Wir beobachten die Welt
Rauschmittel um jeden Preis
◆ In der Jugendstrafanstalt Schwäbisch Hall ist ein 18jähriger Häftling ums Leben gekommen. In Ermangelung der harten Drogen — die in immer größeren Mengen und zu immer höheren Preisen gehandelt werden, verborgen vor den Blicken der Öffentlichkeit — beschaffte er sich in der Schusterwerkstatt Leim, um in seiner Zelle durch Inhalieren der Dämpfe in einen rauschähnlichen Zustand zu verfallen. Um die Wirkung noch zu erhöhen, stülpte er sich eine Plastiktüte über den Kopf, was seinen Tod zur Folge hatte.
Auf der Suche nach unbekannten Lebewesen im Weltall
◆ Da die Hoffnung, bald mit Marsmenschen oder anderen Phantasiegeschöpfen zusammenzukommen, immer mehr sinkt, haben amerikanische Wissenschaftler vom „Zentrum für Astronomie und Ionosphäre“ erstmals ein Funksignal in den Weltraum gesandt, das in Kurzform Auskunft über die Existenz der Menschheit geben soll. Eine deutsche Tageszeitung berichtet u. a. darüber:
„Das knapp dreiminutige Doppeltonsignal enthält in verschlüsselter Form Angaben über die chemischen Vorgänge, die dem Leben auf der Erde zugrunde liegen, und außerdem Daten über Lebensart, Organismus, Körperbau und Gehirn der Menschen. Das Signal beginnt, gewissermaßen als Entschlüsselungshilfe, mit einer Einführung in das irdische Zahlensystem. Ziel des Funksignals sei ein kugelförmiger Sternhaufen mit der astronomischen Bezeichnung Messier 13, der am Rande unserer Milchstraße liege. Messier 13 setze sich aus ungefähr 300 000 Sonnensystemen zusammen. Messier 13 sei für die erste irdische Botschaft ins All ausgesucht worden, weil er genau den Abstrahlwinkel des Funksignals ausfülle. Damit sei sichergestellt, daß der irdische Funkspruch auf allen 300 000 Sonnen und ihren Planeten empfangen werden könne. Mit einer Rückantwort rechnen die Wissenschaftler frühestens in 48 000 Jahren, denn wenn auch das Signal mit der Geschwindigkeit des Lichts — also mit 300 000 km in der Sekunde — seinem Ziel zustrebt, braucht es doch immerhin 24 000 Jahre, bis es Messier 13 erreicht hat. Dr. Sagan, der zu dem wissenschaftlichen Team dieses Unternehmens gehört, beziffert die Chance für das Vorhandensein intelligenter Lebewesen im Sternhaufen Messier 13 auf fünfzig Prozent. Er ist der Ansicht, daß es im Universum noch ungefähr eine Million Zivilisationen gibt.
Wahrlich, die menschliche Phantasie ist groß. Doch eine wichtige Information scheinen die Wissenschaftler vergessen zu haben, daß nämlich die Menschen auf der Erde zur Zeit für einen Atomkrieg rüsten, den nach menschlichem Ermessen überhaupt keiner überleben wird und der dann auch der Grund wäre, daß nach 72 000 Jahren keine Rückantwort von der Erde käme.
Amerika: Tonnen von Uran verschwunden
◆ Nach Informationen der New York Times sind in den Vereinigten Staaten mehrere Tonnen angereichertes Uran und Plutonium verschwunden, ohne daß die amerikanische Atomenergiekommission über den Verbleib Aufschluß geben kann. Es wird weiter berichtet, daß die Kommission nicht einmal mit Bestimmtheit ausschließen könne, daß das Nuklearmaterial in die Hände von Terroristen gefallen sei. Das Blatt zitiert aber auch Experten, nach deren Meinung der angeblich außerordentlich hohe Verlust auf einen Fehler in den Nuklearstatistiken zurückzuführen sei.
32. Generalkongregation des Jesuitenordens
◆ Etwa drei Wochen bevor der Papst mit drei Hammerschlägen das Tor zum „Heiligen Jahr“ öffnete, waren die 237 Mitglieder des höchsten Gremiums des Jesuitenordens nach dreitägigen Gebeten, praktischen Vorbereitungen zur Geschäftsordnung und einer Papstaudienz zur 32. Generalkongregation des Ordens zusammengekommen, um über die künftige Rolle der Jesuiten in und für die Kirche zu beraten. Diese Zusammenkunft fand vor dem Hintergrund der Glaubens- und Kirchenkrise statt, die sich in der ganzen Welt ausbreitet — eine Krise, die sich über alle kirchlichen Institutionen ausgebreitet hat, eine Krise, die nicht einmal vor dem Papst haltmacht, dessen Autorität innerhalb der katholischen Kirche immer mehr zerbröckelt. Es ist nur zu verständlich, daß der Jesuitenorden in diese Autoritätskrise mit hineingezogen wurde, wenn man bedenkt daß jedem Mitglied das Gelübde des besonderen Gehorsams gegenüber dem Papst abverlangt wird. Resigniert sagte der 67jährige Ordensgeneral Pater Arrupe aus Spanien, der auch der „schwarze Papst“ genannt wird, zu diesem Thema: „Es ist sehr traurig, aber wir müssen uns klar darüber sein, daß heutzutage viele der Unseren nicht mehr bereit sind, den Erfordernissen des apostolischen Lebens zu entsprechen.“ Tatsächlich hat sich die Mitgliederzahl seit der letzten Generalkongregation im Jahre 1965 von 36 038 um mehr als 6 600 auf 29 436 verringert.
Ob sich das Jahr 1975 für die katholische Kirche wirklich als ein „Heiliges Jahr“ erweisen wird?
Mißverständliche Bestattungsformel oder „Trost am Grabe“?
◆ Ein Kulmbacher Dekan hat jetzt den Vorschlag gemacht, die zu Mißverständnissen führende Bestattungsformel „Nachdem es Gott gefallen hat ...“ zu überprüfen, da leicht der Eindruck entstehen könne, Gott würde sich über menschliches Leid freuen. Nach seiner Meinung sollten Theologen am Grab nicht den Versuch machen, Unbegreifliches und Unfaßbares gleichsam mit patentierten Antworten zu motivieren.
Befremdend ist, daß in Verbindung mit der berechtigten Kritik die Auferstehungshoffnung nicht erwähnt wird, von der Jesus in Johannes 5:28, 29 wie folgt sprach: „Wundert euch nicht darüber, denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine Stimme hören und herauskommen werden, die, welche Gutes getan haben, zu einer Auferstehung des Lebens, die, welche Schlechtes getrieben haben, zu einer Auferstehung des Gerichts.“ Um diese tröstende Botschaft den Trauernden am Grabe zu überbringen, bedarf es wahrlich keiner „patentierten Antwort“. Oder glauben Theologen heute selbst nicht mehr an die Auferstehung? Diese Frage drängt sich auf, wenn man in den Nürnberger Nachrichten den Bericht über die Beerdigung der fünf beim Einsturz ihrer selbstgebauten Erdhöhle verschütteten Buben auf dem Friedhof von Röhrnbach liest: „Der Passauer Bischof Dr. Antonius Hofmann, der eigens von einer Konferenz in Frankfurt abgereist war, um den Trauergottesdienst zu halten [der Freyunger Landrat, der den Eltern der Höhlenopfer die Anteilnahme der Landkreisbevölkerung übermitteln wollte, mußte erschüttert seine Traueransprache abbrechen], versuchte die Angehörigen mit dem Wort des Jesuitenpaters Lippert zu trösten, der den Tod als das ,Herausfallen des Menschen von einer Hand Gottes in die andere‘ bezeichnet hatte.“
360 Millionen Mark an Verwarnungs- und Bußgeldern kassiert
◆ Nach Schätzungen des ADAC hat der deutsche Staat im Jahre 1974 rund 360 Millionen Mark an Verwarnungs- und Bußgeldern kassiert. 1973 waren es 270 Millionen Mark. Am empfindlichsten wurden die Verkehrsteilnehmer von Nordrhein-Westfalen getroffen, von denen durchschnittlich jeder 19 Mark in die große Kasse legen mußte. Die geringsten Verwarnungs- und Bußgelder wurden in Rheinland-Pfalz gefordert: etwa 5 Mark je Fahrzeug.
Ein fragwürdiges Erziehungsmittel
◆ Wie wenig die Filmproduzenten den Nachahmungstrieb der Kinder und Jugendlichen berücksichtigen, wenn sie Filme herstellen, in denen Mord, schwere Verbrechen und Zerstörungswut dominierend sind, beweist eine Nachricht, die aus dem Landkreis Rosenheim kommt. Dort hatte sich eine 15 Jahre alte Schülerin viermal den Teufelsfilm „Der Exorzist“ angesehen. Dann spielte sie selbst die Besessene. Sie zertrümmerte in der Wohnung Geschirr, schlug Lampen von der Decke und wälzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Fußboden. Dann schaltete sich ihr Freund — ein wegen Raubes und räuberischer Erpressung vorbestrafter 18jähriger junger Mann — als die Macht des Guten ein. Er übernahm die Rolle des „Exorzisten“ und trieb bei seiner Freundin den Teufel wieder aus. Für diese scheinbar gute Tat war die Mutter des Mädchens, die sehr um das Seelenheil ihrer Tochter besorgt war, bereit, jedes von ihr geforderte Opfer zu bringen. Sie nahm sogar auf ihr Einfamilienhaus eine Hypothek auf, um die finanziellen Forderungen des „Exorzisten“ zu erfüllen. Sie meinte, damit könne sie ihrer Tochter helfen. Auf diese Weise ergaunerte sich das junge Paar 38 000 Mark von der opferbereiten Mutter und machte sich anschließend ein paar schöne Tage in den besten Münchner Hotels. Den Plan hatten beide gemeinsam nach den Kinobesuchen gemacht. Es scheint, daß es keine Institution gibt, die die Hauptverantwortlichen zur Rechenschaft zieht.
Schülerterror in England
◆ Unter der Überschrift „Schülerterror entnervt Englands Lehrer“ berichtete die Stuttgarter Zeitung über das katastrophale Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern in England.
Zum Beispiel hat kürzlich ein 15jähriger Schüler seinen Klassenlehrer niedergeschlagen und ihm die Krawatte so fest um den Hals gebunden, daß er fast erstickt wäre. Der Schüler wurde dann wegen seiner Tat aus der in der Londoner Vorstadt Basildon gelegenen Gesamtschule hinausgeworfen und bekommt jetzt Privatunterricht in seinem Elternhaus, wofür die zuständige Schulbehörde der Grafschaft Essex für einen Sonderlehrer 12 DM pro Stunde bezahlt. Gemäß dem Bericht werden die Lehrer beschimpft und bekommen Hiebe und Tritte von ihren Schülern. Dies alles hat zur Folge, daß manche Lehrerstellen nur noch mit Gefahrenzulage besetzt werden können.
Mit Besorgnis verfolgt der britische Lehrerverband, der 60 000 Mitglieder hat und damit ein Viertel der gesamten Lehrerschaft vertritt, das rapide Anwachsen des „Lehrer-Prügelns“. Während früher 10 Fälle registriert wurden, sind es jetzt 600. Dazu kommen Brandstiftungen im Klassenzimmer — ein besonders beliebter Sport, dessen sich die Schüler brüsten — und Arbeitsverweigerungen während des Unterrichts. Außerdem sind die Lehrer noch den handgreiflichen Ausschreitungen der Eltern oder älteren Brüder der Schüler ausgesetzt, die ihrerseits ebenfalls das „Recht“ ihrer Kinder oder Geschwister auf handgreifliche Weise unterstreichen. Mit Vorliebe rächt man sich am „Sir“, wie Lehrer angeredet werden, indem man sein Auto zerkratzt oder mit Ölfarbe beschmiert. Michael Marland, der Direktor einer Nordlondoner Gesamtschule, erklärte, die „sture Unverschämtheit“ der Jungen und Mädchen, der Mangel jeglicher Disziplin erzeuge „pädagogische Impotenz“, während Dr. Rhodes Boyson besonders das Ansteigen der Zahl der schulschwänzenden Schüler beklagte und auf jährlich 40 bis 50 Prozent schätzte. Im vergangenen Jahr hätten täglich über 700 000 Schüler unentschuldigt gefehlt. (1973 waren es 500 000.) In vielen Schulen sei ein Viertel, ein Drittel, häufig auch die Hälfte der Sekundaner abwesend, und das mit dem stillschweigenden Einverständnis der Lehrer, die dann besser arbeiten könnten. Früher hätten die „Schlimmen“ die Schule geschwänzt, jetzt blieben manchmal auch die guten Schüler zu Hause oder trieben sich anderswo herum, weil sie vor den Erpressungsmethoden gewalttätiger Schüler Angst hätten. Dr. Boyson führte den Mangel an Schuldisziplin, der „ein Symptom des Zusammenbruchs der westlichen Zivilisation“ sei, auf die allmähliche Abschaffung fester Lehrpläne und des Prüfungssystems zurück und kam zu dem Schluß, daß die Kinder, die Sicherheit und Ordnung brauchten, in Wirklichkeit nur in „eine Wüste ohne Wege“ geführt würden.
Großes Aufsehen erregte in der britischen Öffentlichkeit, daß der Erziehungsminister Reg Prentice die Hinweise Boysons bestätigte und gleichzeitig auf die Existenz von Zellen trotzkistischer Lehrer hinwies, die ihre Tätigkeit zur Beseitigung der bestehenden Lebensordnung benutzen würden und auch den Geschichtsunterricht zur ausschließlichen Darstellung wirklicher oder vermeintlicher Unterdrückungsprozesse mißbrauchten, mit dem einen Ziel, die Schule mit in den Abgrund des angestrebten Anarchismus zu reißen.
Wer vermag sich das Chaos vorzustellen, wenn diese Männer von morgen ihre Lehrer nicht mehr verprügeln können und statt dessen ihr eigenes Geschick bestimmen müssen?