Fragen von Lesern
● Warum wird in den Wachtturm-Schriften gesagt, Matthäus habe sein Evangelium zuerst in hebräisch geschrieben, wenn doch angenommen wird, daß Hebräisch damals bereits eine tote Sprache war? — E. W., Vereinigte Staaten.
Es gibt mehrere Gründe für die Annahme, daß Matthäus sein Evangelium zuerst in hebräisch schrieb: Wir können zum Beispiel nicht voraussetzen, daß Hebräisch damals eine tote Sprache war, denn G. Ernest Wright schreibt in seinem Buch Biblical Archaeology (S. 240) folgendes: „Römische Soldaten und Beamte konnte man lateinisch sprechen hören, während orthodoxe Juden unter sich sehr wahrscheinlich eine neue Form von Hebräisch sprachen, von der wir wissen, daß sie weder das klassische Hebräisch noch Aramäisch war, obwohl sie mit beiden große Ähnlichkeit hatte.“ In seinem Buch Daily Life in Bible Times (Der Alltag in biblischen Zeiten) schildert Albert Edward Bailey, wie die jüdische Jugend in den Tagen Jakobus’, des Sohnes Zebedäus’, erzogen wurde:
„Die Knaben wurden schon von frühester Jugend Frömmigkeit gelehrt. Deshalb kannten sie auch das Gesetz. Sie konnten es lesen, schreiben und seine offenkundige Bedeutung erklären ... Die Knaben saßen in einem Halbkreis um ihren Lehrer. In dieser Umgebung lernte Jakobus das Gesetz in hebräisch lesen, beginnend mit dem dritten Buch Mose, dessen Inhalt jeder Jude kennen mußte, wenn er gottgefällig leben wollte, und er mußte die Wörter richtig und mit Ehrfurcht aussprechen. Hebräisch war für ihn eine Fremdsprache, denn zu Hause und beim Spiel sprach man aramäisch, und später, im Geschäftsleben, würde er griechisch sprechen müssen. Hebräisch war nur die Sprache der Synagoge ... Nach dem Lesen kam das Schreiben, und sehr wahrscheinlich mußte er, abgesehen von aramäisch, auch hebräisch schreiben lernen.“ — S. 248, 249.
Daß Matthäus sein Evangelium zuerst in hebräisch schrieb, wird durch das Zeugnis vieler Schriftsteller aus dem zweiten, dritten und vierten Jahrhundert bestätigt. Papias, der im ersten und zweiten Jahrhundert lebte, schrieb zum Beispiel: „Matthäus stellte die Aussprüche [des Herrn] in hebräisch zusammen.“ (The Ante-Nicene Fathers, Band 1, S. 155) Origenes, der im zweiten und dritten Jahrhundert lebte, schrieb, daß das Matthäusevangelium „für gläubige Juden veröffentlicht und in hebräischen Schriftzeichen geschrieben“ worden sei. (M’Clintock and Strongs Cyclopædia, Band 5, S. 890) In derselben Enzyklopädie erschienen auch die Worte des Eusebius, der im dritten und vierten Jahrhundert lebte. Er sagte: „Der Evangelist Matthäus übermittelte sein Evangelium in der hebräischen Sprache.“
Hieronymus (viertes und fünftes Jahrhundert) sagte: „Matthäus verfaßte zum Nutzen der Gläubigen aus der Beschneidung ein Evangelium des Christus in Judäa in hebräischer Sprache und in hebräischen Schriftzeichen ... Übrigens ist das Hebräische bis auf diesen Tag in der Bibliothek von Cäsarea erhalten geblieben, die Pamphilus der Märtyrer sehr bereicherte.“ — Catalogue of Ecclesiastical Writers.
Die Worte G. Schonfields, eines neuzeitlichen Bibelgelehrten, sind in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr aufschlußreich. Er schreibt in seinem Werk An Old Hebrew Text of St. Matthew’s Gospel (Ein alter hebräischer Text des Evangeliums des hl. Matthäus), Seite 11, folgendes: „Noch im vierten Jahrhundert hören wir von einem hebräischen Matthäusevangelium das in den jüdischen Archiven von Tiberias aufbewahrt wurde.“
Ein weiterer Grund für die Annahme, daß Matthäus sein Evangelium zuerst in hebräisch schrieb, sind seine Anführungen aus den Hebräischen Schriften. Eine sorgfältige Prüfung dieser Anführungen zeigt nämlich, daß er direkt aus dem Hebräischen zitierte, nicht aus der Septuaginta. Hätte er sein Evangelium zuerst in griechisch geschrieben, so hätte er sehr wahrscheinlich aus der Septuaginta zitiert.
Gestützt auf das Zeugnis der frühchristlichen Schriftsteller und angesichts der Tatsache, daß das Hebräische in den Synagogen damals immer noch gepflegt wurde und Matthäus direkt aus dem Hebräischen zitierte, scheint es vernünftig anzunehmen, daß er sein Evangelium zuerst in hebräisch schrieb und es dann später wahrscheinlich selbst in die Koine oder die griechische Umgangssprache übersetzte.
● Wie kann der Bericht über den Tod des Königs Ahasja von Juda in 2. Könige 9:27 mit dem in 2. Chronika 22:8, 9 in Übereinstimmung gebracht werden? — C. S., Vereinigte Staaten.
Der Bericht in 2. Könige 9:27 lautet: „Als Ahasja der König von Juda, das sah, floh er des Weges zum Gartenhause. Und Jehu jagte ihm nach und sprach: Auch ihn erschlaget auf dem Wagen! Und sie verwundeten ihn auf der Anhöhe Gur, die bei Jibleam ist. Und er floh nach Megiddo und starb daselbst.“ Der Bericht in 2. Chronika 22:8, 9 lautet: „Und es geschah, als Jehu an dem Hause Ahabs Gericht übte, da traf er die Obersten von Juda und die Söhne der Brüder Ahasjas, welche Ahasja dienten; und er ermordete sie. Und er suchte Ahasja, und sie griffen ihn, als er sich in Samaria versteckt hielt und sie brachten ihn zu Jehu und töteten ihn. Und sie begruben ihn.“
Die anscheinend schwierige Frage wird geklärt, wenn wir beachten, daß die Bibelschreiber die Geschehnisse nicht immer in genauer chronologischer Reihenfolge berichten. Auch hatten sie noch nicht die Zeichensetzung wie wir heute, durch die sie eingeschobene Gedanken oder Abweichungen von der zeitlichen Reihenfolge der Geschehnisse hätten andeuten können. Im Buch der Könige berichtet der Schreiber nach einer kurzen Erwähnung Ahasjas und seiner Flucht einfach, was er sonst noch über das Leben Ahasjas und seinen Tod weiß, ohne anzudeuten, ob sich das alles in chronologischer Reihenfolge abspielte oder nicht. Aus diesem Grund gibt die Neue-Welt-Übersetzung (englisch) den Bericht über diese Ereignisse, die sich erst später zutrugen, in Klammern wieder und übersetzt auch das hebräische Bindewort waw, mit dem die eingeschobenen Angaben beginnen, mit „später“. Über das hebräische Wort waw wird im Vorwort der Neuen-Welt-Übersetzung der Hebräischen Schriften (englisch, Band 1, S. 18, Ausgabe 1953) folgendes gesagt:
„Obwohl waw (,und‘) im Hebräischen sehr häufig vorkommt, haben wir es nicht einfach als unnötig schwerfällig oder einem veralteten Stil angehörend weggelassen, sondern haben es unter Berücksichtigung des Zusammenhangs durch entsprechende Übergangswörter oder Wendungen wiedergegeben. Wir haben seine Bedeutung von seinem Verhältnis zu dem Zeitwort abhängig gemacht, mit dem es verbunden ist. Das Wörtchen waw hat im Hebräischen außer seiner Grundbedeutung ,und‘ demnach noch viele andere Bedeutungen.“
Jehu setzte die Verfolgung des Königs Ahasja also später fort, indem er seine Männer hinter ihm her sandte. Es scheint, daß in dem Bericht des Buches Chronika die Ereignisse in der Reihenfolge wiedergegeben werden, in der sie geschahen, wenn auch der Ort, wo Ahasja auf den Befehl Jehus tödlich verwundet wurde, und der Ort, wo er schließlich starb, nicht erwähnt werden wie in dem Bericht des Buches Könige.
Eine Verbindung der beiden Berichte zeigt, daß sich wahrscheinlich folgendes ereignet hat: Auf dem Weg nach Jisreel begegnete Jehu Joram und Ahasja. Er streckte Joram nieder; Ahasja dagegen floh. Damals verfolgte Jehu Ahasja noch nicht, sondern begab sich nach Jisreel, um sein Werk als Urteilsvollstrecker dort zu beenden. Inzwischen versuchte Ahasja zu entkommen und nach Jerusalem zurückzukehren, kam aber nur bis Samaria, wo er sich dann versteckt hielt. Die Männer Jehus, die ihn verfolgten, entdeckten ihn dort, nahmen ihn gefangen und brachten ihn zu Jehu, der sich bei Jibleam aufhielt, einer Stadt in der Nähe von Jisreel. Als Jehu Ahasja sah, befahl er seinen Männern, ihn in seinem Wagen zu töten. Auf dem Weg nach Gur, in der Nähe von Jibleam, verwundeten sie ihn tödlich. Aber Ahasja entkam noch einmal und floh nach Megiddo, wo er an seinen Verwundungen starb.