Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • w50 1. 4. S. 109-112
  • Deutsche Bezirksversammlungen 1949

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Deutsche Bezirksversammlungen 1949
  • Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1950
  • Zwischentitel
  • WEITHIN PUBLIZIERT
  • ENTSCHLIESSUNG
  • DIE WAHREN CHRISTEN STANDHAFT
Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1950
w50 1. 4. S. 109-112

Deutsche Bezirksversammlungen 1949

„IST der Bolschewismus schöner als andere Systeme? Glauben die Kommunisten, dass das, was Hitler begonnen hat, von ihnen vollendet werden müsse? Wir fürchten die Kommunisten genau sowenig, wie wir die Nazi gefürchtet haben!“ Mit diesen packenden Worten begegnete der Wortführer der in Berlin versammelten Zeugen Jehovas der Herausforderung der roten Marionetten der Ostzone. Diese wenigen Worte sprechen Bände. Sie rufen die zwölf langen Jahre in Erinnerung, da Tausende von Zeugen Jehovas in Deutschland geschlagen, gemartert und in Hitlers Nazikonzentrationslagern getötet wurden. Um deutlich zu sein: 10 000 wurden in jene teuflischen Höhlen geworfen, 2000 kamen dort um, 2000 wurden körperlich zu Wracks, und 6000 kamen im Jahr 1945 wieder heraus, um die unbehinderte Predigttätigkeit für das Königreich Jehovas wieder aufzunehmen. Hitler hatte sich daran gemacht, Jehovas Zeugen auszurotten. Doch waren es Hitler und seine Partei, die ausgerottet wurden, und jetzt, vier Jahre später, sind die 6000 tätigen Zeugen Jehovas zu einer Menge von 43 828 angewachsen! Welch jämmerlichen Misserfolg hat doch Hitler, der katholische Diktator, gehabt! Und jetzt suchen die roten Totalitären das zu vollenden, was die Braunhemden nicht tun konnten. Wenn ja, so ist ihnen unverblümt gesagt worden, dass die mutigen Zeugen Jehovas in Deutschland sich vor ihnen genau sowenig fürchten wie vor den Nazi.

Diese dramatische Entwicklung der Dinge zeigte sich an der Bezirksversammlung der Zeugen Jehovas der Ostzone Deutschlands, die vom 29.-31. Juli stattfand. Dies war nur eine von vier Bezirksversammlungen. Für die Zeugen in der französischen und amerikanischen Zone wurde vom 12.-14. August eine Zusammenkunft in München veranstaltet. Zwei fanden in der britischen Zone statt, die eine vom 22.-24. Juli in Hannover und die andere vom 5.-7. August in Düsseldorf. Die nachstehende Aufstellung enthält einige interessante Zahlen über die vier Versammlungen.

Versammlungs- Zeugen öffentl. Vortrag

stadt Besucherzahl Besucherzahl Getauft

Hannover 6 300 8 326 361

Berlin 17 232 33 657 1 055

Düsseldorf 6 524 10 908 460

München 9 340 10 510 610

Total 39 396 63 401 2 486

Jetzt aber zurück nach Berlin, um einen Blick zu werfen auf den kommunistischen Anschlag, die dortige Bezirksversammlung zu unterbinden. Im britischen Sektor Berlins liegt die schöne „Waldbühne“, und dort sollte die Bezirksversammlung stattfinden. Die Umstände in der russischen Zone gestatteten es nicht, eine grössere Versammlung dort abzuhalten, und so war es nötig, alle Vorbereitungen so still und geräuschlos wie möglich zu treffen. Hatten nicht boshafte Handlungen, verursacht von der bolschewistischen SED (Sozialistische Einheitspartei von Deutschland), zu einer Einmischung in die freie Gottesanbetung in gewissen Gegenden der Ostzone geführt? So wurde zum Beispiel in der letzten Minute eine Kreisversammlung in Döbeln, im Lande Sachsen, verboten, und gewalttätige Handlungen liessen einige Verletzte unter den Zeugen zurück. Ferner kam es zu einem erweiterten Verbot in Bautzen und Umgebung, ebenfalls im Lande Sachsen. Doch was noch schlimmer ist: als man einen leidenden Kriegsbeschädigten zu Zwangsarbeit in einem Steinbruch nötigte, wurde er wahnsinnig und ermordete seine Frau auf bestialische Weise, wobei er wiederholt den Namen Jehova murmelte. Die SED ergriff dies als einen Vorwand, um die Organisation der Zeugen Jehovas als eine „Mordorganisation“ zu verschreien.

Weil die Vorbereitungsarbeiten mit grosser Umsicht durchgeführt wurden, gelang es den Zeugen, acht Sonderzüge aus verschiedenen Gegenden der Ostzone für die zur Versammlung Kommenden zugesagt zu erhalten. Alle Vorkehrungen waren richtig getroffen und die Summe von mehr als DM 100 000 für die Fahrkarten von etwa 8000 Personen bezahlt worden. Dann, nur wenige Stunden vor der Abfahrt, wurden diese Sonderzüge alle abgesagt. Das Werkzeug, das gebraucht worden war, den Gegenbefehl auszugeben und die Züge aufzuhalten, war Hr. Kreikemeyer, Direktor der Ostdeutschen Reichsbahn, der schon einen üblen Ruf in Westdeutschland besitzt wegen der Rolle, die er in Verbindung mit der Blockade Berlins spielte.

Der Anschlag, die Versammlung in Berlin zu unterbinden, umfasste jedoch mehr als nur die Aufhebung der Sonderzüge. Die Bahngesellschaft weigerte sich, die Fahrkosten vor Ablauf von 14 Tagen zurückzuerstatten. Weshalb? Das war das verschlagene Mittel, das gebraucht wurde, um viele vom Besuch fernzuhalten. Tausende von Zeugen erwarteten auf den Bahnhöfen die Sonderzüge, nur um zu erfahren, dass sie abgesagt worden seien. Die Fahrkarten für jene Züge wurden wertlos, und da keine sofortige Zurückzahlung stattfand, war es für viele der Zeugen unmöglich, sich Fahrkarten für einen regulären Zug zu beschaffen.

Aber die von der Besatzungsmacht in Ostdeutschland geschaffene Polizei ging noch weiter. Erbost über den kühnen Schritt der Zeugen, dieses Jahr in Berlin wieder eine grosse Zusammenkunft zu feiern, sperrten sie alle Zufahrtswege nach Berlin ab und durchsuchten sämtliche Autos, Omnibusse und Lastwagen nach Teilnehmern dieser Versammlung. So erlangten sie die Namen von Zeugen Jehovas, von Autobesitzern sowie Beamten, welche die Reisepapiere ausgestellt hatten. Kurz vor der Versammlung erreichten die Berichte über die verschiedenen Hindernisse, die den reisenden Versammlungsbesuchern im Wege standen, Berlin, und man war in banger Sorge hinsichtlich dessen, was folgen mochte.

Doch als die Bezirksversammlung begann, waren bereits mehr als zwei Drittel der Plätze besetzt, und bis zum Abend des ersten Tages waren mindestens 16 000 zugegen, und am Sonnabend stieg die Zahl auf über 17 000 an. Jehova hatte für sein Bundesvolk in Deutschland ein neues Wunder gewirkt. Der Eifer dieser so sehr verfolgten Geschwister trieb sie an, die vielen Unannehmlichkeiten und Verfolgungen wie Durchsuchungen, Beschlagnahmungen von Autos, ja selbst Verhaftungen für Stunden oder einen Tag, zu überwinden. Zweifellos wären noch weitere Tausende gekommen, hätten nicht die Kommunisten-Marionetten eingegriffen; doch die hohe Zahl der Anwesenden zeigt, dass die Bemühungen zur Vereitelung der Versammlung gescheitert waren. Ausserdem wirkten sich die bösen Anschläge und Taten dieser Feinde nur zu einem grossartigen Zeugnis gegen sie aus.

WEITHIN PUBLIZIERT

Als die Versammlungsredner diese Dinge in ihren Ansprachen zum Ausdruck brachten, kamen eilends Zeitungsberichterstatter zu den offiziellen Vertretern dieses Kongresses, um die Tatsachen zu vernehmen. Die Enthüllung solch diktatorischer Massnahmen, wie sie in der Ostzone gepflegt wurden, war natürlich gerade das, was die westliche Presse zu wissen und zu veröffentlichen wünschte. Es war keine Einladung an die Presse zum Besuche der Veranstaltung ergangen; dennoch erschienen ihre Vertreter zahlreich und berichteten in aufsehenerregendster Weise über die eitlen Bemühungen der Kommunisten, die Zeugen auf dem Wege nach Berlin anzuhalten. Lange Artikel auf den ersten Seiten der verschiedenen Tagesblätter rückten Jehovas Zeugen vor die Augen der Öffentlichkeit, und natürlich gaben die westdeutschen politischen Gegner der Kommunisten ihren Zorn und Unmut deutlich zum Ausdruck. In Verbindung mit all diesem politischen Kapital, das sie aus der Sachlage schlugen, veröffentlichten sie indes die Tatsachen über die grosse Zusammenkunft der Zeugen, und besonders berichteten sie über den öffentlichen Vortrag wie nie zuvor. Am Samstagabend las der Zweigdiener der Wachtturm-Gesellschaft in Deutschland, Erich Frost, den versammelten Tausenden folgende Resolution vor:

ENTSCHLIESSUNG

Achtzehntausend Zeugen Jehovas aus allen Gebieten der östlichen Besatzungszone Deutschlands sind in der Waldbühne Berlin zusammengekommen, um den Namen Jehovas, ihres Gottes, zu erheben und ihn zu preisen. Sie erheben ihre Stimme wie ein Mann, um die gottgewollte und durch die unveräusserlichen Rechte freien Menschentums verbürgte, in allen freiheitlichen Verfassungen demokratischer Staatswesen fest verankerte Freiheit der Anbetung Gottes und der freien Religionsausübung zu fordern und zu verteidigen.

Sie erheben Protest gegen die undemokratischen und verfassungswidrigen Verbote und Einschränkung ihrer Gottesdienste in Sachsen und die Beschlagnahme der hierfür benutzten Räume;

Sie protestieren gegen die brutale, gewaltsame Sprengung ihrer gottesdienstlichen Zusammenkünfte durch ungesetzliche Polizeiaktionen, wie sie im Kreise Bautzen vorkommen;

Sie protestieren gegen die von intoleranten fanatisierten Gegnern entfachte politische und religiöse Hetze, die sich nicht scheut, den Spuren einer vergangenen Schmutzpresse nach Art eines „Stürmers“ und eines „Schwarzen Korps“ [frühere fanatische Naziblätter] zu folgen, und eine christliche Gemeinschaft aufrichtig gläubiger Männer und Frauen als eine „Mord-Organisation“ zu bezeichnen und für vogelfrei zu erklären, nur weil ein infolge schwerer Kriegsverletzung wahnsinnig gewordener Mensch, der fälschlich ein Zeuge Jehovas genannt wird, seine Frau auf grausige Weise ermordet hat;

Sie protestieren dagegen, diesen Menschen wegen seiner nach der Untat im Wahnsinn erfolgten Reden als „Zeugen Jehovas“ zu bezeichnen, da diese Reden zwar beweisen, dass der Mensch wahnsinnig, nicht aber, dass er ein Zeuge Jehovas war.

Sie protestieren dagegen, dass dieses unselige Vorkommnis dazu herhalten muss, unschuldige und aufrichtige Christen in der Öffentlichkeit zu diffamieren und sie zu beschuldigen, dafür verantwortlich zu sein, während es in Wahrheit nichts als eine der Folgen des unheilvollen Hitlerkrieges ist, an dem Jehovas Zeugen keinen Anteil haben, zu dem aber ihre religiösen Gegner ihren Segen gegeben haben.

Sie protestieren in aller Entschiedenheit dagegen, in bewusst verleumderischer Weise als Kriegshetzer und Feinde des Friedens bezeichnet zu werden, und weisen darauf hin, dass sie die einzige Organisation friedliebender Menschen sind, deren Angehörige nahezu hundertprozentig den Kriegsdienst in jeder Form verweigert haben.

Sie protestieren in aller Entschiedenheit gegen die unbegründeten freiheitsfeindlichen Willkürmassnahmen der Eisenbahn-Direktion der Ostzone unter ihrem Generaldirektor Kreikemeyer, durch welche seit langem fest zugesagte und bereits voll bezahlte Sonderzüge für Jehovas Zeugen unmittelbar vor der Abfahrt abgesagt wurden; Tausenden ist die Teilnahme an der Berliner Bezirksversammlung durch die kontraktbrüchige Haltung der Eisenbahnverwaltung unmöglich gemacht worden.

Jehovas Zeugen setzen ihr Leben für den Frieden ein und verharren in der durch Gottes Gesetz festgelegten Neutralität allen politischen und weltanschaulichen Streitigkeiten dieser Welt gegenüber, von der Gottes Reich nach den Worten Jesu nicht ist. Jehovas Zeugen geben in jedem Lande, in welchem sie Bürgerrecht haben, willig dem Staate, was des Staates ist, aber sie weigern sich ganz entschieden, dem Staate auch das zu geben, was Gott gebührt. Unter keinen Umständen, selbst nicht unter dem Druck diktatorischer Massnahmen, werden sich Jehovas Zeugen in den Weltstreit zwischen dem Osten und dem Westen einmischen. Jehovas Zeugen leben sowohl im Osten als auch im Westen. Wir nehmen nicht für einen Weltblock gegen den anderen Partei, weil wir dadurch Gottes Gesetz verletzen und die göttlichen Grundsätze des Friedens und der Einheit verleugnen würden. Wir sind und bleiben Jehova und Christus Jesus, dem König der neuen Welt, völlig ergeben und bezeugen allen Menschen guten Willens, dass ohne Gottes Führung und ohne Beachtung seines vollkommenen Gesetzes kein Aufbau möglich ist, wie in Psalm 127:1 geschrieben steht: „Wenn Jehova das Haus nicht baut, vergeblich arbeiten daran die Bauleute; wenn Jehova die Stadt nicht bewacht, vergeblich wacht der Wächter.“

Wir legen die Entscheidung auch in dieser Sache glaubensvoll in die Hand Jehovas, des höchsten Richters, vor dem jeder für sein Tun verantwortlich ist.

Ihm allein verdanken wir Hilfe und Befreiung nach einem zwölfjährigen Kampfe der Lüge und des Terrors gegen Wahrheit und Gerechtigkeit und wir zweifeln nicht einen Augenblick, dass er noch einmal und immer wieder sein Wort der Verheissung an uns erfüllen wird: „Schauen wirst du es mit deinen Augen, und wirst sehen die Vergeltung der Gesetzlosen.“ — Psalm 91:8

Es ist die Verantwortung der ordentlichen Behörden, die Freiheit der Religion und des Glaubens, die Freiheit der Gottesanbetung allein nach dem eigenen Gewissen zu schützen und zu garantieren. Ihre Beeinträchtigung widerspricht den demokratischen Grundsätzen ebenso sehr wie den von Gott verliehenen Grundrechten aller Menschen, dem Recht auf Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit. Wer diese Grundsätze verletzt, macht sich zum Feinde Gottes und aller aufrichtigen, Recht und Freiheit liebenden Menschen und wird die Verantwortung tragen.

Was immer auch geschehen mag, wir geloben aufs neue Jehova unserem grossen Gott und ewigen König Treue bis in den Tod. Wir werden nicht aufhören, die frohe Botschaft vom Reiche Gottes zu verkündigen, wie er geboten hat. Allen Anstrengungen, uns in diesem Gottesdienst durch Verbote, Verordnungen und ungesetzliche Massnahmen zu beeinträchtigen, setzen wir entschlossen entgegen: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen!“

Jehovas Zeugen

Berlin, den 30. Juli 1949

Diese Resolution wurde durch den amerikanischen Sender RIAS in Berlin am gleichen Abend bekanntgegeben und drang anscheinend bis nach Amerika, denn am folgenden Sonntagmittag fanden sich Dutzende von Zeitungsreportern in der „Waldbühne“ ein, darunter auch Wagen von „Funk und Bild“, und man betonte ausdrücklich, von New York über München veranlasst worden zu sein, für die Presse Bilder von der öffentlichen Versammlung aufzunehmen. Es war ein wunderbarer Tag. Die Begeisterung der Zeugen kannte keine Grenzen. Mit den über 33 000 Besuchern waren nicht nur alle Plätze besetzt, sondern auf Zufahrtswegen und Strassen und selbst im nahen Waldgebiet sassen oder standen Tausende, die aufmerksam dem Vortrag „Es ist später als du denkst!“ lauschten. (Die Abwicklung der Bezirksversammlungen war in Deutschland dieselbe wie in andern Teilen der Erde.) Während des Vortrages gab es gar keine Störung. Nebenbei bemerkt: die am Abend zuvor gefasste Resolution wurde an all die höheren öffentlichen Amtsstellen und Amtspersonen aller vier Zonen Deutschlands gesandt.

In den nächsten Tagen gab es kaum eine Berliner Zeitung, die nicht Artikel über die Zusammenkunft brachte, und die besonders das verschlagene Vorgehen in der Ostzone hervorhob. Überall wurde das mutige Verhalten der Zeugen Jehovas gerühmt. So sagte das Freie Wort, Berlin, unter dem 5. August:

Aus dem Erzgebirge waren sie gekommen und von der Ostsee, aus Thüringen und Frankfurt an der Oder, Barth in Pommern und Görlitz, aus den entlegensten Dörfern und allen Städten der Ostzone. Für viele Hunderte war es schon schwer gewesen, das Fahrgeld für den Sonderzug aufzubringen. Als sie das Fahrgeld dann nicht zurückerhielten [nach Absage der Sonderzüge], haben sie oft ihr letztes Geld genommen, um nach Berlin zu kommen. Ganze Karawanen, mit Mundvorrat, einer Schlafdecke und der Eintrittskarte am Rock, sind am zweiten Tag der Bezirksversammlung noch eingetroffen. Die Solidarität, in den nazistischen KZs erprobt, war so gross, dass auch die fahrgeldlosen Zeugen Jehovas wieder nach Hause gekommen sind. Die Tagung fand ihre Krönung mit dem Vortrag „Es ist später als du denkst!“ Und die Kommunisten, die jetzt die Bibelforscher drangsalieren, stellten erneut unter Beweis, dass sie die Fortführer des Naziregimes unter anderem Namen sind.

Aus dem Blatt Der Tagesspiegel, Berlin, vom 2. August führen wir an:

Mehr als 30 000 „Zeugen Jehovas“ versammelten sich am Sonntag in der „Waldbühne“, um gegen die Unterdrückung ihrer Organisation in der Ostzone zu protestieren. „Wir fürchten die Gewalt der Kommunisten ebensowenig, wie wir die Nationalsozialisten gefürchtet haben“, sagte Erich Frost, der leitende Prediger der „Zeugen Jehovas“, der wie viele seiner Glaubensfreunde von den Nationalsozialisten in ein Konzentrationslager gebracht worden war. Die „Zeugen Jehovas“ — die man auch unter dem Namen Ernste Bibelforscher kennt — hatten es abgelehnt, die Hakenkreuzfahne zu grüssen und am Kriege teilzunehmen. Die kommunistischen Staatsorgane, so sagte Frost, hätten durch undemokratische und verfassungswidrige Verbote die Abhaltung von Gottesdiensten behindert, und sie hätten Versammlungen der Organisation mit Holzknüppeln auseinandergetrieben. Frost warnte die SED, dass sie ein ähnliches Schicksal wie die Nationalisten erleiden könnte.

Unterm 2. August berichtete Die neue Zeitung in Berlin:

Es war ein Treffen der Zeugen Jehovas aus der gesamten Ostzone. „Es ist später als du denkst!“ stand in weisser Schrift auf dem Rasen unten, „Es ist später als du denkst!“, hiess das Referat. So wenig, wie sie die Nazi fürchteten, fürchten sie auch die Drangsale der Ostzone nicht, und mutig konnte der Magdeburger Frost fragen: „Ist der Bolschewismus schöner als andere Systeme? Glaubt die SED, dass das, was Hitler begann, von ihr zum Ziel gebracht werden müsste? Wir fürchten die SED genau so wenig, wie wir die Nazi gefürchtet haben.

Wie steht es aber mit den Berichten der Zeitungen im Ostsektor von Berlin? Ihre Berichtslinie verlief ganz anders, und wenn wir die Berichte hören, so verstehen wir, warum die von den versammelten Zeugen Jehovas angenommene Resolution die Anklagen auf „Friedensfeinde“ und „Kriegstreiber“ zurückwies. Man beachte das folgende Beispiel der Berichterstattung durch eine SED-Zeitung, der Berliner Zeitung vom 2. August:

Die Zeit nach einem verlorenen Kriege ist reich an harmlosen und weniger harmlosen Narreteien aller Art. Religiöse Sekten spriessen wie Pilze aus dem Boden. Im allgemeinen sollte man ihnen die Missachtung schenken, die sie verdienen. Wenn sie aber, wie die „Zeugen Jehovas“, getarnt durch einen Schwall religiöser Phrasen, eifrig die Geschäfte der Kriegstreiber und der Feinde der Einheit Deutschlands besorgen, darf es nicht bei dieser Missachtung bleiben. . . . Bei den Wahlen zum Volkskongress und beim Volksbegehren für die Einheit Deutschlands haben die „Zeugen Jehovas“ durch ihre Wühlereien deutlich genug gezeigt, dass sie gar nicht beabsichtigen, sich nur als „Zeugen Jehovas“ zu betätigen. Jehova hat sie bestimmt nicht beauftragt, gegen die Beteiligung am Volksbegehren und an den Wahlen zum Volkskongress aufzutreten oder die Durchführung des Zweijahrplanes zu sabotieren. Solche konkreten Aufträge pflegen nicht aus dem himmlischen Jenseits zu kommen, wohl aber aus einem gewissen Lande jenseits des Atlantik und von einigen seiner Einwohner, deren oberste Gottheit nicht Jehova, sondern Mammon heisst.

DIE WAHREN CHRISTEN STANDHAFT

Christus Jesus hat gesagt, dass seine Nachfolger von allen Nationen gehasst würden, weil diese Christen keinen Teil der gegenwärtigen bösen Welt bilden. Jede Nation brandmarkt Jehovas Zeugen mit den besonderen Namen, die in ihrem Lande unpopulär sind. In den Nationen des Westblocks, die Westzone Deutschlands inbegriffen, werden sie als Kommunisten bezeichnet, doch in Nationen unter dem östlichen Einflusskreis nennt man sie Imperialisten, Volksfeinde und Kriegstreiber, die von den Vereinigten Staaten unterstützt seien. Tatsächlich sind sie mit keiner Seite verbündet, sondern sind treue Christen, die einer gerechten, himmlischen Herrschaft ergeben sind, und die dafür wirken und beten, so wie dies Jesus seine wahren Nachfolger zu tun gelehrt hat. Und während sie dies tun, gehorchen sie den Gesetzen des Landes, in dem sie wohnen, so lange diese Gesetze dem Gesetz Gottes nicht widersprechen. Sie geben dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. — Matth. 22:21.

Als die Bezirksversammlung vorüber war und ihre Besucher sich heimwärts wandten, waren wiederum alle Zufahrtstrassen nach Berlin durch Polizeikontrollen abgesperrt, damit man Autos, Omnibusse und andere Fahrzeuge, welche die Stadt verliessen, anhalten konnte, auf der Suche nach Jehovas Zeugen, um ihnen ihr Gepäck zu durchwühlen. Alle Zeugen, die den Kongress besucht hatten, hatten ein Exemplar des Buches Die neue Welt erhalten, und viele davon wurden der Polizei übergeben, als die Durchsuchenden sie entdeckten. Es ist nicht unmöglich, dass einige dieser Verfolger einen Blick in dieses Buch tun und den Unterschied kennenlernen zwischen der trostlosen Welt, die sie jetzt unterstützen, und der Welt, die Jehovas Zeugen ankündigen.

Über diese weitere Belästigung der Zeugen wurde in der Westpresse berichtet, so dass sich die Zeitspanne der Publizität über drei bis vier Wochen erstreckte. Nun zog gewissermassen die Ruhe in der Ostzone wieder ein; die Verhafteten wurden freigelassen, und man hat weiter kein Aufhebens mehr gemacht. Liessen sich die Zeugen durch den kommunistischen Angriff einschüchtern? Schwerlich. Die Versammlung endete am letzten Julitag, und während des folgenden Monats August erzielten Jehovas Zeugen in der Ostzone eine neue Verkündigerhöchstzahl, indem sie 568 Verkündiger mehr im Felddienst hatten als je zuvor!

Der katholische Hitler suchte die Zeugen aufzuhalten; doch jetzt sind sie stärker denn je. Und wo ist Hitler? Nun haben die Kommunisten ihre grosse Gelegenheit, das zu vollenden, was Hitler begonnen hat, und das Ergebnis ist eine neue Verkündigerhöchstzahl in der Ostzone! Wie anders ist doch dieses Verhalten als der Lauf der anpassungsfähigen römisch-katholischen Geistlichkeit, welche die Kühnheit hat, Jehovas Zeugen als Kommunisten zu bezeichnen, während sie selbst an den Brüsten kommunistischer Regierungen saugt! Ihr verneint es? Was sagt ihr dann zum neuen Kirchengesetz in der Tschechoslowakei, das die Regierung ermächtigt, über die Finanzen, Ernennungen, Verwaltung und Entlöhnung der katholischen Kirche zu gebieten, und vor welchem die Geistlichkeit nach lärmigen Protesten kapitulierte? Und warum gab die Geistlichkeit nach? Damit die 7000 Priester in jenem Lande der Verfolgung entgingen, wie dies die tschechoslowakischen Bischöfe und der Vatikan zugegeben haben. Lieber als die Verfolgung auf sich zu nehmen, die Christus für seine Nachfolger vorausgesagt hatte, und es als einen Segen zu betrachten, um seines Namens willen zu leiden, nimmt die falsche katholische Geistlichkeit einen feigen Sprung in die Hürde der Kommunisten und bewirft Jehovas Zeugen mit Bezeichnungen wie „Kommunisten“.

Was Jehovas Zeugen betrifft, so erwarten sie Verfolgung und können sie in der Kraft Gottes Jehovas überwinden. Sie fürchten weder Menschen noch Regierungen noch den Teufel. Erdenweit haben Jehovas wahre Zeugen denselben Geist der Furchtlosigkeit, wie er sich in den ruhigen und mutigen Worten der Zeugen widerspiegelt, die an der Berliner Bezirksversammlung zugegen waren: „Wir fürchten die Kommunisten genau sowenig, wie wir die Nazi gefürchtet haben!“

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen