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Sylvester I., der Mann, der nicht zugegen warDer Wachtturm 1956 | 15. Dezember
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Sylvester I., der Mann, der nicht zugegen war
ANHÄNGERN der römisch-katholischen Kirche wird gesagt, sie möchten nicht irgendeine Lehre annehmen, die nicht von ihrer Kirche stamme. Ferner wird ihnen gesagt, der gewöhnliche Priester und selbst die Bischöfe seien nicht ermächtigt, die Bibel auszulegen. Es wird gesagt, daß nur die Päpste als Stellvertreter Christi Jesu und Nachfolger des Apostels Petrus in bezug auf Glauben und Sittenlehre unfehlbare Leitung erhalten. Viele aufrichtige Katholiken haben sich dieser Auffassung streng angeschlossen und dabei wenig oder gar keine Fragen gestellt.
Würde es solche Personen überraschen, ja vielleicht erschrecken, zu erfahren, daß die grundlegenden Lehrsätze ihrer Religion und ihrer Kirche durch eine Versammlung von Priestern und Bischöfen formuliert und aufgestellt wurden, die nie die Billigung des Papstes erhielt, während dessen Pontifikat das Konzil tagte?
Die Katholische Encyclopädie (engl.) erklärt unter dem Titel „Nizäisches Glaubensbekenntnis“ folgendes: „So wie es in erweiterter Form auf dem Konzil von Konstantinopel (381) genehmigt wurde, ist es [das Nizäische Glaubensbekenntnis] das Bekenntnis des christlichen Glaubens, wie ihn die katholische Kirche, alle Kirchen des Ostens, die von Rom getrennt sind, und die meisten der protestantischen Denominationen gemeinsam haben.“a Wäre es nicht vernünftig — angesichts der grundlegenden Natur dieses Glaubensbekenntnisses — anzunehmen, daß der Papst selbst das Werkzeug zu dessen Formulierung gewesen ist?
Hinsichtlich seiner Vollmacht in dieser Beziehung sagt die Katholische Enzyklopädie (engl.) folgendes: „Als oberster Lehrer der Kirche, dessen Befugnis es ist, vorzuschreiben, was von allen Gläubigen geglaubt werden soll, sowie Maßnahmen für die Erhaltung und Ausbreitung des Glaubens zu treffen, sind folgendes die Rechte, die dem Papste zustehen: (a) es ist an ihm, Glaubensbekenntnisse aufzustellen und zu bestimmen, wann und von wem ein ausdrückliches Bekenntnis des Glaubens aufgestellt werden soll.“b In bezug auf die Einberufung von Versammlungen sagt dieselbe Autorität ferner: „Der gesetzgebenden Macht des Papstes sind folgende Rechte beigegeben: … (b) wenn er mit der Hilfe eines Konzils Gesetze machen will, ist es an ihm, dieses einzuberufen, ihm vorzustehen, es bei seinen Beschlüssen zu leiten und seine Handlungen zu bestätigen.“c
Angesichts der Bedeutung des Nizäischen Glaubensbekenntnisses als einer grundlegenden Erklärung des Glaubens der Katholiken wie der Protestanten sollte sein Ursprung sowie die Frage, wer die Männer waren, die dafür verantwortlich sind, für alle, die sich als Christen ausgeben, von Interesse sein. Als Antwort auf unsere in der Einleitung gestellte Frage laßt uns daher die Rolle ins Auge fassen, die Sylvester I. als „Heiliger und Papst“ in diesem historischen Drama spielte.
„Dies war die Zeit Konstantins des Großen, als die öffentliche Stellung der Kirche sich sehr verbessert hatte, eine Veränderung, die bestimmt in Rom auffallen mußte. Es ist deshalb zu bedauern, daß so wenig maßgebliche Auskunft über das Pontifikat Sylvesters vorliegt. Nach der Legende hätte er schon früh mit dem ersten christlichen Kaiser in enger Verbindung gestanden; doch wird dies auf eine Weise berichtet, die dem historischen Tatbestand widerspricht.“d
BEIM KONZIL ZU NIZÄA KEIN PAPST ZUGEGEN
Vielleicht ist es uns jedoch möglich, noch etwas mehr positive Beweise dafür zu finden, daß er bei der Einberufung des Konzils von Nizäa seinen Amtspflichten als Papst nachgekommen ist. Von neuem werden wir enttäuscht: „Es ist historisch nicht bekannt, ob der Kaiser bei der Einberufung des Konzils ausschließlich im eigenen Namen oder im Einvernehmen mit dem Papst gehandelt hat; doch ist es wahrscheinlich, daß Konstantin und Sylvester zu einer Vereinbarung gelangten … Das Konzil wurde mit großer Feierlichkeit von Konstantin [nicht von Sylvester] eröffnet. Der Kaiser war erst eingetreten, als alle Bischöfe ihre Plätze eingenommen hatten … Er hatte die Sitzung als Ehrenpräsident eröffnet; und er war bei den nachfolgenden Sitzungen zugegen, überließ jedoch die Leitung der theologischen Diskussionen, wie dies am Platze war, den kirchlichen Führern des Konzils [nicht dem Papste]. Der eigentliche Präsident scheint Hosius von Cordova gewesen zu sein [wiederum nicht Sylvester, der nicht einmal anwesend war], assistiert von Victor und Vicentius, den päpstlichen Legaten.“e
Was diese zwei Letztgenannten betrifft, waren es gewöhnliche Priester und offenbar die einzigen von Rom, die anwesend waren. Ihre Namen erscheinen bloß als zwei der Unterschriften am Ende des Sitzungsberichtes über das Konzil, und es ist in dieser Aufzeichnung kein Hinweis, daß sie irgendwelche besondere Autorität gehabt hätten.
Da aber nur der Papst das Recht hat „zu bestimmen, wann und von wem ein ausdrückliches Glaubensbekenntnis aufgestellt werden soll“, müßte er sicherlich irgendeine hervorragende Verordnung hinsichtlich der Annahme dieser Grundlehren getroffen haben. Wiederum zitieren wir: „Es ist nicht sicher, ob Konstantin mit Sylvester vorher über die Einberufung des Konzils Vereinbarungen getroffen hatte, und auch nicht, ob eine ausdrückliche päpstliche Bestätigung der Dekrete, außer den Unterschriften der päpstlichen Legaten, vorhanden war.“f Und da der Sitzungsbericht selbst keine Beweise dafür enthält, daß Victor und Vicentius für den Papst handelten, erscheint die Genehmigung von seiten Sylvesters noch ungewisser.
Noch ein weiterer Punkt ist in Betracht zu ziehen. In einem unserer Zitate wurde gesagt, daß das Nizäische Glaubensbekenntnis, „so wie es in erweiterter Form auf dem Konzil von Konstantinopel (381) genehmigt wurde, das Bekenntnis des christlichen Glaubens“ sei. Wurde bei diesem Anlaß schließlich die offizielle Bestätigung erteilt? Uns wiederum zu unserer katholischen Autorität wendend, lesen wir: „Das Erste Konzil von Konstantinopel (Zweites Allgemeines Konzil) wurde im Mai 381 von Kaiser Theodosius einberufen … um den Nizäischen Glauben zu bestätigen … und Miletus von Antiochien [wiederum nicht der Papst] stand ihm vor. Gemäß Photiusg wurde es von Papst Damasus genehmigt, doch wenn irgendein Beschluß des Konzils von diesem Papste gutgeheißen wurde, so hätte es nur das vorhererwähnte Glaubensbekenntnis sein können.“h
Aufrichtige Katholiken wie auch Protestanten könnten sich richtigerweise fragen: „Wer hat in der Frage dieses wichtigen „christlichen“ Glaubensbekenntnisses in Tat und Wahrheit die Stellung eines „Papstes“ eingenommen? Etwa Sylvester I., der offiziell von der katholischen Kirche als solcher bezeichnet wurde, oder Konstantin, der weltliche Herrscher von Rom, der erst kurz vorher „zum Christentum bekehrt“ worden war? Der unmißverständliche Beweis von einer katholischen Autorität selbst weist direkt auf Konstantin hin. Konstantin, nicht Sylvester, berief das Konzil ein; Konstantin, nicht Sylvester, stand ihm vor, und Konstantin, nicht Sylvester, erließ die Verordnungen. In Tat und Wahrheit war Sylvester nicht einmal dort. Und es ist beachtenswert, daß zur Zeit dieses Aktes Konstantin den Titel trug, der seither den Päpsten Vorbehalten blieb, nämlich den Titel „Pontifex Maximus“.i
Angesichts der Hintergründe werden also alle, die sich als Christen ausgeben, gut tun, das Nizäische Glaubensbekenntnis mit Mißtrauen zu betrachten. Daß dies begründet ist, zeigt sich noch deutlicher, wenn seine Lehren im Lichte des inspirierten Wortes Gottes, Jehovas, der Bibel, unvoreingenommen untersucht werden. Eine solch sorgfältige Analyse wird alle Wahrheitssucher davon überzeugen, daß das Nizäische Glaubensbekenntnis etwas ist, das über das hinausgeht, was von Jesu Aposteln, auch von Petrus, als gute Botschaft bezeichnet wurde, und daher dem Fluche oder „Anathema“ unterliegt, den Paulus in Galater 1:8 (NW) aussprach: „Wenn aber auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als gute Botschaft verkündigen sollten außer dem, was wir euch als gute Botschaft verkündigten, er sei verflucht.“
[Fußnoten]
a The Catholic Encyclopedia, Auflage 1913, Band XI, S. 49.
b Ebenda, Band XII, S. 269.
c Ebenda, Band XII, S. 269.
d Ebenda, Band XIV, S. 370.
e Ebenda, Band XI, S. 44, 45.
f Ebenda, Band XIV, S. 371.
g Photius (ums Jahr 815 geboren) riß das Patriarchat im Jahre 857 an sich, wurde abgesetzt und wieder eingesetzt, danach wieder abgesetzt und im Jahre 886 exkommuniziert. Obwohl er von katholischen Autoritäten als „Kirchenvater“ angesehen wird, wird er auch als Dissident betrachtet, der an der schließlich in den Jahren 1043 bis 1058 erfolgten Kirchenspaltung die Schuld trage.
h Ebenda, Band IV, S. 308.
i Ebenda, Band XII, S. 270.
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„Oh, ihr Kleingläubigen!“Der Wachtturm 1956 | 15. Dezember
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„Oh, ihr Kleingläubigen!“
UNTER dem obigen Titel veröffentlichte die Valley News von Hanover, New Hampshire, am 11. April 1956 folgenden vernünftig geschriebenen redaktionellen Artikel:
„Hin und wieder schafft ein öffentlicher Beamter eine Sachlage, die uns die Frage aufdrängt, ob er je etwas von Freiheit, Demokratie, von politischen und Menschen-Rechten gehört habe. Zumindest verraten solche Taten einen Mangel an Glauben daran, daß das Volk versteht, was „Freiheit“ ist. Meistens ist es eine großtuerische, willkürliche Zurschaustellung der amtlichen Fähigkeit, aus einem Maulwurfshügel einen Berg zu machen. Eine Amtsperson, die vor kurzem eine Bresche in das Bollwerk der Freiheit schlug, ist der Verwaltungsgeneral Francis Billado des Staates Vermont [USA]. Eine Gruppe Zeugen Jehovas wollte eine Versammlung in einem Stadtteil von Bennington durchführen. Man suchte das Zeughaus der Nationalgarde zu bekommen. Es kam auch zu einem gesetzlich bindenden Vertrag, der für die Benutzung des Gebäudes in aller Form geschlossen und von ihnen und auch von den Vertretern der Nationalgarde unterzeichnet wurde. Darauf machten die Zeugen ihre Veranstaltung in ihren Versammlungen bekannt.
Dann, mehr als ein Monat nachdem der Vertrag unterzeichnet worden war und die Zeugen die Veranstaltung öffentlich bekanntgemacht hatten, kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel die Mitteilung, daß General Billado plötzlich den Vertrag annulliert habe. Als Grund führte er ‚die Möglichkeit von Unruhen, eines Aufruhrs oder von sonst etwas‘ an. Da die Zeugen im wesentlichen friedliebende Leute sind, wollten sie zur Durchsetzung des Vertrages keinen Rechtsstreit beginnen. Eines von zwei Dingen ist offensichtlich: Entweder wußten die Garde und Billado nichts von den Zeugen, als sie den Vertrag Unterzeichneten, oder es wurde von außen ein Druck auf sie ausgeübt. Wenn ersteres der Fall ist, zeigt sich eine erstaunliche Unwissenheit in hohen, amtlichen Kreisen. Ist letzteres der Fall, so hat Billado die Pflicht, in aller Offenheit zu sprechen, Namen zu nennen und sich zu äußern, warum er glaube, daß ‚eine Möglichkeit von Unruhen‘ bestehe.
Die Zeugen Jehovas sind eine Sekte, die immer und immer wieder gezeigt hat, daß sie fähig ist, ordnungsgemäße Versammlungen abzuhalten. Ihre Landeskongresse werden so gut organisiert und durchgeführt, daß sie die Bewunderung von seiten derer erregen, die sie beobachten. Ihre Glaubensansichten sind unter der Allgemeinheit nicht populär, und doch ist die Sekte in Amerika eine der am schnellsten zunehmenden religiösen Körperschaften. Die meisten Amerikaner halten an den Grundsätzen der Freiheit ziemlich fest. Wenn sie sehen, daß ein prominenter Beamter von einer gesetzlich übernommenen Pflicht wegen der ‚Möglichkeit von Unruhen‘ zurückweicht, haben sie guten Grund, erstaunt zu sein.
Es ist erwähnt worden, daß Gouverneur Johnson gesagt habe, er plane, ‚volle Auskunft‘ über den Vorfall einzuholen. Wir hoffen, daß er dies wirklich tut und daß er, wenn, er — wie wir fest glauben — keinen Beweis einer ‚deutlich vorhandenen Gefahr‘ findet und keine ‚Möglichkeit von Unruhen, eines Aufruhrs oder von sonst etwas‘ entdeckt, auch den Mut hat, die Sache öffentlich richtigzustellen.“
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Getreue ÜbermittlungDer Wachtturm 1956 | 15. Dezember
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Getreue Übermittlung
● Das neue Buch The Dead Sea Scrolls [Die Tote-Meer-Rollen] von Miliar Burrows wirft die Frage auf, ob diese Rollen die Bibel, so wie wir sie kennen, ändern würden. Der Verfasser antwortet mit einem kategorischen „Nein“. In der Tat, sowohl das Jesaja-Manuskript als auch der Habakuk-Text bestätigen, wie Burrows schreibt, daß „die wesentliche Wahrheit und der in der Bibel geoffenbarte Wille Gottes … trotz aller Tücken in der Übermittlung des Textes unverändert bewahrt geblieben sind“.
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