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  • Wovon läßt du dich im Leben leiten?
    Der Wachtturm 1982 | 15. Oktober
    • Wovon läßt du dich im Leben leiten?

      „Glücklich sind die auf ihrem Wege Untadeligen, die im Gesetz Jehovas wandeln“ (Psalm 119:1).

      1. Was ist, wie die Geschichte zeigt, für unser Glück wichtig?

      „WAS braucht man, um im Leben glücklich zu sein?“ Viele würden als Antwort auf diese Frage materielle Dinge anführen wie Nahrung, Kleidung und Obdach oder verschiedene Formen der Entspannung und des Vergnügens. Doch wie die Geschichte beweist, hängt dein Glück vielmehr von deiner Einstellung zum Leben und deiner Lebensweise ab. Was den Umgang mit deinem Arbeitgeber, deinen Freunden und deinen Angehörigen betrifft, so kannst du dich fragen: Werde ich, wenn es darauf ankommt, die Wahrheit sagen? Werde ich etwas nehmen, was mir nicht gehört? Werde ich einer fragwürdigen Arbeit oder einem fragwürdigen Vergnügen nachgehen?

      2. Wovon lassen sich manche im Leben leiten, was zu welchen Fragen Anlaß gibt?

      2 Wenn es darum geht, in bezug auf solche Fragen eine Entscheidung zu treffen, bevorzugen einige eindeutige Regeln, die sie entweder bereits kennen oder nach denen sie sich nötigenfalls erkundigen. Andere handeln so, wie sie es nach ihrem Gewissen für richtig halten. Doch vielleicht fragst du dich: Was ist eigentlich das „Gewissen“, über das die Bibel soviel zu sagen hat? Wie funktioniert es! Spielt es eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen und glücklich zu werden? Und was ist erforderlich, damit wir wie Paulus sagen können: „Ich habe mich mit einem vollkommen reinen Gewissen vor Gott bis zum heutigen Tag betragen.“ (Apostelgeschichte 23:1)?

      Dein Gewissen — Was ist es?

      3, 4. Was ist das „Gewissen“, und wer hat ein Gewissen?

      3 Die meisten Menschen verstehen unter dem Gewissen im allgemeinen einen Sinn für Recht und Unrecht. Uns steht jedoch eine Quelle zur Verfügung, die genaueren Aufschluß darüber gibt: das Wort Gottes. Die Bibel läßt uns erkennen, daß das Gewissen ein innerer Zeugnisträger ist. Deshalb sagte Paulus: „Mein Gewissen [gibt] mit mir Zeugnis ... in heiligem Geist“ (Römer 9:1). Er gebrauchte das griechische Wort syneidesis, das buchstäblich „ein Mitwissen (mit sich selbst)“ bedeutet. Das Gewissen ist also eine Fähigkeit, sich selbst zu betrachten und ein Urteil über sich selbst zu fällen, sich selbst ein Zeugnis auszustellen.

      4 Das Gewissen ist nicht einfach das Produkt einer sozialen Entwicklung, denn die Bibel zeigt, daß Gott es dem ersten Menschenpaar einpflanzte (1. Mose 3:7, 8). Paulus schrieb in einer Erörterung über die Verantwortung der Juden und der Nichtjuden: „Denn wenn immer Menschen von den Nationen [Nichtjuden], die ohne Gesetz sind, von Natur die Dinge des Gesetzes tun, so sind diese, obwohl sie ohne Gesetz sind, sich selbst ein Gesetz. Sie zeigen ja, daß ihnen der Inhalt des Gesetzes ins Herz geschrieben ist, wobei ihr Gewissen mitzeugt und sie inmitten ihrer eigenen Gedanken angeklagt oder auch entschuldigt werden“ (Römer 2:14, 15). Ja, selbst Völker ohne ein schriftliches Gesetz von Gott betrachten beispielsweise Mord, Diebstahl und Inzucht als Unrecht. Aus den zitierten Versen geht auch hervor, daß das Gewissen ein Zusammenspiel von Herz und Sinn („Gedanken“) ist.

      5. Nenne eine Funktion deines Gewissens.

      5 Die Funktion des Gewissens, mit der wir wahrscheinlich am besten vertraut sind, ist die Beurteilung unseres Verhaltens „nach der Tat“, nach einer unrechten Handlung. Wenn wir zu dem Schluß kommen, daß wir etwas Unrechtes getan oder unehrenhaft gehandelt haben, klagt uns unser Gewissen an und verurteilt uns. (Vergleiche 2. Samuel 24:10; 1. Johannes 3:20.) Sprechen wir darauf an, so kann uns das Gewissen in dieser Hinsicht eine Hilfe sein, indem es uns veranlaßt, die Wiederholung eines Unrechts zu vermeiden. Es mag uns auch bewegen zu bereuen, uns zu entschuldigen oder den angerichteten Schaden möglichst wiedergutzumachen (Psalm 32:3, 5; Matthäus 5:23, 24; Lukas 19:1-8).

      6. Wie funktioniert dein Gewissen noch?

      6 Das Gewissen kann uns aber auch auf andere Weise von Nutzen sein. Einige sagen zwar, ein gut funktionierendes Gewissen sei ein ruhiges Gewissen, doch wenn wir vor einer Entscheidung oder einem Problem stehen, sollte sich unser Gewissen rühren und uns anspornen, das Rechte zu tun. Ein gutes Beispiel dafür ist die Weigerung Josephs, auf die Vorschläge der Frau Potiphars einzugehen. Obwohl Gott noch kein schriftliches Gesetz gegen Ehebruch erlassen hatte, wurde Joseph von seinem Gewissen veranlaßt, sich nicht auf eine unsittliche Handlung einzulassen (1. Mose 39:1-9). Wenn wir, bevor wir handeln, auf unser Gewissen hören, können wir vermeiden, von einem beunruhigten Gewissen gequält zu werden.

      7. Was möchten wir bei diesem Studium ermitteln?

      7 Es bleibt noch die Frage: Inwieweit sollte dich dein Gewissen beeinflussen? Bist du der Meinung, daß die meisten sittlichen und persönlichen Fragen nach dem Gewissen entschieden werden sollten? Oder wäre es besser, Regeln zu haben? Wir sollten wissen, wie es sich damit verhält. Gibt es auch Gefahren, auf die wir achten sollten? Was läßt Gottes Wort diesbezüglich erkennen, das von sich sagt, es sei „nützlich zum Lehren, zum Zurechtweisen, zum Richtigstellen der Dinge, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“? (2. Timotheus 3:16).

      Extreme Standpunkte

      8. Welche zwei Extreme hat man in bezug auf die Sittlichkeit vertreten?

      8 Der Konflikt zwischen Regeln und Gewissen ist jahrhundertealt. In der Encyclopædia Britannica (11. Ausgabe) heißt es in dem Artikel „Kasuistik“, daß man unter Sittlichkeit „bisweilen ein bestehendes Gesetz und bisweilen eine innere Haltung verstanden hat. ... Wer ein Gesetz darunter versteht, vertraut der Autorität oder der Logik, während Personen, die der inneren Haltung das Wort reden, sich auf unsere instinktiven Fähigkeiten — Gewissen, gesunder Menschenverstand oder Gefühl — verlassen.“ Beide Extreme wurden zur Zeit Jesu und der Apostel vertreten. Wenn wir die damalige Situation berücksichtigen, werden wir den ausgewogenen Standpunkt der Bibel und ihre göttliche Weisheit noch mehr schätzen.

      9, 10. (a) Inwiefern vertraten die Pharisäer das eine Extrem? (b) Welcher Standpunkt wurde im Gegensatz dazu von den Griechen und den Römern vertreten?

      9 Die jüdische Sekte der Pharisäer trat eifrig für Regeln ein. Mit dem mosaischen Gesetz nicht zufrieden, formulierten die Pharisäer zahlreiche Regeln oder „Menschengebote“, durch die sie Gottes Gebote ungültig machten. Doch sie stellten nicht nur diese Regeln auf, die noch mehr forderten als Gott, sondern vertraten aufgrund ihres Beharrens auf dem Buchstaben des Gesetzes auch den Standpunkt, Gerechtigkeit resultiere daraus, daß man diese menschlichen Bestimmungen kenne und sich danach richte (Matthäus 15:1-20; 23:1-5; Lukas 18:9-12).

      10 „Am Gegenpol stand das alte Griechenland“, erklärt der Altphilologe Samuel H. Butcher. „Unter den Griechen ... wurden weder ein System von Lehren und Vorschriften noch Manuale mit autoritativen Sittlichkeitsregeln jemals urkundlich übermittelt. ... Unveränderliche Regeln ließen jedes Handeln erstarren.“ Über die Römer heißt es in der Encyclopædia Britannica: „Cicero und Seneca ließen sich vom gesunden Menschenverstand leiten. Sie entschieden jedes Problem nach seiner Zweckmäßigkeit und achteten mehr auf den Geist als auf den Buchstaben.“ Diese griechisch-römische Philosophie war im ersten Jahrhundert populär. Würde sie auch bei Christen Anklang finden? Paulus schrieb: „Seht zu, daß nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführe durch die Philosophie und leeren Trug ... gemäß den elementaren Dingen der Welt und nicht gemäß Christus“ (Kolosser 2:8; Apostelgeschichte 17:18-21).

      11. Wie traten die beiden Extreme in späterer Zeit hervor?

      11 Auch in späteren Jahrhunderten hatten beide Extreme ihre Befürworter, selbst unter Personen, die sich Christen nannten. Die Jesuiten waren dafür bekannt, daß sie auf eine Sittlichkeit pochten, die auf unzähligen Kirchengesetzen beruhte. Nach der Reformation legte der Protestantismus Nachdruck auf den Einzelfall und das Gewissen, was zu der heute als „Situationsethik“ bekannten Auffassung führte, die auch Dr. Joseph Fletcher, der ein Mitglied der Episkopalkirche ist, vertritt. Die Zeitschrift The National Observer berichtet: „Dr. Fletcher hat eine strittige Grundsatzerklärung über die Freiheit und die Verantwortung des einzelnen herausgegeben, gestützt auf eine Ethik brüderlicher Liebe, die, wie er sagt, den modernen Menschen von starren, veralteten Regeln und Gesetzen wie den ,Zehn Geboten‘ befreien soll. ... Mit der Liebe als der einzigen Richtschnur werden daher Abtreibung, vorehelicher Sex, Ehescheidung ... und andere herkömmliche Übel für Dr. Fletcher in einigen Situationen sittlich akzeptabel.“

      12. In welcher Gefahr, die wir vermeiden sollten, stehen wir?

      12 Es ist deutlich zu erkennen, daß die Menschen zu Extremen neigen — sei es, daß sie sich von Regeln oder vom Gewissen leiten lassen. Einige, die die Schwächen des einen Extrems erkennen, fallen in das andere — wie ein Pendel, das von rechts nach links ausschlägt. Im Mittelalter schwang das Pendel von der auf Regeln gerichteten Haltung der Jesuiten hin zur Betonung von Freiheit und Gewissen durch die Anhänger der Reformation. Es gibt Personen — vielleicht kennst du selbst einige —, die von ihren Eltern übermäßig streng erzogen worden sind. Als sie erwachsen waren, gingen sie ins andere Extrem und erlaubten ihren Kindern alle möglichen Freiheiten, was verheerende Folgen hatte. Es zeigt sich also, wie wahr das Bibelwort ist: „Ich weiß wohl, o Jehova, daß nicht beim Erdenmenschen sein Weg steht. Es ist nicht bei dem Manne, der da wandelt, auch nur seinen Schritt zu richten“ (Jeremia 10:23).

      Gottes ausgewogene, nützliche Anleitung

      13. Welche Hilfe liefert uns die Bibel im Hinblick auf die Sittlichkeit und das Gewissen?

      13 Jehova reicht Christen durch die Bibel eine ausgewogene Hilfe dar, so daß wir vermeiden können, 1. entweder übermäßig Wert auf Regeln zu legen, indem wir auf den Buchstaben des Gesetzes pochen, was zu einer kleinlichen, starren Ansicht über das Leben und die Anbetung führen kann, oder 2. die Freiheit des Gewissens überzubetonen, wodurch einige zu Überlegungen gelangt sind, mit denen sie sogar Sünden entschuldigen. Damit wir den ausgewogenen Standpunkt des Wortes Gottes einnehmen und uns diese Richtschnur zunutze machen können, benötigen wir die Einstellung Davids, die in den Worten zum Ausdruck kommt: „Deine eigenen Wege, o Jehova, laß mich erkennen; deine eigenen Pfade lehre mich. Laß mich in deiner Wahrheit wandeln, und lehre mich, denn du bist mein Gott der Rettung“ (Psalm 25:4, 5).

      14, 15. Was erfahren wir aus den Christlichen Griechischen Schriften darüber, wie die Juden das mosaische Gesetz betrachteten und wie Gott es betrachtete?

      14 Die Bibel zeigt, daß Jesus die Einstellung der Schriftgelehrten und Pharisäer, die sich streng an Regeln hielten, mißbilligte. Einigen Juden, die ihre von Gott stammende Denkfähigkeit nicht gebrauchen wollten, gefielen vielleicht die Regeln, die bestimmten, bis wie weit hinauf man sich die Arme waschen sollte oder was am Sabbat als „Arbeit“ galta und von welchen Früchten der Zehnte gegeben werden mußte usw. Diese Einstellung führte zu lästigen Regeln, erforderte endlose Auslegungen und lenkte vom Geist und von den gewichtigeren Gesichtspunkten der Schrift ab. Jesus sagte zu den religiösen Führern: „Ihr [gebt] den Zehnten ... von der Minze und dem Dill und dem Kümmel; aber ihr habt die gewichtigeren Dinge des ,Gesetzes‘ außer acht gelassen, nämlich das Recht und die Barmherzigkeit und die Treue“ (Matthäus 23:23; Markus 7:3, 4).

      15 Das mosaische Gesetz förderte das Geistiggesinntsein, die Sittlichkeit und die Gesundheit der Juden und lieferte ihnen den Beweis dafür, daß sie Sünder waren und den Messias benötigten (Galater 3:19, 23-25; Römer 7:7-14). Weil es ein vollkommener Maßstab war, konnte sich kein Israelit fehlerlos daran halten und auf diese Weise ein vollkommenes Gewissen erlangen (Hebräer 9:9, 10). Obwohl diese Gesetzessammlung von Gott stammte, räumte er sie aus dem Wege, als sie seinem Vorsatz gedient hatte. Er handelte dann mit den Angehörigen seines Namensvolkes nicht mehr aufgrund einer ausführlichen schriftlichen Gesetzessammlung, sondern ‘legte sein Gesetz in ihren Sinn und in ihr Herz’ (Jeremia 31:33; Hebräer 10:16; 2. Korinther 3:5-11).

      16. Was können in Anbetracht dessen (a) Personen lernen, die mit sich selbst sehr streng sind, und (b) was können wir bezüglich unserer Einstellung zu Regeln lernen?

      16 In Anbetracht dessen sollten Personen, die heute die Tätigkeit anderer zu beaufsichtigen oder zu koordinieren haben, darauf achten, daß sie sie nicht mit unnötigen menschlichen Vorschriften belasten. Eine solche Neigung mag bei jemandem besonders ausgeprägt sein, der sehr streng mit sich selbst ist oder viel von sich fordert und daher denkt, andere müßten genauso eingestellt sein. Paulus schrieb jedoch an Christen: „Nicht, daß wir die Herren über euren Glauben sind, sondern wir sind Mitarbeiter an eurer Freude, denn ihr steht durch euren Glauben“ (2. Korinther 1:24). Deshalb dürfen wir als Christen im allgemeinen nicht erwarten, daß Verantwortliche für jede Kleinigkeit eine Regel aufstellen. Statt dessen sollten wir mehr Erkenntnis über das erlangen, was Gottes Wort sagt, um unser Gewissen und unser Wahrnehmungsvermögen zu schulen (Hebräer 5:14).

      17. Vor welcher anderen falschen Ansicht müssen wir uns hüten?

      17 Eine andere Gefahr besteht darin, daß man in das entgegengesetzte Extrem fällt und meint, einem Christen stehe es frei, praktisch alles zu tun, was ihm sein Gewissen erlaube. Vor kurzem haben einige eine Streitfrage daraus gemacht, indem sie sagten: „Das Christentum ist keine Religion von Regeln“, und sie verwiesen auf Schriftstellen wie Galater 5:13, 14, wo es heißt: „Ihr seid natürlich zur Freiheit berufen worden, Brüder; nur benutzt diese Freiheit nicht als einen Anlaß für das Fleisch, sondern durch Liebe dient einander wie Sklaven. Denn das ganze ,Gesetz‘ ist in e i n e m Ausspruch erfüllt, nämlich: ,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘“ Es stimmt zwar, daß Christen weder unter dem mosaischen Gesetz noch unter einer anderen ausführlichen Sammlung göttlicher Gesetze stehen, doch wir sollten achtgeben, daß uns „niemand durch überredende Argumente [„überredende und zugkräftige Argumente und verführerische Rede“, Amplified Bible] betöre“, denn eine unvoreingenommene Untersuchung der Bibel ergibt, daß sie einige für uns gültige Gesetze und Regeln enthält (Kolosser 2:4).

      Christen sind nicht ohne Gesetz

      18, 19. Wie stehen Christen zu biblischen Gesetzen und Regeln?

      18 Paulus schrieb an die Korinther, daß ein Mann, der sich der Hurerei schuldig gemacht habe, ausgeschlossen werden sollte. Er fügte hinzu, daß weder Götzendiener noch Ehebrecher, noch Homosexuelle, noch Diebe, noch Habgierige, noch Trunkenbolde, noch Schmäher, noch Erpresser „Gottes Königreich ererben“ werden (1. Korinther 5:1, 6, 7, 11-13; 6:9-11). Wir lesen auch, daß sich Christen ‘der Dinge enthalten sollten, die Götzen geopfert wurden, des Blutes, des Erwürgten und der Hurerei’ und daß angebliche Brüder, die Irrlehren fördern, abgewiesen werden sollten (Apostelgeschichte 15:28, 29; Titus 3:10; 2. Johannes 9-11). Es handelt sich hier eindeutig um Gesetze. Wer solche Sünden treibt, kann kein wahrer Christ werden. Und wenn ein Diener Gottes in reueloser Weise fortgesetzt diese Sünden begeht, muß ihm die Gemeinschaft entzogen werden.

      19 Wir finden auch biblische Vorschriften, die nichts mit Angelegenheiten zu tun haben, auf die ein Gemeinschaftsentzug steht. Paulus schrieb zum Beispiel, ledige Christen sollten „nur im Herrn“ heiraten, und er gab die Anweisung: „Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen“ (1. Korinther 7:39; 2. Thessalonicher 3:10). Jemand könnte denken: „Wenn ich bei Nichtbeachtung dieser Anweisungen nicht ausgeschlossen werde, handelt es sich nicht um gewichtige Regeln.“ Welch ein unvernünftiger Gedanke! In Gottes Augen sind diese Regeln gewichtig. Forderte Paulus die Thessalonicher nicht auf, faule Personen, die die Regel in bezug auf das Arbeiten willentlich außer acht ließen zu ‘bezeichnen’ und mit ihnen ‘keinen Umgang zu haben’? (2. Thessalonicher 3:14, 15).b

      20, 21. Was können wir über Richtlinien für die Versammlung lernen, und wie sollten wir darüber denken?

      20 Gewisse Regeln kommen besonders den einzelnen Versammlungen zugute. Früher konnten beispielsweise einige Christen in fremden Zungen reden. Paulus gab die Anweisung, jedesmal nur zwei oder drei von ihnen reden zu lassen, und zwar nacheinander, und auch ein Übersetzer sollte dasein. Diese Regeln förderten den Frieden und die Ordnung (1. Korinther 14:26-33). In ähnlicher Weise können heute die Ältesten einer Versammlung die Anweisungen geben, die Ausgänge des Königreichssaales freizuhalten, nicht unnötigerweise Sitzplätze zu belegen oder beim Parken von Fahrzeugen auf die Nachbarn und auf die Sicherheit zu achten. Solche für eine Versammlung geltenden Regeln sind nicht schriftwidrig, denn sie dienen demselben Zweck (dem Frieden und der Ordnung) wie der Rat des Paulus bezüglich des Zungenredens. Damit im Zusammenhang steht auch der biblische Rat: „Gehorcht denen, die unter euch die Führung übernehmen“ (Hebräer 13:17). Dieser Text muß sich auf den Gehorsam gegenüber der Leitung der Ältesten in Versammlungsangelegenheiten beziehen, denn Sünden wie Lügen oder Stehlen zu vermeiden hat mit Gehorsam gegenüber Gott zu tun. Der Leitung der Ältesten zu gehorchen ist außerdem nicht schwierig, wenn sie nicht auf den Buchstaben des Gesetzes pochen und nicht „über die herrschen, die Gottes Erbe sind“ (1. Petrus 5:3).

      21 Andere „Regeln“ oder Richtlinien sind zum Nutzen der weltweiten Versammlung. Zum Beispiel werden Jehovas Zeugen gebeten, einen Bericht über ihre Zeugnistätigkeit abzugeben. (Vergleiche Apostelgeschichte 2:41, 42; 8:14.) Wer zu dem Extrem der Freiheit des einzelnen „hinpendelt“, ist vielleicht damit nicht einverstanden. Man denke jedoch an das Gute, das dadurch bewirkt werden kann: Die Aufseher der Herde können aufgrund der Berichte wissen, inwieweit das Königreichszeugnis gegeben worden ist, wo Hilfe benötigt wird und wann neue Jünger zu einer Versammlung zusammengefaßt werden können. Freuen wir uns überdies nicht, wenn wir die Berichte von der ganzen Erde lesen können? (Hesekiel 9:11; Markus 6:30; Apostelgeschichte 14:21-23; 15:3; 19:1-6). In dem Vertrauen, daß Gott sein Volk leitet, können wir einen Geist der Zusammenarbeit bekunden.

      22. Warum müssen wir uns mit dem Thema „Gewissen“ noch weiter befassen?

      22 Außer besonderen Gesetzen oder Regeln enthält die Bibel auch nützliche Grundsätze, die weise Christen anwenden können, um ‘auf ihrem Wege untadelig’ zu sein (Psalm 119:1). Grundsätze helfen uns besonders, unser Gewissen mit den Gedanken Gottes in Einklang zu bringen. Aber von welcher Bedeutung ist das für „Gewissensangelegenheiten“? Einige haben sich auf den Standpunkt gestellt: „Wenn es sich um eine Gewissensfrage handelt, bleibt es völlig mir überlassen, was ich tue.“ Aus dem nächsten Artikel erfahren wir Näheres darüber, wie wir unser Gewissen schulen und den größten Nutzen daraus ziehen können.

  • Aus der göttlichen Gabe des Gewissens Nutzen ziehen
    Der Wachtturm 1982 | 15. Oktober
    • Aus der göttlichen Gabe des Gewissens Nutzen ziehen

      „Das Gesetz seines Gottes ist in seinem Herzen; seine Schritte werden nicht wanken“ (Psalm 37:31).

      1, 2. Warum sollten wir uns mit der Frage auseinandersetzen, ob wir uns von unserem Gewissen leiten lassen können? (Sprüche 12:15; 14:12).

      GOTT hat Christen zwar keine ausführliche Gesetzessammlung gegeben, doch hat er für einige Gesetze oder ausdrückliche Regeln und für viele Grundsätze gesorgt, die wir im Einklang mit unserem Glauben und unserem Gewissen anwenden sollten. Aber ein Gewissen zu haben bedeutet noch nicht, daraus vollen Nutzen zu ziehen. Viele Menschen glauben, alles was ihr Gewissen nicht beunruhige, sei in Ordnung. Ist diese Denkweise jedoch richtig?

      2 Die Bibel zeigt, daß uns unser Gewissen aufgrund unseres sündigen Fleisches irreführen kann; es kann schwach, irregeleitet oder befleckt sein. Wie gefährlich die Ansicht ist, man solle sich von seinem Gewissen leiten lassen, können wir besser verstehen, wenn wir die Bewohner der Insel Kreta betrachten, von denen man im ersten Jahrhundert sagte, sie seien „Lügner, schädliche wilde Tiere, unbeschäftigte Fresser“ (Titus 1:10-12).

      3. Wie wirkte sich das Gewissen auf die Kreter aus?

      3 Wie alle anderen Menschen hatten auch die Kreter ein angeborenes Gewissen. Sie zogen jedoch keinen Nutzen daraus. Der Apostel Paulus schrieb an Titus, der sich auf Kreta befand: „Den Reinen sind alle Dinge rein. Den Befleckten aber und Ungläubigen ist nichts rein, sondern sowohl ihr Sinn als auch ihr Gewissen ist befleckt“ (Titus 1:15; Römer 2:14, 15). Die meisten Kreter hatten ein unempfindliches Gewissen, das ihnen nicht half, das zu tun, was sittlich einwandfrei oder rein war (1. Timotheus 4:2). Für viele Kreter war „nichts rein“. Warum? Da ihr Gewissen befleckt war, betrachteten sie jede Situation als eine Gelegenheit, Schlechtes zu tun. Vielleicht sagten sie sich: „Mein Gewissen ist deswegen nicht beunruhigt.“ Es hätte jedoch beunruhigt sein sollen. Einige kretische Juden oder Proselyten waren zu Pfingsten 33 u. Z. in Jerusalem gewesen. Ihre biblische Erkenntnis hätte ihnen helfen sollen, nicht zu lügen, keine schädlichen Dinge zu treiben und nicht zu schlemmen. Und allen, die Jesus angenommen hatten, wurde auch noch durch seine Lehren geholfen, ein gut funktionierendes Gewissen zu haben (Apostelgeschichte 2:5, 11; Titus 1:5; 2:2-5; 3:3-7).

      4, 5. Was können wir aus dem Fall des Paulus über das Gewissen lernen?

      4 Das Gewissen kann selbst eine Person irreführen, die unter dem Einfluß des Wortes Gottes steht und das Rechte zu tun wünscht. Saulus (oder Paulus) kannte die Schrift und diente Gott eifrig gemäß dem mosaischen Gesetz. Er war jedoch hinsichtlich der fortschreitenden Verwirklichung des Willens Gottes nicht auf dem laufenden. Er war, nachdem der Messias in Erfüllung der Prophezeiungen gekommen war, gepredigt hatte und gestorben war, immer noch ein Pharisäer und ein aktiver Anhänger des Judaismus. Sein Gewissen hinderte ihn nicht, „ein Verfolger der Versammlung“ zu sein, indem er „Drohung und Mord gegen die Jünger des Herrn schnaubte“ (Philipper 3:4-6; Apostelgeschichte 9:1, 2).

      5 Diese Beispiele zeigen, daß uns unser Gewissen irreführen kann. Da wir vor vielen Entscheidungen stehen, die nicht durch spezielle biblische Gesetze geregelt werden, sondern Gewissensangelegenheiten sind, sollten wir wissen, wie wir unser Gewissen schulen und den größten Nutzen daraus ziehen können. Es gibt drei Gebiete, mit denen wir uns jetzt befassen möchten.

      Was läßt Gottes Wort erkennen?

      6, 7. Nenne eine Möglichkeit, wie uns Gottes Wort in Gewissensangelegenheiten eine Hilfe sein kann.

      6 Das vollkommene Wort Gottes enthält vieles, was uns hilft, Gottes Gedanken oder Grundsätze zu verstehen, und wodurch unser Gewissen geschult wird. Wie bereits erwähnt, besaß Joseph kein schriftliches Gesetz Gottes gegen Ehebruch. Aber sein Gewissen war richtig geschult. Seine Überlegungen stützten sich zweifellos auf die Tatsache, daß der Mann und die Frau („die zwei“) gemäß Gottes Vorsatz e i n Fleisch sein sollten und sich kein Dritter in ehebrecherischer Weise zwischen sie drängen sollte. Außerdem wußte er bestimmt von der Erfahrung, die Abraham, der Freund Gottes, gemacht hatte und die erkennen ließ, wie Gott über Ehebruch denkt (Matthäus 19:5; 1. Mose 2:24; 20:1-18).

      7 Für uns kann sich ein ähnlicher Nutzen ergeben. Wir mögen zum Beispiel vor der Frage stehen, ob wir von jemandem, der einer anderen Nationalität oder Rasse angehört oder von anderer Herkunft ist, die Einladung zu einem Essen annehmen oder mit ihm Geschäfte machen sollen. Das ist der persönlichen Entscheidung überlassen. Wenn wir aus der Bibel Gottes Unparteilichkeit und Fairneß kennengelernt haben, wird unser geschultes Gewissen jedem Vorurteil entgegenwirken, das in der Umgebung, in der wir aufgewachsen sind, herrschen mag. Dementsprechend werden wir handeln (Apostelgeschichte 10:34, 35; Jakobus 2:1-4). So können biblische Grundsätze auch uns eine Hilfe sein.

      8. Was sollten wir tun, wenn wir vor einer Gewissensentscheidung stehen?

      8 Wenn wir uns in einer Angelegenheit entscheiden müssen, um ‘ein gutes Gewissen zu behalten’, sollten wir herauszufinden suchen, was Jehova diesbezüglich zu sagen hat, denn das kann und sollte unser Gewissen und unsere Entscheidung beeinflussen (1. Petrus 3:16). Wir sollten nicht nur nach regelrechten Gesetzen Ausschau halten, sondern uns auch dafür interessieren, ob es irgendwelche einschlägigen biblischen Grundsätze gibt. Hat Jesus etwas getan oder gesagt, was erkennen läßt, wie er über eine solche Entscheidung dachte? Wir können in Bibelstudienhilfsmitteln, in denen die Angelegenheit behandelt wird, nachforschen. Und wir können Mitchristen um Rat bitten, die uns behilflich sein könnten, entsprechende biblische Grundsätze zu ermitteln. Wir dürfen natürlich nicht denken, daß sie für uns die Verantwortung tragen. Auch sollten wir sie nicht fragen: „Was würdest du tun, wenn du dich in dieser Sache entscheiden müßtest?“ (Galater 6:5).

      9. Welches Ziel verfolgen wir, wenn wir uns in Gewissensfragen entscheiden?

      9 In Situationen, in denen eine persönliche Entscheidung zu treffen ist, sollten sich aufrichtige Christen so verhalten, daß sie ein reines und ruhiges Gewissen vor Gott bewahren. Sie sollten stets sagen können: „Unser Gewissen [legt] Zeugnis [ab] ..., daß wir mit Heiligkeit und gottgemäßer Aufrichtigkeit ... unseren Wandel in der Welt geführt haben, ganz besonders aber euch gegenüber“ (2. Korinther 1:12). Wie sehr ein Christ Jehova und seine Grundsätze liebt, mag sich darin zeigen, wie er in Gewissensfragen entscheidet.

      Wie werden andere davon berührt?

      10, 11. Welcher zweite Gesichtspunkt, der bei Gewissensfragen eine Rolle spielt, ist an dem Problem, das im alten Korinth entstand und bei dem es um Speise ging, zu erkennen?

      10 Christen wünschen, daß sie von ihrem Gewissen angetrieben werden, Gott nachzuahmen. Deshalb sollten ihre Gewissensentscheidungen im wesentlichen von einem liebevollen Interesse an anderen beeinflußt werden. Dieser Gesichtspunkt trat hervor, als Paulus über verschiedene Fragen in Verbindung mit Speisen schrieb.

      11 In der Versammlung Korinth war in Verbindung mit Fleisch, das Götzen geopfert worden war, ein Problem entstanden. Ein Christ hätte Götzendienst getrieben, wenn er Opferfleisch während einer götzendienerischen Zeremonie gegessen hätte. Es war jedoch, wie Paulus erklärte, keine Sünde, übriggebliebenes Fleisch in restaurantähnlichen Einrichtungen zu essen, die mit einem Tempel verbunden waren, oder auf öffentlichen Fleischmärkten zu kaufen (1. Korinther 8:10; 10:25; Apostelgeschichte 15:29). Dennoch hatten sich einige Christen, die früher Götzen verehrt hatten, Gedanken über das Essen derartigen Fleisches gemacht (sie hatten ein schwaches Gewissen), selbst dann, wenn das Fleisch öffentlich und nicht unter religiösen Vorzeichen verkauft wurde. Obgleich Paulus ein schwaches Gewissen nicht entschuldigte, forderte er andere auf, auf solche Brüder Rücksicht zu nehmen. Es wäre nicht liebevoll gewesen, etwas zu tun, was sie zum Straucheln gebracht oder veranlaßt hätte, sich gewissensmäßig frei zu fühlen, wieder Götzen zu verehren.

      12, 13. Warum sollte man auf die Ansicht und das Gewissen anderer Rücksicht nehmen? Veranschauliche es.

      12 Paulus bekundete die Haltung, die wir alle einnehmen sollten: „Wenn ... Speise [oder irgend etwas anderes] meinen Bruder zum Straucheln bringt, will ich überhaupt nie wieder Fleisch essen.“ Wenn wir in einer Angelegenheit, die unserem Gewissen überlassen ist, so daß wir Handlungsfreiheit haben, das Gewissen anderer außer acht ließen und so ‘unseren Bruder zugrunde richten würden, für den Christus gestorben ist’, könnten wir die Anerkennung Gottes verlieren. Paulus warf die Frage auf: „Warum sollte meine Freiheit von dem Gewissen eines anderen gerichtet werden?“ (1. Korinther 8:3, 11-13; 10:29). Selbst wenn man glaubt, etwas sei „Sache des eigenen Gewissens“, könnte man sich die Verurteilung Jehovas zuziehen, wenn man anderen dadurch schadet. Das zeigt, wie trügerisch der Gedanke sein kann: „Wenn es meinem Gewissen überlassen ist, ist es in Ordnung.“

      13 Beachten wir, was ein Ehepaar erlebte, mit dem die Bibel studiert wurde und das die Zusammenkünfte besuchte und vor der Taufe stand. Ein Ältester der Versammlung erzählte dem Mann, er habe sich einen bestimmten Film angesehen. Der Mann entgegnete: „Was, Sie sehen sich R-Filme an?“a Der Älteste versuchte, seine Handlung zu entschuldigen, indem er sagte, gewisse dieser Filme (die sogar von der Welt für fragwürdig gehalten werden) hätten einen Wert, wenn man die fragwürdigen Aspekte ignoriere. Doch den Mann schien das irgendwie berührt zu haben. Er machte danach langsamere Fortschritte als seine Frau. Hätte der Älteste über Texte wie Kolosser 3:2-8, Epheser 5:3-5 und Matthäus 7:12 nachgedacht, so hätten sein Gewissen und sein Wandel davon beeinflußt werden können (1. Korinther 9:22, 25-27).

      14, 15. Inwiefern könnte das Gewissen der Ältestenschaft in bestimmten persönlichen Angelegenheiten eine Rolle spielen?

      14 Auf andere Rücksicht zu nehmen heißt auch, von ihnen nicht zu verlangen, etwas gutzuheißen, was ihrem Gewissen widerspricht. Zum Beispiel müssen die Versammlungsältesten für Trauungszeremonien bzw. Hochzeitsansprachen im Königreichssaal, für den geplanten Ablauf, für die Dekoration des Saales usw. ihre Zustimmung geben.b Die Ältesten einer Versammlung schrieben: „Bei einer Trauung gingen alle Brautjungfern sich zufächernd durch den Mittelgang. Die nächste Trauung mußte die erste übertreffen. Daher gingen die Brautjungfern mit sich drehenden Sonnenschirmen durch den Mittelgang. Die nächste mußte größer und besser sein; zwanzig Brautjungfern und zwanzig Brautführer wurden gewünscht. Man begann aus dem Saal einen Zirkus zu machen.“

      15 Handelte es sich in diesem Fall um eine „Gewissensangelegenheit“, deren Entscheidung Privatsache war? Nein. Selbst wenn das Gewissen eines Brautpaares etwas Übertriebenes oder Ausgefallenes zulassen würde, dürfte das Gewissen der gesamten Ältestenschaft nicht außer acht gelassen werden. Die Ältesten möchten zwar niemandem ihren persönlichen Geschmack aufdrängen, doch liegen ihnen der Frieden, die Eintracht und das Geistiggesinntsein der ganzen Versammlung am Herzen. Außerdem sollten sie anderen gewissenhaft helfen, zu ‘wissen, wie sie sich im Hause Gottes zu benehmen haben, das eine Säule und Stütze der Wahrheit ist’ (1. Timotheus 3:15; 1. Korinther 10:31).

      16. Was solltest du berücksichtigen, wenn du eine Entscheidung zu treffen hast, die deinem Gewissen überlassen ist?

      16 Wenn wir uns also in einer „Gewissensangelegenheit“ zu entscheiden haben, sollten wir überlegen, 1. was Gottes Wort in Verbindung damit zu sagen hat und 2. wie unsere Entscheidung andere beeinflussen oder betreffen mag. Es gibt allerdings noch einen wichtigen dritten Gesichtspunkt.

      Wie werden wir selbst beeinflußt?

      17. Wie wurde ein Bruder aus New York von seinem Gewissen beeinflußt?

      17 In der Zeitschrift Natural History vom August 1981 erschien ein Artikel über die Fahrradboten der Stadt New York, die eilige Pakete und Briefe an Geschäfte in der ganzen Stadt ausliefern. Über einen Mann, der diese Art Arbeit aufgenommen hat, ist zu lesen: „Donald, ein 41jähriger Bote, kann mit seinem Verdienst für seine Frau und seinen 15jährigen Sohn sorgen. Er war in der Filmbearbeitung tätig, gab diesen Beruf aber auf, weil er ein Zeuge Jehovas ist und er die Rolle, die er bei der Herstellung pornographischer Streifen spielte, damit nicht vereinbaren konnte. Als Bote hat er jetzt nicht nur ein reines Gewissen, sondern kann sich die Arbeit auch so einteilen, wie er möchte, und mehr Zeit dem Proselytenmachen widmen.“

      18. (a) Wie könnte dieser Bruder zu seiner Entscheidung gelangt sein? (b) Was können wir daraus lernen?

      18 Bei Entscheidungen in Verbindung mit der Arbeitsstelle spielen mehrere Faktoren eine Rolle. (Siehe den Kasten auf Seite 26.) Ähnlich wie im Fall Donalds mag ein Christ bei einer Firma arbeiten, die Filme entwickelt — Schnappschüsse, Heimfilme, Werbefilme und kommerzielle Spielfilme. Im Laufe der Zeit übernimmt die Firma vielleicht auch einige pornographische Filme. Irgendwann beginnt dann das Gewissen des Christen, ihn zu beunruhigen. Vielleicht stellt er fest, daß er dadurch unfreiwillig mit Pornographie oder einer anderen schriftwidrigen Sache zu tun hat. Da man ihn mit einer Firma, die sich mit Pornographie befaßt, gleichsetzt oder weil er etwas tun muß, was sein Gewissen beunruhigt, mag er zu dem Schluß kommen, daß er seine Arbeitsstelle aufgeben muß, wenn er „untadelig“ bleiben möchte, was vor allem für Personen wichtig ist, die Dienstvorrechte in der Versammlung haben oder danach streben. Bei der Suche nach einer anderen Arbeitsstelle kann ein Christ zuversichtlich um den Segen Jehovas bitten (1. Timotheus 3:2, 8-10; Römer 13:5). Zweifellos gibt es viele Christen, die es vorgezogen haben, solche Beschäftigungen aufzugeben, statt sich moralisch beschmutzen zu lassen. (Vergleiche Matthäus 5:28.) Wenn wir also vor einer Gewissensentscheidung stehen, sollten wir uns fragen: „Wie wird es sich auf mich auswirken, wenn ich das tue oder mich weigere, es zu tun?“ Wir sollten unser Gewissen bestimmt nicht ignorieren, so daß es abstumpft und es uns künftig leichter fällt, etwas Schlechtes zu tun (1. Timotheus 4:2; Judas 10; Epheser 4:18, 19).

      19, 20. (a) Wie könnten sich sowohl das Gewissen als auch der Glaube auf unseren Predigtdienst auswirken? (b) Was sollte unser Wunsch sein, ungeachtet, ob wir wohlhabend sind oder nicht?

      19 Wenn wir an Donalds Gewissensentscheidung denken, sollten wir beachten, daß er nicht nur die Anerkennung Jehovas suchte, sondern auch mehr über seinen Glauben sprechen wollte. Das entspricht den Worten des Paulus, der das Gewissen mit dem Glauben in Verbindung brachte und sagte: „Das Ziel dieses Auftrages ist tatsächlich Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“ (1. Timotheus 1:5).

      20 Es ist lobenswert, wenn jemandes Glaube und sein Wunsch, ein gutes Gewissen zu behalten, ihn zu Änderungen veranlassen, damit ‘seine Schritte nicht wanken werden’ und er der Verkündigung des ‘ganzen Rates Gottes’ mehr Zeit und Aufmerksamkeit widmen kann (Apostelgeschichte 20:26, 27). Wie sollten wir indes andere betrachten, die aufgrund ihrer Verhältnisse anscheinend mehr im Predigtdienst leisten könnten, es aber nicht tun? Sie haben vielleicht eine gutbezahlte Stellung oder ein einträgliches Geschäft und verfügen offensichtlich bereits über genügend finanzielle Mittel, um im gegenwärtigen System ein bequemes Leben führen zu können. Statt als Vollzeitprediger die Freude des Jüngermachens zu erleben, arbeiten sie weiter an der Vergrößerung ihres Geschäftes und ihres Hauses und richten sich immer komfortabler ein.c (Vergleiche Markus 10:17-22; Lukas 12:16-21.) Es steht uns nicht zu, über andere in dieser Hinsicht ein Urteil zu fällen, denn „jeder von uns [wird] für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen“. Lassen wir uns lieber von unserem ungeheuchelten Glauben dazu antreiben, Gott in vollem Maße zu dienen, so daß wir ein reines Gewissen haben können (Römer 14:1-4, 10-12).

      Von einem gut funktionierenden Gewissen geleitet

      21. Welche positive Wirkung kann unser Gewissen auf uns haben?

      21 Ein richtig geschultes und empfindsames christliches Gewissen wird uns anleiten, das Gute zu tun. So verhielt es sich auch mit Paulus. Er war so sehr an ‘seinen Brüdern’, den Mitjuden, interessiert, daß er schrieb: „Mein Gewissen [gibt] mit mir Zeugnis ... in heiligem Geist, daß ich großen Kummer und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen habe“ (Römer 9:1-3). Ja, er tat alles ihm Mögliche, um ihnen die gute Botschaft des Christentums zu übermitteln.

      22. Warum kann das Gewissen uns noch mehr anspornen, als Regeln es tun könnten?

      22 So sollte es auch bei uns sein. Wenn wir die Bedeutung unseres von Gott stammenden Gewissens schätzen, werden wir nicht dazu neigen, nur in Regeln zu denken. Durch Regeln können Mindestforderungen aufgestellt oder Ziele gesetzt werden. Aber ein Gewissen, das von Liebe und Glauben angeregt wird, wird von uns wahrscheinlich noch mehr fordern und uns zu größeren Opfern und größerer Selbstlosigkeit anspornen. Auf diese Weise werden wir aus dem Gewissen bestimmt Nutzen ziehen. Es wird uns vor Handlungen bewahren, durch die wir uns Gottes Mißfallen zuziehen könnten, und es wird uns helfen, das zu tun, was er gutheißt. Das ist ganz besonders deshalb der Fall, weil uns unser Gewissen dazu anleitet, einen größeren Anteil an der Verkündigung der guten Botschaft zu haben. Könnte es einen größeren Nutzen geben als den, den Paulus in seinem Brief an Timotheus erwähnte? Er schrieb: „Gib beständig acht auf dich selbst und auf dein Lehren. Bleibe bei diesen Dingen, denn dadurch, daß du dieses tust, wirst du sowohl dich selbst als auch die retten, die auf dich hören“ (1. Timotheus 4:16).

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