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  • Wahre Christen überwinden Verfolgung
    Der Wachtturm 1955 | 15. März
    • Wahre Christen überwinden Verfolgung

      DREIEINHALB Jahre lang hatte Christus Jesus als Jehovas irdischer Hauptbeauftragter gedient. Am Jordan hatte er sich bereit erklärt, den Willen seines Vaters zu tun, und trotz all der Versuchung und Verfolgung, die Satan und seine Handlanger gegen ihn unternehmen konnten, wich Jesus auch nicht ein Jota von seinem Übereinkommen ab. Am letzten Abend, den er als Mensch bei seinen Jüngern verbrachte, sagte er zu ihnen: „In der Welt werdet ihr Drangsal haben, doch faßt Mut! Ich habe die Welt besiegt.“ (Joh. 16:33, NW) Seid gutes Mutes, während ihr Verfolgung erduldet? Ja, wegen der tröstenden und ermutigenden Zusicherung, daß Verfolgung überwunden werden kann.

      Warum aber ließ Jehova es zu, daß sein geliebter Sohn Verfolgung zu erdulden hatte? Ja, warum sollte es Gott überhaupt zulassen, daß irgendwelche seiner Diener verfolgt werden? Liebt er nicht seine Diener? Ist er nicht allmächtig? Also müßte er einen guten Grund haben. Welcher Grund ist es? Da die Tatsachen zeigen, daß viele angebliche Christen verfehlt haben, Verfolgung zu überwinden, entsteht die Frage: Was ist dazu notwendig, sie zu überwinden?

      Wie wir es erwarten sollten, hat Gott uns auf diese Fragen in seinem Wort, der Bibel, die Antwort gegeben. Besonders treffend ist der Bericht, den man in den ersten beiden Kapiteln des Buches Hiob findet. Dort finden wir die Unterhaltung zwischen Jehova und Satan hinsichtlich Gottes aufrichtigem Diener Hiob. Zugegeben, Hiob diente Jehova. Was aber war sein Beweggrund? Gott erklärte, es sei seine Liebe zur Gerechtigkeit; Satan trat dafür ein, daß es aus Liebe zu selbstsüchtigem Gewinn geschah. Nimm ihm den materiellen Lohn für sein rechtes Tun, so argumentierte Satan, und Hiob werde Gott verleugnen, ja ihm ins Angesicht fluchen! Da diese Herausforderung Jehovas Namen und Oberherrschaft und ebenso die Würdigkeit der Geschöpfe, sich des Lebens zu erfreuen, einschloß, nahm Jehova die Herausforderung an. Er gab Satan Hiob gegenüber freie Hand, nur durfte er dessen Leben nicht antasten. Der Ausgang ist allen bekannt, die mit der Bibel vertraut sind. Obwohl sich Hiob immer wieder wunderte, warum Gott ihn so leiden ließ, klagte er ihn nie falsch an, sondern brachte eher sein äußerstes Vertrauen zu Gott zum Ausdruck: „Siehe, tötet er mich, ich werde auf ihn warten.“ — Hiob 13:15.

      Hiob war nicht der erste, der so die Lauterkeit bewahrte, sondern es war in seinem Fall eher so, daß die bereits bestehende Streitfrage betont und hervorgehoben wurde. Gerade die Tatsache, daß Jehova die Aufmerksamkeit Satans auf den Lauf der Lauterkeit Hiobs lenkte, zeigt, daß die Streitfrage schon vorher aufgeworfen worden war. Das war der Fall im Garten Eden, als es Satan gelang, das erste menschliche Paar zu verführen. Dieser Erfolg brachte Satan auf den Gedanken, er könne alle intelligenten Geschöpfe Gottes verführen. Um zu beweisen, daß Satan falsch ist, ließ Gott zu, daß Satan seinen frevelhaften Kurs fortsetzte.

      Die Apostel und ersten Jünger Jesu überwanden die Verfolgung auf ähnliche Weise. Ihre unzweideutige Stellungnahme war: „Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen.“ Mit der Steinigung des Stephanus begann eine heftige Verfolgung der christlichen Versammlung in Jerusalem, durch die alle, ausgenommen die Apostel, zerstreut wurden. Anstatt aber von einer solchen Verfolgung überwunden zu werden, ‚gingen die Zerstreuten umher und verkündigten das Wort‘. Jesus hatte sie geheißen zu frohlocken, wenn sie verfolgt würden, und wie der Bericht zeigt, taten sie gerade das. — Apg. 5:29, 41; 8:1, 2, 4; Matth. 5:11, 12.

      Und welche heftige Verfolgung der Apostel Paulus überwand! Er wurde wiederholt eingesperrt. „Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Streiche weniger einen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden.“ Er wurde für tot gehalten und verlassen. Trotz allem predigte er weiter. (2. Kor. 11:23-25) Durch all die vielen Jahre hindurch hat es nicht an Beispielen gefehlt, wie wahre Christen Verfolgung überwinden. Ob sie durch heidnische Kaiser oder durch die „christlichen“ Schwerter der römischen Kirche zur Untergrundarbeit gezwungen wurden: sie weigerten sich, Kompromisse einzugehen, hielten fest an ihrer Lauterkeit und predigten weiterhin das Wort. — 2. Tim. 4:2.

      Jesus hatte zuvor gewarnt, „in der Welt werdet ihr Drangsal haben“, und Paulus schrieb in seinem zweiten Brief an den jungen Diener Timotheus: „Alle, die mit gottgefälliger Hingabe in Gemeinschaft mit Christus Jesus leben wollen, werden auch verfolgt werden.“ (2. Tim. 3:12, NW) Wie ist es heute? Erleiden Christen in der Mitte dieses zwanzigsten Jahrhunderts die gleiche Verfolgung, und wenn ja, überwinden sie diese Verfolgung? Wie? Diese Fragen werden im nachfolgenden Artikel beantwortet.

  • Die rote Verfolgung heute überwinden
    Der Wachtturm 1955 | 15. März
    • Die rote Verfolgung heute überwinden

      Warum hat Jehova zugelassen, daß seine Diener von der Zeit Abels an bis in unsere Tage hinein Gewalt erleiden? Zu welcher Kompromißhaltung hat die Verfolgung viele solche, die sich als Christen bekannt haben, gezwungen? Ist es möglich, hinter dem Eisernen Vorhang seine Lauterkeit zu bewahren? Was ist dazu erforderlich, Verfolgung zu überwinden?

      ES SOLLTE uns nicht überraschen, festzustellen, daß Christen im zwanzigsten Jahrhundert Verfolgung erleiden. Weshalb nicht? Weil trotz allen Behauptungen, wir hätten eine christliche Zivilisation, die Tatsache bestehenbleibt, daß Satan immer noch der „Gott dieses Systems der Dinge“ ist. Immer noch geht er umher „wie ein brüllender Löwe und sucht, jemanden zu verschlingen“. Und voller Zorn führt er Krieg mit jenen, „welche die Gebote Gottes beobachten und denen das Werk des Zeugnisgebens für Jesus obliegt“. — 2. Kor. 4:4; 1. Pet. 5:8; Off. 12:17, NW.

      Gibt es außerdem heutzutage nicht immer noch religiöse Führer, die das Licht hassen, weil es die Irrtümer ihrer Lehren und ihre selbstsüchtigen Bräuche enthüllt, und die Jehovas Diener um ihre Wohlfahrt beneiden und dadurch für das Recht der Anbetungsfreiheit blind werden? Und gibt es nicht immer noch bedrückende politische Mächte, totalitäre Regierungen, die es übel aufnehmen, daß der Christ seine Untertanentreue Jehova Gott entgegenbringt und ihnen sagt, daß sie durch Gottes Königreich ersetzt werden? Ja, bestimmt gibt es solche, und sie und andere von gleich selbstischer Gesinnung tun sich zusammen, um Jehovas Diener heute zu verfolgen, so wie es ihr Gegenstück in den Tagen Jeremias, Christi Jesu und der Apostel jeweils tat.

      Natürlich können wir der Verfolgung ausweichen, indem wir Kompromisse schließen. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg befragte ein Beamter der Vereinigten Staaten viele Geistliche in Deutschland, um herauszufinden, wie sie ihre Zusammenarbeit mit Hitler und seinen Nazis rechtfertigten. Als Antwort auf ihre Entschuldigungen erinnerte er sie an den Lauf der Furchtlosigkeit, den Christus Jesus eingeschlagen hatte. Ein Bischof erwiderte: „Ja, aber sehen Sie doch, was man mit ihm tat!“

      Die organisierte Religion erachtete es ebenfalls als tunlich, in Japan in Verbindung mit dem Kaiserkult Kompromisse zu schließen. Obwohl der Schintoismus die Staatsreligion war, gab man unbesorgt vor, zu glauben, es sei eine rein politische Sache und Christen dürften daher an solchen Riten teilnehmen. Wie sich aber jemand vor dem Kaiser niederbeugen konnte, ohne sich vor ihm als dem Nachkommen der Götter zu verneigen, wenn sich sein politisches Amt doch auf seine religiösen Ansprüche gründete, war eine Frage, die ihr religiöses Gewissen nicht zu beunruhigen schien.

      Sobald in Rußland die anerkannt gottlose Regierung der organisierten Religion etwas Gunst bezeugte, indem sie im Jahre 1942 einen Kirchenmann zu einer Amtsstellung ernannte, „da wetteiferten Kirchenleute miteinander, herzliche Botschaften an Stalin zu senden“. — Saturday Evening Post, 11. September 1954.

      In Ostdeutschland unterstützte die organisierte Religion derart die kommunistische Friedenspropaganda, „obwohl die Bewegung einen politischen und streng weltlichen Charakter annahm“, daß es leicht fiel, Jehovas Zeugen an ihrer Weigerung zu erkennen, etwas damit zu tun zu haben.

      In Polen spornten 2000 katholische Priester bei Massenversammlungen alle Priester an, sich der Volksfront der Kommunisten anzuschließen, und in einem Memorandum vom 8. Mai 1953 gaben die Bischöfe von Polen zu, daß sie in der Unterstützung der Regierungsmethoden der Kommunisten bis zum Äußersten gegangen seien, auch als diese den Interessen der Kirche entgegengesetzt waren, mit den Worten: „Wir suchen eine positive Lösung, die sowohl der Kirche wie dem Staat zugutekommt. Nichts liegt uns ferner, als daran zu denken, Streit zu säen.“

      Wer aber der Verfolgung ausweicht, indem er Kompromisse schließt, der ist lauwarm, und Christus zeigt warnend an, daß er alle Lauwarmen aus seinem Munde ausspeien wird. — Off. 3:16, NW.

      DIE VERFOLGUNG KANN ÜBERWUNDEN WERDEN!

      In auffallendem Gegensatz zu all solchen Kompromissen steht die Handlungsweise der Zeugen Jehovas in der ganzen Welt. Die Geschichte ihrer Furchtlosigkeit in Nazideutschland, wo 10 000 in Konzentrationslager kamen und 8000 daraus zurückkehrten, ist allen wohlbekannt. Sie überlebten ihre Peiniger. Und in Kanada, wo das Werk während des größeren Teils des Zweiten Weltkrieges verboten war, stellte es sich heraus, daß es bei der Aufhebung des Verbots zweimal so viele Zeugen gab als beim Erlaß des Verbots. Bestimmt bedeutete dies ein Überwinden der Verfolgung!

      In Französisch-Äquatorial-Afrika kamen zwei Eingeborene in Berührung mit der Königreichsbotschaft und begannen, anderen von Jehova zu predigen. Die Regierung weigerte sich, Missionare oder Druckschriften ins Land hereinzulassen. Doch trotz diesem Verbot und vieler Verfolgung ist die Zahl der damaligen Evangeliumsdiener bis zum April 1954 von 2 auf 666 angewachsen; eine Zunahme, die um so bemerkenswerter ist, wenn man an die Rassen- und Sprachenschranken denkt.

      Zu der Zeit, da die Dominikanische Republik das Werk der Zeugen Jehovas untersagte, nämlich im Jahre 1949, hatten die Zeugen dort eine Höchstzahl von 274 Verkündigern erreicht. Obwohl viele eingesperrt wurden, sind die Zeugen dort keine Kompromisse eingegangen, sondern haben furchtlos unterirdisch weitergepredigt. Als Ergebnis nahmen 371 Verkündiger im Jahre 1954 am Predigtwerk teil; das ergibt eine durchschnittliche jährliche Zunahme von nahezu sieben Prozent. Ohne Frage haben sie die Verfolgung überwunden.

      Im Jahre 1950 haben über 20 000 Zeugen regelmäßig die gute Botschaft in Ostdeutschland gepredigt, als die Kommunisten das Werk verboten und alle Brüder in Gewahrsam nahmen, die im Hauptbüro in Magdeburg dienten, ferner die reisenden Vertreter und die Aufseher an den verschiedenen Orten. Insgesamt wurden mehr als 2000 verhaftet, und gegenwärtig sind dort 1283 im Gefängnis. Trotz den vermehrten Schwierigkeiten des Predigens unter Verbot und der fortwährenden Gefahr der Verhaftung haben sich ihre Reihen nachgefüllt, so daß es heute in Ostdeutschland wieder über 20 000 tätige Zeugen gibt. Viele sind der Äußerungen der Freude, die von den Zeugen aus Ostdeutschland kommen, sowohl von innerhalb als auch von außerhalb der Gefängnisse.

      Der furchtlose Lauf der Zeugen Jehovas in Ostdeutschland ruft bei vielen Bewunderung hervor. Zum Beispiel wurde nach den Kongressen der Neuen-Welt-Gesellschaft im Jahre 1953 auf die Tätigkeit von Haus zu Haus in Ostdeutschland Gewicht gelegt. In einer Versammlung nahmen zwanzig Verkündiger an dieser Arbeit teil und arbeiteten ihre Stadt durch. Zwei davon kamen bei dieser Aktion zufällig auch beim Bürgermeister vorbei. Befragt, ob sie Zeugen Jehovas seien, stellten sie ihm die Gegenfrage, wer nach seinem Dafürhalten Jehovas Zeugen seien. Der Bürgermeister erwiderte darauf unumwunden: „Ich weiß, daß ihr es seid, aber ihr braucht nicht zaghaft zu sein. Ich bewundere euren Eifer und Mut.“ Die zwei Zeugen konnten ein gutes Zeugnis über ihre Glaubensansichten und ihr Werk geben und vereinbarten, wieder bei ihm vorzusprechen. Viele solche Erfahrungen könnten erzählt werden, die zeigen, wie Jehovas Zeugen die Verfolgung in Ostdeutschland überwinden.

      In der Tschechoslowakei, in Ungarn, Rumänien, Polen und Jugoslawien, wo das Werk der Zeugen Jehovas seit Jahren verboten gewesen ist, stellen wir ein gleiches Überwinden der Verfolgung fest. Im Jahre 1946 waren in diesen Ländern 11 131 christliche Zeugen Jehovas tätig; im Jahre 1950 war ihre Zahl auf 28 183 angestiegen. Und wie viele waren es im Jahre 1954? Fast viermal soviel wie im Jahre 1946, nämlich 42 767.

      DIE VERFOLGUNG IN RUSSLAND ÜBERWINDEN

      Von vielleicht größtem Interesse jedoch sind die Tatsachenberichte, wie Jehovas Zeugen die Verfolgung in Rußland überwinden. Im Jahre 1946 gab es 6000 Zeugen in Rußland; im Jahre 1949 waren es 10 000. Wie kamen sie dorthin? Einige sind Zeugen geworden, weil sie Zeugnis erhalten hatten, als sie mit der russischen Armee in Deutschland dienten, andere, weil sie mit Jehovas Zeugen in deutschen Gefängnissen und Konzentrationslagern zusammenkamen. Die meisten jedoch gelangten dadurch in das Gebiet Rußlands, daß Rußland die baltischen Staaten und Teile von Polen, Ungarn, Rumänien und der Tschechoslowakei übernahm.

      Doch in welchem Ausmaße sie die Verfolgung überwanden, war nicht bekannt, weil der Eiserne Vorhang nichts durchließ, und so blickten die Zeugen Jehovas in anderen Teilen der Welt Jahr für Jahr umsonst in ihrem Jahrbuch nach Berichten über das Zeugnis in Rußland aus. Im Jahre 1951 traf der Präsident der Watch Tower Society einen Radiomann in Wien, Österreich, der Gefangener in Rußland gewesen war und dort viele Zeugen Jehovas im Gefängnis angetroffen hatte. Im Dezember 1953 wurde ein Zeuge Jehovas, der im Jahre 1948 in ein russisches Gefangenenlager gekommen war, weil er zwei russischen Soldaten Zeugnis gegeben hatte, wegen schlechter Gesundheit und weil er über sechzig Jahre alt war, freigelassen. Er erzählte, wie er den Russen Zeugnis gegeben habe, als er im Lager weilte, und wie er dort einige Zeugen getroffen habe, die überglücklich gewesen seien, mit ihm zusammenzutreffen.

      Dann, im Februar 1954, erschienen in The Observer, London, verschiedene Artikel über Zustände in russischen Arbeitslagern, die aus der Feder einer deutschen Journalistin, Frau Brigitte Gerland, stammten, welche kurz vorher aus einem dieser Lager freigelassen worden war. Sie war im Jahre 1946 in Ostdeutschland verhaftet und zu sieben Jahren Zwangsarbeit in kommunistischen Gefangenenlagern verurteilt worden. Schließlich war sie nach Vorkuta, der Hauptstadt des arktischen Rußlands, gesandt worden, wo etwa eine halbe Million Gefangene leben.

      Sie erstattete einen vorzüglichen Bericht über die Gefangenen in Vorkuta. Unter denen, die sie beschrieb, waren „die Gläubigen“. „Sie hatten sich aus Gewissensgründen geweigert, für den Staat zu arbeiten, und sie hatten nach jahrelangem hartem Kampf die Lagerverwaltung dazu gebracht, ihre Gewissensskrupel zu respektieren und sie nur noch zu Arbeiten für ihre Mitgefangenen zu verwenden. Ihr Erfolg bewies, daß innerhalb des Lagers Widerstand möglich war.“

      Sie erwähnte besonders eine gläubige Tochter, eine gelernte Technikerin, die ein Mitglied der Kommunistischen Jugendorganisation gewesen war, aber sich nicht befriedigt gefühlt hatte. Da sie zufällig auf ein „Neues Testament“ stieß, wurde sie dadurch zum Christentum bekehrt. Bei ihrer Arbeit in einer Fabrik traf sie ein Mädchen, das an das Evangelium glaubte und sie bei anderen einführte, die ebenfalls daran glaubten. Die zwei Mädchen gaben ihre Arbeit auf und gingen nach Zentralasien, Sibirien, wo sie in einem Krankenhaus arbeiteten und die Bibel predigten. Die Geheimpolizei hörte von ihrer Tätigkeit und verurteilte sie zu fünfzehn Jahren Zwangsarbeit wegen religiöser Agitation. Frau Gerland sagt über sie: „Die Geschichte ihrer Bekehrung, ihres Apostolates [ihrer Predigttätigkeit] und ihrer Verhaftung ist typisch für das Schicksal von vielen Hunderten, die ich traf, und von Tausenden anderer; es ist die Geschichte einer Bewegung, die immer noch außerhalb der Lager fortwirkt.“

      Als Erwiderung auf eine Frage über Jehovas Zeugen in Rußland antwortete Frau Gerland: „Ich traf davon eine ganze Menge in den arktischen Lagern. Die meisten waren Westukrainer [früher polnisch] oder Leute aus den baltischen Staaten, doch gab es unter ihnen auch Russen und andere Sowjetleute, selbst Tataren und Armenier. Ich denke, daß es allein im Lagerbezirk von Vorkuta mehr als zweitausend gewesen sind, vielleicht sogar dreitausend. Sie sind sehr freundliche und hilfreiche Leute, und alle Gefangenen hatten sie gern. Von den Lagerchefs wurden sie wegen ihrer Glaubensansichten nicht behelligt.“

      Der obige Bericht darüber, wie Jehovas Zeugen die Verfolgung in Rußland überwinden, ruft uns die zuversichtlichen Worte ins Gedächtnis zurück, die im Jahrbuch 1950 zum Ausdruck gebracht worden waren: „Wo sie auch sein mögen, fahren sie fort, die frohe Botschaft zu predigen. Jehovas Zeugen allerorts werden Jehova bitten, daß er diese treuen Brüder segnen und führen und leiten möge, damit auch sie durch ihre unverbrüchliche Lauterkeit trotz der schweren Zeiten, die sie ertragen, einen Anteil an der Rechtfertigung des Namens Jehovas haben. Ihr leuchtender Glaube ist ein Anreiz, ein Ansporn für Jehovas Zeugen allüberall; denn sie verharren treu im Dienste Jehovas.“

      Und was ist dazu nötig, heute diese Verfolgung zu überwinden? Vor allem Erkenntnis. Ohne Erkenntnis Jehovas und seiner Eigenschaften, seiner Vorsätze und seines Willens für sie und des Grundes, warum er sie leiden läßt, hätten sie dem „roten“ Terror nicht widerstehen können. Und diese Erkenntnis muß einen lebendigen Glauben zeitigen, denn wenn man Glauben hat, ‚vermag man alles‘, denn alles ‚geschehe dir nach deinem Glauben‘. Zudem ist Hoffnung nötig, denn Hoffnung ist für den Christen, was ein Anker ist für ein Schiff und der Helm für den Soldaten, nämlich Schutz in Zeiten der Gefahr. — Phil. 4:13; Matth. 9:29; Heb. 6:19; Eph. 6:17.

      Die Verfolgung zu überwinden erfordert auch Jehovas heiligen Geist, denn es kann nicht durch Menschenmacht oder -kraft geschehen. (Sach. 4:6) Und vor allem ist Liebe nötig, denn ohne Liebe sind wir nichts. Ferner: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“ (1. Joh. 4:18, NW) Ja, wahre Christen können und werden Verfolgung überwinden, so wie dies von den Zeugen Jehovas in der ganzen Welt bewiesen wird.

      [Bild auf Seite 165]

      Sich vor dem beugen, was jeweils dienlich ist

      Organisierte Religion

  • Warum viele Kirchenstühle leer sind
    Der Wachtturm 1955 | 15. März
    • Warum viele Kirchenstühle leer sind

      IN EINER gewissen Zeitung in Kalifornien (USA) erschien einen Monat lang folgendes Inserat: „Gesucht werden Männer, Frauen und Kinder, die sonntags morgens von 10 bis 12 Uhr in der Armona-Methodistenkirche, Ecke der 14. Avenue und der Hanford-Armona-Autostraße, kaum gebrauchte Kirchenstühle besetzen.“ Die folgende Erfahrung wirft etwas Licht auf die Frage, warum die Stühle dieser Kirche an den Sonntagen nicht besetzt sind.

      „Ich besuchte diese Kirche 25 Jahre lang, und jedesmal, wenn ein Prediger die Frage stellte, warum die Kirchen versagten, spürte ich immer mehr, daß an den Kirchen etwas verkehrt war. Vor eineinhalb Jahren bat ich den Prediger, der das obige Inserat in die Zeitung gesetzt hatte, mir Harmagedon und Teile aus der Offenbarung zu erklären. Sowohl er als auch seine Frau, die ebenfalls ordinierter Prediger ist, sagten mir, sie wüßten das nicht und wären auch nicht an der Offenbarung interessiert, weil es uns nicht zustehe, sie zu begreifen. Man sagte mir auch, ich würde meinen Verstand verlieren, wenn ich mit Jehovas Zeugen studierte, weil sie in der Welt von den falschen Zeugen die schlimmsten seien.

      Ich hatte schon ein paar Monate lang mit einer jungen Zeugin Jehovas die Bibel studiert. Sie hatte an meiner Tür vorgesprochen und versicherte mir, ich verlöre nicht meinen Verstand, wenn ich mit ihr weiterstudierte. Nach vier Monaten wurde ich getauft, und der Fortschritt, den ich machen konnte, ist erstaunlich, da ich doch im Alter von vierundfünfzig Jahren als ein Bibelunkundiger begann. Jetzt bin ich mit der Hilfe Jehovas imstande, von Tür zu Tür zu predigen und Bibelstudien zu leiten. An meiner allerersten Tür nahm ich ein Wachtturm-Abonnement auf. Wie ich glaube, hat das jede Prüfung, jede Kritik und alles andere aufgewogen, was ich über mich ergehen lassen mußte. Nebenbei gesagt, der Prediger und seine Frau, die mir erklärt hatten, ich verlöre meinen Verstand, wenn ich mit Jehovas Zeugen studierte, mußten wegen Unstimmigkeit ihre Kirche verlassen.

      P. S. Mein Verstand ist tatsächlich um vieles verbessert worden!“

      Kein Wunder, wenn die Kirchenstühle leer sind! Warum sich die Mühe machen und in die Kirche gehen, wenn wir die Bibel nicht verstehen sollen? Wenn wir sie aber verstehen sollen, müssen wir an einem anderen Ort danach Ausschau halten als an den Anbetungsstätten, an denen solche Prediger lehren.

  • „Ein hervorragender Christ von seltener Art“?
    Der Wachtturm 1955 | 15. März
    • „Ein hervorragender Christ von seltener Art“?

      Dr. W. R. Matthews, der gegenwärtige Doyen der St.-Pauls-Kathedrale in London, nannte in seinen Worten über das Hinscheiden seines Vorgängers Sir W. R. Inge, des „düsteren Doyens“, diesen einen „hervorragenden Christen von seltener Art. Er gab manchen Leuten Anstoß, doch brachte er sie zum Nachdenken.“

      Zu den Erklärungen, wodurch Inge recht vielen Leuten zum Anstoß wurde, gehörte auch jene, daß er weder an den Himmel noch an die Hölle noch an die Sozialisten Englands glaubte. Natürlich kann jemand, der Christ zu sein behauptet, sein Vertrauen weder auf die Sozialisten Englands setzen noch auf die Liberalen oder die Tories, sondern muß an das Reich Christi glauben. Und (sofern wir Inge die Wohltat des Zweifels gewähren wollen) wenn er sagte, er glaube nicht an die Hölle, mag er gemeint haben, er glaube nicht an eine Feuerhölle. Wie aber kann jemand, der sich vor den Menschen der Welt als christlicher Geistlicher ausgibt, erklären, daß er nicht an den Himmel glaube? Für Christus Jesus war der Himmel etwas sehr Wirkliches. Er sagte, er sei vom Himmel herabgekommen und kehre in den Himmel zurück, ferner, sein Vater wohne im Himmel; sein Königreich sei vom Himmel; der Lohn für seine Fußstapfen-Nachfolger sei im Himmel aufbewahrt, und sie sollten sich Schätze im Himmel aufhäufen.

      Was will Dr. Matthews sagen, wenn er erklärt, Dr. Inge habe die Leute zum Nachdenken gebracht? Veranlaßte er sie zu der Frage, ob es wirklich einen Gott gebe, ob die Bibel das Papier wert sei, auf das sie geschrieben wurde? Seine Bemerkungen waren bestimmt nicht derart, daß sie zur rechten Art des Nachdenkens über Gott und die Bibel ermutigen. Kann ein solcher zu Recht als „ein hervorragender Christ von seltener Art“ bezeichnet werden? Offensichtlich ist etwas grundverkehrt an der Auffassung Dr. Matthews’ über das, was einen Christen ausmacht. Wenn führende Geistliche sich zu einer Philosophie wie zu der eines Inge bekennen, ist es dann verwunderlich, daß es so große religiöse Unwissenheit, Gleichgültigkeit und Heuchelei in der Welt gibt, daß so viele Menschen ‚das Vergnügen mehr lieben als Gott und eine Form der Gottergebenheit haben, doch hinsichtlich deren Kraft sich als falsch erweisen‘? — 2. Tim. 3:4, 5, NW.

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