Ein Besuch in Argentiniens „Blumenstadt“
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Argentinien
AUF der jährlichen Ausstellung in Argentiniens „Blumenstadt“ kann man Blumen in allen Formen und Farben bewundern. Während du die vielen Blumen betrachtest, wirst du erkennen, daß ihre Schönheit sogar die ‘Herrlichkeit Salomos übertrifft’. — Matth. 6:28, 29.
Diese Blumenpracht findest du zur bestimmten Jahreszeit in Escobar, das etwa fünfzig Kilometer nordwestlich von Buenos Aires liegt. Die Gegend eignet sich gut für die Blumenzucht, denn der Boden ist fruchtbar. Die Stadt Escobar hat etwa 50 000 Einwohner; und hier gibt es die größte japanische Siedlung in Argentinien. Von den über 120 japanischen Familien züchten 95 Prozent Blumen.
In dieser Gegend leben 400 Blumenzüchter, und von diesen besitzen etwa 300 Treibhäuser. Viele Blumenzüchter bauen ihre Blumen im Freien an. Betrachten wir uns einmal die Zahlen für das Jahr 1969, damit wir uns von der Größe dieses Gewerbes einen Begriff machen können: 400 Körbe Blumen werden täglich von Escobar nach den Blumenmärkten in Buenos Aires versandt. Du meinst, das sei nicht viel? Nun, in jedem Korb sind 30 oder 40 Packen Gladiolen, und jeder Packen enthält 24 Blumen, außerdem sind 15 Packen Nelken mit je 100 Blumen je Packen sowie 20 Packen Rosen mit je 48 Blumen darin. Diese Blumen, die täglich auf den Markt kommen, sind 8 Millionen Pesos (etwa 22 860 Dollar) wert.
Herrliche Blumenausstellung
Am besten besucht man diese Stadt während der Ausstellung. Welche Fülle von Blumen dann hier blühen — Nelken z. B., die so groß sind, daß man beide Hände braucht, um sie zu halten. Sie gehören zu der „Sim“-Sorte; es gibt sie in Rot, Weiß, Rosa und anderen zarten Farbtönen. Eine Sorte hat schmale weiße Streifen; vielleicht erhält sie in diesem Jahr den ersten Preis.
Und erst die Azaleen! Dieser Azaleenstrauch ist fast so groß wie ein Baum und ist mit Blüten übersät. Auch die Azaleen gibt es in verschiedenen Farben: Weiß, Rosa, Violett, Korallenrot, und einige sind sogar zweifarbig.
Dann kommen wir zu den Rosen. Warum untersuchen die japanischen Herren dieses Exemplar so genau, bücken sich sogar, um die Unterseite der Blütenblätter und den Stamm zu betrachten? Sie sind die Preisrichter auf dieser Ausstellung; anscheinend müssen sie drei Faktoren berücksichtigen, wenn sie die Blumen beurteilen. Erstens muß der Stamm der Nelke oder der Rose kräftig genug sein, damit er die Blüte zu tragen vermag, wenn sie sich völlig öffnet. Dann prüfen sie, ob die Farbe rein und einheitlich ist. Schließlich begutachten sie noch die Größe der Blume.
Die Rose ist auf dieser Ausstellung gut vertreten. Einige sind tiefrot; dort drüben blüht eine auffallende Sorte: eine orangenfarbige. Man nennt sie „Superstern“. Dann gibt es einige, deren Blütenblätter mehrfarbig sind. Die gelben heißen „Seeräuber“, und jene anderen dort nennt man „Suspense“.
Versäume nicht, dir die schönen, doch recht seltsamen Pflanzen zu betrachten, die an den Stämmen jener Bäume wachsen. Es sind Orchideen. Diese Blumen gibt es in allen Größen und Formen. Man sieht hier Zwergorchideen sowie größere Arten, die dem Stamm verschiedener Bäume anliegen. Beachte die vollendete Form der Blüten, wie taufrisch und zart sie wirken.
Es gibt hier soviel zu sehen. In der Kakteenabteilung zum Beispiel sehen wir eine verwirrende Vielfalt an geometrischen Formen: Einige Kakteen sind kugelförmig, andere walzenförmig, oval, kegelförmig, prismatisch usw. Die meisten blühen gerade jetzt, dann sehen sie sehr schön aus. Wir dürfen uns aber in keiner Abteilung zu lange aufhalten, denn es gibt noch so viele schöne Blumen zu betrachten, die Zinerarien, die Gladiolen, Chrysanthemen, Tulpen, Gartenwicken und viele andere.
Der Japanische Garten
Wer diese Gegend besucht, sollte nicht versäumen, sich einmal den Japanischen Garten anzusehen. Die Stadtbehörde hat das nötige Land zur Verfügung gestellt, und die japanischen Siedler haben dort einen Garten angelegt und dem argentinischen Volk geschenkt. Er umfaßt fünftausend Quadratmeter und stellt eine japanische Landschaft im kleinen dar. Er ist im klassischen Stil aufgebaut, den man Tsukiyama-Sansuri (Berg und Wasser) nennt.
Zur Verzierung hat man extra Steine aus Alta Gracia in der Provinz Córdoba geholt, aus La Toma in der Provinz San Luis und aus Olavarría in der Provinz Buenos Aires. Einige Steine hat man behauen, andere nicht.
Strafgefangene von Sierra Chica haben eine typisch japanische Steinbrücke gebaut, die den kleinen See überspannt; sie trägt viel zur Schönheit des Gartens bei. Neun Steinlaternen wurden aus Japan eingeführt, um die klassische Wirkung noch zu erhöhen. Etwa 3 000 Personen haben im ganzen an diesem Garten gearbeitet, und man hat dort 250 verschiedene Baumarten angepflanzt. Die Kosten sollen 50 Millionen Pesos betragen haben, etwa 1 428 570 Dollar.
Zweck der Ausstellung
Bevor man die farbenprächtige Ausstellung wieder verläßt, sollte man noch das Treibhaus besuchen und sich dort aus der überwältigenden Vielfalt eine Topfpflanze für das Wohnzimmer oder den Patio auswählen und kaufen. Fast jeder nimmt sich eine Pflanze mit als Erinnerung an die Farbenpracht und Schönheit, die hier ausgestellt ist — eine Erinnerung, die sich bei rechter Pflege lange halten wird.
Doch auf dieser jährlichen Ausstellung möchte man nicht nur möglichst viele Blumen verkaufen. Man sammelt außerdem Geld, um eine Gartenbauschule zu gründen, eine Schule, die Forschungszwecken dienen soll, in der man Methoden entwickeln möchte, durch die es möglich sein wird, Blumensamen und -zwiebeln zu züchten. Schließlich wird es dann nicht mehr nötig sein, sie einzuführen. Man hat bereits 2 500 Hektar Land für diese Schule erworben. Es wird erwartet, daß Blumen und Pflanzen in noch größerer Vielfalt ausgestellt werden können, wenn diese Schule erst einmal besteht. Escobar wird sich weiterhin bemühen, Argentiniens „Blumenstadt“ zu bleiben.