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Die Radiokarbonuhr wird überprüftErwachet! 1972 | 22. Juli
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Die Radiokarbonuhr wird überprüft
VON den wissenschaftlichen Methoden, die der Mensch entwickelt hat, um seinen Wissensdurst über seine Vergangenheit zu stillen, ist keine besser bekannt als die Radiokarbonuhr. Diese Methode zur Altersbestimmung frühzeitlicher Artefakte beruht auf der Messung des radioaktiven Kohlenstoffes, der durch Höhenstrahlung in der oberen Atmosphäre gebildet und von den Pflanzen aufgenommen wird. Diese Methode eignet sich besonders für Gegenstände aus Holz, für Holzkohle und für Artefakte aus pflanzlichen oder tierischen Fasern. Eine genaue Datierung soll für einen Zeitraum von mehr als 10 000 Jahren möglich sein.
Die Archäologen sind an den Ergebnissen solcher Altersbestimmungen brennend interessiert, weil sie sich mit der Erforschung der urgeschichtlichen Kulturen befassen. Auch Erforscher der Bibel haben sich für die Altersbestimmung nach der Radiokarbonmethode (C-14-Methode) interessiert, weil sie über einen Zeitraum Altersangaben macht, der weit über die 6 000 Jahre Menschheitsgeschichte, über die in der Bibel berichtet wird, hinausgeht.
Vielleicht ist es dir bekannt, daß man das Alter der leinenen Hülle der alten Jesajarolle, die man in der Nähe des Toten Meeres gefunden hat, mit Hilfe der Radiokarbonuhr bestimmt hat.1a Die Untersuchungen haben ergeben, daß die Hülle 1 800 oder 2 000 Jahre alt sein muß; diese Altersangabe war ein zusätzlicher Beweis dafür, daß das Manuskript keine raffinierte Fälschung der Neuzeit, sondern echt war.
Das Symposium in Uppsala
Der vor kurzem (1971) veröffentlichte Bericht über das 12. Nobel-Symposium, das 1969 in Schweden stattfand, weckte erneut das Interesse an der Altersbestimmung nach der Radiokarbonmethode. Experten auf dem Gebiet der Radiochemie aus vielen Ländern trafen sich mit Geologen und Archäologen. Sie besprachen die Ergebnisse ihrer jüngsten Untersuchungen der Methode, das Alter eines Gegenstandes durch die Messung des Radiokohlenstoffgehaltes (Kohlenstoff 14) zu bestimmen. Ehrenpräsident war Nobelpreisträger W. F. Libby von der Universität Kalifornien in Los Angeles, der 1949 die Karbon-14-Methode entwickelte.
Aus dem Konferenzbericht ist zu erkennen, daß man mit den gegenwärtigen Erfolgen der Methode allgemein zufrieden war. Die sich widersprechenden Ergebnisse, zu denen die verschiedenen Laboratorien gelegentlich gekommen waren, sind größtenteils miteinander in Einklang gebracht worden. Man erwartet jetzt, daß man bis auf 80 bis 100 Jahre genaue Altersangaben machen kann. Es stimmt, daß zwischen dem mit Hilfe der Radioaktivität errechneten „Radiokarbonalter“ und dem wahren Alter bekannter Proben größere Abweichungen festgestellt worden sind, aber das mag mit Hilfe einer Eichkurve, die mehrere Laboratorien gemessen haben, berücksichtigt werden.
Diese Kurve stützt sich hauptsächlich auf Holz von Bäumen, die ein sehr hohes Alter erreichen und deren Alter durch Zählen der Jahresringe bestimmt worden ist. Zum Beispiel mag die Zählung der Jahresringe ergeben, daß ein Stück Holz 7 000 Jahre alt ist. Das Radiokarbonalter aber mag nur 6 000 Jahre betragen. Daher werden die 1 000 Jahre als Korrektur dem Radiokarbonalter aller Proben aus jener Zeit hinzugefügt.
Es hat sich gezeigt, daß die Theorie, auf der die Radiokarbonmethode beruht, viel komplizierter ist, als man vor zwanzig Jahren erwartet hat, und man hat viele der Korrekturen zu der Methode studiert, um zu sehen, wie sie die ermittelten Alter beeinflussen. Wenn man alles das berücksichtigt, erscheint es möglich, das Alter organischer Stoffe ziemlich genau zu bestimmen, die in den vergangenen 7 400 Jahren entstanden sind.
Einige Proben von Häusern und Feuerstellen aus der Vorzeit, die man auf ihr Alter geprüft hat, haben sich gemäß der Radiokarbondatierung als älter als 6 000 Jahre erwiesen. Solche Ergebnisse stehen im Widerspruch zur biblischen Chronologie, nach der der erste Mensch erst vor 6 000 Jahren geschaffen worden ist. Dadurch erheben sich einige möglicherweise beunruhigende Fragen. Bedeutet die Verfeinerung und der anscheinende Erfolg der Radiokarbonuhr, daß die biblische Chronologie korrekturbedürftig ist? Können wir der biblischen Chronologie immer noch Vertrauen schenken, oder hat die Wissenschaft bewiesen, daß sie unzuverlässig ist?
Bevor wir voreilige Schlüsse ziehen, sollten wir einige der Einzelheiten, die auf der Konferenz in Uppsala besprochen worden sind, etwas näher prüfen. Dabei wird sich uns die Frage aufdrängen, ob die detaillierten Korrekturen zu der Methode der Radiokarbondatierung, die auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, die Methode würde dadurch exakter, in Wirklichkeit nicht vermehrte Möglichkeiten für Fehler schaffen.
Notwendige Annahmen
Die Theorie, die man vor zwanzig Jahren für verhältnismäßig einfach hielt, beruhte auf folgenden Annahmen:
1) daß Kohlenstoff 14, der radioaktive Bestandteil des natürlichen Kohlenstoffes, mit einer Halbwertszeit von 5 568 Jahren zerfällt;
2) daß das Verhältnis der Kohlenstoff-14-Atome zu den stabilen Kohlenstoff-12-Atomen im „lebenden“ Kohlenstoff immer so gewesen ist wie heute; das hängt von zwei weiteren Annahmen ab (2a und 2b);
a) daß die Zahl der Kohlenstoff-14-Atome konstant gewesen ist; das bedeutet, daß die kosmische Höhenstrahlung, durch die sie entstehen, in den vergangenen 15 000 bis 20 000 Jahren unverändert geblieben ist;
b) daß die Gesamtmenge stabilen Kohlenstoffs in dem „Austauschreservoir“ in der gleichen Zeit konstant gewesen ist; das schließt das Kohlendioxyd der Luft und den organischen Kohlenstoff in den Lebewesen ein, weil sie ständig bei der Photosynthese Kohlendioxyd verarbeiten und es durch Atmung abgeben; Kohlendioxyd wird außerdem im Meerwasser gelöst, wo es Kohlensäure und kohlensaure Salze (Karbonate) bildet, beides mischt sich mit den gelösten kohlensauren Salzen im Meer; dieser Vorgang ist auch umkehrbar, obschon dazu fünfzig Jahre erforderlich sein mögen; das im Gestein als Mineral vorkommende kohlensaure Salz gilt natürlich nicht als zum Austauschreservoir gehörend;
c) in Verbindung mit Nummer zwei steht auch die Annahme, daß die Erzeugungsrate von Kohlenstoff 14 sich während dieser ganzen Zeit kaum geändert hat, und daraus ergibt sich, daß sein Zerfall für die ganze Welt mit seiner Erzeugung im Gleichgewicht ist;
3) daß alle Lebewesen, sowohl die pflanzlichen als auch die tierischen, solange sie leben, Radiokohlenstoff in ihre Gewebe aufnehmen; dann, nach ihrem Tod, verringert sich der Gehalt des radioaktiven Kohlenstoffs mit einer dem Radiokohlenstoff entsprechenden Halbwertszeit; sie nehmen weder durch Kontakt mit jüngeren Materialien Radiokohlenstoff auf, noch verlieren sie welchen durch Austausch von Atomen mit älterem Kohlenstoff;
4) daß die Probe, um für die Radiokarbondatierung von praktischem Wert zu sein, aus der Zeit stammt, die sie kennzeichnet, und nicht etwas ist, was lange vor jener Zeit gewachsen ist.
Wir müssen also daran denken, daß die Radiokarbonuhr nur dann das Alter richtig bestimmt, wenn alle erwähnten Annahmen stimmen. Selbst wenn nur eine nicht stimmt, erhält man mit dieser Methode falsche Altersangaben.
Die ersten Holzproben von alten Bäumen und die ersten Proben aus Gräbern ägyptischer Könige, deren Alter man im Laboratorium von Libby bestimmte, zeigten eine ziemlich gute Übereinstimmung mit dem anerkannten Alter dieser Proben, wenigstens wenn ihr Alter etwa 4 000 Jahre nicht überstieg. Man dachte daher, die Annahmen seien vielleicht richtig oder wenigstens fast richtig. Aber wie sieht die Sache jetzt aus, nachdem man zwanzig Jahre lang das Werk der Radiokarbonuhr untersucht hat? Erscheinen die Annahmen immer noch so gut begründet wie damals?
Wenn man den Bericht über die Konferenz in Uppsala liest, kommt man zu dem Schluß, daß jetzt die Richtigkeit keiner einzigen der erwähnten Annahmen erwiesen ist! Einige mögen nur in wenigem nicht stimmen, aber andere haben sich als völlig unrichtig erwiesen. Wir wollen nochmals jede einzelne im Lichte des heutigen Wissens — oder vielleicht ist es auch eine fortgesetzte Unwissenheit — betrachten.
Die Validität der Probe
Eine der ziemlich offensichtlichen Fehlerquellen bei der Radiokohlenstoffdatierung ist der Verlust der Integrität der Probe (Annahme 3). Wenn eine Probe durch Kontakt mit Material, das älteren oder jüngeren Radiokohlenstoff enthält, oder durch Einschluß solchen Kohlenstoffs verunreinigt ist, kann die Analyse keine richtige Altersangabe ergeben. Aber der praktische Archäologe hat gelernt, was er tun muß, wenn er vom Laboratorium eine Probe mit einer Altersangabe zurückerhält, die ganz anders ausgefallen ist, als er erwartet hat. Dr. Evzen Neustupný vom Archäologischen Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften sagte auf dem Symposium: „Oft kann die Verunreinigung von Proben durch neuzeitlichen oder alten Kohlenstoff klar erkannt werden, wenn das Ergebnis einer Messung von dem erwarteten Wert beträchtlich abweicht.“2
Frei wiedergegeben, bedeuten seine Worte, daß er die Verunreinigung der Probe nicht erkennt, bevor er sie einsendet; betrachtet er sie dann aber erneut, nachdem er die unangenehme Antwort erhalten hat, kann er deutlich erkennen, daß sie verunreinigt ist.
Der gleiche Experte sagte auch über die Wichtigkeit der Auswahl zeitgenössischer Proben (Annahme 4): „Es sollte auch klar sein — obgleich viele Archäologen das offenbar ignorieren —, daß die Radiokohlenstoffmessungen das Alter des organischen Gewebes der Probe ergeben, d. h. das Alter von seiner Entstehung an. Das Gewebe einer Probe, das verwendet wird, um ein historisches (oder prähistorisches) Ereignis zu datieren, mag schon mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte biologisch tot gewesen sein, als der Mensch der Frühzeit es benutzte. Das trifft auf das Holz zu für Gebäude, auf die Holzkohle von Feuerstellen und auf die meisten übrigen Materialien.“2
Daran sollte der Leser denken, wenn die Presse meldet, die Radiokohlenstoffdatierung eines Holzkohlenstückes, das irgendwo in einer Höhle ausgegraben worden sei, habe ergeben, daß dort vor soundsoviel tausend Jahren Höhlenmenschen gelebt hätten. Es gibt heute Orte, an denen jemand, der zeltet, Brennholz auflesen kann, das vor Hunderten, ja vor Tausenden Jahren gewachsen ist.
Solche Irrtümer sind schon so häufig vorgekommen, daß die Archäologen nicht bereit sind, die Radiokohlenstoffdatierungen ganz allgemein zu akzeptieren. Aber sie kommen nur bei der Anwendung der Methode bei bestimmten Proben vor, so daß eine Probe falsch, eine andere richtig datiert sein mag.
Den Experten, die sich mit der Radiokohlenstoffdatierung befassen, werden aber noch schwierigere Fragen vorgelegt, Fragen, die die Grundpfeiler der Methode treffen. Werden diese Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet, so wecken sie Zweifel darüber, ob man mit dieser Methode das Alter irgendeiner Probe richtig bestimmen könne.
Die Halbwertszeit des Radiokohlenstoffes
Eine der Fragen betrifft schon die erste Annahme. Ist es erwiesen, daß die Halbwertszeit des Kohlenstoffes 14 stimmt? Man beachte folgende Kommentare zweier Experten des Radiokarbonlaboratoriums der Universität von Pennsylvanien:
„Das Beunruhigendste an der Frage, ob diese Halbwertszeitbestimmungen richtig seien, ist die Tatsache, daß alle von denselben Grundmethoden abhängen, nämlich der absoluten Messung mit einem Gaszähler zur Ermittlung der spezifischen Zerfallsrate und der darauffolgenden Messung mit dem Massenspektrometer, die die genaue Menge von C 14 ergeben soll. In der ersten Phase besteht die Schwierigkeit, absolute Meßdaten mit Hilfe eines Gaszählers zu erhalten, und bei der zweiten besteht das Problem der genauen Verdünnung und der Einführung des ,heißen‘ C 14 in das Massenspektrometer. Ein Fehler, verursacht durch Adsorption von C 14 an den Wänden des Behälters, mag vorherrschen und bei allen Halbwertszeitbestimmungen mehr oder weniger gleich groß sein. Es ist offensichtlich, daß eine völlig unabhängige Methode und Technik erforderlich sind, ehe man mit Sicherheit sagen kann, welches die wahre Halbwertszeit von C 14 ist.“3
Libby selbst wußte um diese Möglichkeit, daß die Halbwertszeit nicht stimmen könnte. Im Jahre 1952 schrieb er über die große Bedeutung der Bestimmung der absoluten Zerfallsrate: „Es ist zu hoffen, daß weitere Bestimmungen der C14-Halbwertszeit durchgeführt werden, möglichst unter Verwendung gänzlich anderer Meßmethoden.“4 Bis jetzt hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt.
Die Erzeugung von Kohlenstoff 14
Wie steht es mit der Konstanz der Höhenstrahlungsintensität? (Annahme 2a). Man hat beobachtet, daß die Intensität der Höhenstrahlung alles andere als konstant ist. Man kennt jetzt mehrere Faktoren, die große Schwankungen verursachen.
Einer dieser Faktoren ist die Stärke des Magnetfeldes der Erde. Es beeinflußt die kosmischen Strahlen — größtenteils Protonen (Wasserstoffatomkerne) —, indem energieärmere Teilchen vom Magnetfeld der Erde abgelenkt werden. Wenn das Magnetfeld der Erde stärker wird, erreichen weniger kosmische Strahlen die Erde, und weniger Radiokohlenstoff wird erzeugt. Wird das Magnetfeld der Erde schwächer, erreichen mehr kosmische Strahlen die Erde, und mehr Radiokohlenstoff wird erzeugt.
Untersuchungen zeigen, daß sich die Stärke des magnetischen Feldes in der Zeit vor etwa 5 500 Jahren bis vor etwa 1 000 Jahren verdoppelt hat und daß sie jetzt wieder abnimmt. Schon allein diese Wirkung kann der Grund für die notwendige Korrektur von fast tausend Jahren bei der Altersbestimmung älterer Proben sein.
Auch die Sonnenfleckentätigkeit kann große Veränderungen hervorrufen. Das Magnetfeld der Sonne reicht bis weit hinaus in den Weltraum, sogar über die Umlaufbahn der Erde hinaus. Seine Stärke verändert sich — allerdings nicht sehr regelmäßig — parallel zum elfjährigen Zyklus der Sonnenfleckentätigkeit; und auch das beeinflußt die Intensität der kosmischen Strahlung, die die Erde erreicht.
Ein weiterer Faktor sind die Sonnenfackeln. Das sind sporadische Gasausbrüche auf der Sonnenoberfläche, wobei gewaltige Mengen Protonen ausgestoßen werden. Diejenigen, die die Erde erreichen, erzeugen Kohlenstoff 14. Das hat einen Überschuß an Kohlenstoff 14 zur Folge, der nicht vorauszusagen ist. In dem Bericht findet sich eine Tabelle und eine graphische Darstellung der Kohlenstoff-14-Erzeugung charakteristischer Sonnenfackeln. Am 23. Februar 1956 hat man eine Fackel beobachtet, die in wenigen Stunden so viel Kohlenstoff 14 erzeugte, wie im Durchschnitt in einem ganzen Jahr durch Höhenstrahlung erzeugt wird. Diese Wirkung kann man offensichtlich unmöglich bei den Korrekturen der Radiokarbonuhr berücksichtigen, denn niemand weiß, ob die Sonnenfackeln in den vergangenen Jahrtausenden mehr oder weniger aktiv waren als die jetzigen.
Ein weiterer wenig bekannter Faktor ist die Intensität der kosmischen Strahlen, die aus der Milchstraße in das Sonnensystem eindringen. Geochemiker haben durch Messungen der sehr geringen Radioaktivität verschiedener Elemente, die durch kosmische Strahlen in Meteoriten hervorgerufen worden ist, versucht, einen Begriff von der Durchschnittsintensität in der Vergangenheit zu erhalten. Doch die Ergebnisse liefern nicht die gewünschten Beweise dafür, daß die Höhenstrahlung in den vergangenen zehntausend Jahren konstant geblieben ist.
Die Radiokohlenstoffdatierung wäre in bezug auf die erwähnten Einwände fundierter (obschon immer noch nicht unanfechtbar), wenn der Nachweis erbracht werden könnte, daß der Radiokohlenstoff heute so schnell zerfällt, wie er gebildet wird (Annahme 2c). Erweist es sich, daß das nicht stimmt, dann stimmt auch die Annahme eines konstanten Kohlenstoff-14-Vorrats nicht, und die Annahme, daß die Radiokohlenstofftätigkeit konstant ist, steht dann auf schwachen Füßen.
Die Erzeugungsrate ist sehr schwer zu errechnen. Libby versuchte das mit den besten Daten, die ihm damals, 1952, zur Verfügung standen. Er stellte eine Erzeugung fest, die etwa neunzehn Radiokohlenstoffatomen in der Sekunde für jedes Gramm Kohlenstoff des Vorrats entsprach. Das war etwas höher als seine Messungen von sechzehn Zerfällen je Sekunde. Aber in Anbetracht der Kompliziertheit des Problems und der ungefähren Schätzungen, die von so vielen Faktoren gemacht werden mußten, betrachtete er das als übereinstimmend genug mit seinen Annahmen.
Kann man das jetzt, siebzehn Jahre später, da bessere Daten zur Verfügung stehen und da man den Vorgang besser versteht, genauer errechnen? Die auf dem Symposium anwesenden Experten konnten keine genaueren Aussagen machen als die, daß die Erzeugungsrate des Radiokohlenstoffes wahrscheinlich zwischen 75 und 161 Prozent der Zerfallsrate liegt. Die niedrigere Zahl würde bedeuten, daß die Radiokohlenstoffmenge gegenwärtig abnimmt; die höhere Zahl, daß sie zunimmt. Die Messungen überzeugen nicht davon, daß sie konstant ist, wie das die Radiokohlenstoffmethode fordert. Wiederum wird Zuflucht genommen zu der Ansicht, daß „die relative Konstanz der C-14-Tätigkeit in der Vergangenheit die Vermutung nahelegt, daß [dieses Verhältnis] auf einen weit kleineren Wertbereich beschränkt werden muß“.5 Somit benutzt man eine Annahme, um eine andere zu rechtfertigen.
Das Kohlenstoff-12-Reservoir
Damit die Radiokarbonuhr synchron läuft, muß nicht nur der Vorrat des Kohlenstoffs 14, sondern auch des stabilen Kohlenstoffs 12 im Austauschreservoir konstant sein (Annahme 2b). Gibt es stichhaltige Gründe, zu glauben, diese Annahme stimme?
Da im Meer sechzigmal mehr Kohlenstoff ist als in der Atmosphäre, interessiert uns hauptsächlich der Kohlenstoffvorrat im Meer. Diese Sache wurde auch in Uppsala diskutiert, wo die Gelehrten übereinstimmend der Meinung waren, daß das, was sie „Eiszeit“ nennen, Anlaß zu großer Beunruhigung werden könnte. Libby hatte 1952 auf diese Möglichkeit hingewiesen:
„Die Möglichkeit, daß sich die Kohlenstoffmenge im Austauschreservoir während der letzten 10 000 oder 20 000 Jahre wesentlich geändert haben könnte, ist praktisch gleichbedeutend mit der Frage, inwieweit die Eiszeit, die — wie wir später sehen werden — bis in diesen Zeitraum reicht, Volumen und mittlere Temperatur des Ozeans erheblich beeinflußt haben könnte.“6
Wirkungen der Sintflut
Die Erwähnung des Volumens des Ozeans läßt einen Erforscher der Bibel sofort an die Möglichkeit denken, daß die Radiokarbonuhr vor 4 340 Jahren, zur Zeit der weltweiten Flut der Tage Noahs, stark gestört worden sein muß. Seit der Sintflut müssen die Meere gewiß viel größer und tiefer sein. Das an sich würde die Karbonatmenge im Meer nicht steigern; dadurch ergäbe sich nur eine geringere Konzentration. Durch das herabfallende Wasser hätte sich die Menge von Kohlenstoff 14 und Kohlenstoff 12 sowie ihr Verhältnis, das die spezifische Aktivität bestimmt, nicht geändert. Doch das größere Volumen muß dem Meer die Fähigkeit verliehen haben, schließlich viel mehr gelöste Karbonate zu führen.
Und wegen des weit größeren Gewichts des Wassers über dem Meeresboden muß sich die Erdkruste verändert haben. Dieser Druck muß über dem Meeresboden größer gewesen sein als über den Kontinenten. Dadurch muß es den darunterliegenden formbaren Mantel vom Meeresboden weg- und gegen die Kontinente gedrückt haben, wodurch diese gehoben wurden. Dadurch wurden die Oberflächen der Felsen einer vermehrten Erosion ausgesetzt, aber auch der Kalkstein auf dem Boden untiefer Meere, die die Geologen auf ihren Karten des Pliozäns in tiefliegenden kontinentalen Gebieten einzeichnen.
Kurz nach der Sintflut muß somit der Meeresvorrat an Karbonaten allmählich zugenommen haben, bis er die heutige Konzentration erreicht hat. Anstatt anzunehmen, das Karbonatreservoir sei konstant gewesen, sollten wir die Möglichkeit erwägen, daß der Vorrat im Laufe der vergangenen 4 300 Jahre allmählich größer geworden ist.
Wie konnte die Sintflut den Kohlenstoff-14-Gehalt beeinflussen? Da die Bibel andeutet, daß das Wasser, das in der Sintflut herabstürzte, bis dahin irgendwie oberhalb der Erdatmosphäre gehalten worden war, muß es den Eintritt der kosmischen Strahlen und damit die Erzeugung von Radiokohlenstoff behindert haben. Wäre es gleichmäßig in Form einer runden Schale verteilt gewesen, so hätte es die Bildung von Radiokohlenstoff völlig verhindern können. Man braucht das indessen nicht anzunehmen; das Wasserdach mag über den äquatorialen Gebieten dicker gewesen sein als über den Polen, so daß an diesen der Eintritt einer geringen kosmischen Strahlung möglich war. Jedenfalls muß die Folge des Herabstürzens des Wasserdaches zur Erdoberfläche eine Erhöhung der Erzeugungsrate von Kohlenstoff 14 gewesen sein.
Somit muß die Menge des radioaktiven Kohlenstoffs 14 und des stabilen Kohlenstoffs 12 im Meer nach der Sintflut rasch größer geworden sein. Man darf nicht vergessen, daß das Verhältnis zwischen Kohlenstoff 14 und Kohlenstoff 12 die spezifische Aktivität bestimmt. Die Aktivität mochte somit zu- oder abnehmen, je nachdem, wie schnell durch Bodenerosion dem Meer Karbonate zugeführt wurden. Es ist sogar möglich, allerdings unwahrscheinlich, daß die Zunahme des einen die des anderen gerade ausglich; in diesem Fall wäre die Radiokarbonuhr immer gleichmäßig gegangen und wäre durch die Sintflut nicht beeinträchtigt worden. Libby wies auf die Möglichkeit eines solch zufälligen Ausgleichs hin. Er schrieb: „Die recht befriedigende Übereinstimmung zwischen dem vorausgesagten und beobachteten C14-Gehalt organischen Materials von historisch bekanntem Alter ist schon beruhigender.“7 Aber er gab dieser Erklärung nicht den Vorzug.
Da die Vorräte von Kohlenstoff 14 und Kohlenstoff 12 unabhängig voneinander sind, ist es möglich, Werte zu postulieren, die die hohen Alter, die manchmal von alten Proben gemeldet werden, erklären. Nehmen wir zum Beispiel an, daß die spezifische Aktivität vor der Sintflut etwa die Hälfte ihres gegenwärtigen Wertes war, dann würden alle Proben aus der Zeit vor der Sintflut um etwa 6 000 Jahre älter erscheinen, als sie es eigentlich sind. Das würde auch noch auf eine gewisse Zeit nach der Sintflut zutreffen; aber durch die schnelle Erosion von Karbonaten in den Jahrhunderten nach der Sintflut würde der Fehler geringer. Offenbar erreichte die Aktivität um das Jahr 1500 v. u. Z. etwa den heutigen Wert, denn die Datierungen von Proben aus der Zeit seither sind beinahe genau.
Das Prinzip der Gleichzeitigkeit
Das sind einige der Probleme, die der Radiokarbonchronologie anerkanntermaßen anhaften. Es gibt noch andere, von denen kaum gesprochen wurde, und möglicherweise gibt es noch einige, an die man bisher noch gar nicht gedacht hat. Das sind die Gründe, warum die vor zwanzig Jahren entwickelte Theorie heute nicht mehr haltbar ist. Es ist einfach unmöglich, das Alter einer Probe richtig zu bestimmen, indem man den Radiokohlenstoffgehalt mißt und ihn mit der heutigen Aktivität vergleicht. Doch ein Bestandteil der Radiokarbontheorie hat sich offenbar bis heute als richtig erwiesen: der Grundsatz der Gleichzeitigkeit.
Nach diesem Grundsatz war der Radiokohlenstoffgehalt zu irgendeiner Zeit über die ganze Erde gleichförmig verteilt, so daß alle Proben, die aus der gleichen Zeit stammen, die gleiche Aktivität hatten. Abgesehen von Veränderungen und Verunreinigungen werden sie zu der heute gemessenen Aktivität zerfallen sein. Sollten also — selbst wenn alle übrigen Annahmen aufgegeben werden müssen — genügend Proben, deren Alter genau bekannt ist, gemessen werden können, so daß eine Eichkurve errichtet werden kann, dann können Radiokarbonmessungen ausgeführt werden, um zu ermitteln, wohin die Probe auf dieser Kurve gehört, und so kann man ihr Alter ableiten.
Ein Laboratorium hat eine Reihe Holzproben gesammelt von Bäumen, die ein sehr hohes Alter erreichen, und hat sie datiert, indem man die Wachstumsringe gezählt hat. Solche Proben sind Radiokarbonlaboratorien eingesandt worden, und diese Alter werden jetzt von vielen als Grundlage für die Radiokarbonchronologie akzeptiert. Ohne diese behelfsmäßige Stütze wäre die Radiokarbonuhr jetzt so übel zugerichtet, daß sie höchstens ungefähre Angaben des wahren Alters einer Probe machen könnte.
Wer jetzt die korrigierten Radiokarbonalter als richtig annehmen möchte, muß bereit sein, sein Vertrauen auf die Baumringchronologie als Eichmaß zu übertragen. Ist diese neue Methode zuverlässig? Wir wollen sie im nächster Artikel näher prüfen.
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Die Radiokarbondatierung und die BaumringchronologieErwachet! 1972 | 22. Juli
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Die Radiokarbondatierung und die Baumringchronologie
DAS Thema des 12. Nobel-Symposiums war „Radiokarbonschwankungen und absolute Chronologie“. Das Thema deutet an, daß man die Altersbestimmung nach der Radiokohlenstoffmethode nicht mehr als absolut richtig betrachtet. Auf dem Symposium legte man Nachdruck auf die Abweichungen bei den Radiokarbonaltern und auf die Bemühungen — die allerdings nur zum Teil erfolgreich waren —, sie zu erklären. Als absolut zuverlässige Chronologie ging daraus die Methode hervor, die sich auf die Zählung der Jahresringe stützt.
Ist das eine schlechte Botschaft? Bei der Radiokarbondatierungsmethode handelt es sich um ein spezialisiertes Gebiet für wenige besonders ausgebildete Experten, und die Theorie ist immer wieder berichtigt und geändert worden, so daß andere Wissenschaftler sie nur noch mit Mühe verstehen. Dagegen weiß jedermann — oder etwa nicht? —, daß bei einem wachsenden Baum sich jedes Jahr ein sogenannter Jahresring bildet. Und wenn man einen Baum fällt, kann man sein Alter ermitteln, indem man die Jahresringe zählt. Könnte es etwas Einfacheres geben als das? Zweifellos werden viele Personen erleichtert aufatmen, wenn sie erfahren, daß die Radiokarbonuhr, die immer etwas nach wissenschaftlicher Zauberei gerochen hat, jetzt durch etwas so leicht Verständliches wie das Zählen der Jahresringe reguliert wird.
Dem Bericht, der über das Symposium veröffentlicht wurde, war auch eine Eichkurve beigefügt (sie wurde auch in der Fachschrift Scientific American, Ausgabe vom Oktober 1971, veröffentlicht). Sie zeigt für jedes Jahr bis etwa zum Jahr 5200 v. u. Z., wie viele Jahre zum Radiokarbonalter hinzugezählt oder davon abgezählt werden müssen, um es mit dem Jahresringalter in Übereinstimmung zu bringen.
Wenn man dieses Diagramm nur flüchtig betrachtet, könnte man annehmen, es handle sich um Börsenkurse. Die Unregelmäßigkeit, die kurzen Windungen und der unberechenbare Verlauf der Kurve verstärken noch diesen Eindruck. Die Radiokarbonlaboratorien, die diese Eichkurve benutzen, betrachten die Baumringchronologie, auch Dendrochronologie genannt, als absolut zuverlässig.
Personen, die die Radiokarbonalter für richtig betrachtet haben, müssen sich jetzt fragen, ob ihr Vertrauen durch diese neue Verbindung zur Baumringchronologie gestärkt oder geschwächt wird. Die Antwort hängt natürlich davon ab, wie zuverlässig die Baumringchronologie ist. Ist sie ein sicherer Anker für die Radiokarbonalter, so daß sie diese davor bewahrt, in unbekannte Zeiträume der Vorzeit abgetrieben zu werden?
Die Grannenkiefer-Chronologie
Es gibt nicht viele Bäume, die Tausende Jahre alt werden. Die majestätischen Riesenmammutbäume, die an den Berghängen Kaliforniens wachsen, sind besonders berühmt dafür, sehr alt zu werden. In den letzten Jahren hat es sich indessen gezeigt, daß die Grannenkiefer, ein anspruchsloser, knorriger Baum, der hoch oben in den Bergen des Südwestens der Vereinigten Staaten gedeiht, noch viel älter wird. In Nevada soll es eine 4 900 Jahre alte Grannenkiefer geben.
Im Jahre 1953 wies Edmund Schulman von der Universität Arizona darauf hin, daß dieser Baum, der so alt wird, nützlich sein könnte. Er stieß in den Weißen Bergen in Ostkalifornien auf einige sehr alte Bäume, lebende und abgestorbene. Den lebenden entnahm er Bohrspäne, und von den abgestorbenen nahm er Reste mit. Diese untersuchte er im Laboratorium und benutzte sie, um eine Baumringchronologie aufzubauen. Nach seinem Tod im Jahre 1958 führte im gleichen Laboratorium Professor C. W. Ferguson sein Werk fort. Ferguson berichtete auf dem Nobel-Symposium über den Stand der Forschungen. Er behauptete, eine Baumringchronologie für die Grannenkiefer bis zum Jahre 5522 v. u. Z. aufgestellt zu haben. Das ist ein Zeitraum von fast 7 500 Jahren — wahrlich eine eindrucksvolle Leistung. Gibt es begründete Zweifel daran, daß diese Chronologie stimmt?
Einige Forscher zweifelten sie an
Es mag erwähnenswert sein, daß Professor P. E. Damon von der Geologischen Abteilung der gleichen Universität, an der Ferguson arbeitet, sagte: „Einige Forscher mögen die Zuverlässigkeit der Baumringdatierung anzweifeln.“8a Deshalb wollen wir uns einmal mit der Methode, die benutzt wird, um eine Baumringchronologie aufzustellen, näher befassen, um zu ermitteln, warum sie angefochten werden könnte.
Als erstes sollte uns die grundlegende Annahme interessieren, auf die sich die Baumringchronologie stützt — daß ein Ring einem Jahr entspricht. Vielleicht bist du überrascht, wenn du jetzt erfährst, daß das nicht immer stimmt. Ferguson sagte darüber: „Es kommt vor, daß bei einem bestimmten Radius, der viele Jahrhunderte einschließt, fünf Prozent oder mehr der Jahresringe fehlen. Wo diese Ringe fehlen, stellt man fest, indem man das Jahresringmuster der Probe mit dem Jahresringmuster anderer Bäume vergleicht, bei denen der ,fehlende‘ Ring vorhanden ist.“9 Da man also diese „fehlenden Ringe“ der Chronologie hinzufügt, ist das Alter höher, als die Zählung der Ringe ergeben würde, und zwar für jedes Jahrhundert fünf oder mehr Jahre.
Noch interessanter ist Fergusons Kommentar über die Möglichkeit, daß ein Baum in einem Jahr zwei oder drei Ringe bildet: „Bei gewissen Nadelbaumarten, insbesondere bei solchen, die in tieferen Lagen oder in südlichen Gegenden wachsen, mag in einer Vegetationsperiode zweimal oder noch häufiger ein Dickenwachstum der Stämme erfolgen, und dieser Holzzuwachs mag jeweils einem Jahresring sehr ähnlich sehen. Bei der Grannenkiefer sind solche mehrfachen Wachstumsringe jedoch äußerst selten, besonders selten sind sie in den Höhenlagen und Breitengraden, in denen wir sie erforschen.“9
Unter den gegenwärtigen klimatischen Bedingungen sind mehrfache Ringe also selten. Für einen Anhänger des Aktualismus ist eine solche Erklärung beruhigend. Aber dieser Standpunkt läßt die vielen Beweise unbeachtet, daß das Klima vor der Sintflut im Jahre 2370 v. u. Z. viel gemäßigter war als heute. Auch mag das Gebiet, in dem heute die Grannenkiefern wachsen, damals viel tiefer gelegen haben. Diese beiden Veränderungen können, wie die Meinung des angeführten Wissenschaftlers zeigt, bei den Bäumen, die damals lebten, mehrfache Ringe zur Folge gehabt haben. Das träfe nicht nur für die Zeit vor der Sintflut zu, sondern auch noch für einige Zeit danach, während die Erdkruste sich den neuen Druckverhältnissen anpaßte. Wer weiß, wie oft sich unter diesen Verhältnissen mehrfache Ringe bildeten oder wie viele zusätzliche Jahrhunderte deswegen in der Chronologie eingeschlossen sind?
Die Muster zusammenfügen
Ferner gilt es zu beachten, daß es keinen Baum gibt, der 7 500 Ringe aufweist. Es wird zwar berichtet, daß heute noch Bäume stehen, die mehr als 3 000 oder sogar 4 000 Jahre alt sind. Doch der älteste Baum, der in der Chronologie eingeschlossen ist, soll erst aus dem Jahre 800 u. Z. stammen. Man hat indessen einen abgestorbenen Baum gefunden, der rund 2 200 Ringe aufweist, und man stellte Ähnlichkeiten in dem Jahresringmuster, den breiten und schmalen Ringen, in den äußeren Schichten des abgestorbenen Baumes und den inneren Schichten des lebenden Baumes fest. Man betrachtete das als Beweis dafür, daß sich die Alter von 800 bis 1285 u. Z. überschneiden würden. Daher erklärte man, der ältere Baum stamme aus dem Jahre 957 v. u. Z. Diesen Vorgang wiederholte man mit siebzehn weiteren Resten abgestorbener Bäume, die 439 bis 3 250 Ringe aufwiesen, um die Baumringchronologie bis auf insgesamt 7 484 Jahre nach rückwärts zu erweitern.
Du magst nun fragen: Wie zuverlässig ist die Übereinstimmung der sich überschneidenden Muster? Ferguson versichert uns, daß es nur eine Möglichkeit gebe, jeden der siebzehn Reste einzufügen; er sagte: „Die Hauptchronologie für alle in Frage kommenden Proben ist in ihrem Jahresringmuster einzigartig; nirgendswo in der Vergangenheit finden wir über eine lange Zeit breite und schmale Ringe gleichmäßig abgewechselt, weil von einem Jahr zum anderen die Wetterverhältnisse nie genau gleich sind.“9 Manch einer mag bereit sein, diese Meinung für bare Münze zu nehmen; andere Forscher mögen sie dagegen, wie Damon sagt, anzweifeln.
Eine weitere Frage: Wenn man die Probe eines abgestorbenen Baumes an mehr als einer Stelle einfügen kann, welche Überlegungen sind dann maßgebend für die Auswahl der „richtigen“ Stelle? Folgende Äußerung Fergusons mag uns einen Anhaltspunkt geben: „Gelegentlich wird eine Probe, deren Alter noch nicht bestimmt ist, der Radiokarbonanalyse unterzogen. Das so erlangte Alter deutet auf das ungefähre Alter der Probe hin, das gibt einen Anhaltspunkt dafür, welcher Teil der Hauptchronologie abgesucht werden muß, und so kann man das Baumringalter leichter erkennen.“10 Ferner sagte er: „Die Radiokarbonanalyse einer einzigen kleinen Holzprobe, die 400 Jahre vorzügliche Ringmuster aufweist, läßt erkennen, daß die Probe rund 9 000 Jahre alt ist. Das berechtigt zu der Hoffnung, daß die Baumringchronologie nach rückwärts erweitert werden kann.“11
Das zeigt, daß die Karbon-14-Datierung manchmal als Hilfe benutzt wird, um die Einzelteile des Baumring-Puzzles zusammenzufügen. Geben diese Zugeständnisse Anlaß zu dem Verdacht, daß die Baumringchronologie vielleicht gar nicht so gut verankert ist, wie es scheint, und daß ihre Befürworter bei der Radiokarbonmethode Halt suchen? Dieser Verdacht ist nicht unbegründet, denn Professor Damon sagt, nachdem er uns versichert hat, daß er persönlich Vertrauen zur Baumringdatierung habe: „Es ist dennoch beruhigend, eine objektive Vergleichsmöglichkeit zu haben, zum Beispiel mit einer anderen Methode zur Altersbestimmung. Diese Möglichkeit bietet die Altersbestimmung nach der Karbon-14-Methode von Proben bekannten Alters.“8
Wenn Baumringalter durch einen Vergleich mit Radiokarbondaten gestützt werden müssen, die ihrerseits durch bekannte Alter im Bereich von 4 000 Jahren gestützt worden sind, was ist dann über die Stütze von Altersangaben zu sagen, die 4 000 oder 5 000 Jahre vor diesem Zeitraum liegen?
Probleme in Verbindung mit der Altersbestimmung von Holz
Dieses Bemühen, die eine Methode der Altersbestimmung mit der anderen zu stützen, ist noch mit einem anderen Problem belastet, das unter den Experten eine nicht geringe Diskussion auslöste. Selbst bei der Radiokarbonanalyse solcher Proben der Grannenkiefer, die jetzt als Grundlage für alle anderen Radiokarbonalter gelten, muß die Möglichkeit der Probenveränderung berücksichtigt werden. Es ist bekannt, daß anorganische Stoffe wie Kalk von Schalentieren und kohlensaures Salz in Knochen sehr leicht einem Austausch mit gelösten Karbonaten, älteren oder jüngeren, unterliegen. Aus diesem Grund sind sie für die Altersbestimmung beinahe nutzlos. Bei organischen Stoffen, wie Zellulose, hält man einen Austausch für unwahrscheinlich. Der Baumsaft kann aus dem Holz herausgewaschen werden, hat er aber Jahrhunderte oder Jahrtausende lang im Holz des Baumes zirkuliert, was gibt uns dann die Garantie, daß er den zerfallenden Kohlenstoff 14 nicht teilweise ersetzt hat?
Harz ist im Gegensatz zum Saft schwierig zu entfernen. Ferguson hat vom Holz der Grannenkiefer gesagt, es sei „stark harzhaltig“.12 Die Experten stimmen darin überein, daß Harz aus dem jüngeren Holz in das ältere Holz hineinsickert, wo es dann Fehler verursachen kann. „Es ist anzunehmen, daß das Harz nach innen sickert.“13 Ferner: „Dieses Harzproblem ist wichtig, besonders je größer die Korrektur mit dem weiteren Vordringen in das Innere des Baumes wird.“13 Bei einem Versuch war das Harz offenbar 400 Jahre jünger als das Holz.
Die Experten waren sich über die Wirkung ihrer chemischen Behandlungen nicht einig. Einer sagte, wenn man das Holz in Säure und dann in Alkali koche, werde „alles Harz daraus entfernt“.14 Ein anderer sagte: „Nach meiner Auffassung ist es unmöglich, das Harz in der Grannenkiefer völlig zu entfernen, indem man es mit anorganischen Chemikalien behandelt.“14 Aber auch wenn organische chemische Lösungsmittel verwendet werden, sind sie nicht sicher, ob nachher das Lösungsmittel vollständig entfernt ist, denn nur eine geringe Menge Kohlenstoff davon könnte eine alte Holzprobe verjüngen. Natürlich arbeiten sie gewissenhaft, um alle diese Fehlerquellen auszuschließen, aber sind sie darin durchweg erfolgreich? Können wir ganz sicher sein?
Die Warvenzählung
Auf der Tagung wurde auch eine andere Methode für die Altersbestimmung behandelt, eine Methode, die auf der Zählung von Warven beruht und eine gewisse Ähnlichkeit mit der Methode des Auszählens von Jahresringen hat. Warven sind regelmäßig wechselnde geschichtete Sedimente (Sand, Ton), die sich jährlich aus Gletscherabschmelzungen gebildet haben sollen. Mit Hilfe dieser Bändertonablagerungen soll es möglich sein, eine Chronologie aufzustellen; in Schweden hat man eine solche Zeitskala bis auf 12 000 Jahre zurück berechnet. Der Vorschlag wurde gemacht, daß auch diese als absolute Chronologie benutzt werde, um die Radiokarbonalter damit zu stützen. Ist diese Stütze jedoch unerschütterlich?
Die skandinavische Warvenchronologie ist aus verschiedenen Teilen zusammengefügt, die man an verschiedenen über ganz Schweden verstreuten Stellen beobachtet hat. Diese Chronologie erscheint noch weniger nützlich als die Baumringchronologie, und zwar aus mehreren Gründen.
Vor allem besteht keine Verbindung zu der heutigen Zeit, die dem Rindenring entspräche. Die Schätzungen darüber, wann die letzte Warve abgelagert wurde, gehen weit auseinander. Zu der Unsicherheit trägt auch das Problem bei, eine jahreszeitliche Ablagerung zu erkennen. Ein Geologe datierte den Beginn der Bändertonablagerungen in Schonen auf das Jahr 12950 v. u. Z., ein anderer nur auf 10550 v. u. Z. Dr. E. Fromm vom schwedischen Amt für geologische Aufnahmen sagte: „In diesen Fällen beschränkte die geologische Festsetzung nicht von vornherein den möglichen Bereich der Datierungen, und die ,Fernverbindungen‘ haben offenbar recht unzuverlässige Ergebnisse ergeben. Außerdem ist es zweifelhaft, ob es sich in diesen Gebieten von Schonen bei allen Bändertonablagerungen in kleinen Schmelzwasserseen tatsächlich bei jeder Bänderung jeweils um eine Jahresschicht handelt.“15
Man beachte das Zugeständnis, daß die Warven nicht immer einer Jahresschicht entsprechen. In Wirklichkeit stellen sie wechselnde Bedingungen dar, einmal schnelles Fließen und dann langsames Fließen, und dieser Wechsel mag in einem Jahr unter gewissen Wetterverhältnissen mehrmals vor sich gehen. „Dr. Hörnsten von dem schwedischen Amt für geologische Aufnahmen wies darauf hin, daß jede Warve ganz sorgfältig untersucht werden müsse, um zu vermeiden, daß eine Warve, die eine Jahresschicht darstelle, als zwei Jahre gezählt werde. Eine Warve, die im Laufe eines Jahres abgelagert wurde, mag zufolge von Schwankungen im Abfluß von Schmelzwasser ein bis zwei Pseudo-Winter-Schwankungen aufweisen (vergleiche doppelte Jahresringe).“16 Professor R. F. Flint, ein bekannter Geologe der Yale-Universität, bat um eine deutliche Definition des Kriteriums für eine Warve, doch aus dem Bericht über das Symposium geht nicht hervor, daß eine solche Definition gegeben wurde.17
Das wären also die „absoluten Chronologien“, die auf dem Nobel-Symposium angeboten wurden. Aus den Artikeln, die in populärwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht worden sind, kann man leicht den Eindruck gewinnen, die Altersbestimmung nach der Radiokarbonmethode sei besser fundiert denn je. Liest man aber das, was hinter den Kulissen auf der Konferenz in Uppsala besprochen wurde, sorgfältig durch, zeigt es sich, daß die Ungewißheit größer geworden ist. Die Radiokarbonmethode bildet keine zuverlässige Grundlage mehr für die Annahme ihrer Altersbestimmungen. Die Ergebnisse zwanzigjähriger Forschung haben die meisten ihrer Annahmen, die ihr zugrunde liegen, stark geschwächt.
Jetzt stützt man sich auf die Arbeit einer einzigen Gruppe von Forschern, die sich mit einer neuen Methode befassen — der Baumringdatierung. Welche zusätzlichen Schwächen wird diese Methode aufweisen, wenn sie in den verschiedenen Laboratorien zwanzig Jahre lang intensiv studiert worden ist? Würdest du dich eher auf die Baumringchronologie, wie sie heute besteht, stützen als auf die Bibel, wenn du in naher Zukunft Wichtiges entscheiden mußt?
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