Die biblische Wahrheit macht frei
WIE kann die Behauptung erhoben werden, die Wahrheit der Bibel mache frei, wenn doch eine Anzahl der ergebensten Erforscher, Verkündiger und Unterstützer der Bibel in Gefängnissen schmachteten oder als Sklaven nach heidnischen Ländern verbannt wurden?
Die Nation Israel ist ein typisches Beispiel hiervon. Als Nation war sie die erste, die die Bibel verfocht, und doch geriet sie in die Knechtschaft der assyrischen und babylonischen Horden, die absolut keinen Sinn für die Bibel hatten. War die Wahrheit der Bibel in jenem Fall eine befreiende Macht? Wenn ja, in welcher Weise? Der Apostel Johannes schloß den Kanon der Heiligen Schrift ab, als er sein Evangelium, die Briefe und das Buch der Offenbarung geschrieben hatte, das, beiläufig bemerkt, davon spricht, daß Gottes Volk während der Herrschaft Christi von Sünde und Tod Befreiung erlangt. Ja, Johannes schrieb dieses inspirierte Buch in seinem hohen Alter, als er Gefangener auf der Insel Patmos war. David, der oft als ein Mann nach Gottes Herzen bezeichnet wird, schrieb viele der Psalmen, die Jehova Gott als den großen Hirten und Befreier lobpreisen. Dennoch brachte David, um seinen Feinden auszuweichen, viele seiner Jahre in „Verstecken“ zu. Jeremia, ein treuer Prophet und ein Bibelschreiber, spricht von seiner Erfahrung in einem schlammigen Verlies. Daniel, ein Prophet und gewissenhafter Erforscher und Beobachter biblischer Gesetze, wurde als Leckerbissen hungrigen Löwen vorgeworfen. Die Apostel Petrus und Paulus schrieben einen großen Teil der Griechischen Schriften. Sie redeten von Freiheit, während sie selbst in eisernen Ketten und hinter den Riegeln von Gefängniszellen saßen. Jesus verkündete Freiheit den Gefangenen und Öffnung des Kerkers den Gebundenen. Er selbst wurde Gefangener und kam schließlich an den Pfahl. Wie kann angesichts der vorerwähnten Tatsachen behauptet werden, daß die Bibel und ihre Wahrheiten jemanden frei machen?
Aus dem eben Gesagten geht ganz klar hervor, daß die Bibel jemanden nicht von buchstäblichen Gefängnissen oder Folterkammern befreit, noch befreit sie einen von Armut oder Versuchungen. Frei und offen erklärte Jesus: „Der Teufel wird fortfahren, einige von euch ins Gefängnis zu werfen, damit ihr völlig auf die Probe gestellt werdet und damit ihr Drangsal habet zehn Tage. Erweise dich treu selbst in Todesgefahr, und ich werde dir die Krone des Lebens geben.“ (Off. 2:10, NW) „In der Tat, alle, die mit Gottergebenheit in Gemeinschaft mit Christus Jesus leben wollen, werden auch verfolgt werden.“ (2. Tim. 3:12, NW) So tritt denn ganz klar zutage, daß die Bibel einen nicht in physischem Sinne frei macht. Wie macht sie denn frei? Sie befreit geistig, macht frei von weltlichen Sorgen, von Angst und Furcht, von Traditionen, Aberglauben und Hoffnungslosigkeit. Doch bewirkt sie dies nicht durch Wunder.
Die Bibel selbst ist kein „Zauberbuch“ noch ein „Talisman“, der durch seinen bloßen Besitz Glück brächte oder Unheil verhütete. In einfachen Worten ausgedrückt, ist die Bibel Gottes Wort. Und als solches ist sie ein sicherer Führer, dem man folgen darf. An ihr ist nichts Sagenhaftes oder Geheimnisvolles. Obwohl sie für die Menschen ein vollkommener Führer ist, kann sie uns doch nicht als Wegleitung dienen, wenn wir uns nicht von ihr leiten lassen, das heißt, wenn wir uns im Leben nicht unter den Einfluß ihrer Grundsätze stellen. Wenn wir nicht an ihre Grundsätze glauben und uns nicht an diese halten, so ist dieses Buch für uns wie irgendein anderes Buch — nämlich leblos. Wenn wir sie uns zu eigen machen, wird sie zu einem Werkzeug der Befreiung und zu einer gewaltigen Kraft zum Guten. Ihre Wahrheiten erhellen unseren Pfad, zeigen uns Gefahrenzonen und helfen uns auf dem Wege zum Leben rechte Entscheidungen treffen. Diese Wahrheit ist es, die uns frei macht. Jesus hob dies hervor, als er sagte: „Wenn ihr in meinem Worte bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8:32, NW) Die Freiheit beruht also auf zwei Faktoren: auf der Erkenntnis des Wortes Gottes und auf einem Verbleiben in demselben. Das Verhalten Israels ist ein kraftvolles Bild von dieser Tatsache.
Die Nation Israel hatte Gottes Wort der Wahrheit. Sie war vertraut mit seinen Grundsätzen. Ihre Könige und Priester waren verpflichtet, es zu halten. Solange sie in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Bibel blieben, waren sie als Nation frei; wenn sie diese Grundsätze aber aufgaben, um nach eigener Art zu handeln, verloren sie diese Freiheit und wurden die Sklaven ihrer Feinde. Indes gab es Einzelpersonen in der Nation Israel, wie Jeremia, Daniel, die drei hebräischen Jünglinge und andere, die als einzelne frei blieben, auch wenn Israel fronpflichtig wurde. Sie bewahrten ihre Freiheit, indem sie in bezug auf biblische Grundsätze keine Kompromisse eingingen. Sie besaßen die Freiheit des Geistes. Sie hatten Frieden und Freude in Herz und Sinn, was ein Zeichen der göttlichen Anerkennung für Lauterkeit ist. Der Apostel Paulus bezeugt diese Tatsache mit den Worten: „Und der Friede Gottes, der alles Denken übertrifft, wird eure Herzen und eure Geisteskräfte behüten durch Christus Jesus.“ (Phil. 4:7, NW) Auf Grund dieser kostbaren Gabe des Friedens, die „alles Denken übertrifft“, dieses Friedens, welcher Ruhe und Zuversicht bringt, konnten Schreiber, Unterstützer und Verkündiger der Bibel sagen, daß sie frei seien, auch wenn sie in einem schmutzigen Gefängnis schmachteten oder auf eine Insel verbannt waren, weil sie die Wahrheit der Bibel verkündigt hatten. Derselbe Friede war das, was sie vor Herrschern und Königen furchtlos dastehen ließ und bewirkte, daß sie selbst angesichts des Todes nicht wankten. Dieser Friede kommt durch die Erkenntnis der Wahrheit des Wortes Gottes, der Bibel.
HEUTIGE FREIHEIT
Derselbe Friede erfüllt die Herzen derer, die die Wahrheit des Wortes Gottes heute kennen, zu einer Zeit, da den Menschen vor Furcht das Herz entsinkt, und da das Ende aller Dinge herbeigekommen zu sein scheint. Diese Wahrheit und der Friede, der „alles Denken übertrifft“, werden immer noch aus derselben Quelle, der Bibel, geschöpft. Sie macht uns weiterhin frei.
Gegenwärtig besteht ein großes Bedürfnis nach der Wahrheit der Bibel, weil die Wahrheit als solche nicht mehr anerkannt wird. Wissenschaftliche Theorien, politische Philosophien und falsche Religions-Traditionen werden auf dem Gebiete des Wissens als Autoritäten anerkannt. Die Wahrheit der Bibel ist als Fabel beiseite geschoben worden. Aber die Wege der Menschen haben kein Licht gebracht; statt dessen hat sich Finsternis über die ganze Erde ausgebreitet. So sagte es der Prophet Hiob: „Bei Tage stoßen sie auf Finsternis, und am Mittag tappen sie wie bei der Nacht.“ (Hiob 5:14) Und Jesaja erklärte: „Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völkerschaften.“ (Jes. 60:2) In dieser geistigen Finsternis zu tappen hat die Menschen in Furcht und viel Unruhe versetzt. Ihr einziger Ausweg ist der von Gott vorgezeichnete Weg, der in der Bibel gezeigt wird. Diese müssen sie als Gottes Wort anerkennen und studieren, um sich der Leitung Gottes zu vergewissern, und sie müssen unter dieser Leitung bleiben, bis schließlich die Freiheit errungen ist. Es gibt keine Wegkürzung, es gibt keinen anderen Weg, der aus dieser Sackgasse, in der sich die Menschen befinden, hinausführte.
Doch wie macht die Bibel jemanden frei, der sowohl geistig als auch körperlich dieser Welt gegenüber versklavt ist? Indem sie einem solchen durch ihre wahre Botschaft Hoffnung darreicht. „Denn alle Dinge, die vormals geschrieben wurden, wurden zu unserer Unterweisung geschrieben, damit wir durch unser Ausharren und durch den Trost aus den Schriften Hoffnung haben möchten.“ (Röm. 15:4, NW) Dies ist eine Hoffnung auf die anbrechende neue Welt der Gerechtigkeit, in der Gerechtigkeit wohnen soll. Es ist die Hoffnung auf Gottes Königreichsherrschaft, welche Krankheit, Kriege und Tod beseitigen soll. Ein Erforscher des Wortes Gottes empfängt große Erleichterung, wenn er Verheißungen wie folgende liest: „Und er [Gott] wird jede Träne abwischen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch wird Trauer noch Geschrei noch Schmerz mehr sein. Die früheren Dinge sind vergangen.“ (Off. 21:4, NW) Ferner: „Er wird richten zwischen den Nationen und Recht sprechen vielen Völkern. Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugmessern schmieden, und ihre Speere zu Winzermessern; nicht wird Nation wider Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.“ Überdies: wenn er Verheißungen liest, die davon handeln, wie die Menschen sich nicht mehr umsonst abmühen werden, noch zum Untergang zeugen, ferner, wie diese Erde zu einem herrlichen Schemel für Gottes Füße gemacht werden soll, wie die Menschen ewiglich auf Erden leben und nie sterben, sondern statt dessen in vollkommener Gesundheit unter einer vollkommenen Herrschaft leben werden — so stärken solche Bibelwahrheiten die Herzen Gerechtgesinnter, verleihen Hoffnung und Einsicht, befreien von der Finsternis der gegenwärtigen, alten Welt und ihren unheilvollen Aussichten und geben ihnen einen neuen Ausblick, eine Vision von der anbrechenden neuen Welt mit ihren Segnungen. (Jes. 2:4; 33:24; 2. Pet. 3:13) Diese Wahrheit hat eine heilsame Wirkung. Die Wahrheit der Bibel befreit aber auch noch in einem anderen Sinne.
BEFREIUNG VOM IRRTUM
Ohne Zweifel gibt es Millionen Aufrichtiger, welche zu Religionsorganisationen gehören, die glauben, daß ihre verstorbenen Verwandten oder Freunde in einem Fegefeuer oder einer Hölle der Qual bei Bewußtsein leiden, und daß ihnen durch die Gebete von Menschen auf Erden geholfen werden könnte. Solche Lehren haben den Menschen viel Kummer bereitet. Wie kann die Bibel solch Aufrichtige frei machen? Indem sie den Zustand der Toten offenbart. Gott, der den Zustand der Toten kennt und weiß, wo sie sind, beschreibt in der Bibel in einfachen Worten genau ihren Zustand. Indem jemand die Wahrheit über den Zustand der Toten erfährt, wird er frei gemacht.
Zum Beispiel sagt die Bibel: „Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden; die Toten aber wissen gar nichts.“ Überlegt einen Augenblick! Damit Verstorbene leiden könnten, müßten sie etwas davon wissen. Sie müßten bei Bewußtsein sein, also von ihrem Zustande etwas wissen. Aber die Bibel sagt uns: „Die Toten wissen gar nichts.“ Es ist unmöglich, daß sie leiden, weil sie von ihrem Zustand nichts wissen. Sie sind sich dessen nicht bewußt. Sie sind tot. In der Tat sagt die Bibel ferner: „Es gibt weder Tun noch Überlegung noch Kenntnis noch Weisheit im Scheol [Grabe, KJ], wohin du gehst.“ (Pred. 9:5, 10) Wenn es dort weder Tun noch Kenntnis noch Weisheit gibt, wie könnte es denn Leiden geben? Solches wäre unmöglich. Die Toten sind dort, wo Jesus sagte, daß sie seien: in ihren Gräbern, wo sie einer Auferstehung harren. (Joh. 5:28; Ps. 146:4; 115:17) Die Toten leiden nicht in einem Fegefeuer, denn ein solcher Ort ist nicht vorhanden. Auch sind sie weder lebendig in einer Feuerhölle noch bei Bewußtsein noch erleiden sie Schmerz und Qual. Die Bibel sagt sehr deutlich, daß die Toten tot, ohne Bewußtsein in ihren Gräbern seien und auf einen Tag der Auferstehung warten. Wer solche Wahrheiten aus Gottes Wort lernt, dem wird das Gefängnis der Finsternis aufgetan, und er wird frei von Aberglauben, heidnischen, mythologischen Lehren, Traditionen und Irrtum. Die Bibel macht wirklich frei.
Es ist dringend nötig, daß sich jetzt alle der Bibel zuwenden, um ihre Wahrheiten zu studieren und zu sagen: „Dies lehrt die Bibel über die Weltbedrängnis, die Ursache des Todes, das Jenseits, das Geschick der Menschen und unsere einzige Hoffnung“, und nicht: „Dies lehrt meine Kirche“ oder „Dies glaubt mein Lehrer“ oder „Das, was ich denke, ist recht“. Menschliche Vernunftschlüsse haben diese Welt in ihren gegenwärtigen furchterregenden, gefahrvollen Zustand hineingeführt.