchzug durch das Rote Meer betrachten. Der Bibelbericht läßt deutlich erkennen, daß die ägyptischen Kriegswagen und Berittenen die Israeliten verfolgten und diese fast eingeholt hatten, als sie das Rote Meer erreichten. Wie konnten die Israeliten, denen das Meer den Weg versperrte, entrinnen? Der Bibelbericht antwortet:

      „Moses streckte nun seine Hand über das Meer aus; und Jehova begann das Meer durch einen starken Ostwind die ganze Nacht zurückgehen zu lassen und machte das Meeresbecken zu trockenem Boden, und die Wasser wurden gespalten. Schließlich zogen die Söhne Israels auf trockenem Land mitten durch das Meer, während ihnen die Wasser zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken eine Mauer waren“ (2. Mose 14:21, 22).

      Man beachte die präzisen Einzelheiten in diesem Bericht. Darin wird nicht nur von einem starken Wind gesprochen, sondern von einem „starken Ostwind“. Die Wasser wurden gespalten, und der Meeresboden wurde zu trockenem Land. Die Aufmerksamkeit, die dem Detail geschenkt wird, verrät, daß es sich um einen Augenzeugenbericht handelt. Das trifft auch auf die poetische Schilderung des Ereignisses in dem Lied Mose zu, das in 2. Mose, Kapitel 15 zu finden ist. Als Pharaos Wagen und Streitkräfte die zwischen den Wassermauern hindurchziehenden Israeliten verfolgten, wurden sie von den wogenden Wassern bedeckt, und „hinunter fuhren sie in die Tiefen wie ein Stein“ (2. Mose 15:5).

      Wie die Wasser gespalten wurden, wird in dem Lied wie folgt bestätigt: „Und durch den Hauch deiner Nase wurden Wasser gestaut; sie standen still wie ein Damm von Fluten; die wogenden Wasser erstarrten im Herzen des Meeres“ (2. Mose 15:8).

      Was sagen die Gelehrten?

      Mehrere Experten haben unterschiedliche Theorien aufgestellt, mit denen sie das Wunder erklären wollen. Sie bestreiten nicht, daß die Israeliten durch das Rote Meer hindurchgezogen sind, sondern versuchen nur, den göttlichen Eingriff wegzuerklären. Die hebräische Bezeichnung für Rotes Meer ist jam ßuph, „Meer des Schilfs“ oder „Meer des Tangs“. Deshalb wird von einigen behauptet, die Israeliten hätten lediglich eine sumpfige Gegend durchquert. Aber in einer sumpfigen Gegend hätten ihnen die Wasser schwerlich, wie die Bibel sagt, „zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken eine Mauer“ sein können. Auch hätte das Wasser in einem Sumpf kaum ausgereicht, „die Kriegswagen und die Berittenen“ der ägyptischen Streitkräfte zu bedecken (2. Mose 14:28).

      Eine weitere Theorie hat kürzlich der Ägyptologe Hans Goedicke aufgestellt. Er bringt den Auszug der Israeliten aus Ägypten mit einem verheerenden Vulkanausbruch in Zusammenhang, der 1477 v. u. Z. die Insel Thera (Santorin), 800 Kilometer nordwestlich der vermutlichen Stelle des Durchzugs der Israeliten, verwüstete. Dadurch sei eine Flutwelle ausgelöst worden, die sich über das südöstliche Mittelmeer ausgebreitet habe und in das Nildelta bis an den Rand des Wüstenplateaus gerollt sei. Die auf dem tiefer gelegenen Boden stehenden Ägypter seien ertrunken, während die auf dem Plateau stehenden Israeliten nicht davon betroffen worden seien.

      Diese Theorie läßt selbstverständlich die in der Bibel berichteten Tatsachen außer acht. Wie denken andere Gelehrte über die Theorie Dr. Goedickes? Charles Krahmalkov von der Universität Michigan lehnte sie ab und begründete seine Ablehnung unter anderem wie folgt: „Im biblischen Bericht über den Auszug wird mit keinem Wort eine Flutwelle angedeutet.“ Er selbst vertrat eine andere Theorie, nach der die Israeliten Schiffe bestiegen, um das Meer zu überqueren; die ihnen folgenden Ägypter aber seien in einen schweren Sturm geraten, in dem ihre Schiffe untergingen. Doch er fügte hinzu: „Selbstverständlich handelt es sich bei dieser Erklärung um eine reine Mutmaßung. Sie ist im Bibeltext aber weit besser begründet als Professor Goedickes Version.“ Das ist natürlich Ansichtssache.

      Eliezer D. Oren von der Ben-Gurion-Universität im Negev widersprach entschieden der Flutwellentheorie und unterbreitete noch eine andere Erklärung, die er für weit realistischer hielt. Allerdings fügte er folgende bedeutsame Worte hinzu: „Man darf nicht vergessen, daß sie ... absolut nicht durch archäologische Funde zu beweisen ist. Persönlich bin ich davon überzeugt, daß der Bericht über den wunderbaren Durchzug durch das Meer — ein literarisches Meisterwerk — mit Geschichte oder ... einem ‚tatsächlichen Geschehnis‘ so gut wie nichts zu tun hat.“

      Wer hat recht?

      Dr. Orens Ausführungen bringen uns zum Kern der Sache. Sollte der Christ glauben, daß große Teile der Bibel lediglich literarische Meisterwerke sind ohne Beziehung zu einem „tatsächlichen Geschehnis“? Oder kann er sich darauf verlassen, daß die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist? Sollten wir uns von den widerspruchsvollen Theorien der Archäologen und anderer Gelehrter beeinflussen lassen? Oder sollten wir das Zeugnis der Bibelschreiber und Jesu Christi selbst als zuverlässig annehmen?

      Der Apostel Paulus schrieb an Timotheus, einen seiner Glaubensbrüder: „Von frühester Kindheit an [hast du] die heiligen Schriften gekannt ..., die dich weise zu machen vermögen zur Rettung durch den Glauben in Verbindung mit Christus Jesus. Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich ... zum Richtigstellen der Dinge.“ In einem früheren Brief an die Gläubigen in Rom schrieb er: „Was denn ist der Fall? Wird vielleicht, wenn einige nicht Glauben bekundeten, ihr Unglaube die Treue Gottes unwirksam machen? Das geschehe nie! Sondern Gott werde als wahrhaftig erfunden, wenn auch jeder Mensch als Lügner erfunden werde“ (2. Timotheus 3:15, 16; Römer 3:3, 4).

      Warum sind Jehovas Zeugen davon überzeugt, daß die Bibel inspiriert ist? Beruht ihr Glaube auf archäologischen Funden? Nein, den Beweis für die Inspiration der Bibel erbringt nicht die Archäologie, sondern Gottes Wort selbst. Es berichtet nicht nur genau über historische Ereignisse, sondern enthält sogar im voraus geschriebene genaue Schilderungen davon. Das sind Prophezeiungen. Die Bibel enthält Hunderte von Prophezeiungen, die sich bereits bewahrheitet haben — ein Beweis der göttlichen Urheberschaft dieses Buches. Man hat zum Beispiel errechnet, daß es in den Hebräischen Schriften über 330 verschiedene Prophezeiungen gibt, die sich an Jesus Christus erfüllt haben.

      Ein weiterer überzeugender Beweis für die Authentizität der Bibel besteht darin, daß Bibelschreiber häufig über Geschehnisse berichten, die sie selbst miterlebt haben. Das trifft zum Beispiel auch auf den von Moses verfaßten Bericht über den Auszug aus Ägypten zu. Haben wir Grund, daran zu zweifeln, daß er als Augenzeuge die Wahrheit schrieb? Bestimmt nicht, wenn wir außerdem noch anerkennen, daß er von Gott inspiriert war (2. Timotheus 3:16). Zudem sind Selbstkritik und Offenheit ein vorzügliches Zeugnis für seine Zuverlässigkeit. Er verschweigt nicht, daß er einen Ägypter tötete, als er sich für einen Israeliten einsetzte. Auch übergeht er nicht, daß er, als er Wasser aus einem Felsen hervorfließen ließ, keine Demut bekundete und dafür bestraft wurde (2. Mose 2:11, 12; 4. Mose 20:9-13; beachte den Fall Davids in 2. Samuel 11; Psalm 51). Weitere Beweise findet der Leser in dem von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegebenen Buch Ist die Bibel wirklich das Wort Gottes?

      Sollten wir uns durch Theorien im Glauben erschüttern lassen?

      Wenn tüchtige Archäologen geduldig graben und dabei Dinge finden, die den Bibelbericht bestätigen und erhellen, fühlen sich Christen ermuntert. Archäologische Forschungen und Funde bereichern unser Wissen über das Leben alter Völker. Inschriften können wertvollen Aufschluß geben. Da aber selten jemand etwas Nachteiliges in seine Autobiographie hineinschreibt, müssen Inschriften ganz sorgfältig analysiert werden.

      Auch sollte der Christ gegenüber den Interpretationen, Mutmaßungen und Theorien, die die Experten in Verbindung mit ihren archäologischen Entdeckungen oder dem Alter eines Artefaktes vorbringen, vernünftigerweise vorsichtig sein. Jehova inspirierte treue Männer dazu, sein Wort niederzuschreiben, und nicht dazu, uns durch phantasievolle Dichtungen irrezuführen. Yohanan Aharoni schrieb mit Recht: „Mehrere Gelehrte halten verschiedene Berichte [in der Bibel] für reine Utopie oder für Dichtungen, die jeder politischen, geographischen oder praktischen Grundlage entbehren. Wir bezweifeln ernsthaft die Gültigkeit dieser Meinung; der größte Teil der geographischen Texte entstammt offenbar Lebenssituationen, und lediglich unser mangelhaftes Verständnis und ungenügendes Wissen hindern uns daran, ihren historischen Inhalt nachzuweisen“ (Kursivschrift von uns).

      Grob gesagt, ist die heutige biblische Archäologie anscheinend in zwei Lager gespalten. In dem einen befinden sich die frommen, patriotischen Forscher, die bemüht sind, den Bibelbericht und die Geschichte ihres Landes oder ihres Volkes zu beweisen. Im anderen stehen, wie Professor J. E. Barrett schreibt, alle, die geneigt sind, „der Frömmigkeit, dem Patriotismus oder der anerkannten Gelehrsamkeit von (gewöhnlich älteren) Kollegen den Nimbus zu nehmen“. Barrett, Professor der Archäologie, fügt noch hinzu: „Diejenigen, die uns versichern, nicht fromm zu sein, bekunden eine merkwürdige Selbstgerechtigkeit (um nicht zu sagen, eine sadistische Schadenfreude). ... Wer sich mit der heutigen Archäologie befaßt, muß wissen, daß es unter den Archäologen üblich ist, danach zu trachten, dem anderen immer um eine Nasenlänge voraus zu sein.“

      Wir dürfen nicht vergessen, daß auch Archäologen nur Menschen sind und daß ihnen daher alle Schwächen der menschlichen Natur anhaften. Ehrgeiz, Ruhmsucht, Konkurrenzgeist, Subjektivität — alle diese und weitere Faktoren können die Auffassung oder die Interpretation eines Experten beeinflussen.

      Ein Beispiel ist ein prominenter Archäologe des 19. Jahrhunderts, der die Schätze, die er im alten Troja entdeckte, und die goldenen Totenmasken, die er in Mykene fand, unrichtig deutete. Über seine Deutung schrieb vor kurzem ein Professor der Archäologie: „Diese beiden Beispiele zeigen, wie sich eine Begeisterung für die Völker des Altertums auf die Deutung eines Archäologen auswirken kann — er ist versucht, das, was er findet, als das zu identifizieren, was er finden möchte. Bei den biblischen Archäologen, deren Frömmigkeit und Patriotismus vielfach die Begeisterung nähren und wachhalten, die sie in erster Linie veranlaßt hat, Archäologe zu werden, ist dieses Problem vielleicht noch größer“ (Kursivschrift von uns). Und natürlich kann auch der agnostisch oder atheistisch eingestellte Archäologe ähnliche Schwierigkeiten haben, er mag noch so aufrichtig sein.

      Sollte sich der Christ daher durch Theorien von Archäologen und anderen Gelehrten in seinem Glauben erschüttern lassen? Nein, denn es sind doch nur Theorien und menschliche Meinungen, die sich wieder ändern können und die dem Wandel der Zeit und der Auffassungen von Gelehrten unterliegen. Deutlich zu erkennen ist auch das menschliche Element, einschließlich Stolz und Ehrgeiz. Was Professor Barrett in der Zeitschrift Biblical Archaeology Review (Januar/Februar 1981) schrieb, ist nur zu wahr: „Das Urteil des Archäologen ebenso wie das des Historikers wird beeinflußt durch Frömmigkeit, Patriotismus, Ideologie und Erziehung oder auch durch das Gegenteil davon. Jeder, der von Beruf Archäologe ist, weiß, wenn er in sich geht, daß dem so ist — die besten Gelehrten wissen das von sich selbst; andere wissen es nur von ihren Kollegen“ (Kursivschrift von uns).

      Heute, in dem unvollkommenen System der Dinge, erwartet der vernünftige Christ daher keine absolut sicheren archäologischen Beweise für alles, was in der Bibel steht. Er weiß aber, daß die Zeit nahe herbeigekommen ist, in der man über viele Personen und Geschehnisse, von denen die Bibel berichtet, alles genau erfahren kann. Wieso? Weil „die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine [Jesu Christi] Stimme hören und herauskommen werden“ (Johannes 5:28, 29). Wenn die Personen, die all das erlebt haben, worüber in der Bibel berichtet wird, auferstanden sein werden, wird man sie befragen können. Wie interessant wird es sein, von ihnen Einzelheiten zu erfahren, die in manch einem Bericht fehlen, der uns heute so fasziniert! Man braucht dann darüber keine Theorien mehr aufzustellen und nicht mehr zu spekulieren. Die Leute, die es selbst miterlebt haben, werden uns alles berichten. Wirst du am Leben sein, um ihre Berichte zu hören?

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