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Weltweite Zunahme der DrogenabhängigkeitErwachet! 1981 | 22. August
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Teil 1
Weltweite Zunahme der Drogenabhängigkeit
DIE Drogenabhängigkeit hat weltweit „epidemische Ausmaße erreicht und nimmt weiter zu“, heißt es in einem Bericht der UN. Nehmen wir Heroin als Beispiel.
● In Großbritannien stieg die Zahl der Heroinabhängigen von 1978 bis 1979 um nahezu ein Fünftel, und der Anteil der weiblichen Drogenabhängigen nimmt weiter zu. Beschlagnahmungen von Heroin haben sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt.
● In Mexiko gibt es gemäß der Auskunft von Rehabilitationsexperten etwa 630 000 Drogenabhängige. „Sieben Prozent aller Drogenabhängigen in Mexiko nehmen Heroin — ein alarmierendes Zeichen“, bemerkte ein Beamter.
● In Birma, wo Heroin häufig produziert, aber früher selten als Rauschmittel gebraucht wurde, hat sich die Lage geändert. Jetzt gibt es dort schätzungsweise 30 000 Heroinabhängige, und die Politiker machen sich Sorgen.
● In der Bundesrepublik Deutschland ist im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der Todesopfer aufgrund von Überdosen rapide angestiegen. Die Zahl der drogenbedingten Todesopfer im Verhältnis zur Bevölkerung ist jetzt sechsmal so hoch wie in den Vereinigten Staaten. „Seit März 1974 ist nicht ein einziger Tag vergangen, an dem in unserer Stadt nicht eine Fülle von Heroin vorrätig gewesen wäre“, sagte ein Westberliner Beamter.
● In den Vereinigten Staaten nimmt die Heroinabhängigkeit wieder rapide zu, nachdem sie in den 70er Jahren (aufgrund zeitweilig verringerter Heroinvorräte) zurückgegangen war. In der Stadt New York ist der Heroinpreis niedriger und die Zahl der drogenbedingten Todesfälle höher als vor einigen Jahren. „Der Drogengebrauch, der mich vor vier Jahren 200 Dollar pro Tag kostete, kostet mich jetzt nur 100 Dollar pro Tag“, berichtete ein Drogenabhängiger, der 1977 von seiner Sucht „geheilt“ wurde, aber 1980 wieder Drogen nahm. Die Zahl drogenbedingter Todesfälle stieg in der Stadt New York von 1978 bis 1979 um 77 Prozent.
Aber Heroin bildet nur die Spitze des Eisberges. In New York und Los Angeles haben Chirurgen für Gesichtsplastik alle Hände voll zu tun, die Nase der Leute wiederherzustellen, die sich durch das Schnupfen von Kokain Löcher in ihrer Nasenscheidewand zugezogen haben. „Das Gefährliche besteht darin, daß die Zerstörung dieses Bereiches gewöhnlich nicht bemerkt wird, bevor es zu spät ist“, sagte ein Chirurg warnend. „Das größte Loch, das ich bisher gesehen habe, war ein Oval von etwa zwei Zentimeter Länge.“
Neue Drogen, wie zum Beispiel PCP (sogenannter „Engelsstaub“), die viel billiger sind als Kokain, tauchen überall in den Vereinigten Staaten auf. PCP, eine sehr unberechenbare Droge, kann Symptome hervorrufen, die, wie Ärzte sagen, „nicht von katatonischer Schizophrenie zu unterscheiden sind“. In einem Polizeibericht aus Los Angeles ist von drei Fällen die Rede, in denen PCP-Abhängige im Drogenrausch Handschellen zerrissen haben. Die Wirkung von PCP scheint auch nicht nach langer Zeit, wenn überhaupt, zurückzugehen, da der Körper PCP speichert, statt es auszuscheiden.
Aber bei der heutigen Drogenabhängigkeit gilt es, mehr zu berücksichtigen als „Straßendrogen“ wie Heroin, PCP oder Kokain. In vielen Industrieländern entpuppt sich eine neue Generation äußerlich achtbarer Drogenabhängiger. Wer sind sie?
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Wer sind die neuen Drogenabhängigen?Erwachet! 1981 | 22. August
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Teil 2
Wer sind die neuen Drogenabhängigen?
MARIA (ihr eigentlicher Name lautet anders) litt unter zunehmenden Spannungen, nachdem sich ihr Mann von ihr hatte scheiden lassen und ihre Tochter das Collegestudium abgebrochen hatte. „Ich war so durcheinander, daß ich anfing, zum Mittagessen Martini zu trinken“, gestand sie. „Als ich mich dabei ertappte, daß ich auch vormittags bei der Kaffeepause trank, ging ich zu Jack, meinem Arzt und Freund, der mir Valium verschrieb. Er sagte, es würde mir helfen, den Streß unter Kontrolle zu bringen.“
Maria wurde keine Alkoholikerin, aber statt dessen wurde sie von Beruhigungsmitteln abhängig. „Weder Jack noch ich bemerkten das“, sagte sie. Als sie eines Nachmittags wahllos mehrere Beruhigungsmittel und Schlaftabletten eingenommen hatte, wurde sie ohnmächtig. „In meiner drogenbedingten Benommenheit vergaß ich das Essen auf dem Herd“, erinnerte sie sich. „Es hätte nicht viel gefehlt, und es wäre ein schwerer Brand entstanden, wenn nicht mein Sohn gerade nach Hause gekommen wäre.“
Ein ungewöhnlicher Fall? Durchaus nicht. Das amerikanische Institut für Drogenmißbrauch schätzt, daß allein in den Vereinigten Staaten etwa zwei Millionen Frauen von rezeptpflichtigen Drogen abhängig sind. Während einer Zeit von 12 Monaten, die im April 1977 endete, gab es in den USA schätzungsweise 880 Todesfälle in Verbindung mit Valium. In den meisten dieser Fälle hatten die Opfer Valium zusammen mit einer anderen Droge oder mit Alkohol eingenommen.
Auch das schmerzstillende Mittel Darvon kann eine tödliche Wirkung haben. Allein im Jahre 1978 starben in den USA schätzungsweise 1 200 Personen aufgrund des Mißbrauchs dieses Arzneimittels.
Obwohl der Mißbrauch rezeptpflichtiger Drogen am häufigsten bei Frauen vorkommt, sind die Männer keineswegs dagegen gefeit. In den USA nimmt eine wachsende Zahl führender Geschäftsleute Überdosen an Tabletten, und das oft in Verbindung mit Alkohol.
In einigen Fällen haben die Ärzte Beruhigungsmittel verschrieben, um Geschäftsleute von Trunksucht zu befreien. Aber wie ein Arzt berichtet, „verfielen innerhalb eines Jahres mindestens 95 Prozent von ihnen wieder dem Alkohol. Doch das ist nicht alles. Ein Drittel war dann obendrein von Valium abhängig.“
Es gibt eine Anzahl gerechtfertigter medizinischer Anwendungen für Beruhigungsmittel wie Valium, zum Beispiel bei der Behandlung von Muskelbeschwerden und Epilepsie. Aber warum werden so viele Leute von Beruhigungsmitteln abhängig?
In manchen Fällen werden die Drogen fälschlicherweise bei gewöhnlichem Streß verschrieben. Dr. Sidney Wolfe, Leiter einer Forschergruppe in Washington (D. C.), sagte darüber: „Gegenwärtig werden zehnmal mehr schwache Beruhigungsmittel verschrieben, als gerechtfertigt ist.“ Wie Studien erkennen lassen, haben viele Ärzte das Empfinden, sie hätten nicht genügend Zeit, auf die wahren Ursachen der Angstzustände einzugehen, so daß sie lieber zum Rezeptblock greifen.
Die Hersteller von Beruhigungsmitteln sind vor kurzem übereingekommen, auf Etiketten zu vermerken, daß die Tabletten nicht zur Bekämpfung von „Alltagsstreß“ eingenommen werden sollten. Patienten belügen Ärzte, borgen sich Tabletten von Freunden oder besuchen mehrere Ärzte, um zu den ersehnten Medikamenten zu kommen. Die Verantwortung liegt letztlich beim Endverbraucher.
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Brauchst du Beruhigungsmittel, um „über die Runden zu kommen“?Erwachet! 1981 | 22. August
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Teil 3
Brauchst du Beruhigungsmittel, um „über die Runden zu kommen“?
HELFEN SIE WIRKLICH?
In einer Studie von Forschern in Oxford (Großbritannien) wurde festgestellt, daß bei Leuten, die Beruhigungsmittel, wie zum Beispiel Valium, nehmen, die Wahrscheinlichkeit, einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen, fünfmal so hoch ist wie bei anderen.
„Das Verschreiben zu vieler Medikamente ist bei den Ärzten zu einer Tradition geworden“ (ein Gesundheitsexperte, der im „World Health Magazine“ zitiert wurde).
SCHLAFSTÖRUNGEN?
Sind Tabletten die Lösung? „In den meisten Fällen ist die Verordnung von Tabletten fehl am Platze. Viele Leute, die nicht schlafen können, leiden unter Depressionen und sollten auf andere Weise behandelt werden“ (Dr. Harvey Moldofsky, Toronto Western Hospital, Kanada).
„Es läßt sich nicht leugnen, daß das Medizinstudium und die Ausbildung nach dem Studium in bezug auf das angemessene Verschreiben und den Gebrauch von Schlafmitteln mangelhaft sind“ (Dr. Charles Krauthammer von der amerikanischen Alcohol, Drug Abuse, and Mental Health Administration).
„ABER MAN HAT MIR GESAGT, ES SEI NICHT SUCHTERZEUGEND!“
„Es gibt untrügliche Beweise dafür, daß Valium eine körperliche Abhängigkeit bewirkt ... Viele Leute wissen nicht, daß Valium, Darvon und Kodein suchterzeugend sind, und genau das sind die ... [Medikamente], die heute bei weitem zuviel verschrieben werden“ (Dr. Sidney Wolfe, Public Citizens Health Group).
„Bei Valium sind die Entzugserscheinungen weitaus stärker als bei Heroin“ (Aussage eines Arztes vor dem US-Senat).
WER VERSCHREIBT DIR DIE TABLETTEN?
Britische Forscher haben festgestellt, daß 35 Prozent der Beruhigungsmittel nicht von den Ärzten, sondern von ihrem Personal, gewöhnlich von der Sprechstundenhilfe, verschrieben werden. Nur 17 Prozent der befragten Ärzte bestanden darauf, alle Rezepte selbst zu schreiben.
Wäre es nicht vernünftig, zu einem Arzt zu gehen, der daran interessiert ist, dir wirklich zu helfen und nicht nur Tabletten zu verschreiben? Dränge ihn nicht dazu, etwas zu verschreiben, wenn er meint, daß du es nicht brauchst.
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