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Wahre Freunde — Warum so schwer zu finden?Der Wachtturm 1985 | 15. Mai
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Wahre Freunde — Warum so schwer zu finden?
„ICH möchte eine Million Freunde haben“, heißt es in einem populären brasilianischen Lied. Aber was ist ein Freund? Manchmal wird das Wort „Freund“ so unterschiedslos gebraucht, daß es sich auf fast jeden Bekannten beziehen kann, der nicht gerade ein Feind ist. Ein wahrer Freund dagegen ist mehr als nur ein Bekannter. Der Wert einer Freundschaft wird oft wie folgt beschrieben: „Geteilte Freude ist doppelte Freude, geteilter Schmerz ist halber Schmerz.“
Ein wahrer Freund bereichert dein Glück und hilft dir in der Not, mit deinen Sorgen fertig zu werden. Wer keine Freunde hat, kann daher nicht völlig glücklich sein. Allerdings klagen Millionen Menschen, es sei schwer, wahre Freunde zu finden.
Warum es schwer ist, wahre Freunde zu finden
Wie die Bibel vorausgesagt hat, sind Männer und Frauen heute „eigenliebig ..., anmaßend, hochmütig, ... undankbar, nicht loyal, ohne natürliche Zuneigung, für keine Übereinkunft zugänglich, Verleumder, ohne Selbstbeherrschung, brutal, ohne Liebe zum Guten, Verräter, unbesonnen, aufgeblasen vor Stolz“ (2. Timotheus 3:1-4). Daher verwundert es einen nicht, daß es so schwer ist, loyale Freunde zu finden. Die Umwelt, in der die Menschen aufwachsen, behindert die Entwicklung der Eigenschaften, die sie brauchen, um gute Freunde sein zu können.
Aber es gibt noch andere Gründe. Manche Menschen sind oberflächlich. Sie befassen sich nur mit den Äußerlichkeiten des Lebens. Andere sind nicht bereit, die für eine Freundschaft nötigen Opfer zu bringen. „Laß dich auf nichts ein!“ hört man heute viele sagen. Auch die Welle des Materialismus in der Welt fordert ihren Tribut an Freundschaften. Häufig sind den Menschen Besitztümer — sogar Hunde und Katzen — wichtiger als Menschen. Wenn sie ihren Mitmenschen Liebe erweisen, dann oft nur auf oberflächliche Art. Eine ältere Frau bemerkte: „Sie lieben, aber mit Distanz.“ Selbst in Ländern, in denen überschwengliches Küssen und Umarmen zu den allgemeinen Umgangsformen gehört, vermißt manch einer echten Beistand, wenn er in Not gerät.
Nicht selten wird das Zustandekommen von Freundschaften durch Zeitmangel verhindert. Die Leute sind in der Hetze des Alltags zu beschäftigt oder erschöpft, um Freundschaften zu pflegen. Oder manche denken, Freunde müßten verschwenderisch bewirtet werden, und schlußfolgern daher, sie könnten sich keine Freunde „leisten“.
Oberflächliche Freundschaften
Trotz allem behaupten viele, daß sie Freunde haben. Doch wie tief ist das Freundschaftsverhältnis? In vielen Fällen gilt das Interesse dem, was der andere zu bieten hat, nicht dem, was er ist. Folglich sind derartige Freundschaften meist kurzlebig, denn sobald der „Freund“ nicht mehr nützlich ist, wird er einfach fallengelassen.
Selbst Gemeinsamkeiten sind nicht immer eine ausreichende Grundlage für eine dauerhafte Freundschaft. In der Zeitung Brazil Herald erschien ein Bericht über zwei enge „Freunde“, die an Wochenenden von Kneipe zu Kneipe zogen und sich betranken. Doch einmal gerieten sie in heftigen Streit. Es ging darum, wer von ihnen der „echte Kerl“ sei. Um seine Behauptung zu beweisen, griff der eine zur Waffe und schoß den anderen nieder. Später sagte er, er habe seinen „besten“ Freund umgebracht.
Trotz all der Schwierigkeiten und Hindernisse in Verbindung mit Freundschaften bleibt die Tatsache bestehen, daß jeder von uns aufgrund eines angeborenen Bedürfnisses Freunde braucht. Aber wo und wie kann man Freunde finden?
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Wahre Freunde — Wie man sie findetDer Wachtturm 1985 | 15. Mai
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Wahre Freunde — Wie man sie findet
„EINEN Freund kann man nur haben, wenn man selbst einer ist“, sagte Ralph Waldo Emerson. Viele haben sich dagegen für die Einsamkeit entschieden. Statt aus sich herauszugehen und anderen ein Freund zu sein, weisen sie andere ab. Das Ergebnis? „Menschen, die viel Zeit allein verbringen, haben das Gefühl, ,sehr passiv, unglücklich und verlassen‘ zu sein“, bemerkte ein Forscher in einer brasilianischen Zeitung. Er fuhr fort: „Wenn man sonst nichts zu tun hat und wenn man niemanden hat, mit dem man reden kann, verschließt man sich. Dann läuft man viel schneller Gefahr, von den eigenen Problemen überwältigt zu werden.“
Du brauchst es jedoch nicht soweit kommen zu lassen. Eigentlich kann jeder lernen, ein Freund zu sein und dadurch Freunde zu gewinnen. Aber wie macht man den Anfang? Ob man Freundschaften schließen kann, hängt weitgehend von der eigenen Persönlichkeit ab. Ein alter Spruch sagt treffend: „Das Begehrenswerte am Erdenmenschen ist seine liebende Güte“ (Sprüche 19:22). Wir können also echte Freundschaften schließen, wenn wir anderen Güte erweisen. Lassen wir sie beispielsweise wissen, daß wir sie schätzen, dann sind sie auch eher an uns interessiert.
Eine gütige Person kann zuhören. Wer im Gespräch dominiert oder übermäßig viel von sich erzählt, wird es schwer haben, jemanden zu finden, der an seinen Gefühlen und Plänen interessiert ist. Güte schließt ein, daß wir darauf achten, was wir zu anderen sagen. „Da ist einer, der gedankenlos redet wie mit Schwertstichen, aber die Zunge der Weisen ist Heilung“ (Sprüche 12:18). Ein Beispiel: Du bemerkst, daß jemand deprimiert ist oder großen Kummer hat. Ein Spruch sagt hierzu: „Sorgen drücken einen Menschen nieder; ein gutes Wort richtet ihn auf“ (Sprüche 12:25, Die Bibel in heutigem Deutsch). Bei einer solchen Gelegenheit könntest du mit deiner heilenden Zunge einen loyalen Freund gewinnen.
Der Wert der Loyalität
Der Schreiber von Sprüche 18:24 ließ erkennen, daß er guten Einblick in die zwischenmenschlichen Beziehungen hatte, als er schrieb: „Sogenannte Freunde können dich ruinieren; aber ein echter Freund hält fester zu dir als ein Bruder“ (Die Bibel in heutigem Deutsch). Ja, wer möchte schon einen „Schönwetterfreund“? Betrachte dagegen das Beispiel Davids und Jonathans. Jonathan hätte Groll gegen David hegen können, da Jonathan Israels Thronerbe war, in Wirklichkeit aber David König werden sollte. Doch Jonathan erwies sich gegenüber David als loyal und war nicht eifersüchtig. Er riskierte für David sogar sein Leben (1. Samuel 18:1-3; 20:17, 31, 32; 2. Samuel 1:26).
Ein anderes gutes Beispiel für loyale Freundschaft haben wir im Falle von Ruth. Statt ihre Schwiegermutter, Noomi, zu verlassen, blieb sie bei ihr. Beobachter trafen die Feststellung, daß Ruth für Noomi besser war „als sieben Söhne“ (Ruth 1:16, 17; 4:15).
Bist auch du loyal? Wenn du bei deinen Mitverbundenen Schwächen beobachtest, erhebt sich die Frage: Plauderst du das vor anderen aus?
Was tust du, wenn du bei jemandem, der dir lieb ist, einen schweren Fehltritt bemerkst, dem sofort Aufmerksamkeit geschenkt werden muß? Der loyale Freund hält sich nicht davon zurück, dem anderen die Wahrheit zu sagen, ganz gleich, wie dieser darauf reagieren mag. „Treu gemeint sind die von einem liebenden Freund zugefügten Wunden“, heißt es in der Bibel (Sprüche 27:6). Das bedeutet natürlich nicht, daß du barsch oder taktlos sein solltest. Die Christen im alten Galatien mußten einmal unumwunden korrigiert werden. Beachte jedoch, wie geschickt der Apostel Paulus in dieser Situation vorging und dann fragte: „Nun gut, bin ich euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit sage?“ (Galater 4:16). Ein echter Freund wird es schätzen, daß du ihm ‘die Wahrheit sagst’, selbst wenn es für ihn eine Korrektur bedeutet (Sprüche 9:8).
Geben macht glücklich
Eine echte, dauerhafte Freundschaft kostet etwas. Menschen, die immer bestrebt sind, etwas zu bekommen, ohne selbst zu geben, werden nie das Glück kennenlernen, von dem Jesus sprach, als er sagte: „Beglückender ist Geben als Empfangen“ (Apostelgeschichte 20:35; Lukas 6:31, 38). Achte also in deinem Verhältnis zu anderen darauf, was du für sie tun kannst, nicht darauf, was du von ihnen bekommen kannst.
Christen werden in der Bibel ermuntert, „freigebig zu sein, bereit zu teilen“ (Sprüche 11:25; 1. Timotheus 6:18). Deine materiellen Mittel mögen sehr beschränkt sein. Wie steht es aber mit deiner Zeit? Bist du immer in Eile? Freundschaften erfordern Zeit, und wenn jemand nicht bereit ist, sich für andere Zeit zu nehmen, kann das Verhältnis nicht gedeihen. Vielleicht sagst auch du zur Begrüßung das allseits bekannte „Wie geht’s?“ Bist du aber mit deiner Zeit großzügig genug, um stehenzubleiben und die Antwort auf diese Frage abzuwarten? Vergiß nicht, daß Jesus Christus, obwohl er sehr beschäftigt war, immer Zeit fand, sich denen zu widmen, die ihn gesucht hatten (Markus 6:31-34).
Erhalte deine Freundschaften aufrecht
Nachdem man eine Freundschaft begonnen hat, sollte man keine Mühe scheuen, sie aufrechtzuerhalten. Sobald man einander kennenlernt, werden natürlich gewisse Schwächen und Fehler offenkundig werden. Dennoch tut man gut daran, geringfügige Schwächen zu erkennen und zu akzeptieren. Bist du im Zweifel, dann räume deinem Freund ein, daß er im Recht ist und du dich geirrt hast. Dadurch vermeidest du unnötiges Mißtrauen. Paulus riet, ‘einander in Liebe zu ertragen’. Petrus sagte: „Habt vor allem inbrünstige Liebe zueinander, denn Liebe deckt eine Menge von Sünden zu“ (Epheser 4:2; 1. Petrus 4:8).
Es wäre unweise, eine Freundschaft für selbstverständlich zu halten. Selbst die engsten Freunde brauchen ihre Privatsphäre. Ausgedehnte, häufige oder ungelegene Besuche können schließlich ermüden und lästig werden. Unterscheidungsvermögen und Achtung erfordern, daß man sich möglichst vorher abspricht. Sprüche 25:17 rät: „Mache deinen Fuß selten im Hause deines Mitmenschen, damit er nicht genug von dir bekomme und dich gewißlich hasse.“
Die Weisheit gebietet auch, nicht ungebührlich neugierig, nicht zu persönlich oder besitzergreifend zu sein. Bescheidenheit bewahrt uns davor, dogmatisch zu werden. Gewiß gibt uns eine Freundschaft nicht das Recht, einem anderen unsere Meinung oder unseren persönlichen Geschmack aufzuzwingen. Wenn wir uns von der „Weisheit von oben“ leiten lassen, werden wir vernünftig sein (Jakobus 3:17).
Stehe deinen Freunden bei, so wie es Paulus in Römer 12:15 riet: „Freut euch mit den sich Freuenden; weint mit den Weinenden.“ Ja, sei bereit, die Sorgen, Enttäuschungen, Freuden und Erfolge deiner Freunde zu teilen. Zeige auch Sinn für Humor, indem du über deine eigenen Fehler lachst, nicht nur über die der anderen. Freundliche Bemerkungen können in peinlichen Momenten die Spannung lösen. Freundschaft bedeutet Arbeit. Aber lohnt sich die Mühe etwa nicht?
Wahre Freunde finden
Wo kann man jedoch wahre Freunde finden? Am besten, man beginnt mit der Suche in der Ortsversammlung der Zeugen Jehovas. Diese echten Christen haben ein solch gutes Verhältnis zueinander, daß sie sich mit „Bruder“ und „Schwester“ anreden, wie das auch ihre Mitgläubigen im ersten Jahrhundert taten (Philemon 1, 2). Sie haben Nationalismus und Rassenvorurteile — Faktoren, die Menschen einander entfremden — überwunden. Sie sind bemüht, die in der Bibel erwähnte „neue Persönlichkeit“ anzuziehen. Darunter versteht man die Entwicklung solch ansprechender Eigenschaften wie ‘innige Zuneigung des Erbarmens, Freundlichkeit, Demut, Milde und Langmut’ (Kolosser 3:10-12). Unter solchen Menschen wirst du gewiß gute Freunde finden.
Durch die Gemeinschaft mit Jehovas Zeugen lernst du auch, mit Jehova Gott und seinem Sohn, Jesus Christus, Freundschaft zu schließen. Jesus sagte: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete“ (Johannes 15:14). Abraham wurde sogar „Freund Jehovas“ genannt. Dieses begehrenswerte Verhältnis erlangte er aufgrund seines Glaubens und seiner gerechten Werke, und genau das ist auch dir möglich (Jakobus 2:23).
Obwohl es gut ist, sich zu bemühen, die Beziehungen zu irdischen Freunden zu pflegen, sollten wir noch mehr darauf bedacht sein, in ein freundschaftliches Verhältnis zu unserem himmlischen Freund, Jehova Gott, zu gelangen. Bald wird er auf unserer Erde das Paradies wiederherstellen, damit alle seine irdischen Diener in Frieden und Sicherheit leben werden. Ja, dann werden Millionen Menschen auf der Erde leben, die sich bis in alle Ewigkeit als wahre Freunde erweisen werden (Lukas 23:43; Offenbarung 21:3, 4; Psalm 37:10, 11).
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