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  • Mein Glaube an Gott stützte mich
    Der Wachtturm 1980 | 15. Juli
    • 14 Jahre meines Lebens in Konzentrationslagern und Gefängnissen verbracht. Ich wurde einmal gefragt: „Hat dir deine Frau geholfen, all dies zu ertragen?“ Ganz bestimmt! Ich wußte von Anfang an, daß sie niemals ihren Glauben aufgeben würde, und dies stützte mich. Ich wußte, daß sie mich lieber tot auf einer Bahre liegen sehen würde, als daß ich aufgrund von Kompromissen frei wäre. Es ist eine große Hilfe, einen so treuen Partner zu haben. Elsa erduldete viele Härten während der Jahre in den deutschen Konzentrationslagern, und ich bin davon überzeugt, daß es für dich ermunternd sein wird, ihren Erlebnisbericht zu lesen.

  • Zusammen mit meinem Mann den Glauben bewahrt
    Der Wachtturm 1980 | 15. Juli
    • Zusammen mit meinem Mann den Glauben bewahrt

      Von Elsa Abt erzählt

      ALS Harald in Sachsenhausen war, erlaubte man ihm manchmal, einen Brief von nur fünf Zeilen zu schreiben. Folgender Text war darauf gestempelt: „Der Schutzhäftling ist nach wie vor hartnäckiger Bibelforscher und weigert sich, von der Irrlehre der Bibelforscher abzulassen. Aus diesem Grunde ist ihm lediglich die Erleichterung, den sonst zulässigen Briefwechsel zu pflegen, genommen worden.“ Dieser Stempel war stets eine Ermunterung für mich, denn er zeigte mir, daß mein Mann im Glauben standhaft geblieben war.

      Eines Tages, es war im Mai 1942, wartete die Gestapo auf mich, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Sie durchsuchten das Haus und befahlen mir dann, meinen Mantel zu nehmen und mit ihnen mitzukommen. Unsere kleine Tochter Jutta ging auf einen der Gestapobeamten zu, einen ungewöhnlich großen Mann, zog ihn am Hosenbein und sagte: „Laß doch bitte meine Mutti hier!“ Da er gar nicht darauf reagierte, ging sie um ihn herum auf die andere Seite seiner Beine und flehte: „Laß doch bitte meine Mutti hier!“ Er fühlte sich gar nicht wohl dabei; deshalb sagte er: „Bringen Sie dieses Kind weg! Nehmen Sie auch ihr Bett und ihre Kleider!“ Man gab sie einer anderen Familie des Gebäudes, in dem wir wohnten, und unsere Tür wurde versiegelt. Ich wurde in das Hauptbüro der Gestapo gebracht.

      Dort sah ich viele andere Zeugen, die an diesem Tag festgenommen worden waren. Wir waren von jemand verraten worden, der vorgegeben hatte, ein Zeuge zu sein, und der unser Vertrauen gewonnen hatte. Als die Gestapo uns fragte, wo unsere Mimiographmaschine wäre und wer die Führung im Untergrundpredigtwerk innehätte, tat ich so, als wüßte ich nichts. Dann warf man uns ins Gefängnis.

      Unser unerschütterlicher Glaube brachte die Gestapo zur Verzweiflung. Einmal kam während eines Verhörs ein Offizier mit geballten Fäusten auf mich zu. „Was sollen wir mit euch nur machen?“ rief er aus. „Es macht euch nichts aus, wenn wir euch festnehmen. Ihr stört euch kein bißchen daran, wenn wir euch ins Gefängnis werfen. Vor dem Konzentrationslager habt ihr keine Angst. Wenn wir euch zum Tode verurteilen, steht ihr einfach unbesorgt da. Was sollen wir nur mit euch machen?“

      Nach sechsmonatigem Gefängnisaufenthalt wurde ich zusammen mit elf Glaubensschwestern nach Auschwitz in das berüchtigte Vernichtungslager gebracht.

      ANDERS UND GEACHTET

      Zuerst wurden wir nach Birkenau gebracht, eines der Hauptlager von Auschwitz. Als einer der SS-Offiziere herausfand, daß wir als Bibelforscher dort waren, sagte er: „An eurer Stelle würde ich das Schriftstück unterschreiben und nach Hause gehen.“

      „Wenn ich gewollt hätte, es zu unterschreiben, hätte ich das schon vorher tun können“, antwortete ich.

      „Aber Sie werden hier sterben“, sagte er warnend. Darauf erwiderte ich: „Ich bin darauf vorbereitet.“

      Später machte man Fotos von uns, und wir mußten Fragebogen ausfüllen. Während wir auf der Krankenstation in einer Schlange warteten, beobachteten zwei Ärzte — ebenfalls Häftlinge — unsere Ankunft. Der eine Arzt war schon viel länger im Lager als der andere. Ich hörte zufällig, wie der ältere zu dem jüngeren sagte: „Die Bibelforscher können Sie immer herausfinden.“

      „Ja?“ fragte der jüngere Arzt etwas ungläubig. „Dann zeigen Sie mir doch mal, wer in dieser Gruppe ein Bibelforscher ist.“ Ich war in der Schlange gerade an ihnen vorbeigegangen, und so konnten sie meinen lila Winkel nicht sehen. Trotzdem zeigte der ältere Arzt auf mich und sagte: „Das ist eine Bibelforscherin.“ Der jüngere kam zu mir herum, sah auf meinen Winkel und rief: „Sie haben Recht! Wie haben Sie das gewußt?“

      „Ja, diese Leute sehen anders aus“, sagte er. „Man kann sie einfach von anderen unterscheiden.“

      Das stimmte. Wir sahen anders aus. Wir gingen aufrecht und nicht gebeugt. Wir sahen nicht deprimiert aus. Unser Blick war immer gerade; wir sahen andere offen an. Wir waren dort als Zeugen für Jehovas Namen. Deshalb verhielten wir uns anders, und andere bemerkten dies.

      Wir zwölf Schwestern waren nur einige Tage in Birkenau. Dann wurden wir nach Auschwitz gebracht, um in den Wohnungen der SS-Offiziere zu arbeiten. Für diese Arbeit wollten sie nur Jehovas Zeugen haben; sie hatten Angst, andere in ihren Wohnungen arbeiten zu lassen, denn sie wußten, daß diese versuchen würden, sie zu vergiften. Wir waren ehrlich, stahlen nicht und versuchten nicht zu fliehen.

      LEBEN UND TOD IN AUSCHWITZ

      Eine Zeitlang wohnten wir alle innerhalb des Konzentrationslagers mit anderen Häftlingen in den Kellerräumen eines großen Backsteinhauses. Dann kam die Zeit, da man uns unsere Arbeitszuteilungen gab. „Wer möchte wo arbeiten?“ fragte man uns. Aber wir sagten nichts. „Oh, ihr seid stolz“, meinte die Aufseherin.

      „Nein, wir sind nicht stolz“, antwortete meine Freundin, „aber wo immer ihr uns auch hinstellt, dort werden wir arbeiten.“ Dies war unser Grundsatz. Wir wollten nicht unseren Arbeitsplatz aussuchen, denn wir baten Jehova um seine Führung. Erhielten wir eine Arbeit, die sehr schwer war, dann konnten wir uns an ihn wenden und ihn bitten: „Jehova, nun hilf uns bitte.“

      Ich erhielt die Zuteilung, für einen SS-Offizier zu arbeiten, der außerhalb des Lagers wohnte. Ich mußte sein Haus putzen, seiner Frau beim Kochen helfen, mich um ihr Kind kümmern und in der Stadt einkaufen. Nur Jehovas Zeugen ließ man ohne Wachen aus dem Lager. Natürlich trugen wir immer die gestreifte Häftlingskleidung. Nach einiger Zeit erlaubte man uns, dort zu wohnen, wo wir arbeiteten; und wir brauchten nachts nicht ins Lager zurückzukehren. Ich schlief im Keller des SS-Offiziers.

      Man betrachtete uns aber nicht als Menschen. Wenn mich zum Beispiel der SS-Offizier in sein Büro rief, mußte ich an seiner Tür stehenbleiben und sagen: „Häftling Nummer 24 402 bittet, eintreten zu dürfen.“ Nachdem ich Anweisungen erhalten hatte, mußte ich sagen: „Häftling Nummer 24 402 bittet, gehen zu dürfen.“ Unsere Namen wurden niemals gebraucht.

      Wie in anderen Lagern, so gelangte auch regelmäßig geistige Speise nach Auschwitz in Form von Wachttürmen und anderen Publikationen. Ich erhielt sogar Briefe von Harald. Wir stellten Verbindungen mit Zeugen von außerhalb auf folgende Weise her:

      Einige von unserer Gruppe, einschließlich meiner Freundin Gertrud Ott, wurden zur Arbeit in einem Hotel zugeteilt, wo die Familien der SS-Männer wohnten. Eines Tages, als Gertrud Fenster putzte, kamen zwei Frauen vorbei, und ohne hinaufzublicken, sagte eine: „Wir sind auch Zeugen Jehovas.“ Als sie später zurückkamen, sagte Gertrud zu ihnen: „Geht in die Toilette.“ Dort trafen sie sich und sprachen zusammen. Von da an verabredeten sie ähnliche Treffpunkte, um wertvolle biblische Literatur und andere Mitteilungen in das Lager einzuschmuggeln.

      Wir waren Jehova während dieser Jahre in Auschwitz für seine Führung und seinen Schutz sehr dankbar, besonders weil wir wußten, daß die schrecklichsten Dinge, die man sich nur vorstellen kann, geschahen. Ganze Bahnladungen von Juden kamen an und wurden gleich in die Gaskammern geschickt. Ich pflegte einmal eine Aufseherin im Lager, die bei den Gaskammern gearbeitet hatte, und sie erzählte mir, was sich dort alles zutrug.

      „Die Leute werden in einen Raum getrieben“, erzählte sie, „und auf der Tür zum nächsten Raum steht: ,Zum Badezimmer‘. Man sagt ihnen, daß sie sich ausziehen sollen. Völlig unbekleidet gehen sie in das ,Badezimmer‘. Die Tür wird hinter ihnen zugeschlossen. Aus den Duschen kommt kein Wasser, sondern Gas.“ Was sie dort gesehen hatte, hatte sie so sehr mitgenommen, daß sie physisch krank geworden war.

      IN ANDERE LAGER UND DIE BEFREIUNG

      Anfang Januar 1945 erlitten die Deutschen an der Ostfront eine Niederlage nach der anderen. In dem Bemühen, die Konzentrationslager zu evakuieren, wurden viele von uns von einem Lager zum anderen transportiert. Nachdem wir zwei Nächte und zwei Tage lang zum Lager Groß-Rosen marschiert waren, waren einige Schwestern für einen Weitermarsch zu erschöpft. Welche Erleichterung brachte es, als man uns schließlich in der dritten Nacht erlaubte, uns in einer überfüllten Scheune niederzulegen! Etwas Brot, das wir mitnehmen konnten, war alles, was wir auf dem ganzen Weg zu essen hatten. Keiner von uns hätte einen weiteren Tagesmarsch überlebt. Doch dann geschah etwas, was so außergewöhnlich war, daß ich es niemals vergessen werde.

      Als es am nächsten Tag weitergehen sollte, sah uns ein SS-Arzt, für den ich einmal gearbeitet hatte, und rief laut: „Bibelforscher hervortreten! Bibelforscher hervortreten!“ Dann sagte er zu mir: „Vergewissern Sie sich, daß alle von Ihnen hier sind.“ So wurden alle 40 Schwestern zum Bahnhof gebracht, und es wurden Vorkehrungen getroffen, daß wir mit dem Zug weiterfahren konnten. Für uns war es wie ein Wunder.

      Die Züge waren überfüllt. Drei von uns verfehlten irgendwie die Haltestelle und fuhren weiter nach Breslau (poln. Wroclaw). Dort stiegen wir aus, und man zeigte uns, wie wir zum Lager kommen würden. Als wir dort am Eingangstor ankamen, konnten die Wachen überhaupt nicht mehr aufhören zu lachen und sagten schließlich: „Das kann auch nur Jehovas Zeugen passieren, freiwillig hierherzukommen.“ Wir wußten aber, daß wir unsere Schwestern in Schwierigkeiten gebracht hätten, wenn wir nicht zum Lager zurückgekehrt wären.

      Wir waren nur zwei Wochen lang in Groß-Rosen; dann wurden wir zum Lager Mauthausen in der Nähe von Linz in Österreich gebracht. Die Zustände hier waren schrecklich. Es waren dort einfach zu viele Leute zusammengetrieben worden. Das Essen war knapp, und wir hatten nicht einmal Stroh zum Schlafen, nur Holzbretter. Nach kurzer Zeit waren wir wieder in Bewegung, zu dem Lager Bergen-Belsen in der Nähe von Hannover. Eine unserer Schwestern starb auf dem Weg. Wegen der schlechten Zustände in diesem Lager starben jetzt viele unserer Schwestern, die den Transport bis hierher überlebt hatten.

      Ungefähr 25 aus unserer Gruppe wurden noch zu einem anderen Lager gebracht, einem geheimen, Dora-Nordhausen. Ursprünglich war dies ein Lager nur für Männer, doch jetzt hatte man einige Prostituierte dorthin gebracht. Der Lagerkommandant machte den Aufseherinnen jedoch klar, daß wir nicht zu dieser Art von Frauen gehörten. In Dora-Nordhausen ging es uns besser. Ein Bruder arbeitete in der Gefängnisküche, und er sorgte dafür, daß wir einigermaßen gutes Essen bekamen.

      Zu dieser Zeit war das Ende des Krieges nahe. Es wurden Vorkehrungen getroffen, um uns an einen Ort in der Nähe von Hamburg zu transportieren. Man gab mir eine Dose Fleisch und etwas Brot mit auf die Reise, aber die Männer erhielten gar nichts. Ein polnischer Bruder war sehr krank; deshalb gab ich ihm meine Ration. Später erzählte er mir, daß dies sein Leben gerettet hätte. Auf dem Weg begegneten wir den amerikanischen Soldaten. Wir wurden befreit. Die SS-Männer zogen sich Zivilkleidung an, die sie mitgebracht hatten, verbargen ihre Waffen und flohen. Der Krieg ging seinem Ende zu.

      Es war etwas Wunderbares, als Harald und ich uns einen Monat später wiederfanden. Wir mußten uns einfach so lange umarmen, wie wir es noch nie getan hatten. Fünf lange Jahre waren vergangen, seitdem wir getrennt worden waren.

      WEITERE PRÜFUNGEN UND SEGNUNGEN

      Als wir nach Hause kamen, stand folgendes an der Tür: „Hier wohnt Jutta Abt. Ihre Eltern sind im Konzentrationslager.“ Wie herrlich war es, zu Hause zu sein — und in Sicherheit! Besonders befriedigend war es, daß wir Jehova treu geblieben waren.

      Meine Jahre im Konzentrationslager lehrten mich etwas Wunderbares, nämlich, wie sehr Jehovas Geist uns stärken kann, wenn wir unter furchtbaren Prüfungen stehen. Bevor ich festgenommen wurde, hatte ich im Brief einer Schwester gelesen, daß unter schweren Prüfungen Jehovas Geist eine unerschütterliche Ruhe über uns bringen kann. Ich dachte, sie hätte ein wenig übertrieben. Doch als ich selbst durch Prüfungen ging, fand ich heraus, daß das, was sie gesagt hatte, der Wahrheit entsprach. Es ist wirklich so. Man kann sich schlecht vorstellen, daß dies so ist, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Aber ich habe es selbst an mir erfahren. Jehova hilft.

      Der Gedanke daran, daß Jehova Abraham geboten hatte, seinen Sohn zu opfern, hat mir während meiner Trennung von meiner Tochter geholfen (1. Mose 22:1-19). Jehova wollte nicht wirklich, daß er Isaak tötete, aber er wollte Abrahams Gehorsam prüfen. In meinem Fall, so dachte ich, verlangte Jehova nicht, daß ich mein Kind opfern würde, sondern nur, daß ich es verließe. Das ist gar nichts im Vergleich zu dem, was er von Abraham verlangt hatte. Jutta ist in all den vielen Jahren Jehova treu geblieben; darüber sind wir sehr glücklich.

      Die Treue meines Mannes hat mir stets Freude und Kraft gegeben. Wegen seiner Treue zu Jehova muß ich ihn einfach lieben und achten. Und wir wurden dafür reich belohnt.

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