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Erwachet! 1985
g85 8. 12. S. 4-9

„Auf wessen Seite steht Gott?“

AM Abend des 30. Mai 1942 starteten in England tausend Bomber. Es war der bis dahin größte Luftangriff in der Geschichte. Ich war Beobachter in einer Staffel viermotoriger Lancaster-Bomber. Jedes Flugzeug trug eine 3 600-Kilogramm-Bombe, deren Sprengkraft ausreichte, um eine große Fabrik oder mehrere Häuserblocks zu zerstören.

Wir gingen auf 6 000 Meter Höhe und nahmen Kurs auf Köln. Die Mannschaft war damit beschäftigt, die Motoren, den Treibstoff, den Funkverkehr, die Navigation usw. zu checken. Die drei Bordschützen baten den Kapitän um Erlaubnis, ihre Maschinengewehre zu überprüfen und schußbereit zu machen. Nun waren alle Vorbereitungen getroffen, um in den feindlichen Luftraum einzudringen.

Als wir die niederländische Küste überflogen, stand ich auf und begab mich auf meinen Posten in der Beobachtungskuppel. Von dort aus konnte ich in alle Richtungen blicken. Hier blieb ich und hielt angestrengt Ausschau nach feindlichen Nachtjägern, damit wir gegebenenfalls ausweichen und den Bordschützen Anweisungen geben konnten. In der Ferne sah ich den rot erleuchteten Himmel. Der größte Teil unserer Bomber hatte Köln bereits in Brand gesetzt.

Unser Einsatz

Jetzt war alles klar für den Anflug auf das Ziel. Um das Zielgebiet herum kreisten deutsche Nachtjäger, die zum Gegenangriff bereit waren. Wir gehörten zur letzten Welle der tausend Bomber, die in jener Nacht einen Angriff auf Köln flogen. Die Stadt stand bereits von einem Ende bis zum anderen in Flammen. Wir mußten auf 3 000 Meter heruntergehen, um ein Gebiet ausfindig zu machen, das noch nicht in Brand gesetzt worden war, und dort unsere Bombe abwerfen.

Wir waren angewiesen worden, auf das Hauptpostamt zu zielen. „Auf der anderen Seite der Straße sind Munitionsfabriken“, hatte man uns gesagt. Viele von uns glaubten jedoch, daß wir die Zivilbevölkerung bombardierten, weil in den meisten Städten das Hauptpostamt, wie wir wußten, nicht von Fabriken umgeben ist.

Die Spannung stieg, als der Pilot den Bombenschacht öffnete. Im Flugzeug wurde es lauter. Das war für uns der gefährlichste Moment. Jetzt wurde unsere Bombe, die beinahe so lang zu sein schien wie das viermotorige Flugzeug selbst, ausgeklinkt. Farbige Leuchtkugeln flogen kreuz und quer durch die Luft. Wenn die Bombe von irgend etwas getroffen würde, wäre es aus mit uns.

Nun übernahm der Bombenschütze die Kontrolle über das Flugzeug. Während er das Zielgebiet anvisierte, gab er dem Piloten Anweisungen: „Links, links; rechts, rechts, weiter so; ein wenig nach links — so bleiben — weiter so — im Ziel. Bombe raus!“ Das Flugzeug wurde erschüttert, und ich hörte das Zischen, als sich die etwa dreieinhalb Tonnen schwere Bombe vom Flugzeug löste. Für uns dauerte es unendlich lange, bis der Explosionsblitz die Gegend erhellte, auf die wir die Bombe abgeworfen hatten. Nachdem das zerstörte Gebiet fotografiert worden war, drehten wir ab — Richtung Heimat.

Gewissensbisse

Während wir eine steile Kurve flogen, konnte ich sehen, daß ganz Köln unter uns brannte. Mir kamen die Männer, Frauen und Kinder in den Sinn, die ihr Leben lassen mußten. Mich quälte die Frage, warum ich mich an dem Hinschlachten Tausender von unschuldigen Bürgern dieser Großstadt beteiligt hatte. Ich versuchte, mich mit dem Gedanken zu beruhigen, daß dieser Kampf gegen das üble Regime Adolf Hitlers gerichtet war.

Auf dem Rückflug kam mir etwas in den Sinn, was mich während meiner 60 Feindflüge immer wieder verfolgte. Zu Anfang des Krieges hatte ein einzelnes deutsches Flugzeug im Reihenwurf einen Luftschutzbunker in der Nähe von Lincoln (England) bombardiert. Ich hatte mitgeholfen, die von Bomben zerrissenen Leiber der Frauen herauszuziehen, die dort Schutz gesucht hatten. Noch Monate später wurde ich von Alpträumen geplagt. Nun fragte ich mich, wievielmal sich solche entsetzlichen Ereignisse heute abend wiederholt hatten, nachdem tausend Bomber die dichtbevölkerte Stadt Köln in Schutt und Asche gelegt hatten, und wie Gott wohl über solch schreckliche Taten denkt.

Mir kam dieser Gedanke so oft, weil ich religiös erzogen worden war. Ich stammte aus Inverness (Schottland), und meine Familie gehörte schon seit Generationen der Kirche von Schottland an. Ich war Sonntagsschullehrer und Vorsitzender der kirchlichen Jugendgemeinde. Samstags abends stand gewöhnlich eine Gruppe von uns an einer Straßenecke vor der Stadthalle von Inverness, um für unseren Glauben öffentlich Zeugnis abzulegen. Bei solchen Anlässen war ich voll religiösen Feuereifers und wünschte mir nichts sehnlicher, als Geistlicher zu sein.

„Auf wessen Seite steht Gott?“

In den sechs Kriegsjahren (1939—1945) sprach ich wiederholt mit den Feldgeistlichen und fragte sie: „Auf wessen Seite steht Gott eigentlich in diesem Krieg?“ Ausnahmslos antworteten sie: „Natürlich steht er auf unserer Seite! Wir kämpfen gegen die üble Tyrannei, die sich über die ganze Welt auszubreiten sucht; und nur unsere christlichen Streitkräfte können sie zerschlagen!“ Das war für mich allerdings nicht zufriedenstellend.

Einmal saß ich im Offizierskasino neben dem katholischen Pater der Staffel und sagte zu ihm: „Wie Sie wissen, Pater, ist einer von der Mannschaft unseres Flugzeugs katholisch, und Sie segnen ihn, bevor wir zu den Bombenflügen nach Deutschland starten. Und dieselbe katholische Kirche segnet in Deutschland ein Mitglied der Besatzung eines deutschen Flugzeuges, das herüberkommt und unsere Städte zerstört. Deshalb möchte ich Sie fragen: ‚Auf wessen Seite steht Gott?‘“

„Ja, das ist eine schwierige Frage“, erwiderte er. „Ich weiß nur, daß es für Sie und mich oder für irgendeinen anderen Christen keinen Platz mehr gäbe, wenn wir Hitler die Welt regieren ließen.“ Es erübrigt sich, zu sagen, daß meine Frage auch dadurch nicht beantwortet wurde, deshalb konnte ich nicht umhin, die Frage zu stellen: „Warum entziehen denn die deutschen Katholiken und ihre Kirche Hitler nicht die Unterstützung?“ Während der Kriegsjahre konnte mir niemand meine Fragen beantworten.

Am 18. Mai 1945 wurde mir von König Georg VI. im Buckingham-Palast (London) das Fliegerverdienstkreuz verliehen, weil ich 60 Einsätze gegen Industrieziele und Städte Europas geflogen hatte, die bis aufs äußerste verteidigt wurden. Ein Orden für die Zerstörung großer und kleiner Städte und für die Vernichtung von Menschenleben! Von den 13 Angehörigen unserer Staffel, die nach einer zweiten Runde von Einsätzen zurückkehrten, war ich der einzige, der unversehrt geblieben war.

Im selben Jahr wurde ich aus dem Militär entlassen und ließ mich mit meiner Frau Barbara und unserem kleinen Sohn in Doncaster (England) nieder. In dieser Zeit litt ich unter schweren Depressionen; meine Nerven waren zerrüttet. Ich fühlte mich elend, weil ich mich bei den Luftangriffen auf Deutschland und Italien am Töten so vieler Menschen beteiligt hatte. Immer wieder fragte ich mich, ob Gott mir vergeben würde. Ich betete oft um Vergebung.

Störung beim Mittagessen

Eines Tages klingelte es während des Mittagessens an der Tür, und meine Frau öffnete. Sie blieb dort ziemlich lange, und ich wartete ungeduldig auf das Hauptgericht. Deshalb stand ich verärgert vom Tisch auf und unterbrach ihre Unterhaltung mit einem Herrn, indem ich sagte: „Was soll das alles?“

„Ihre Frau interessiert sich für das Buch ‚Gott bleibt wahrhaftig‘“, erklärte der Mann höflich. „Ich bin ein Zeuge Jehovas und spreche mit den Menschen hier in Ihrer Nachbarschaft.“

„Nein, danke!“ erwiderte ich unfreundlich. Ich reagierte allein deshalb ungehalten, weil ich den Namen Jehovas Zeugen hörte. „Wir haben für Leute nichts übrig, die sich nicht am Krieg beteiligt haben, denen es aber nichts ausgemacht hat, sich an dem satt zu essen, was unsere Marine unter großem Risiko herbeigeschafft hat!“

„Nun, mein Herr“, sagte der Mann an der Tür in sehr mildem Ton, „ich möchte erwähnen, daß Jehovas Zeugen, wo immer sie während des Krieges lebten, neutral waren und sich nicht am Krieg beteiligten. Doch wie Sie wissen, töteten in diesem Krieg Protestanten Protestanten und Katholiken Katholiken, ohne Gewissensbisse zu haben. Aber Jehovas Zeugen töteten in dieser Auseinandersetzung weder sich gegenseitig noch irgend jemand anders.“

Die Seite, auf der Gott steht

Seine Antwort erinnerte mich an die Frage, die ich mir während des Krieges oft gestellt hatte: „Auf wessen Seite steht Gott?“ Deshalb legte ich sie auch ihm vor.

„Nun, das ist eine einfache Frage“, erwiderte er. Er zeigte mir Johannes 13:34, 35 und las die Verse vor: „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe, daß auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“

„Offensichtlich werden wir“, fuhr er fort, „wo immer wir auch leben, uns gewiß nicht gegenseitig töten, wenn wir einander lieben, obgleich Politiker etwas Gegenteiliges verlangen mögen. Jehovas Zeugen haben sich an dieses Gebot Jesu gehalten, obwohl sie in Deutschland in großer Zahl wegen ihrer neutralen Haltung in den Konzentrationslagern umgekommen sind. Und in unserem Land sind viele eingesperrt worden, so zum Beispiel auch ich. Gott steht auf der Seite der Menschen, die einander wirklich lieben.“

Was er sagte, war überzeugend; deshalb nahmen wir das Buch entgegen. Meine Frau und ich saßen bis in die Morgenstunden im Bett, lasen das Buch und schlugen die Schriftstellen nach. Wir begriffen, inwiefern Kriege wie der Weltkrieg, in dem ich gekämpft hatte, Teil eines „Zeichens“ waren, das beweist, daß in Kürze Gottes Königreich aller Tyrannei ein Ende machen und die Erde in einen Ort verwandeln wird, wo Christen in Frieden leben können (Matthäus 24:3-14).

Ungefähr nach einer Woche schrieben wir dem Herrn, der uns das Buch und auch seine Adresse zurückgelassen hatte, und baten ihn, wieder vorzusprechen. Wir hatten eine Menge Fragen. Nach einigen Tagen kam er, und wir fingen an, mit ihm die Bibel zu studieren. Nachdem wir das zweite Mal studiert hatten, besuchten wir die Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas im Königreichssaal, und schließlich wurden meine Frau und ich im Jahre 1948 getauft.

Ein anderer Dienst in Höhenluft

Jahrelang hatten meine Frau und ich den Wunsch gehabt, im Vollzeitpredigtdienst zu stehen; und als unser Sohn in Südamerika den Missionardienst begann, wurde dieser Wunsch natürlich stärker und stärker. Aber das war damals keine leichte Entscheidung, denn wir standen uns finanziell sehr gut. Wir besaßen ein sehr schönes Haus, und ich hatte eine gutbezahlte Stellung. Wir waren auch nicht mehr die Jüngsten und hatten beide mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Und doch wußte ich, daß wir eigentlich mehr tun konnten.

Nach gründlicher, gebetsvoller Überlegung entschieden wir uns. Wir verkauften das Haus und verließen es unter Tränen, denn wir hatten immerhin über 20 Jahre darin gewohnt. So flogen wir schließlich im Juni 1973 über den öden Altiplano in Bolivien zum Flughafen von La Paz.

Dort wartete mein Sohn mit seiner Frau, um uns mit dem Auto abzuholen. Einige Minuten nachdem wir den Flughafen verlassen hatten, hielten wir an, und vor uns hatten wir eines der schönsten Panoramen, die ich je gesehen habe. Die Hauptstadt La Paz liegt in einer tiefen Mulde, die an einen Mondkrater erinnert, 305 Meter unterhalb des flachen Altiplano. Es war früh am Abend, und wir konnten die Lichter der ganzen Stadt unter uns funkeln sehen. Jenseits der Stadt reflektierte der schneebedeckte Illimani die letzten Strahlen der Abendsonne.

Als ich in der Royal Air Force diente, hatte man mich gelehrt, bei Flügen in Höhen von über 3 000 Metern stets eine Sauerstoffmaske zu tragen. Hier würden wir jetzt in einer Höhe von etwa 3 660 Metern leben — ohne Sauerstoffmaske! Im Dienst von Haus zu Haus war es ein regelrechter Kampf, die steilen Hügel von La Paz zu ersteigen und in der sauerstoffarmen Atmosphäre nach Luft zu ringen. Aber es war auch eine große Freude, fast immer Sonnenschein zu haben und auf die aufragenden, schneebedeckten Gipfel der Anden blicken zu können.

Am meisten Freude bereitete uns jedoch das Interesse der Menschen an der guten Botschaft von Gottes Königreich. Am Anfang hatte ich mir das, was ich sagen wollte, auf eine Karte geschrieben, um mich an den spanischen Wortlaut erinnern zu können. Natürlich hatte ich später manchmal noch Schwierigkeiten mit der Sprache. Aber nach 12 Jahren konnte ich in Spanisch öffentliche Vorträge halten und durfte als Ältester in einer der Versammlungen dienen. Im Laufe der Jahre machten wir eine Reihe begeisternder Erfahrungen; wir studierten mit 20 Personen, die sich schließlich taufen ließen. Gesundheitshalber mußten meine Frau und ich jedoch nach England zurückkehren, wo wir fortfahren, das Königreich Gottes zu verkündigen.

Wenn ich an die schreckliche Nacht zurückdenke, in der Köln bombardiert wurde, fühle ich mich immer noch elend, besonders wenn ich mir die Zerstörung und das Leid vorstelle, das ich angerichtet habe. Ich hatte mich oft gefragt, ob Gott wirklich diejenigen, die in Kriegen kämpfen, segnet. Wie dankbar war ich doch, als ich erfuhr, daß Gott auf keiner Seite steht, wenn die Völker in den Krieg ziehen! Es ist vielmehr so, wie mir der Zeuge Jehovas erklärte: „Gott steht auf der Seite der Menschen, die einander wirklich lieben“ (Johannes 13:34, 35). (Von David Walker erzählt.)

[Herausgestellter Text auf Seite 5]

Das Flugzeug wurde erschüttert, und ich hörte das Zischen, als sich die etwa dreieinhalb Tonnen schwere Bombe vom Flugzeug löste

[Herausgestellter Text auf Seite 6]

Mich quälte die Frage, warum ich mich an dem Hinschlachten Tausender von unschuldigen Bürgern dieser Großstadt beteiligt hatte

[Bild auf Seite 5]

Tausend Bomber flogen in Richtung Köln

[Bildnachweis]

RAF-Museen, London

[Bild auf Seite 6]

Köln, eines der Ziele bei meinen 60 Feindflügen

[Bildnachweis]

Foto: US-Armee

[Bild auf Seite 7]

David Walker mit seiner Frau Barbara und seinem Sohn während des Zweiten Weltkrieges

[Bildnachweis]

Topical Press Agency, LTD., London

[Bild auf Seite 8]

David Walker und seine Frau sprechen mit einem Bolivianer über Gottes Königreich

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