Die Bibel im Familienkreis lesen
CHRISTEN betrachten die Bibel wirklich als eine Gabe Gottes, und während sie ihrem Auftrag, „diese gute Botschaft vom Königreich“ zu predigen, nachkommen, bemühen sie sich, mit ihren Mitmenschen über die Bibel und ihre trostreiche Botschaft zu sprechen (Matth. 24:14; Röm. 15:4). Um dies aber wirkungsvoll tun zu können, müssen sie Gottes Wort regelmäßig lesen und studieren.
In früheren Zeiten war es in vielen Familien üblich, die Bibel zu lesen. Die Kinder kannten daher später die biblischen Geschichten und waren in der Lage, gewisse biblische Grundsätze im Leben anzuwenden. In unserer schnellebigen Zeit, in der die Menschen durch das Fernsehen und viele andere Dinge abgelenkt werden, ist das Bibellesen in den meisten Familien jedoch nicht mehr üblich. Wie ist es aber in christlichen Familien? Das Bibellesen im Familienkreis bringt bestimmt viel Freude und ist sehr lehrreich.
WAS MAN DABEI LERNEN KANN
Nehmen wir an, eine Familie liest jede Woche an einem Abend ungefähr eine Stunde gemeinsam in der Bibel. Im Laufe der Wochen werden biblische Gestalten gleichsam lebendig, und dramatische Ereignisse spielen sich vor dem geistigen Auge aller ab. Sie erleben, was an den verschiedenen Schöpfungstagen geschah. Sie können einen Blick in die ursprüngliche paradiesische Wohnstätte des Menschen werfen. Es ist ihnen möglich, mit Patriarchen wie Abraham, Isaak und Jakob „umherzuziehen“. Sie können mit den Israeliten trockenen Fußes das Rote Meer und den Jordan überqueren. Sie können es miterleben, wie der Hirtenjunge David den Philisterriesen Goliath besiegt. Sie „sehen“, wie der Tempel Jehovas in Jerusalem gebaut, wie er von den babylonischen Heeren zerstört und wie er unter dem Statthalter Serubbabel wieder aufgebaut wird.
Zusammen mit den einfachen Hirten in der Nähe von Bethlehem können sie auch „hören“, wie die Engel die Geburt Jesu ankündigen. Sie können die Worte „hören“, mit denen Gott seinen Sohn anerkannte, als dieser im Jordan getauft wurde. Sie können Jesus und die Apostel „begleiten“ und sind „zugegen“, wenn Jesus stirbt und wenn er auferweckt wird. Sie können mit dem Apostel Paulus reisen und „sehen“, wie in Korinth und an anderen Orten Versammlungen entstehen, während sich das wahre Christentum im ersten Jahrhundert ausbreitet. Und mit dem Apostel Johannes können sie sich auf die wunderbare in der Offenbarung geschilderte Zukunftsaussicht freuen, die auch die Aussicht auf die Tausendjahrherrschaft Christi einschließt.
Wenn sich die einzelnen Familienglieder beim Bibellesen abwechseln, können sie sich auch im Lesen verbessern. Noch wichtiger aber ist, daß sie sich Gottes Gesetze und Grundsätze zu eigen machen. Sie kommen dadurch Jehova näher, was bewirkt, daß ihre Liebe zu ihm noch größer wird. Es ist so, wie es in einem Lied Asaphs heißt: „Was aber mich betrifft, so ist es gut für mich, Gott zu nahen. Zu dem Souveränen Herrn Jehova habe ich meine Zuflucht genommen, um alle deine Werke zu verkünden“ (Ps. 73:28). Das wird allen in der Familie helfen, wie Moses zu handeln, der „standhaft [blieb], als sähe er den Unsichtbaren“ (Hebr. 11:27).
NEUE GEDANKEN MIT ALTEN VERBINDEN
Bestimmt wird jeder Christ zugeben, daß er früher verhältnismäßig wenig über Jehova Gott und seine Vorsätze wußte. Heute kann der Christ jedoch mit der Erschaffung und dem Sündenfall des Menschen beginnen, den Zweck des Loskaufsopfers Christi erklären, über die bevorstehende Vernichtung des gegenwärtigen Systems der Dinge sprechen und anhand der Bibel erklären, wie das Paradies auf der Erde wiederhergestellt wird und wie gehorsame Menschen vollkommen gemacht werden. Wie ist dies möglich geworden? Hauptsächlich dadurch, daß der Betreffende beim Studium der Bibel und christlicher Publikationen neue Gedanken, die er kennenlernte, mit älteren, die er bereits verstanden hatte, in Verbindung brachte.
Das Bibellesen im Familienkreis kann also sehr lehrreich sein, wenn man neue Gedanken mit alten verbindet. Das setzt natürlich voraus, daß man ‘achtgibt, wie man zuhört’ (Luk. 8:18). Man darf daher nicht zulassen, daß man während des Bibellesens nicht mehr richtig zuhört, so daß einem wichtige Gedanken entgehen. Man muß Aussprüche, Grundsätze, Gesetze und abstrakte Ideen mit Gedanken verbinden, die man bereits kennt. Neuen Aufschluß muß man in das einem schon bekannte Muster der Wahrheit einfügen. Es ist ferner gut, Vergleiche zu ziehen und nach neuen, unterschiedlichen oder tiefer gehenden Gedanken Ausschau zu halten, die einem helfen mögen, seine Denkweise zu korrigieren oder mit anderen über die Wahrheit des Wortes Gottes zu reden.
Wenn man etwas über das Verhalten eines Menschen liest, sollte man herauszufinden suchen, von welchen Grundsätzen er sich leiten ließ. Man kann dann darüber nachdenken, schlußfolgern und entscheiden, wie man unter ähnlichen Umständen handeln würde. Das ist sehr wichtig. Joseph, der Sohn Jakobs, weigerte sich zum Beispiel konsequent, sich an Potiphars Frau zu vergehen, indem er sagte: „Wie ... könnte ich diese große Schlechtigkeit begehen und in Wirklichkeit gegen Gott sündigen?“ (1. Mose 39:7-9). In diesem fesselnden und lebenswahren Bericht findet der Leser einen Grundsatz, den er mit anderen Aussagen in Gottes Wort gedanklich verbinden und an den er sich erinnern kann, wenn er selbst einmal in die Versuchung kommen sollte, unmoralisch zu handeln.
SICH BIBLISCHE BEGEBENHEITEN VORSTELLEN
Beim Lesen gewisser Bibelberichte sollten die Glieder der Familie versuchen, die geschilderten Begebenheiten mitzuerleben. Wird der Stoff mit Wärme und Gefühl sowie mit Begeisterung vorgelesen, so können sie sich von den Vorgängen ein Bild machen. Das hilft einem jeden, das Gelesene zu verstehen und sich die Ereignisse, die sich vor langer Zeit abspielten, einzuprägen.
Folgendes mag dies veranschaulichen: Angenommen, ihr lest als Familie Richter, Kapitel 7. Versucht euch das Geschehen vorzustellen. Betrachtet zum Beispiel die Verse 19 bis 22. Gideon und seine dreihundert tapferen Männer haben gerade ihre Stellung am Rande des midianitischen Lagers bezogen. Es ist ungefähr 22 Uhr, der Beginn der „mittleren Nachtwache“, und die Wachen sind gerade aufgestellt worden. Dichte Dunkelheit liegt über dem Lager der schlafenden Soldaten des Feindes. Gideon und seine Männer sind mit Hörnern ausgerüstet, und jeder hat in seiner linken Hand einen großen Wasserkrug mit einer Fackel darin. Plötzlich blasen die dreihundert Männer die Hörner und zerschmettern die großen Wasserkrüge. Ihr „hört“ den Schall der Hörner und das Zerschlagen der Krüge. Die drei Trupps von je hundert Mann blasen die Hörner, zerschlagen die Krüge, ergreifen die Fackeln und rufen: „Schwert Jehovas und Gideons!“ Ihr „seht“ und „hört“ es. Dann werft ihr einen Blick auf das Lager der Midianiter. Während Gideon und seine dreihundert Männer stehenbleiben, ein jeder an seiner Stelle, beginnt das ganze Lager zu laufen, bricht in lautes Schreien aus und ergreift die Flucht. Die dreihundert fahren fort, die Hörner zu blasen, und Jehova richtet im Lager der Midianiter das Schwert eines jeden gegen den anderen. Midian ist in die Flucht geschlagen worden. Jehova hat Gideon und seinen Männern den Sieg verliehen.
Oder nehmen wir an, ihr lest im Familienkreis das Bibelbuch Ruth. Ihr seht, wie die Moabiterin Ruth ihre verwitwete Schwiegermutter Noomi, die nach Bethlehem zurückkehrt, begleitet, und ihr hört, wie Ruth sagt: „Dein Volk wird mein Volk sein und dein Gott mein Gott“ (Ruth 1:16). Kurz danach seht ihr Ruth hinter den Erntearbeitern auf dem Feld des Boas fleißig Ähren auflesen. Er lobt sie später mit den Worten: „Jeder im Tore meines Volkes weiß, daß du eine tüchtige Frau bist“ (Ruth 3:11). In Übereinstimmung mit dem Gesetz über die Schwagerehe heiratet Boas Ruth, und daraufhin gebiert sie „der Noomi“ einen Sohn und wird so eine Vorfahrin Davids und schließlich Jesu Christi (Ruth 4:17-22; Matth. 1:1, 5, 6).
Werden die Kinder in der Familie nicht gespannt zuhören, wenn die Geschichte von den drei treuen Hebräern, Schadrach, Meschach und Abednego, vorgelesen wird? Ganz bestimmt. Vielleicht kann aber der Vater den Bericht so vorlesen, daß das Geschehen für sie lebendig wird und sie es sich vorstellen können. Da steht das riesige Bild von Gold in der Ebene Dura. Die Satrapen, Präfekten, Statthalter, Ratgeber und andere Beamte haben sich versammelt. Auf ein Zeichen, das durch den Schall aller Arten von Musikinstrumenten gegeben wird, fallen diese Männer nieder und beten das Bild von Gold an, das König Nebukadnezar aufgerichtet hat. Nur drei fallen nicht nieder. Respektvoll, aber entschieden erklären Schadrach, Meschach und Abednego dem König, daß sie seinen Göttern nicht dienen und das Bild von Gold nicht anbeten werden. Die drei jungen Hebräer werden in den überheizten Feuerofen geworfen. Doch was ist das? Nebukadnezar sieht in dem Feuerofen vier körperlich taugliche Männer, von denen einer ‘einem Sohn der Götter gleicht’ (Dan. 3:25). Sofort werden die drei Hebräer aus dem Feuerofen befreit, und Nebukadnezar segnet ihren Gott.
LEBENDIG UND INTERESSANT GESTALTEN
Solche Bibelberichte sind sehr interessant. Sie sind lehrreich und ermutigend. Das Bibellesen im Familienkreis kann übrigens auf verschiedene Art und Weise lebendig und interessant gestaltet werden.
Fürs erste sollte die Bibel deutlich, mit Wärme und Gefühl sowie mit Begeisterung vorgelesen werden. Man könnte beim Lesen gewisser Teile der Heiligen Schrift so vorgehen, daß zum Beispiel der Vater den allgemeinen Bericht liest, während andere Familienglieder die Rollen der verschiedenen biblischen Gestalten übernehmen. Man kann die einzelnen Rollen im voraus verteilen. Der Vater kann den allgemeinen Bericht bis zur wörtlichen Rede einer bestimmten biblischen Gestalt vorlesen. Dann kann das Familienglied, dem diese Rolle zugeteilt worden ist, die betreffenden Worte mit der entsprechenden Betonung vorlesen.
Beim Buch Ruth zum Beispiel könnte jemand die Rolle der Noomi übernehmen, jemand anders die der Ruth, ein dritter könnte die Rolle des Boas spielen und so fort. Jung und alt mag daran Freude finden, und es wird allen helfen, sich an diese ergreifende biblische Geschichte zu erinnern.
Zur Förderung des Interesses geht die Familie das Gelesene nochmals durch. Es werden Fragen aufgeworfen und beantwortet. Vielleicht hat jemand ein Wort oder eine bestimmte Redewendung nicht verstanden, oder ein gewisser Text ist nicht ganz klar. Mit Hilfe des Watch Tower Publications Index oder der Verzeichnisse, die in der Sprache der Betreffenden zur Verfügung stehen, mag die Antwort auf diese biblischen Fragen zu finden sein. Wenn jemand in der Familie Englisch spricht, kann auch das Buch Aid to Bible Understanding benutzt werden, indem man unter dem entsprechenden Stichwort nachschaut, was über ein Thema, das von besonderem Interesse ist, gesagt wird. Ferner kann ein Wörterbuch zu Rate gezogen werden, um den Kindern die Bedeutung gewisser Wörter zu erklären. Auf diese Weise kann das Bibellesen mit nützlichen Nachforschungen verbunden werden, durch die die Familie ihre biblischen Kenntnisse erweitern kann.
DER BLEIBENDE NUTZEN
Das regelmäßige Bibellesen im Familienkreis wird allen Freude machen und alle können daraus Nutzen ziehen. Gottes Gesetze und Grundsätze prägen sich im Gedächtnis von alt und jung ein. Auch können alle von den aus dem Leben gegriffenen Erfahrungen, über die in Gottes Wort berichtet wird, lernen. Es ist daher sehr wichtig, daß man über das, was man in der Bibel liest, gründlich nachdenkt. Ganz gleich, ob es sich bei dem gelesenen Stoff um Lehren, Prophezeiungen oder etwas anderes handelt, so sollte unser Geist rege bleiben.
Nachdem ein Teil gelesen worden ist, könnte das Familienhaupt fragen: „Wie berührt dies uns? Verlangt das, was wir jetzt gelernt haben, daß wir unsere Lebensweise irgendwie ändern? In welcher Beziehung steht dies zu anderen biblischen Lehren, die wir schon kennen? Wie können wir diese Gedanken anwenden, wenn wir mit anderen über die ,gute Botschaft‘ sprechen?“
Man kann sehr viel aus Gottes Wort ableiten. Der Bericht über Gideon und seine dreihundert Männer lehrt uns Mut und Vertrauen auf Jehova. Ruths vortreffliches Beispiel des Fleißes und der Treue sollte eine christliche Frau veranlassen, so sein zu wollen wie sie — „eine tüchtige Frau“. Und wäre es für jugendliche Christen, die sich in der Schule einer Prüfung ihrer Lauterkeit gegenübersehen, nicht gut, sich an die drei treuen Hebräer zu erinnern? Wie sie, so schreiben auch gottesfürchtige Jugendliche Jehova Rettung zu und lehnen jede ehrfürchtige Handlung, die ihrem himmlischen Vater mißfallen würde, ab (Ps. 3:8).
Wenn ihr als christliche Familie Gottes Wort wirklich schätzt, dann lest die Bibel regelmäßig. Erlebt die biblischen Berichte. Prägt euch die Gesetze und Grundsätze der Heiligen Schrift ein. Nehmt euch zum Bibellesen im Familienkreis Zeit. Ihr werdet daran Freude finden und Nutzen daraus ziehen.