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Kernfusion — Energiequelle der Zukunft?Erwachet! 1980 | 8. Mai
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Hilfe stärkerer Laser könnte man eine höhere Temperatur und somit eine ergiebigere Fusion erreichen. Soll so viel Energie erzeugt werden, wie die Laser verbrauchen, dann müssen sie 10- bis 100mal stärker sein als die besten, die man heute kennt.
Selbst wenn es gelingt, Laser herzustellen, die stark genug sind, läßt sich aus einem Glaskügelchen nur wenig Energie gewinnen. Um eine brauchbare Leistung zu erzielen, müssen die Laser Hunderte bis Tausende von Malen in der Minute einen Strahl „abfeuern“, und die Kügelchen müssen im richtigen Takt durch den Schnittpunkt fallen. Es wird noch große Anstrengungen erfordern, die Lebensdauer von Lasergeneratoren zu erhöhen und die Glaskügelchen preisgünstig in Millionenauflage herzustellen.
Ist die Kernfusion umweltfreundlich?
Ein Übel, von dem beide Methoden der Kernfusion nicht frei sind, ist die radioaktive Abstrahlung. Das läßt sich nicht leugnen, ungeachtet der Behauptung, dieser Fluch der Kernspaltung würde der Kernfusion nicht anhaften. Bei einigen Fusionsreaktionen (Nr. 4 und 5) ist Tritium — das radioaktive Isotop des Wasserstoffs — beteiligt. Auch entstehen bei diesen Reaktionen Neutronen, die in das Material des Reaktors dringen und es radioaktiv machen. Ein Blick auf die Tabelle verrät, daß die in der Sonne ablaufenden Reaktionen „umweltfreundlich“ sind. Es entsteht keine Radioaktivität. Die einzige Reaktion, auf die das auch zutrifft, ist die zwischen Deuterium und Helium 3 (Nr. 6). Leider erfordern all die „umweltfreundlichen“ Reaktionen eine sehr hohe Zündtemperatur.
Da die Deuterium-Tritium-Reaktion (Nr. 5) die niedrigste Zündtemperatur hat, ist sie die einzige, die zur Zeit in der Forschung verwendet wird, und sie ist auch diejenige, die in den ersten Fusionskraftwerken ablaufen wird. Sie erzeugt Unmengen von Neutronen — weit mehr pro Energieeinheit als die Uranspaltung. Dadurch wird alles in und um den Reaktor radioaktiv. Es wird also sehr gefährlich sein, Reaktorteile zu bearbeiten oder auszubauen, falls sie reparatur- oder erneuerungsbedürftig sind.
Zudem entstehen Schäden an der Metallummantelung des Reaktors, denn die Neutronen schlagen dort Atome heraus. Dadurch wird das Material geschwächt, so daß z. B. die Magnetsegmente des Reaktors wahrscheinlich nicht länger als zwei bis fünf Jahre halten werden. Diese 3 500 Tonnen schweren und 9 Stockwerke hohen
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KernfusionsreaktionenErwachet! 1980 | 8. Mai
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Kernfusionsreaktionen
Die Kernreaktionen, die die Sonne „aufheizen“, können in kleinem Maßstab in einem Zyklotron oder in einer ähnlichen Anlage nachgeahmt werden. Dabei werden die Kerne leichter Atome in einem elektrischen Feld auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt. Ihre Energie mißt man in Einheiten von einer Million Elektronenvolt (MeV). Das ist die Energie, die ein Elektron oder Proton — jedes Teilchen mit nur einer Ladung — aufnimmt, wenn es durch ein elektrisches Feld von einer Million Volt bewegt wird. Man richtet einen Strahl solcher Partikeln auf ein Zielobjekt, um eine Reaktion zwischen den Atomkernen im Strahl und denen im Zielobjekt hervorzurufen.
Die nebenstehende Tabelle zeigt einige der Kernfusionsreaktionen, die von Kernphysikern im Labor erforscht worden sind. Bei jeder dieser Reaktionen befindet sich jeweils eines der Teilchen, die vor dem Pfeil eingetragen sind, im Zielobjekt, während das andere Teilchen mit hoher Geschwindigkeit darauf auftrifft. Bei der ersten Reaktion trifft der Kern eines Wasserstoffatoms auf den eines anderen, verschmilzt damit und setzt ein positives Elektron frei. Dabei geht Masse verloren, die sich gemäß Einsteins berühmter Gleichung E = mc2 in Energie verwandelt. Folglich fliegen die Teilchen mit einer Energie auseinander, die größer ist als die der Teilchen vor der Verschmelzung. Die bei dieser Reaktion frei werdende Energie beträgt 2 000 000 Elektronenvolt.
Im Gegensatz dazu entsteht bei der Verbrennung von Kohle durch die Oxidation eines Kohlenstoffatoms eine Energie von 4 Elektronenvolt. Bei Kernreaktionen haben wir es mit Energiebeträgen zu tun, die millionenmal größer sind als bei chemischen Reaktionen.
Die ersten drei Reaktionen in der Tabelle betrachtet man als die grundlegenden Reaktionen, die in der Sonne ablaufen. Einige der anderen Reaktionen lassen sich im Labor leichter nachvollziehen. Du wirst feststellen, daß bei den Reaktionen Nr. 3, 5 und 6, bei denen Helium 4 entsteht, die erhaltene Energie viel größer ist. Das ist auf die engen Verbindungen zwischen zwei Protonen und zwei Neutronen zurückzuführen. Helium (He 4) ist ein sehr stabiles Element.
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