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  • Wie man die geistige Gesundheit wiedergewinnen kann
    Erwachet! 1975 | 8. Oktober
    • jedoch vertrauensvoll sagen, daß der Rat und die Führung des Wortes Gottes psychisch oder emotionell Gestörten eine ganz besondere Hilfe sein können. Jehovas Zeugen haben den Wunsch, möglichst vielen Gliedern unserer unglücklichen Menschheit zu helfen. Wenn du möchtest, daß dir geholfen wird, oder wenn du jemand kennst, der diesen Wunsch hat, dann setze dich bitte mit Jehovas Zeugen in Verbindung. Sie werden sich freuen, solche Personen zu besuchen und ihnen behilflich zu sein, die heilsamen, die Sittlichkeit festigenden Grundsätze der Bibel in ihrem Leben anzuwenden.

  • Erstaunliche Vorgänge hinter Gittern
    Erwachet! 1975 | 8. Oktober
    • Erstaunliche Vorgänge hinter Gittern

      ORT: Landesgefängnis von Louisiana in Angola, mit über 4 000 Insassen das zweitgrößte Landesgefängnis in den USA. Zeit: Samstag abend, 5. Oktober 1974. Anlaß: Die Gefängnisbehörden nannten es „Taufveranstaltung der Zeugen Jehovas“.

      An jenem Abend sollten acht Strafgefangene getauft werden, die wegen der auffallenden Änderungen in ihrer Lebensweise einen tiefen Eindruck auf die Strafvollzugsbeamten gemacht hatten. Sowohl von außerhalb als auch von innerhalb des Gefängnisses waren Freunde und Verwandte eingeladen worden.

      Einen ungewöhnlichen Anblick bildeten die Gäste von außerhalb. Insgesamt fanden sich 337 Personen am Gefängnistor ein, alles gutgekleidete Männer, Frauen und Kinder, sowohl Schwarze wie Weiße. Einige waren sogar mehr als 1 100 Kilometer gefahren.

      Man hakte die Namen in der Liste ab, und dann wurden die Besucher eingelassen. Busse brachten sie zum drei Kilometer weit einwärts gelegenen riesigen Gebäudekomplex der Strafanstalt. Durch Stahltore gelangten sie in einen großen Vortragssaal.

      Programmablauf und lohnendes Beisammensein

      Schon bald merkte man nicht mehr, daß man im Gefängnis war. Die anwesenden 95 Insassen trugen statt der grauen Gefangenenkleidung zumeist blaue Drillichanzüge und ein kurzärmeliges Hemd. Frei von Distanzgefühlen, freuten sich alle Anwesenden, einander kennenzulernen.

      Eine Anzahl Eltern hatte ihr Baby dabei. Eine Mutter erwiderte auf die Frage, warum sie ihr Baby mitgebracht habe: „Ich glaubte nicht, daß irgendeine Gefahr bestehen würde. Ich sagte mir, ich würde ja bei meinen Brüdern und Schwestern sein und es wäre wie bei anderen christlichen Kongressen.“ Und das war es auch!

      Das Programm begann um 18.30 Uhr mit Lied und Gebet. Darauf folgte eine halbstündige Ansprache über die biblische Bedeutung der Taufe, die ein Ältester der nahe gelegenen Versammlung New Roads (Louisiana) der Zeugen Jehovas hielt. Der Redner zeigte, daß die Wassertaufe ein sichtbares Symbol dafür sei, daß sich jemand dem allmächtigen Gott hingegeben habe, um ihm zu dienen.

      Am Schluß seiner Ansprache bat der Redner die acht Taufbewerber, die in der vordersten Reihe saßen, aufzustehen. Dann stellte er ihnen zwei Fragen. Bei der einen Frage ging es darum, ob sie ihre Sünden bereut und ihre Lebensweise geändert hatten, und bei der anderen darum, ob sie sich Gott rückhaltlos hingegeben hatten, um fortan seinen Willen zu tun.

      Einstimmig antworteten die Männer: „Ja.“ Nach einem kurzen Gebet wandten sie sich dann um und gingen zum Taufbecken, das etwa sechs Meter von der Rednerbühne entfernt aufgebaut worden war. Jedesmal, nachdem einer der Männer in das Becken gestiegen und untergetaucht worden war, applaudierten die Zuschauer. Einigen rannen Freudentränen über das Gesicht, weil sie mit einem von ihnen verwandt waren und miterlebt hatten, wie sie sich vollständig geändert hatten, um sich den Maßstäben der Bibel anzupassen.

      Die Strafgefangenen hatten einen Imbiß hergerichtet, und nach dem Programm entspannte man sich und machte sich freudig miteinander bekannt. Sogar aus Wichita in Kansas war eine einundzwanzigköpfige Familie hierhergekommen! Besonders glücklich war die Mutter, denn ihr zwölftes Kind hatte hier im Gefängnis die Wahrheit aus Gottes Wort angenommen und war nun endlich mit den anderen im Dienst Gottes vereint.

      „Uns kommt es so vor, als sei unsere Familie erst jetzt vollzählig“, sagte sie. „Es war ein richtiges Familientreffen, wenn auch im Gefängnis. Die Briefe, die Donald an uns geschrieben hat, haben uns alle ermuntert, und wir alle haben ihm geschrieben, um ihm Mut zuzusprechen.“

      Wenn man sich umsah, konnte man kaum glauben, daß viele dieser Menschen gefährliche Verbrecher gewesen waren. Einige büßen Haftstrafen von 30 und 50 Jahren ab; manche sogar lebenslängliche Haftstrafe. Doch bisher sind schon mehr als ein Dutzend getauft worden, darunter diese acht Männer. Darüber hinaus studiert eine Anzahl weiterer die Bibel und spricht mit anderen Insassen über das Gelernte.

      Was die neuen Zeugen Jehovas sagten

      Einer der gerade Getauften, der das achte Jahr einer Gefängnisstrafe von 50 Jahren abbüßte, sagte: „Die Wahrheiten, die ich aus der Bibel gelernt habe, haben mir inneren Frieden und Glück geschenkt. Es ist eine große Ehre für mich, die große Liebe der Zeugen Jehovas von überall in Louisiana zu spüren. Es ist einfach herrlich.“

      Ein weiterer Neugetaufter rief später aus: „Noch nie habe ich so große Freude empfunden wie jetzt unter diesen vielen Zeugen Jehovas. Das Lächeln in ihrem Gesicht, das Glück, die Freude, die sie auf uns übertragen haben — all dies war begeisternd. Ich kann mir nicht vorstellen, daß mich irgend etwas von den biblischen Wahrheiten, die ich gelernt habe wegziehen könnte, jetzt, nachdem ich ein Zeuge Jehovas geworden bin.“

      Die Männer hatten es nicht leicht, ihr Leben nach Gottes gerechten Anforderungen auszurichten. Einige waren gewalttätig veranlagt oder hatten andere schlechte Charaktermerkmale, die verbessert werden mußten. Für manche war es besonders schwer, ihre Abhängigkeit vom Nikotin zu überwinden. Doch einer der Strafgefangenen, der wegen bewaffneten Raubes und versuchten Mordes in Haft ist, stellte fest: „Ich hatte Jehova auf meiner Seite. Ich betete ununterbrochen zu ihm und brach mit der Gewohnheit.“ Er gehörte zu den acht Täuflingen.

      Andere Gefängnisinsassen bereiten sich vor, die Bedingungen für die Taufe zu erfüllen. Einer, der wegen Mordes zu lebenslänglicher Haft verurteilt ist, sagte: „Ich wollte die Wahrheit der Bibel schon immer kennenlernen, und als ich mit Jehovas Zeugen in Verbindung kam und die herzliche Liebe sah, die sie untereinander haben, gewann ich die feste Überzeugung, daß ich sie hier finden würde.“

      Wie andere Häftlinge reagierten

      Einige Strafgefangene, die dem Programm beiwohnten, waren keine Zeugen Jehovas und studierten auch nicht die Bibel mit ihnen. Wie berührten sie diese Ereignisse?

      Einer, der bereits 14 Jahre wegen Mordes eingesperrt war, beschrieb seine Eindrücke in einem Brief, den die in Baton Rouge erscheinende Zeitung News Leader veröffentlichte. Darin heißt es auszugsweise:

      „Wie die meisten meiner Mithäftlinge bin ich nicht religiös veranlagt; ich würde mich allenfalls als Skeptiker bezeichnen. Das Leben war für mich zu hart, zu grausam, und ich habe zu viel Heuchelei gesehen, als daß ich noch irgend jemand etwas abnehmen könnte. Doch obwohl der Unglaube bei mir so tief verwurzelt ist, habe ich neulich etwas erlebt, was mir nahegegangen ist, und zwar so sehr, daß ich mich gedrängt fühle, darüber zu sprechen. ...

      Mitglieder der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas wollten hier in Angola einen Taufgottesdienst für acht neue Mitglieder abhalten. Sie verschickten Einladungen an ihre Glaubensbrüder, die in der Freiheit draußen leben, und einige ... kamen sogar von Kansas hierher. Dies muß die eindrucksvollste Kundgebung religiösen Zusammengehörigkeitsgefühls gewesen sein, die ich je gesehen habe. Die Strafgefangenen in der Landesstrafanstalt von Louisiana hatten so etwas noch nie gesehen.

      Es wurde viel gepredigt und aus der Bibel vorgelesen, wovon ich das meiste entweder nicht gehört oder nicht verstanden habe; darauf habe ich auch gar nicht geachtet, denn es hat keine Bedeutung für mich. Ich habe in meinem Leben zu viele leere Versprechungen und nichtssagende Predigten gehört, als daß Worte auf mich Eindruck machen würden. Für mich zählt nur die Ehrlichkeit, die jemand in seinem Handeln zum Ausdruck bringt. Und es ist nicht so leicht, mich hereinzulegen; ich habe schon zu lange im Dschungel gelebt und gekämpft. Aber diese Menschen haben es fertiggebracht, die Wand des Unglaubens zu durchstoßen, hinter der ich lebe. Sie meinten es ehrlich.

      Ich weiß nicht, woran sie glauben, und das machte mir auch nichts aus, ebensowenig wie es ihnen etwas ausmachte, daß man mich als Verbrecher ansieht. Sie vermittelten mir das Gefühl, daß sich jemand um mich kümmerte, daß ich wichtig war, und das bedeutet eine ganze Menge für jemand, der während des größten Teils seines Lebens zurückgewiesen wurde, ein Ausgestoßener war. Es hat ausgereicht, in mir ein brennendes Verlangen hervorzurufen, mit ihnen in Einheit zu sein ...

      Ich werde den quälenden Gedanken, hervorgerufen von den Gefühlen, die meine Begegnung mit jenen Zeugen Jehovas neulich entfacht hat, nicht los, daß es weniger Menschen wie uns hier geben würde, wenn es mehr Menschen wie sie gäbe“ (20. Oktober 1974).

      Die Reaktion der Strafvollzugsbeamten

      Nicht nur Häftlinge, sondern auch Aufsichtsbeamte zeigten sich erfreut über das ausgezeichnete Verhältnis der Insassen zu den Zeugen Jehovas, die sie besuchten. Lawrence Watts, einer der Beamten, die die Veranstaltung förderten, drückte beim Anblick der Gruppe seine Bewunderung aus. „Die Leute sind so ordentlich, so freundlich und folgen unseren Anweisungen so aufmerksam“, rief er aus. „Ihr Benehmen ist einfach großartig. Auch was die moralischen und sozialen Auswirkungen betrifft, ist das alles einfach großartig.“

      Auch der Gefängnisaufseher C. Murray Henderson zeigte sich sehr erfreut. „Ich bin fest davon überzeugt, daß diese Feierlichkeit für die Häftlinge förderlich war“, äußerte er sich hinterher. „Wir brauchen Menschen, die mit den Gefangenen arbeiten und einen guten Einfluß auf sie ausüben.“ Und um zu betonen, daß Jehovas Zeugen seiner Ansicht nach einen solchen Einfluß im Gefängnis ausübten, fügte er hinzu: „Vor kurzem hörte ich, wie ein Katholik in New Orleans sagte, er würde, wenn ihm eine große Ladenkette gehörte, nur Zeugen Jehovas an die Kasse stellen.“

      Auch Elayn Hunt, Leiterin der staatlichen Gefängnisverwaltungen, hieß das Bibelstudienprogramm der Zeugen Jehovas in Angola gut: „Ich bin fest davon überzeugt, daß ein Häftling, der seine Zeit mit etwas Nützlichem verbringt — wie dem Studium der Heiligen Schrift —, keine Zeit mehr haben wird für schädliche Unternehmungen. Dies ist ein sehr guter Einfluß, der der Leitung einer Strafvollzugsanstalt sehr zugute kommen kann.“

      Wie kam es zu diesen Vorgängen im Gefängnis von Angola? Gibt es solche biblische Unterweisung nur in diesem Gefängnis? Was kann man daraus über die Sozialisation von Straftätern lernen?

  • Sozialisation von Gefangenen — Wie kann sie gelingen?
    Erwachet! 1975 | 8. Oktober
    • Sozialisation von Gefangenen — Wie kann sie gelingen?

      KÖNNEN Gefängnisse nur Orte der Bestrafung sein, oder können sie auch Zentren der Sozialisation, der Eingliederung in die Gesellschaft, sein?

      Ein Unterausschuß des Kongresses der USA, der dieser Frage unlängst nachgegangen ist, kam zu dem Schluß, daß die Gefängnisse als Institutionen zur Eingliederung der Straftäter in die Gesellschaft kläglich versagt haben. Einige Fachleute schätzen, daß vier von fünf Insassen nach ihrer Entlassung wieder Verbrechen verüben. Man ist deshalb nicht erstaunt, daß Gefängnisbeamte wie Raymond K. Procunier, Leiter der Strafanstalten in Kalifornien, sich dafür aussprechen, die Gefängnisse in ihrer gegenwärtigen Form abzuschaffen. Procunier erklärte:

      „In der Gesellschaft herrschen widersinnige Auffassungen über Gefängnisse. Man hat uns Verantwortungen aufgebürdet, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Einerseits sollen wir die Verbrecher von den ,anständigen Menschen‘ fernhalten, und andererseits sollen wir sie inmitten dieses unglaublich unnatürlichen Gefängnislebens sozialisieren.“ Dies lasse sich einfach nicht miteinander vereinbaren, sagte Procunier mit Nachdruck.

      Woran es mangelt

      Einer der Gefängnisbeamten, die der Meinung sind, daß zur erfolgreichen Sozialisierung der Häftlinge unbedingt eine normale Atmosphäre vorhanden sein muß, ist C. Murray Henderson, Gefängnisaufseher des riesigen Landesgefängnisses Angola. „Meiner Meinung nach hat die Arbeit der Gefängnisse zu lange unter dem Schleier der Geheimhaltung gelegen“, sagte er gegenüber einem Vertreter der Zeitschrift Awake! „Wir haben dem Steuerzahler unsere wahren Probleme und Bedürfnisse nicht mitgeteilt. Natürlich mangelt es uns immer an Geld, aber meiner Ansicht nach mangelt es noch mehr an Menschen, die mit den Gefangenen etwas gemeinsam unternehmen und mit denen sich die Häftlinge identifizieren können.“

      Henderson fuhr deshalb fort: „Wir waren immer bemüht, das Gefängnis so weit geöffnet zu halten wie möglich. Wir haben versucht, verschiedene Leute zu ermuntern, bei uns tätig zu werden, denn wir sind der Ansicht, daß eines der größten Probleme im Gefängnis ist, daß der Gefangene von den Dingen abgeschirmt wird, die er lernen soll. Dagegen möchten wir etwas unternehmen. Uns ist der Kontakt mit der Außenwelt willkommen, besonders mit Menschen, die unserer Meinung nach einen gesunden, förderlichen Einfluß auf die Häftlinge ausüben.“

      Elayn Hunt, Leiterin der Gefängnisverwaltungen von Louisiana, äußerte sich ähnlich. Sie berichtet, sie habe sogar ihre Kinder vom Säuglingsalter an in das jeweilige Gefängnis, in dem sie gearbeitet habe, mitgenommen. Sie sagt, die Häftlinge hätten dies als eines der größten Geschenke angesehen, die sie ihnen hätte machen können, denn dadurch habe sie bewiesen, daß sie ihnen vertraute.

      Im Rahmen dieser Tendenz, förderlichen Einfluß von außen auf die Häftlinge einwirken zu lassen, begrüßten es die Beamten in Angola, daß Jehovas Zeugen unter den Insassen tätig wurden. Jehovas Zeugen sind dafür bekannt, daß sie Menschen erfolgreich bei der Umformung ihrer Persönlichkeit beistehen. Dean M. Kelly, ein Geistlicher der Vereinigten Methodistenkirche, sagte sogar, Jehovas Zeugen würden „Verbrecher und Drogensüchtige für unsere Gesellschaft zurückgewinnen“, wohingegen die traditionellen Religionsorganisationen es darin zu nichts brächten. Die Ereignisse in Angola bestätigten dies.

      Wie alles seinen Anfang nahm

      Im Jahre 1973 gab es in Angola zwei Häftlinge, die — ohne voneinander zu wissen — brieflich mit Jehovas Zeugen die Bibel studierten. Zufällig schrieben beide etwa zu derselben Zeit an die Zentrale der Watchtower Society in Brooklyn (New York) und baten darum, im Gefängnis besucht zu werden. Die Watchtower Society leitete ihre Bitte an einen Zeugen Jehovas aus der nahe gelegenen Versammlung New Roads weiter.

      Inzwischen hatten die beiden Häftlinge begonnen, mit anderen Insassen über die biblischen Wahrheiten, die sie gelernt hatten, zu sprechen. Zur selben Zeit erkannten auch andere Männer in dem riesigen Gefängniskomplex, daß sie geistige Hilfe brauchten. Dazu gehörte beispielsweise ein junger Strafgefangener, dessen Mutter und dessen Geschwister in Wichita (Kansas) wohnten und Zeugen Jehovas waren. Er berichtet:

      „Ich war auf die schiefe Bahn geraten und wurde schließlich geschnappt und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Am dritten Tag im Gefängnis wurde ich von zwei Männern angegriffen, die einen Homosexuellen aus mir machen wollten. Sie schlugen mich derart zusammen, daß ich über einen Monat im Krankenhaus lag. Ich war sehr niedergeschlagen, denn ich wußte, daß ich in meinem Leben viele Fehler begangen hatte, und auf einmal schien alles wie ein Bumerang zurückzukommen. Ich betete, und schließlich bat ich meine Mutter in einem Brief um Beistand.

      Sie fuhr den ganzen Weg hierher, um mich zu besuchen. Später erzählte sie mir, daß sie zu Jehova gebetet habe, er möge ihr doch helfen, einen Zeugen zu finden, der ins Gefängnis kommen könnte, um mir Hilfe zu leisten. Während sie am Gefängnistor stand, war ihre Tasche offen, und man sah das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt darin. Ein Mann, der neben ihr stand, sah es und fragte: ,Sind Sie eine Zeugin Jehovas?‘ Mutters Gebet war erhört worden, denn der Mann war ein Zeuge, der ins Gefängnis ging, um mit Häftlingen Verbindung aufzunehmen und Bibelstudienzusammenkünfte einzurichten.“

      Im Laufe dar Zeit richtete man es so ein, daß die verschiedenen interessierten Insassen zu regelmäßigen Zusammenkünften an einem zentral gelegenen Ort im Gefängnis zusammengebracht wurden. Dazu waren beträchtliche Anstrengungen nötig, da die Strafanstalt Angola einen gewaltigen Komplex von 73 Quadratkilometern umfaßt, zu dem mehrere Gefangenenlager gehören. Doch schließlich konnte man jede Woche zwei Zusammenkünfte abhalten. Die Zahl der Besucher stieg ständig; anfangs kamen ungefähr ein halbes Dutzend, später waren es 50 und mehr Besucher.

      Auffallende Änderungen

      In den Häftlingen wuchs die Wertschätzung für den Vorsatz Gottes, eine gerechte neue Ordnung der Dinge herbeizuführen. Das bewirkte, daß viele in ihrem Leben tiefgreifende Änderungen vornahmen (2. Petr. 3:13, 14). Dies schloß nicht nur eine Änderung ihres sittlichen Wandels ein, sondern sie standen auch anderen Häftlingen bei, Gottes Vorsätze kennenzulernen. So hielten sie beispielsweise während ihrer Arbeitspausen Bibelstudien mit ihnen ab, statt einer Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Die Gefängnisbeamten waren von diesen auffallenden Änderungen ihrer Lebensweise beeindruckt. Das hatte außergewöhnliche Folgen.

      Einer der 69 Bezirkskongresse „Gottes Vorsatz“, die Jehovas Zeugen im Sommer letzten Jahres in den USA abhielten, sollte in Baton Rouge stattfinden, etwa 100 Kilometer von Angola entfernt. Auf allen diesen Kongressen bildete die Taufe einen der Höhepunkte. Dabei symbolisieren die Täuflinge durch das Untertauchen im Wasser, daß sie sich Gott hingegeben haben, um ihm zu dienen. Man bat um Genehmigung, daß acht der Häftlinge den Kongreß in Baton Rouge besuchen dürften, um sich dort taufen zu lassen.

      Nach reiflicher Überlegung erteilte die Leitung der Strafanstalt die Genehmigung. Ein Sheriff aus der Umgebung erklärte sich freundlicherweise bereit, den Transport der Männer zum Kongreßzentrum der Universität von Louisiana zu übernehmen, wo sich über 14 000 Zuhörer versammelt hatten. Welch große Freude herrschte doch an diesem Tag! Die gewaltige Zuhörerschaft erhob sich und applaudierte, als die Häftlinge — in Ketten — in den Saal hereinkamen. Alle waren außer sich vor Freude, daß diese Menschen ihr Leben nach Gottes gerechten Anforderungen ausgerichtet hatten.

      Wie im vorangegangenen Artikel beschrieben, wurden acht weitere Insassen anläßlich einer Veranstaltung am 5. Oktober letzten Jahres unmittelbar im Gefängnis von Angola getauft. Im vergangenen Frühjahr hatten weitere Häftlinge, die die biblischen Anforderungen ebenfalls erfüllten, vor, während einer noch größeren Veranstaltung im Gefängnis getauft zu werden.

      Die Gefängnisbeamten gestatteten sogar, mit Männern in den Todeszellen Bibelstudien abzuhalten. Von ihnen hat mindestens einer so weit Fortschritte gemacht, daß er während des nächsten Kongresses getauft zu werden hofft. Wie fühlt man sich, wenn man einen Zeugen Jehovas bei einem seiner Gefangenenbesuche in Angola begleitet? Hier folgt der Bericht von einigen, die dabei waren:

      Die Todeszellen von Angola

      „Wir holen Gary Janney, einen Zeugen Jehovas, um 14.30 Uhr von seiner Wohnung in Baton Rouge ab und fahren eineinhalb Stunden nach Angola. Am Wachhaus des Gefängnisses kontrollieren uns die Posten. Dann schreiten wir durch das Tor und sehen das grüne Zellengebäude vor uns, in dem sich die Todeszellen befinden.

      Im Innern des Gebäudes passieren wir mehrere eiserne Tore. Mittlerweile besteht bei uns kein Zweifel mehr, daß wir uns in einem Gefängnis befinden. Schließlich erreichen wir den letzten Gang, und nachdem das letzte Tor klirrend hinter uns zugefallen ist, liegt der Gang mit den Todeszellen vor uns. Man bringt uns in einen Besucherraum.

      Hier haben 20 bis 25 Leute Platz. Einige metallene Stühle stehen herum. Quer durch den Raum läuft ein sehr schweres eisernes Gitter, das die Besucher von den Häftlingen trennt. Nun werden auf der anderen Seite die Männer eingelassen. Von den 13 Häftlingen aus den Todeszellen versammeln sich acht zum Bibelstudium. Einige studieren bereits fast ein Jahr. Daher kennt Gary Janney sie alle sehr gut und stellt uns jeden mit Namen vor.

      Alle haben eine Bibel und das kleine blaue Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt bei sich. Anfangs sind sie nicht sehr gesprächig, da sie uns nicht kennen. Offensichtlich wissen sie nicht, was sie mit uns anfangen sollen. Doch im Handumdrehen sind alle in ein Gespräch über biblische Fragen verwickelt, und jeder liefert ganz offen und in guter Stimmung seinen Beitrag zur Diskussion. Wir fragen, was sie vom Bibelstudium hielten. Alle erwidern, daß es ihnen zusage und sie schon viel gelernt hätten.

      Wir fragen: ,Warum haben Sie so viel Vertrauen zu den Zeugen Jehovas, daß Sie mit ihnen studieren?‘ Einer antwortet sogleich: ,Ganz einfach. Alles, was Jehovas Zeugen sagen, kann man in der Bibel nachlesen.‘ Auf die Frage, ob sie schon religiös waren, bevor sie ins Gefängnis kamen, antworten alle acht: ,Nein.‘ Doch alle fügen hinzu, sie hätten der katholischen Kirche oder den Baptisten angehört.

      Wir fragen daher, weshalb sie sich nicht an ihre früheren Glaubensgemeinschaften um Hilfe gewandt hätten. Darauf antwortet einer mit einem Lachen: ,Von den Zeugen Jehovas haben wir gelernt, daß es keine Feuerhölle gibt. Wir haben hier schon Hölle genug. Wir wollen etwas Besseres hören.‘

      Die Stunde ist abgelaufen, und wir müssen gehen. Beim Weggehen werden wir gebeten wiederzukommen. Dann wendet sich ein Mann an Gary Janney und fragt ihn aufrichtig, fast flehentlich: ,Könnten Sie mit uns nicht zweimal in der Woche studieren, wie Sie es mit der anderen Gruppe im Gefängnis tun?‘ Gary verspricht, sich dafür einzusetzen.“

      Weitere Besuche im Gefängnis

      „Auf dem Weg zum Wagen geht uns vieles durch den Sinn, doch wir können die Gedanken jetzt nicht weiterverfolgen. Wir steigen ein und fahren durch ein weiteres Gefängnistor zu einem etwa drei Kilometer entfernten Gefängnisgebäude, in dem Fortbildungskurse und andere Schulungsprogramme abgehalten werden. Dort angekommen, werden wir von einem Wachtposten durchgelassen und in einen Wartesaal geführt.

      Die Häftlinge gehen hier im Kreise herum und warten darauf, herausgerufen zu werden, um einer der verschiedenen Veranstaltungen beizuwohnen. Die meisten schweigen, doch die Häftlinge, die Zeugen sind, sowie ihre Freunde unterhalten sich miteinander und machen einen freudigen Eindruck. Sie warten auf Gary Janney und Ed Journee, die die Zusammenkünfte leiten. Jeder Häftling hat eine Bibel und Studienbücher bei sich.

      Da beim Ausrufen anscheinend Schwierigkeiten aufgetreten sind, machen wir noch einen Rückbesuch bei einem Häftling, der unsere Zusammenkünfte noch nicht besucht. Er schreibt Beiträge für mehrere außerhalb des Gefängnisses erscheinende Zeitungen. Jehovas Zeugen haben ihn in einen Zwiespalt gebracht. Einerseits sieht er, wie sehr sich ein Zeuge um den anderen kümmert, andererseits erscheint ihm die Hoffnung auf Gottes Königreich und seine Segnungen auf der Erde zwar als ein schöner Traum, an den er jedoch schwerlich glauben kann (Offb. 21:3, 4). So wie er denken viele im Gefängnis, die wegen der Ungerechtigkeiten und Vorurteile in der Welt alle Hoffnung aufgegeben haben. Wir laden ihn zu den Zusammenkünften ein und verabschieden uns.

      Etwa 20 Häftlinge erhalten wegen der Probleme beim Ausrufen heute keine Genehmigung, die Zusammenkünfte zu besuchen. So sind nur 30 Gefangene anwesend. Der Raum, in dem wir uns einfinden, ist einem Klassenzimmer sehr ähnlich; alle sitzen an Tischen. Wir werden vorgestellt, und die Häftlinge heißen uns herzlich willkommen. Wir haben das Gefühl, daß sich die Atmosphäre von derjenigen unserer gewohnten Zusammenkünfte im Königreichssaal nicht unterscheidet.

      Gegen 21 Uhr sind die Zusammenkünfte vorüber, und wir befinden uns auf dem Weg nach Hause. Wir sind seit 14.30 Uhr unterwegs, doch unsere Tätigkeit war geistig so erbauend, daß wir eher angeregt als ermüdet sind. Auf dem Heimweg besprechen wir, was wir erlebt haben. Wir sind einfach begeistert, daß diese Häftlinge Jehovas Vorsatz kennengelernt haben und sich nun eines inneren Friedens und einer Freiheit erfreuen, die viele sogenannte freie Menschen nicht kennen.“

      Parallelen in anderen Gefängnissen

      Auch in anderen Gefängnissen haben Jehovas Zeugen mit Erfolg an der Sozialisation von Häftlingen gearbeitet. Zum Beispiel werden im Landesgefängnis von Burgaw (Nordkarolina, USA) Bibelstudien abgehalten.

      Im Gefängnis von Norfolk (Massachusetts) besteht seit Jahren eine Bibelstudienvorkehrung. Die Gefängnisverwaltung stellte den Häftlingen einen Schulraum für ihre Zusammenkünfte zur Verfügung. Ein Häftling, der mittlerweile entlassen wurde, berichtet:

      „Die hiesigen Zeugen Jehovas aus der Versammlung Franklin (Massachusetts) kamen jeden zweiten Samstag nachmittag, um in unserem Schulraum Zusammenkünfte abzuhalten. Sie hielten eine biblische Ansprache und unterhielten sich mit uns, insgesamt zwei Stunden lang. Samstag morgens gingen wir interessierten Häftlinge mit biblischer Literatur von Zelle zu Zelle und sprachen sowohl mit anderen Häftlingen als auch mit Wachmannschaften. Als ein biblisches Traktat herauskam, verbreiteten wir fast 700 Exemplare.“

      Der ehemalige Häftling sagt über die Auswirkungen dieser Arbeit folgendes: „Ein junger Mann hatte sein ganzes Leben in Anstalten zugebracht, angefangen vom Waisenhaus bis zum Gefängnis. Er hatte lange Haare, rauchte, hatte die Wände voll pornographischer Bilder, gebrauchte eine obszöne Sprache und beschäftigte sich intensiv mit Okkultismus.

      Wir begannen ein Studium der Bibel mit ihm. Nach zwei Wochen hatte er mit Rauchen und Fluchen aufgehört, die Bilder von den Wänden genommen, sein Haar schneiden lassen und seine Sprache verbessert. Jetzt ist er getauft und führt mit anderen im Gefängnis Bibelstudien durch! In der kurzen Zeit seit September 1972 haben sich sechs Häftlinge taufen lassen, zwei davon im Gefängnis selbst und vier, während sie Ausgang hatten.“

      Eine erfolgreiche Methode

      Erfahrungen solcher Art werden immer zahlreicher, wie einige Gefängnisbeamte dies bestätigen können. Der Methodistenprediger Dean M. Kelly hatte recht, als er sagte, Jehovas Zeugen würden „Verbrecher und Drogensüchtige für unsere Gesellschaft zurückgewinnen“. Statt daß sie wieder zur Verbrecherlaufbahn zurückkehren, helfen sie weiteren Menschen, ihr Leben gemäß Gottes Anforderungen zu gestalten.

      Es ist hinreichend bekannt, daß Strafvollzugsbeamte sich schweren Problemen gegenübersehen. Es gab Aufstände in Gefängnissen, Geiselnahmen und Schmuggel. Die Sozialisation von Gefangenen hat im allgemeinen keinen Erfolg. Doch wie der Leiter der Gefängnisse Kaliforniens, Procunier, zugab, liegt die Lösung des Problems nicht darin, „die Verbrecher von den ,anständigen Menschen‘ fernzuhalten“.

      Elayn Hunt sagte über dasselbe Thema bezüglich der Situation in Angola: „Bei uns sind die großen Probleme, die man anderswo hatte, nicht aufgetreten. Wir sind der Meinung, daß dies zum Teil daran liegt, daß wir unseren Häftlingen weitreichende Kontakte mit der Außenwelt gestatten, sowie an dem guten Einfluß von Religionsgemeinschaften.“

      Jehovas Zeugen sind überall bereit, in Gefängnisse zu gehen und ihre Zeit einzusetzen, um Häftlingen beizustehen, die gerechten Grundsätze des Wortes Gottes kennenzulernen. Dies hat sich bei der Sozialisation vieler Häftlinge als erfolgreich erwiesen. Gefängnisaufseher Henderson von Angola sagte über seine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Zeugen: „Jehovas Zeugen machen uns nichts vor; zumindest ist dies meine Erfahrung gewesen. Sie sind aufrichtig und beschäftigen sich mit den Häftlingen. Bei uns ist es zu keinerlei Problemen gekommen.“

      Falls du Gefängnisbeamter bist, so zögere nicht, mit Zeugen Jehovas an deinem Ort Verbindung aufzunehmen und ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sollten sie bei dir vorsprechen, dann ziehe bitte ihr Angebot, Häftlingen zu helfen, in ihrem Leben Veränderungen vorzunehmen, die sich sowohl für sie selbst als auch für die Gesellschaft als Ganzes zum Guten auswirken, ernsthaft in Betracht.

  • Sie hatte Erfolg mit der Bibel
    Erwachet! 1975 | 8. Oktober
    • Sie hatte Erfolg mit der Bibel

      ● Eine Zeugin Jehovas im Süden der USA nahm eine Stellung als Fahrerin eines Schulbusses an. Sie mußte für eine Schule fahren, in der die Rassentrennung aufgehoben worden war. Am ersten Tag begannen einige der Schüler, andere mit Schimpfworten zu überhäufen. Daraufhin hielt sie an, nahm ihre Bibel und las ihnen Apostelgeschichte 17:26 vor: ‘Gott hat aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf der ganzen Erdoberfläche wohnen.’ Nachdem sie diesen Text vorgelesen hatte, sagte sie ihnen, daß es sich nicht lohne, sich so aufzuregen, denn alle stammten von dem einen Menschen ab und gehörten daher alle zusammen.

      Dies wurde offenbar dem Direktor der Schule berichtet, der deshalb die Zeugin darüber befragte. Nachdem sie ihm die Angelegenheit erklärt hatte, antwortete er: „Das haben Sie sehr gut gemacht. Bis jetzt hat das noch kein Busfahrer getan.“

      Als einige Zeit darauf ein Kreiskongreß der Zeugen Jehovas stattfand, sorgte die Zeugin Jehovas dafür, daß eine Vertreterin den Bus fuhr. Die Vertreterin konnte es kaum fassen, wie gut sich die Schüler benahmen. Sie sagte, diese Kinder hätten sich von allen, die sie bisher gefahren habe, am besten benommen, und fragte die Zeugin, was sie mit ihnen gemacht habe.

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