-
Wünscht du bessere Zeiten?Erwachet! 1974 | 8. Oktober
-
-
Wünscht du bessere Zeiten?
MIT welchen Gefühlen blickst du heute, in der zweiten Hälfte des Jahres 1974, der Zukunft entgegen? Haben die Probleme und die Unsicherheit der Gegenwart in dir den Wunsch nach besseren Zeiten geweckt, nach Zeiten, in denen das Leben sinnvoller und schöner wäre?
Das wünschen sich heute Millionen Menschen, und sie haben gute Gründe dafür. Noch nie hat der Mensch über so große Macht verfügt, seine Ziele und Pläne zu verwirklichen, wie heute, doch seine Leistungen sind recht armselig.
Vor gut einem Jahr glaubte man zum Beispiel, die Welt stände an der Schwelle einer neuen, einer besseren Zeit. Es sah so aus, als würde der Vietnamkrieg seinem Ende entgegengehen, und die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland entspannten sich allmählich. Das kommunistische China war Mitglied der Vereinten Nationen geworden und öffnete nach und nach der Welt seine gewaltigen Tore. Viele Staaten erlebten eine wirtschaftliche Blüte. Aber in den darauffolgenden Monaten geriet die Welt ins Schlittern, und der plötzliche Umschwung brachte die Menschen etwas aus dem Gleichgewicht.
Zu Beginn des Jahres 1974 wurde zum Beispiel in England ganz unvermittelt die dreitägige Arbeitswoche eingeführt; die Franzosen mußten für einen Liter Benzin 34 Cent bezahlen (doch für sie war das Benzin noch billiger als für die Italiener, denn diese bezahlten sogar 38 Cent für den Liter), während die Japaner sich fragten, wieso sich ihre blühende Wirtschaft — Japan hatte sich zur drittgrößten Wirtschaftsmacht der Welt entwickelt — gegenüber dem Ölembargo der arabischen Staaten als so empfindlich erwies. Nicht einmal die sofort eingeleiteten Bemühungen um eine Verständigung vermochten etwas an der Tatsache zu ändern, daß für die Wirtschaft trübe Aussichten bestanden. Und in einem von der Seattle Times veröffentlichten Rückblick auf die politischen Vorgänge in den Vereinigten Staaten konnte man lesen:
„Was sich [im Jahre 1973] in Amerika auf politischem Gebiet zutrug, war so bizarr, daß es fast aussah, als wäre irgendein teuflischer Drehbuchautor jeweils nachts aufgeblieben und hätte etwas zusammengeschrieben, was dann am nächsten Tag einen neuen Schock auslöste.“
Der beunruhigende Faktor
Was hat die Menschen so erschüttert? Die Wirkung, die das alles auf ihre Zukunftshoffnungen gehabt hat. Über die Situation in seinem Heimatland schrieb ein Engländer: „Das ist noch keine Rezession — das ist erst die Hauptprobe.“ Die Menschen sind so verwirrt, weil sie nicht mehr auf Jahre hinaus planen können, ja viele denken so wie eine Bürgerin von Los Angeles, die sagte: „Heute kann man höchstens ein Jahr im voraus planen.“
Nach einer Naturkatastrophe — einer Überschwemmung, einem Erdbeben, einer Dürre — oder nach einem anderen großen Unglück wie nach einem Krieg haben die Menschen gewöhnlich das Gefühl, nochmals von vorn beginnen zu können und für eine bessere Zukunft zu arbeiten. Heute sind jedoch viele beunruhigt und entmutigt, weil sie wiederholt erlebt haben, wie brüchig die Weltsysteme sind. Die gewaltigen Systeme, die der stolze Mensch aufgebaut hat, erweisen sich jetzt als morsch und brechen auseinander, wenn man es am wenigsten erwartet.
Deshalb fragen sich viele Menschen: Was ist vertrauenswürdig? Auf welches Fundament, das sich nicht als Treibsand erweisen wird, können wir für die Zukunft bauen?
-
-
Bemühungen um bessere ZeitenErwachet! 1974 | 8. Oktober
-
-
Bemühungen um bessere Zeiten
DIE jüngste Vergangenheit ist sehr stürmisch gewesen. Aber ist es nicht so, daß ein Sturm oft einer ruhigen, schönen Zeit vorausgeht? Was für das Wetter gilt, hat schon manchmal auf menschliche Angelegenheiten zugetroffen.
In Europa zum Beispiel folgte der unruhigen Zeit der Französischen Revolution und der Zeit Napoleons eine lange Zeitspanne, die verhältnismäßig ruhig war. Der schweren Zeit der großen wirtschaftlichen Depression, die in den Vereinigten Staaten im Jahre 1929 mit der Weltwirtschaftskrise begann und sich auf die ganze Welt auswirkte, folgten in vielen Ländern mehrere Jahre verhältnismäßig großen Wohlstandes. Die Weltereignisse scheinen oft einem Kreislauf unterworfen zu sein.
Sind daher die stürmischen Ereignisse unserer jüngsten Geschichte das Vorspiel zu einer Zeitspanne relativen Friedens und der Sicherheit in der ganzen Welt? Es gibt Anzeichen dafür, daß die Nationen der Erde gewaltige Anstrengungen in dieser Richtung unternehmen werden. Die Zeit wird kommen — und allem Anschein nach sehr bald —, in der die Weltführer der Menschheit zuversichtlich versichern werden, sie gehe jetzt den besten Zeiten entgegen, denn die größten Hindernisse für ein wirklich besseres Leben aller Völker seien endlich beseitigt worden. Sogar Prophezeiungen der Bibel weisen darauf hin, daß in der Welt „Friede und Sicherheit“ ausgerufen würde.
Die Frage ist jedoch: Wird durch solche Bemühungen eine völlig neue, bessere Ära eingeleitet werden, die echt und dauerhaft ist? Oder ist eine solche Ära von einer anderen, besseren Quelle zu erwarten? Worauf weist uns die Bibel hin?
Wird sich das System ändern?
Wenn die Zeiten wirklich besser werden sollen, müssen die Weltführer einen drastischen Wechsel auf allen Gebieten der menschlichen Bestrebungen zustande bringen. Sie werden den Lauf dieses Systems der Dinge ändern müssen. Mehr als das, sie werden eine wesentliche Änderung in der Denkweise der Menschen zustande bringen müssen. Hältst du es für wahrscheinlich, daß ihnen all das gelingt?
Zu den größeren Bemühungen, eine neue Ära einzuleiten, gehört die bessere Zusammenarbeit zwischen den „Supermächten“ der Welt. Als der Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU, Leonid Breschnew, in der Bundesrepublik zu Besuch war, sagte er über die verbesserten sowjetisch-amerikanischen Beziehungen:
„Im großen und ganzen kann man vielleicht sagen, daß unser Planet heute einem festen, dauerhaften Frieden näher ist als je zuvor Und die Sowjetunion wird all ihren Einfluß geltend machen, um diesen nützlichen Trend zu unterstützen.“
Es besteht kein Zweifel, daß bedeutende diplomatische Schachzüge heute so schnell und mit solchem Nachdruck ausgeführt werden, wie man es — besonders in Friedenszeiten — selten zuvor erlebt hat. Viele Beobachter stimmen mit Spartak Beglow von der sowjetischen Presseagentur Novosti überein, der sagte, auf der ganzen Erde sei „ein neues politisches Klima im Entstehen begriffen“. Man erhofft sich gewaltige Vorteile, falls es gelingt, unter den Großmächten der Welt einschließlich Chinas eine echte Zusammenarbeit zu erreichen.
Es wird auch die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, daß sich das Weltwirtschaftssystem stabilisieren wird und daß die jüngsten Krisen die Nationen aufrütteln werden, so daß sie die seit langem nötigen Änderungen oder Verbesserungen herbeiführen werden, zum Beispiel neue Energiequellen wie Anlagen zur Umwandlung von Sonnenenergie entwickeln oder alte Quellen wirkungsvoller ausnutzen, und daß infolgedessen eine neue Welle des Wohlstandes und des Überflusses in Erscheinung tritt.
Ja, du kannst sicher sein, daß das Jahr 1974 auch weiterhin gewaltige Anstrengungen, den Systemen dieser Welt neues Leben einzuflößen, erleben wird. Und es mag tatsächlich so scheinen, als ob es wieder aufwärtsgehe. Kannst du aber zuversichtlich darauf vertrauen, daß diese Entwicklungen zu dauerhaften Ergebnissen führen?
Optimismus ist bestimmt besser als Pessimismus. Noch wichtiger aber ist es, realistisch zu sein; wenn das nicht der Fall ist, wird der Optimismus zu einem reinen Wunschdenken, das nur zu Enttäuschung führt. Wie realistisch sind denn die Bemühungen der Weltführer, eine neue Ära dauerhaften Friedens und dauerhafter Sicherheit zu schaffen?
Die Tatsachen nehmen, wie sie sind
Viele, viele Friedensverträge und Abmachungen sind von den Nationen in der Vergangenheit unterzeichnet worden, und jedesmal hieß es, ein „dauerhafter Friede“ stehe bevor. Aber jedesmal wurde die Ruhe nach kurzer Zeit durch Kriege erschüttert, die ständig kostspieliger und schrecklicher wurden. Ganz gleich, wie feierlich und mit welcher Aufrichtigkeit Friedensverträge zwischen Nationen geschlossen wurden — sie haben nie echten, dauerhaften Frieden und Sicherheit herbeigeführt. Selbstsüchtige Interessen haben immer wie eine zersetzende Säure gewirkt und schließlich das Band der Einheit und Zusammenarbeit aufgelöst. Würdest du sagen, daß die Nationen heute weniger selbstsüchtig sind als in der Vergangenheit?
Frage dich auch: Wenn die Nationen und ihre Führer tatsächlich in der Lage wären, die gewaltigen Änderungen herbeizuführen, die für wirklich bessere Zeiten nötig wären, warum haben sie es dann nicht schon längst getan? Oder warum haben wir nicht wenigstens ständige, allmähliche Fortschritte bemerkt? Bestimmt nicht, weil nicht genug Zeit, Kraft und Geld aufgewandt worden wären, um dieses Ziel zu erreichen. Doch was sehen wir?
Während die Zeit vergeht, tauchen ständig mehr Probleme, Weltprobleme, auf, statt daß sie weniger werden. Immer mehr Sachverständige äußern die Meinung, daß diese Probleme — die zunehmende Verknappung grundlegender Güter, eine „explodierende“ Weltbevölkerung, der moralische Zusammenbruch, die Umweltverschmutzung — aus der Hand gleiten. So hieß es in einem Artikel, der in der in Indiana erscheinenden Pharos-Tribune & Press veröffentlicht wurde:
„Eine grundlegende Bedeutung des unglaublichen Jahres 1973 liegt darin, daß diese Nation und die ganze Welt auf fast allen Gebieten menschlicher Bemühungen deutlich hat erkennen lassen, daß ihre Probleme dem Gefahrenpunkt zustreben.
Ein Schlüsselwort, das diesem Phänomen zugrunde liegt, ist eine harte Nuß: Vergrößerung. Man kann jedes beliebige Problem herausgreifen. Wenn es früher einmal als lösbar oder zumindest als tragbar erschien, so scheint es heute solche Ausmaße anzunehmen, daß es uns aus der Kontrolle zu gleiten droht. ...
Dadurch, daß die Weltbevölkerung wächst und die Verhältnisse immer komplizierter werden, vergrößern sich die Schwierigkeiten ständig, bis die Gefahr jedem in die Knochen sinkt.“
Das Problem liegt viel tiefer, als die meisten denken. Es reicht bis an die Grundlagen der menschlichen Gesellschaft. Denn die Hauptursache für die sich verschlechternden Weltverhältnisse ist schließlich bei den Menschen zu suchen, in ihrer Lebensweise, in ihren Maßstäben — sofern sie überhaupt welche haben —, nach denen sie leben und von denen sie sich in ihrem Umgang mit anderen leiten lassen. In diese Richtung wies Alvin Toffler in seinem Buch Future Shock, wo es heißt:
„Was gegenwärtig geschieht, ist nicht eine Krise des Kapitalismus, sondern der Industriegesellschaft an sich, ungeachtet der politischen Form.
Wir erleben gleichzeitig eine Revolution der Jugend, eine sexuelle Revolution, eine rassische Revolution, eine koloniale Revolution, eine Wirtschaftsrevolution und die schnellste und tiefgreifendste technische Revolution der Geschichte.
Wir erleben eine allgemeine Krise des Industrialismus. In einem Wort, wir befinden uns mitten in einer superindustriellen Revolution.“
Ausmaß der Probleme jetzt weltweit
Was in unserer Generation vor sich geht, unterscheidet sich wesentlich von dem, was irgendeine andere Zeit erlebt hat. In der Vergangenheit blieben Probleme auf ein Land oder auf ein Gebiet beschränkt. Es dauerte Jahre, Generationen oder sogar Jahrhunderte, bis sich irgendwelche Geschehnisse auch in anderen Gegenden auswirkten.
Doch heute ist es ganz anders. Heute ist in der Welt alles eng miteinander verbunden und verflochten. Dazu haben die schnellen Nachrichtenübermittlungen, der Flugverkehr und die internationalen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen beigetragen. Daher macht sich eine drastische Veränderung in einem Teil der Erde schnell in einem anderen bemerkbar. Deshalb mußte auch die ganze Welt unter den Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, der Weltwirtschaftskrise, des Zweiten Weltkrieges, des Vietnamkrieges und nun der Energiekrise leiden.
Sachverständige geben zu, daß die weltweiten Probleme dieses Systems mit ziemlicher Sicherheit immer größer werden. Ein Grund dafür ist das unaufhörliche Bevölkerungswachstum, besonders in den Ländern, die es sich am wenigsten leisten können. Gemäß den Angaben des Population Reference Bureau (Amt für Bevölkerungsstatistik) in Washington (D. C.) war die Weltbevölkerung gegen Ende 1973 auf 3 900 000 000 Menschen angewachsen. Und sie vermehrt sich jedes Jahr um 2 Prozent. Das bedeutet, daß die Welt im Jahre 1974 einen Nettozuwachs von etwa 78 Millionen Menschen erleben wird.
Auf diese Weise wachsen die Probleme immer schneller. Es ist kein Wunder, daß immer mehr Menschen unter „seelischen Störungen“ leiten. Auf vielen Gebieten nimmt der Druck zu, und immer weniger Menschen gelingt es, mit den Problemen fertig zu werden. Das ist auch der Grund, weshalb die Nervenheilanstalten überfüllt sind und weshalb sich so viele unausgeglichen benehmen, ja daß einige sogar den Verstand verlieren und zu Massenmördern werden. Was heute in großem Ausmaß geschieht, kann mit der Situation verglichen werden, die in einer Schlacht eintritt, wenn die Soldaten wegen der zu großen nervlichen Belastung Schützengrabenneurose bekommen.
Wir müssen daher zu dem Schluß kommen, daß all die schwerwiegenden sozialen, sittlichen und wirtschaftlichen Probleme dieser
-