Bundes-Appellationsgericht in den USA. tadelt unfaire Kommission
AM 18. OKTOBER 1950 hob das Appellationsgericht der Vereinigten Staaten in Cincinnati die Verurteilungen zweier Prediger der Zeugen Jehovas auf. Zweimal verurteilt, wurden Peter Niznik und Raymond Comodor, zeitweilige Missions-Evangelisten (Gruppenverkündiger) in Pennsylvanien, freigesprochen, und die wider sie lautenden Urteile aufgehoben. Veranlassung zu dieser Aufhebung war die Weigerung ihrer Aushebungskommission, sie als Diener (engl.: minister) der Religion zu klassifizieren. Das Gericht urteilte, dass die Handlung der Kommission ungültig und nichtig, willkürlich und parteiisch sei und den Vorschriften widerspreche.
Nach dem zweiten Verfahren hatten die Mitglieder der Kommission versucht, ihre Ablehnung, eine Befreiung von der Ausbildung und dem Dienst zu gewähren, zu rechtfertigen. Sie sagten aus, dass sie die Akten durchgesehen und daraufhin verfügt hätten, die zur Einschreibung Erscheinenden seien nicht in die Klasse der Prediger oder Evangeliumsdiener einzureihen. Sie stellten die zwingenden Beweise nicht in Frage, welche ihnen diese in bezug auf ihre Grundlage, ihre Ausbildung und Tätigkeit im Predigtdienst unterbreitet hatten. Die Wahrhaftigkeit der ihnen mündlich und schriftlich unterbreiteten Erklärungen wurde nicht in Frage gezogen, sondern einzig aus dem Grunde, dass sie Zeugen Jehovas waren, kein orthodoxes Religionsseminar besucht hatten und nicht „regelrecht“ nach einer kirchlich anerkannten Zeremonie und einem bestimmten Ritus ordiniert worden waren, liess die Kommission die Vorschriften bezüglich der Einreihung in die Klasse der Prediger oder Evangeliumsdiener in diesen Fällen ausser acht und versagte die Befreiung. Die Urteile umstossend, sagte das Gericht:
„Obwohl die Mitglieder der Aushebungskommission lange Zeit mühevollen, patriotischen Pflichten nachkamen, war doch ihr bezüglicher Entscheid, wonach die Appellanten keinen Anspruch auf die Einreihung in die Klasse der Religionsdiener hätten, weder auf die Anzeichenbeweise noch auf den Aufschluss gegründet, der in den Akten der Appellanten zu finden war, noch auf den Glauben an die Wahrhaftigkeit der Erklärungen der Appellanten, sondern auf die Tatsache, dass sie Mitglieder der Zeugen Jehovas waren. Die Vorschrift hinsichtlich der Klassifizierung von Predigern des Evangeliums war in diesem Falle klar.
„,(a) In Klasse IV-D soll irgendein zur Einschreibung Erscheinender eingereiht werden, der ein regulärer oder gebührend ordinierter Diener der Religion ist . . . (b) Ein regulärer Diener der Religion ist jemand, der gewohnheitsmässig die Grundsätze der Religion einer anerkannten Kirche, religiösen Sekte oder Religionsorganisation, deren Mitglied er ist, predigt und lehrt, ohne formell zu einem Diener der Religion ordiniert worden zu sein, und der von dieser Kirche, Sekte oder Organisation als Prediger oder Evangeliumsdiener anerkannt wird.‘ Abschnitt 622.44 der Aushebungsdienst-Vorschriften.
„Die Missachtung dieser Bestimmung und ein Ablehnen, jemand in die Klasse der Religionsdiener einzureihen, einzig aus dem Grunde, weil die Appellanten Mitglieder einer religiösen Sekte seien und kein Religionsseminar besuchten und nicht regelrecht ordiniert worden wären, war willkürlich und widerspricht dem Gesetz und den Vorschriften. ‚Beim Klassifizieren eines zur Einschreibung Erscheinenden darf nicht parteiisch verfahren werden, weder für noch gegen ihn, zufolge seiner Rasse, seines Glaubens oder seiner Hautfarbe, oder weil er Mitglied von irgendeiner Arbeiter-Organisation oder einer politischen, religiösen oder andern Organisation ist, oder weil er sich für eine solche betätigt. Jedem, der zur Einschreibung erscheint, soll die gleiche unparteiische Gerechtigkeit zukommen.‘ Abschnitt 623.1 (c) der Aushebungsdienst-Vorschriften.
„Die Klassifizierung durch die Ortskommission war somit ungültig und ihre Wirkung nichtig. Die Urteile werden daher umgestossen, die Verurteilungen aufgehoben und die Appellanten aus der Dienstpflicht entlassen.“
Die religiöse Zeitschrift The Christian Century erinnerte an die Tausende anderer Fälle in bezug auf Jehovas Zeugen, wo ihnen versagt wurde, in die Klasse der Diener oder Prediger des Evangeliums eingereiht zu werden und in welchen sie zu langen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Indem die Herausgeber jener Zeitschrift das Gericht lobten, weil es solch willkürlichen, launenhaften Entscheidungen in diesen Fällen den Riegel schob, schrieben sie: „Unser Blatt hat schon seitdem der erste Fall dieser Zeugen vorkam, die Überzeugung vertreten, dass die Bezeichnung als Evangeliumsdiener eine kirchliche und nicht eine staatliche Sache sei. Wir haben das Vertrauen, dass das Aushebungsamt diesen Entscheid des Bundesgerichts anerkennen wird. Die behördlichen Stellen hätten sich nie auf eine derartige kirchliche Streitfrage einlassen sollen, und jetzt, da das Gericht einen Ausweg geöffnet hat . . . sollten sie die günstige Gelegenheit schleunigst benutzen.“
Das Gericht und die erwähnte Publikation stimmen darin überein, dass die Frage, ob jemand als Evangeliumsdiener anerkannt werden solle, nicht nach den orthodoxen Massstäben der populären Religionsorganisationen oder gemäss Vorurteilen entschieden werden dürfe. Beide rufen die Kommissionen an, das Gesetz und die Vorschriften unparteiisch anzuwenden.