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Deckt Gottes Barmherzigkeit alle deine Sünden zu?Der Wachtturm 1974 | 15. November
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ihre Verfehlungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, wird euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Matth. 6:12, 14, 15). Jesus ermahnte weiter: „Hört auf zu richten, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit dem Maß, mit dem ihr meßt, wird man euch messen. Warum schaust du also auf den Strohhalm im Auge deines Bruders, beachtest aber nicht den Balken in deinem eigenen Auge? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ,Erlaube mir, den Strohhalm aus deinem Auge zu ziehen‘, wenn, siehe! ein Balken in deinem eigenen Auge ist? Heuchler! Ziehe zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge, und dann wirst du klar sehen, wie du den Strohhalm aus deines Bruders Auge ziehen kannst“ (Matth. 7:1-5).
BARMHERZIGKEIT — EINE POSITIVE EIGENSCHAFT
13. Welche verschiedenen Bedeutungen hat das Wort „Barmherzigkeit“, wie es in der Bibel benutzt wird?
13 So, wie das Wort Barmherzigkeit im Deutschen gebraucht wird, bezieht es sich oft auf ein Verschonen mit Strafe aus Mitleid oder Sympathie. Und in diesem Sinn wird es auch in der Bibel gebraucht. Wenn Gott Barmherzigkeit erweist, ist es immer im Einklang mit seinen anderen Eigenschaften und gerechten Maßstäben auch mit seiner Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit (Ps. 40:11; Hos. 2:19). Und da alle Menschen durch Vererbung Sünder sind und den Lohn der Sünde, den Tod, empfangen, ist es verständlich, daß Gottes Barmherzigkeit oft die Verzeihung von Irrtum oder die Erleichterung eines Urteils oder einer Strafe einschließt. Doch das hebräische und das griechische wie auch das deutsche Wort bezieht sich nicht allein auf Vergebung oder auf das Verschonen mit Strafe. Meistens bezieht sich der Begriff „Barmherzigkeit“ nicht auf eine negative Handlung, auf ein Verzichten (zum Beispiel auf Bestrafung), sondern auf eine positive Handlung, auf eine Äußerung von Rücksichtnahme oder Mitleid, um solchen, die benachteiligt sind und die der Barmherzigkeit bedürfen, Erleichterung zu verschaffen. Wie zu erwarten, zeigt die Bibel daher, daß die Barmherzigkeit Jehovas Gottes nicht eine Eigenschaft ist, die er nur dann anwendet, wenn Menschen vor seinem Richterstuhl stehen, weil sie irgendein Unrecht begangen haben. Vielmehr ist sie eine charakteristische Eigenschaft der Persönlichkeit Gottes und kennzeichnet sein übliches Verhalten gegenüber denen, die in Not sind. Sie ist ein Ausdruck seiner Liebe (2. Kor. 1:3; 1. Joh. 4:8).
14. Welches Licht werfen Jesu Taten der Barmherzigkeit auf die Bedeutung des Begriffes?
14 Das gleiche trifft auf Jesus zu. Er erwies nicht nur denen Barmherzigkeit, die ihm widerstanden oder die ihn beleidigten. Zu denen, die ihn veranlaßten, Barmherzigkeit und Mitleid zu bekunden, gehörten die Blinden, die von Dämonen Besessenen, die Aussätzigen und diejenigen, deren Kinder leidend waren (Matth. 9:27; 15:22; 17:15; Mark. 5:18, 19; Luk. 17:12, 13). Auf die flehentliche Bitte hin: „Habe Erbarmen mit uns“ wirkte Jesus Wunder, um ihnen Erleichterung zu verschaffen. Er tat dies nicht routinemäßig oder gleichgültig, sondern weil er „von Mitleid bewegt“ war (Matth. 20:33, 34).
15. Wie vergleicht Johannes Gottes Liebe mit der unsrigen?
15 Werden dadurch die Worte von Jakobus, dem Halbbruder Jesu, nicht noch bedeutungsvoller, der sagte: „Für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein.“? (Jak. 2:13). Gottes Barmherzigkeit uns gegenüber ist so groß, daß wir gezwungen sind, unseren Mitmenschen Barmherzigkeit zu erweisen, wenn auch unsere Äußerung der Barmherzigkeit im Vergleich dazu verhältnismäßig gering sein mag. Johannes sagte: „Geliebte, laßt uns einander weiterhin lieben, weil die Liebe aus Gott ist, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht kennengelernt, weil Gott Liebe ist. Dadurch wurde die Liebe Gottes in unserem Fall kundgemacht, daß Gott seinen einziggezeugten Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn Leben erlangen könnten. Die Liebe besteht in dieser Hinsicht nicht darin, daß wir Gott geliebt haben, sondern, daß er uns geliebt hat und seinen Sohn als ein Sühnopfer für unsere Sünden gesandt hat. Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, dann sind wir selbst verpflichtet, einander zu lieben“ (1. Joh. 4:7-11).
WIE WEIT GOTTES BARMHERZIGKEIT GEHT
16. Wie groß ist Gottes Barmherzigkeit zu uns im Vergleich zu der Barmherzigkeit, die wir anderen erweisen könnten und wie veranschaulichte Jesus dies in Matthäus 18:23-35?
16 Das mag manchmal schwierig erscheinen, und die Fehler oder die anscheinenden Schwächen unserer christlichen Brüder mögen derart sein, daß wir geneigt sind, das Erfordernis, Liebe zu üben und Barmherzigkeit zu erweisen, außer acht zu lassen und uns einzureden, daß Jesus bestimmt nicht meinte, wir sollten solch „extreme“ Fehler bei anderen übersehen. Doch Paulus zeigt, daß Gottes Liebe viel größer ist als die Liebe, die wir üben könnten, indem er sagt: „Gott aber empfiehlt seine eigene Liebe zu uns dadurch, daß Christus für uns starb, während wir noch Sünder waren“ (Röm. 5:8). Wieviel größer sind doch die Sünden, die Gott uns vergeben hat, als irgendwelche Sünden, die wir unseren christlichen Brüdern zu vergeben hätten! Und die Barmherzigkeit Gottes, die wir benötigen und die dadurch zum Ausdruck kommt, daß er eine Vorkehrung zur Erlösung geschaffen hat, kann keinesfalls mit der Barmherzigkeit gleichgestellt werden, die wir unseren Brüdern zu erweisen haben. Ist es da ein Wunder, daß sich Gottes Barmherzigkeit nicht auf solche erstrecken kann, die selbst nicht barmherzig sind? (Kol. 3:13; vergleiche Matthäus 18:23-35).
17. Wie könnten wir uns, obwohl wir Gott hingegeben sind, Gottes Strafgericht zuziehen, doch welche Zusicherung gibt Jakobus?
17 Folgende Frage ist daher für uns von schwerwiegender Bedeutung: Deckt Gottes Barmherzigkeit alle meine Sünden zu? Könnte ich von Gott wegen des Versäumnisses, anderen Barmherzigkeit und Liebe zu erweisen, verurteilt werden, selbst wenn ich mich Jehova Gott hingegeben, dies durch die Wassertaufe symbolisiert und dadurch an Gott die Bitte um ein gutes Gewissen gestellt habe? (1. Kor. 13:1-3). Jakobus warnte, wie bereits zitiert: „Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein.“ Doch Jakobus fügte dieser Ermahnung folgende tröstliche Zusicherung hinzu: „Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht“ (Jak. 2:13). Inwiefern? Und auf welche Weise könnten wir es schon heute, vor dem Tag des Gerichts, versäumen, Barmherzigkeit zu erweisen, und uns dadurch ein ungünstiges Urteil zuziehen?
18. Welches Beispiel für Barmherzigkeit können wir betrachten, nach welchem Muster der Barmherzigkeit richtete sich Joseph aus, und in welcher Hinsicht?
18 Ein hervorragendes Beispiel für Barmherzigkeit im vollen Sinne des Wortes finden wir bei Joseph, dem Lieblingssohn Jakobs. Aber Joseph folgte in der Barmherzigkeit, die er erwies, dem Beispiel, das Jehova gleichzeitig gab. Ob Joseph von Anfang an das volle Ausmaß der Barmherzigkeit Gottes ihm und dem Haushalt seines Vaters gegenüber erkannte, sagt der Bibelbericht nicht. Aber Joseph vertraute völlig darauf, von Jehova befreit zu werden, und ließ nie in seinem Entschluß nach, Jehovas Leitung zu folgen und sich streng an seine gerechten Erfordernisse zu halten, die er von seinem Vater Jakob gelernt hatte. Und immer, wenn Joseph in großer Not war, kam ihm Jehovas Barmherzigkeit zu Hilfe, so daß er zur gegebenen Zeit in die zweitprominenteste Stellung in der Welt seiner Tage gelangte, ja in eine solche Machtstellung, daß er sich, wenn er gewollt hätte, ungestraft an allen hätte rächen können, die ihn mißhandelt hatten. Er konnte seine Stellung aber auch gebrauchen, um für sie ein großer Segen zu sein. Wie Joseph Barmherzigkeit erwies, und zwar nicht nur gegenüber denen, die Unrecht begangen hatten, sondern in zartem Erbarmen und Mitgefühl auch gegenüber den Bedürftigen, und wie diese wahre Geschichte uns zeigen kann, inwiefern „Barmherzigkeit ... triumphierend über das Gericht“ frohlockt, soll der folgende Artikel zeigen. Es wäre sehr interessant und lehrreich, vorher sorgfältig 1. Mose, Kapitel 37 bis 47 zu lesen.
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Wie barmherzig bist du?Der Wachtturm 1974 | 15. November
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Wie barmherzig bist du?
1. Warum gibt es für die weitverbreitete Unbarmherzigkeit der gegenwärtigen Generation keine Entschuldigung?
IN DIESER Zeit der Unduldsamkeit und der Selbstsucht ist jemand, der barmherzig handelt, wirklich ein erfrischender Segen. Über den wahren Gott heißt es: „Jehova ist gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an liebender Güte. Jehova ist gut gegen alle, und seine Erbarmungen sind über alle seine Werke“ (Ps. 145:8, 9). Und Jesus ermahnte uns: „Fahrt fort, barmherzig zu werden, wie euer Vater barmherzig ist“ (Luk. 6:36). Welch eine Anklage gegen die gegenwärtige Generation sind daher die unerträglichen Zustände, die das Ergebnis der zahllosen Verdächtigungen, Rivalitäten und Feindseligkeiten sind, die unter den Völkern und Nationen herrschen!
2. Nur wem erweist Gott Barmherzigkeit, und warum?
2 In Sprüche 28:27 heißt es: „Wer dem Minderbemittelten gibt, wird keinen Mangel haben, aber wer seine Augen verhüllt, wird viele Flüche auf sich laden.“ Daraus geht hervor, daß Gott denen, die ‘ihre Augen verhüllen’, keine Barmherzigkeit erweisen wird. Gott ist nicht sentimental. Wenn er Barmherzigkeit erweist, handelt er immer im Einklang mit seinen anderen Eigenschaften und seinen gerechten Maßstäben, auch mit seinem Recht und seiner Heiligkeit (Hos. 2:19). Jemand, der auf Gottes Barmherzigkeit pocht und sich einbildet, Gott werde ihm weiterhin Barmherzigkeit erweisen, ganz gleich, was er tue, wird bitter enttäuscht werden. Wer durch seine Taten und seinen Lebenswandel Gottes gerechte Wege willentlich mißachtet, sündigt gegen Gott, und der wahre Gott wird mit Recht ‘seine Erbarmungen im Zorn verschließen’ (Ps. 77:9; Röm. 2:4-11).
3. Welche Fragen könnten uns helfen, zu beurteilen, wie barmherzig wir sind?
3 Jakobus, ein Halbbruder Jesu, erteilte eine begründete Warnung und gab gleichzeitig eine Zusicherung, als er schrieb: „Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein. Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht“ (Jak. 2:13). Wie barmherzig bist du? Fällt es dir leicht, Vergehungen zu übersehen, die gegen dich begangen werden mögen, oder fällt es dir schwer, so etwas zu vergessen? Bist du dir der Bedürfnisse derer, die um dich herum sind, bewußt, und tust du etwas für sie, oder muß man dich ständig darauf aufmerksam machen? Neigst du dazu, an den Beweggründen anderer zu zweifeln, oder kannst du anerkennen und glauben, daß andere aufrichtig und ohne Falsch sind? Neigst du dazu, dich mehr um die zu bemühen, die angesehen oder auf irgendeinem Gebiet besonders begabt sind, oder kannst du an rein geistigen Interessen wahre Freude finden? Würdest du, wenn du dich im Lichte dieser Fragen beurteilen solltest, feststellen, daß es dir an Barmherzigkeit fehlt? Die Antwort auf diese Fragen ist wichtig, denn, ganz gleich, ob wir uns persönlich darüber Gedanken machen oder nicht, Jehovas Gericht wird über uns als einzelne kommen, so, wie er es durch Jakobus hat zeigen lassen. Und nur demjenigen, der Barmherzigkeit geübt hat, wird Barmherzigkeit erwiesen werden, wenn er ins Gericht kommt.
4. Woran kann man einen barmherzigen Menschen erkennen?
4 Wer barmherzig ist, hegt keinen Groll; er ist bereit, sich mit Verurteilung und Bestrafung zurückzuhalten, wenn es die Umstände gestatten; er gibt großzügig sowohl in materieller als auch in geistiger Hinsicht; er denkt an die, die in Not sind, und kümmert sich um sie; er ist weder parteiisch noch stolz, noch eifersüchtig; er vollbringt Taten der Nächstenliebe und
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