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„Bleibt gesund!“Der Wachtturm 1982 | 15. September
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„Bleibt gesund!“
Mit diesen Worten schloß die leitende Körperschaft der ersten Christen einen Brief an die Versammlungen ab. Das griechische Wort, das sie hier gebrauchte, hatte den Sinn von „werdet stark, lebt wohl, bleibt gesund“ (Apostelgeschichte 15:29).
Obwohl die Worte „Bleibt gesund!“ als Schlußformel eines Briefes dienten, spielen sie doch auf etwas an, was uns allen lieb und teuer ist — unsere Gesundheit. Schon lange bemühen sich die Menschen, etwas für ihre Gesundheit zu tun. Ist dir jedoch aufgefallen, daß viele Menschen heute um ihre Gesundheit übermäßig besorgt sind? Hast du dich schon einmal gefragt, was ein ausgeglichener Standpunkt für einen Christen wäre?
Wodurch Ansichten über die Gesundheit beeinflußt werden
Das stark aufkommende Interesse an der Gesundheit mag zeigen, wie sehr sich die Menschen ihrer Sterblichkeit bewußt sind. Der Tod kommt so schnell! (Psalm 90:10). Man kann verstehen, daß jemand, der glaubt, das gegenwärtige Leben sei alles, was er zu erwarten habe, jedes erdenkliche Mittel anwendet, um Krankheiten zu verhindern, die das Herannahen des Todes beschleunigen könnten.
Unsere Ansicht über die Gesundheit wird auch von dem weitverbreiteten Mißtrauen gegenüber dem „Establishment“ beeinflußt, und dazu gehören die Autoritäten auf dem Gebiet der Schulmedizin. Aufgrund dieses Mißtrauens bezweifeln viele die Qualität kommerziell hergestellter Nahrungsmittel. Millionen haben sich dafür entschieden, nur noch in beschränktem Maße konventionell verarbeitete Lebensmittel zu genießen, da sie von den Gesundheitsschäden gehört haben, die durch den Genuß von zu vielen verfeinerten, mit chemischen Zusätzen versehenen Lebensmitteln verursacht werden. Viele haben eine solch entschiedene Ansicht über „natürliche“ Lebensmittel, daß sie praktisch nichts anderes mehr essen. Andere, die von tragischen Vorfällen, wie zum Beispiel von den durch Contergan verursachten Geburtsfehlern, gehört haben, sind gegenüber Arzneimitteln sehr mißtrauisch geworden. Sie befürchten, daß die von pharmazeutischen Firmen angepriesenen Medikamente schädliche Nebenwirkungen haben und daß ein paar überlastete Ärzte solche Medikamente verschreiben, ohne deren Wirkung sorgfältig zu überwachen.
All das hat dazu geführt, daß man heute in Gesundheitsfragen selbständiger geworden ist. Wahrscheinlich bist auch du der Ansicht, daß jeder Erwachsene in Gesundheitsfragen seine eigene Entscheidung treffen sollte, gestützt auf vertrauenswürdige Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten, die ihm zur Auswahl stehen. Aber sind dabei auch gewisse Gefahren zu berücksichtigen? Kann uns die Bibel in Gesundheitsfragen helfen?
Das Christentum fördert die Gesundheit
In dem Brief der leitenden Körperschaft des ersten Jahrhunderts hieß es, Christen sollten sich ‘der Hurerei und des Blutes enthalten’ (Apostelgeschichte 15:28, 29). Das ist sogar vom gesundheitlichen Standpunkt aus weise. Hurerei kann zu Geschlechtskrankheiten und unerwünschten Schwangerschaften führen. Durch Bluttransfusionen sind Tausende von Menschen mit Hepatitis- und anderen Krankheitserregern infiziert worden, wie zum Beispiel mit dem oft tödlichen Virus, mit dem Papst Johannes Paul II. infiziert wurde.
Denke auch an den gesundheitsfördernden Rat Gottes in bezug auf Trunkenheit und Rauchen. Dr. Joel Posner berichtete, 60 Prozent des in den USA für Gesundheitspflege ausgegebenen Geldes seien für Krankheiten verwendet worden, die mit Alkohol- und Tabakgenuß in Verbindung ständen (Sprüche 20:1; 2. Korinther 7:1).a
Die Bibel schützt unsere Gesundheit auch in anderer Hinsicht. Daß dem so ist, wirst du verstehen, wenn du liest, was sie über Reinlichkeit sagt (2. Mose 30:17-21; 5. Mose 23:12-14). Auch die gesamte Geisteshaltung, die ein Christ entwickelt, während er die Bibel studiert, kann zur Verbesserung seiner Gesundheit beitragen. Dadurch, daß er sich bemüht, Milde, Freundlichkeit und Liebe zu bekunden, lebt er friedlicher, und das schützt seine Gesundheit (Sprüche 14:30). Außerdem trifft ein Christ aufgrund seiner hohen Achtung vor dem Leben vernünftige Vorsichtsmaßnahmen, um Risiken zu vermeiden. Zum Beispiel wird er gewissenhafter als andere darin sein, im Auto einen Sicherheitsgurt anzulegen (Apostelgeschichte 17:24, 25, 28). Dr. K. L. White, stellvertretender Direktor der Abteilung Gesundheitsforschung in der Rockefeller-Stiftung, sagte, daß „Lebensstil und persönliches Verhalten“ einen „großen Einfluß auf die Gesundheit ausüben“.
Außerdem enthält die Bibel den Rat: „Ist es Honig, was du gefunden hast? Iß, was für dich genug ist, damit du nicht zuviel davon nehmest und es ausspeien mußt. Zuviel Honig essen ist nicht gut“ (Sprüche 25:16, 27). Was auch immer Honig an relativen Vorteilen gegenüber Zucker als Süßstoff hat, so enthält dieser Rat eine Regel für gute Gesundheit: Mäßigkeit sollte bei deiner Ernährung eine Schlüsselrolle spielen. Wenn sich jemand abwechslungsreich ernähren kann und nicht zuviel ißt, auch nicht zuviel von einem bestimmten Nahrungsmittel, dann wird dies seiner Gesundheit nützen. Das, was die Bibel über Honig sagt, kann man ganz allgemein auf die Bemühungen anwenden, sich gesund zu erhalten.
Vitamine, Mineralien und Kräuter
Eine verbesserte Ernährung hat zu einer besseren Gesundheit beigetragen. Entscheidend ist dabei die Entdeckung unseres Bedarfs an Vitaminen und Mineralien gewesen. Zum Beispiel können Mangelkrankheiten wie Beriberi, Pellagra, Skorbut und Rachitis durch eine ausgeglichene Ernährung mit ausreichend Vitamin B, C und D geheilt oder vermieden werden. Und während sich Ärzte immer mehr mit Ernährungsforschung beschäftigen, sind Berichte über andere Krankheiten erschienen, die anscheinend mit größeren Mengen gewisser unter ärztlicher Aufsicht verabreichter Vitamine und Mineralien behandelt werden können.
Viele Leute haben jedoch von sich aus angefangen, große Mengen von Ergänzungsmitteln zu nehmen, als ob sie schwerwiegende Mangelerscheinungen hätten. Einige, die sich auf diese Weise selbst verarzten, sind der Ansicht: „Wenn ein wenig gut ist, dann ist mehr noch besser.“ Und: „Vitamine und Mineralien können nichts schaden, weil der Körper Überflüssiges sowieso ausscheidet.“ Es stimmt: Wenn man von gewissen Vitaminen zuviel nimmt, ‘wandern sie in die Eingeweide und werden in den Abort ausgeschieden’; es sind dann lediglich teure Ausscheidungen (Matthäus 15:17). Aber wenn man von anderen Vitaminen und Mineralien zuviel nimmt, wirken sie nicht mehr als Nährstoffe, sondern als Drogen, und sie können dann sogar ein schädliches Gift sein.
Einige Leute, die zu große Mengen gewisser Vitamine genommen haben, haben sich organische Schäden oder sogar noch Schlimmeres zugezogen. In England zum Beispiel starb ein Mann an Hypervitaminose, weil er große Mengen Karottensaft und Vitamin A zu sich genommen hatte. Auch viele Kinder haben Schaden erlitten, weil ihnen ihre Eltern aus Unkenntnis zuviel Vitamine gegeben haben. Über Mineralien sagte ein Augenarzt: „Ich bin darüber besorgt, daß viele Leute große Dosen Kalzium, Kupfer, Zink und Chrom nehmen. Ich stelle jetzt bei einer Anzahl 20- bis 30jähriger Brüder und Schwestern Erblindungen fest.“ Denke an den weisen Rat, den die Bibel über Honig gibt. Zuviel kann schaden, ganz gleich, ob es sich um synthetische Arzneimittel handelt oder um natürliche Vitamine und Mineralien oder um Kräuter.
Ja, auch bei Kräutern ist Vorsicht geboten. Offensichtlich haben einige Kräuter als Heilmittel Wert. Digitalis und Chinin werden aus Heilpflanzen gewonnen. Eine Studie aus Kenia ergab, daß „mindestens 50 Prozent der von Medizinmännern verwendeten, aus Heilkräutern gewonnenen Mittel echten medizinischen Wert haben“. Das heißt aber auch, daß viele keinen bekannten Wert haben. Und die Tatsache, daß Jehova den Menschen zuerst die Pflanzen zur Speise gab, bedeutet nicht, daß alle Kräuter unschädlich sind. Auch Tabak und Marihuana sind „Kräuter“ (1. Mose 1:29, 30).
Sogar Kräuter, die dem einen zu helfen scheinen, können für jemand anders schädlich sein. Ein reisender Prediger aus Ohio (USA) hatte Magenbeschwerden. Besorgte Freunde drängten ihn, ein bekanntes, aus Kräutern gewonnenes Heilmittel zu nehmen. Als die Beschwerden nicht aufhörten, ging er zu einem Arzt, der nach ausgiebigen Tests Gallensteine entdeckte. Der Arzt stellte auch fest, daß das Blut des Predigers nicht gerinnen konnte; er hätte an einer Schnittwunde verbluten können. Als der Arzt erfuhr, welches Mittel der Prediger angewandt hatte, sagte er, es sei bekannt, daß dieses Mittel Probleme bei der Blutgerinnung verursache. Sobald er das Kräutermittel nicht mehr nahm, hörte das Blutproblem auf.
Empfehlungen geben
Es ist verständlich, daß jemand, der einem kranken Freund oder Verwandten helfen möchte, ihm etwas empfiehlt, wovon er glaubt, daß es ihm selbst geholfen hat, oder wovon er gehört hat, daß es gut sein soll. Manchmal mag es sogar ein Ausdruck christlicher Güte sein, das zu tun. Zum Beispiel gab der Apostel Paulus dem jungen Timotheus den Rat, das an seinem Wohnort vorhandene Wasser zu meiden und statt dessen ‘um seines Magens und seiner häufigen Erkrankungen willen ein wenig Wein zu gebrauchen’ (1. Timotheus 5:23).
Jemand, der regelmäßig irgendwelche Medikamente, Vitamine, Mineralien oder Kräuter empfiehlt, sollte jedoch vorsichtig sein, besonders wenn er kein gründliches Wissen über Gesundheit und über den menschlichen Organismus besitzt. Er sollte sich fragen: Kenne ich wirklich die Tatsachen? Weiß ich, ob ein Medikament, ein Vitamin, ein Mineral oder ein Kraut, das mir selbst offenbar geholfen hat, jemand anders vielleicht schaden könnte? Wenn ja, möchte ich dann die Mitverantwortung tragen? Und selbst wenn das, was ich empfehle, unschädlich und unwirksam ist, möchte ich daran schuld sein, daß jemand eine wirksame Behandlung verzögert, bis sein Zustand kritisch wird oder zum Tode führt? (Vergleiche 1. Timotheus 5:22.)
Einige haben eine ungewöhnliche Begeisterung für gewisse Heilmittel oder Heilverfahren entwickelt. Ein extremes Beispiel mag dies veranschaulichen: Ein christlicher Ältester fand eines Tages unter seiner Tür einen Brief von einem Bekannten, der Vitamine verkaufte. In diesem Brief hieß es auszugsweise: „Es gibt einen logischen und erstaunlichen Grund, weshalb diese Mittel wirken. Es ist damit wie bei der ,Wahrheit‘ im Vergleich zu ,Babylon der Großen‘. Manchmal verstehe ich einfach nicht, wie einige unserer Brüder und Schwestern in die Wahrheit gekommen sind. Sie ignorieren Sprüche 18:13, obwohl wir ihnen doch nur helfen wollen.“
Die Tatsache, daß einige — aus welchem Grund auch immer — in Gesundheitsfragen einen fast religiösen Eifer entwickeln können, unterstreicht die Notwendigkeit, daß sich alle Christen davor hüten müssen, unausgeglichen zu werden.
Andere Fragen
Christen können dankbar sein, daß wir den Rat des Wortes Gottes haben, denn er hilft uns in verschiedener Weise, gesund zu bleiben. Jedoch verdienen noch weitere Aspekte der Gesundheit Beachtung, zum Beispiel: Wie kann ich feststellen, für welche Behandlung ich mich entscheiden sollte? Was soll ich von unorthodoxen Diagnose- und Behandlungsmethoden halten? Sind mit einigen dieser Methoden Gefahren für meinen Glauben verbunden? Wie sollte der Glaube an Gottes Königreich meine Einstellung zur Gesundheit beeinflussen? Der folgende Artikel wird diese Gesichtspunkte behandeln.
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Gesundheit und christliche VernünftigkeitDer Wachtturm 1982 | 15. September
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Gesundheit und christliche Vernünftigkeit
DER Apostel Paulus schrieb an Christen im alten Philippi: „Laßt eure Vernünftigkeit allen Menschen bekanntwerden.“ Mit diesen Worten ermunterte er sie und alle anderen Christen, mäßig, vernünftig und ausgeglichen zu sein (Philipper 4:5).
Wir müssen vernünftig sein, wenn es um unsere Gesundheit geht. Zum Beispiel müssen wir uns davor hüten, zuviel zu essen und in bezug auf das, was wir essen, extrem zu sein. Auch sollten wir genügend körperliche Bewegung haben und uns die nötige Ruhe gönnen. Ebenso sollte unsere Einstellung zu Heilmethoden von Vernunft zeugen. Wir müssen darauf achten, daß wir keinen Gesundheitsfimmel bekommen. Vernünftigkeit ist erforderlich, damit wir unsere geistige und unsere physische Gesundheit in einem ausgewogenen Gleichgewicht sehen; wir müssen uns „der wichtigeren Dinge vergewissern“, damit die Sorge um die Gesundheit das Königreich Gottes nicht auf den zweiten Platz verdrängt (Philipper 1:10).
In bezug auf Heilmethoden wählerisch sein
Bevor du dich für ein bestimmtes Heilmittel oder für eine bestimmte Heilmethode entscheidest, solltest du bedenken, daß Popularität und gerade herrschende Ansichten einen großen Einfluß ausüben. Vielleicht kannst du dich noch an Behandlungsmethoden erinnern, die früher einmal sehr populär waren, über die man heute aber ganz anders denkt. Erinnerst du dich noch an die Zeit, als Ärzte Akne mit Röntgenstrahlen behandelten, bei Kindern aus geringfügigen Gründen die Mandeln entfernten oder Sulfonamide und Penizillin für fast jede Infektion verschrieben? Das hat sich geändert. Obwohl diese Therapien in einigen Fällen angebracht sein mögen, hat man durch Erfahrung und Forschung unerwünschte Nebenwirkungen festgestellt oder gelernt, daß man bei der Anwendung sehr wählerisch sein sollte.
Wenn schon Ärzte, die in der „Schulmedizin“ ausgebildet wurden und die gelehrt wurden, bezüglich neuer Medikamente oder Heilverfahren vorsichtig zu sein, von der vorherrschenden Meinung beeinflußt werden konnten, wieviel leichter kann es da passieren, daß Laien unausgeglichen werden und einer Gesundheitsmarotte zum Opfer fallen! Bei Millionen ist das der Fall gewesen. Oft haben Leute eine Behandlungsmethode angewandt, die einen begrenzten therapeutischen Wert hatte, die aber von unqualifizierten Personen grob mißbraucht wurde. Andere populäre „Heilverfahren“ waren völlig unwirksam, da sie reiner Betrug waren.a Sie wurden von Leuten propagiert, die darauf aus waren, Kranke um ihr Geld zu erleichtern. Und einige populäre Behandlungsmethoden sind — was für Christen von großem Interesse ist — anscheinend mit „unheimlicher Macht“ oder Spiritismus verbunden, den die Bibel verurteilt (Jesaja 1:13; 5. Mose 18:10-12).
„Aber“, so fragen einige, „woher kann ich wissen, ob eine bestimmte Behandlung Kurpfuscherei ist?“ Das kann schwierig sein, denn viele der früheren Behandlungsmethoden, die heute praktisch von jedem als wertlos anerkannt werden, hatten wissenschaftlich klingende Namen. Und die Schriften, die über solche Methoden verbreitet wurden, enthielten Erklärungen, die einige plausibel fanden. Wo können wir daher Hilfe finden?b
Vernunft walten lassen
Der Jünger Jakobus schrieb, daß die „Weisheit von oben ... vernünftig“ ist (Jakobus 3:17). Wenn auch ein Christ kein Gesundheitsexperte ist, kann er, sofern er sich bemüht, vernünftig zu sein, den Wert von Diagnose-, Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden besser einschätzen.
Natürlich müssen wir erkennen, daß es verschiedene Möglichkeiten gibt, eine Krankheit zu behandeln; ein aktiver Christ kann nicht alle kennenlernen. Aber wenn er eine Behandlung braucht und ihm ein bestimmtes Verfahren empfohlen wird, kann er sich fragen: „Scheint die empfohlene Therapie vernünftig und in Übereinstimmung mit dem zu sein, was allgemein über den Körper und die Krankheit bekannt ist? Oder ist die Methode irgendwie seltsam, und werden spektakuläre Ergebnisse versprochen? Werde ich von unwissenden Personen oder von Leuten, die sich einen finanziellen Gewinn versprechen, beeinflußt, diese Methode anzuwenden? Wenn ich Zweifel habe, sollte ich dann vielleicht warten, bis ich mehr weiß?“
Diese Fragen mögen sehr einfach klingen, aber die Tatsache, daß in der Vergangenheit einige wunderliche Behandlungsmethoden populär waren, zeigt, wie wertvoll es ist, solche Fragen zu betrachten. Das mag auch eine vor kurzem gemachte Erfahrung veranschaulichen: Eine Frau, die eine durchschnittliche Schulbildung hatte und in einem Büro angestellt war, ging zu einem angeblichen Heilpraktiker, der eine extreme Diät betonte. Später erzählte sie Freunden, man habe ihr „Flaschen mit Tumoren gezeigt, die die Patienten ausgeschieden“ hätten, unter anderem einen „Gehirntumor“. Die Vernunft könnte dich zum Nachdenken veranlassen: Weiß ein Durchschnittsmensch, wie ein richtiger Tumor aussieht? Wie könnte er dann einen richtigen Tumor erkennen, ganz gleich, wie er angeblich „ausgeschieden“ wurde? Und da das Gehirn eingeschlossen ist, drängt sich die Frage auf: Wie könnte jemand einen Gehirntumor durch den Darm oder sonstwie „ausscheiden“?
Viele Tests und Behandlungen, die sich als wertlos erwiesen, wurden mit Hilfe angeblicher „Wundersubstanzen“, ungewöhnlicher „Körperkräfte“ oder seltsamer Methoden durchgeführt, bei denen etwas von einem Pendel oder an einem Körperteil „abgelesen“ wurde, der mit dem, was diagnostiziert wurde, anscheinend überhaupt nichts zu tun hatte. Es wurde dabei an das Gefühl, an etwas Mysteriöses oder gar an Geistermächte appelliert, aber nicht an die Vernunft. (Vergleiche 3. Mose 19:26.)
Was ist von Referenzen zu halten?
Eine weitere Hilfe ist folgender Rat: „Irgendein Unerfahrener glaubt jedem Wort, aber der Kluge achtet auf seine Schritte“ (Sprüche 14:15).
Das ist ein guter Rat, denn die meisten von uns haben von Behandlungsmethoden gehört, die mit Hilfe von Referenzen angepriesen wurden, zum Beispiel: „Ärzte sagten Herrn Müller, er habe nur noch vier Monate zu leben, aber er nahm ..., und jetzt ist er wieder völlig gesund.“ Abgesehen davon, ob „Herr Müller“ tatsächlich die erwähnte Krankheit hatte oder nicht, magst du wissen, daß die meisten betrügerischen Behandlungsmethoden mit Hilfe von Referenzen angepriesen wurden. Das bedeutet gewiß nicht, daß wir argwöhnisch sein müssen, wenn uns ein Bekannter von einem persönlichen Erlebnis erzählt. Doch wenn wir auf gesundheitlichem Gebiet eine wichtige Entscheidung treffen müssen, sollten wir mehr tun, als ‘jedem Wort einer Referenz zu glauben’.
Falls beispielsweise „Herr Müller“ tatsächlich eine Krankheit hatte und wieder gesund wurde, stellt sich die Frage: Warum wurde er gesund? Bei vielen Behandlungsmethoden, auch in der konventionellen Medizin, spielt der „Placeboeffekt“ eine große Rolle. Studien haben ergeben, daß 30 bis 40 Prozent aller Patienten eine Besserung verspürten, nachdem sie mit unwirksamen Pillen oder Wasserinjektionen behandelt worden waren. In der Zeitschrift Science Digest (September 1981) wurde berichtet: „Glaube, Hoffnung, Vertrauen — alles wichtige Komponenten des Placeboeffekts — können manchmal Wunden heilen, chemische Prozesse im Körper verändern, ja sogar den Verlauf der unbarmherzigsten Krankheiten ändern.“ Wenn du daher beurteilen willst, wieviel du ‘jedem Wort glauben’ kannst, dann denke an den „Placeboeffekt“, und frage dich: Ist durch vernünftige Forschung und ausgiebige Erprobung nachgewiesen worden, daß die Behandlung selbst wirksam ist?
Selbst wenn ein Bericht über eine reine Referenz hinausgeht, ist es gut, zu berücksichtigen, ob die Therapie in moralischer oder religiöser Hinsicht annehmbar ist. In der Zeitschrift der amerikanischen Ärztevereinigung (JAMA) wurde über eine 28jährige Frau berichtet, die sich eine Schmetterlingsflechte zugezogen hatte, eine schwere immunologische Krankheit, die mit Hilfe zahlreicher klinischer Tests festgestellt werden kann. Da sie eine Behandlung mit Medikamenten ablehnte, suchte sie einen Zauberdoktor auf, „der sie von einem Fluch befreite“. Sie kehrte frei von Symptomen, offensichtlich geheilt, zurück. In dem JAMA-Bericht wurde die Frage aufgeworfen, wie ein asiatischer Zauberdoktor einen bösen Geist entfernen und sie heilen konnte. Die Behandlung war offenbar wirkungsvoll, aber Christen würden diese oder andere Methoden meiden, von denen sie denken, daß sie mit einer Form des Spiritismus verbunden sein könnten. (Vergleiche Matthäus 7:22, 23.)
Qualifizierte Hilfe suchen
Offensichtlich brauchen wir in vielen Fällen den Rat von Fachleuten in bezug auf Therapien und Gesundheitsfragen. Wem können wir vertrauen? Die Bibel trifft die weise Feststellung: „Hast du einen Mann erblickt, geschickt in seiner Arbeit? Vor Könige wird er sich stellen“ (Sprüche 22:29).
Jemand, der eine Sache studiert und Geschick erwirbt, erlangt den Ruf, qualifiziert, ja ein Fachmann zu sein. Das ist auch auf dem Gebiet der Gesundheit der Fall. Wenn du daher den Rat eines Arztes oder eines Gesundheitsberaters abwägst, könntest du dich fragen: Was empfiehlt ihn? Die Antwort mag nicht allein von seinen Titeln abhängen. Viele Personen haben Titel angenommen, um sich wichtig zu machen. (Vergleiche Matthäus 23:6, 7.) Einige, die „Doktor“ genannt werden möchten, mögen Diagnosen stellen und Behandlungen durchführen (kostenlos oder gegen Geldc), obwohl sie lediglich ein paar Bücher gelesen oder ein paar Stunden an einem „Kurs“ teilgenommen haben.
Du könntest auch folgendes berücksichtigen: Wie umfangreich und von welcher Qualität war seine Ausbildung? Wird er von Personen, die es wissen müßten, respektiert und als qualifiziert angesehen? Der Jünger Lukas hatte bestimmt studiert und genügend Erfahrung erworben, so daß seine Qualifikationen respektiert wurden, als der Apostel Paulus ihn als den „geliebten Arzt“ bezeichnete (Kolosser 4:14).
Natürlich haben auch schon gut ausgebildete Personen schlechten Rat gegeben oder eine verkehrte Behandlung angewandt. Warum? Manchmal haben sie nicht genügend Interesse an ihren Patienten. Sie mögen eine besondere Gesundheitstheorie entwickelt haben. Oder sie haben ihre medizinischen Kenntnisse nicht auf dem neuesten Stand gehalten, so daß ihnen das nötige Spezialwissen fehlt. Auch hier kann uns die Bibel helfen.
Sie sagt: „Pläne scheitern, wo es kein vertrauliches Gespräch gibt, aber bei der Menge der Ratgeber kommt etwas zustande“ (Sprüche 15:22). Das unterstreicht den Wert, eine zweite oder eine dritte Meinung einzuholen. Viele Patienten haben zu einem bestimmten Arzt ein Vertrauensverhältnis entwickelt und brauchen daher nicht zu jeder Empfehlung, die er gibt, eine zweite Meinung einzuholen. Es ist aber vernünftig, in schwerwiegenden Fällen oder wenn man mit einem Rat nicht ganz zufrieden ist, noch eine zweite Meinung einzuholen. Achte aber darauf, daß du jemand um Rat bittest, von dem du sicher bist, daß er dir unvoreingenommen Rat geben wird. Auch wenn du dich an jemand wendest, der nach einer anderen Methode arbeitet, sollte es ein Experte sein. Auf diese Weise wird dir die „Menge der Ratgeber“ zu einer besseren Gesundheit verhelfen.
Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen geistiger und physischer Gesundheit
Bei all dem Aufheben, das um Gesundheit und Heilmethoden gemacht wird, sollten ergebene Christen eines im Sinn behalten: So wichtig unsere physische Gesundheit auch ist — unsere geistige Gesundheit ist viel wichtiger!
Jesus gab den Rat: „Hört auf, euch Sorgen zu machen um eure Seele, über das, was ihr essen werdet, oder um euren Leib, über das, was ihr anziehen werdet.“ Ja, wir müssen uns davor hüten, uns übermäßige Sorgen darüber zu machen, womit wir unseren Körper ernähren und bekleiden, oder auch darüber, mit welchen Heilmitteln und -verfahren wir ihn gesund erhalten. Wie traurig wäre es, wenn ein Christ so sehr mit seiner physischen Gesundheit beschäftigt wäre, daß er seine geistige Gesundheit vernachlässigte! Er könnte den gleichen Fehler machen wie der Reiche in dem Gleichnis Jesu, zu dem Gott sagte: „In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Wer soll dann die Dinge [einschließlich der Gesundheit] haben, die du aufgespeichert hast?“ Jesus fügte hinzu: „So ergeht es dem Menschen, der Schätze für sich aufhäuft, aber nicht reich ist Gott gegenüber“ (Lukas 12:20-22).
Natürlich wollen wir für unsere Gesundheit sorgen, damit wir unser Leben dem Dienst Gottes widmen können. Aber Berichte aus verschiedenen Gegenden lassen erkennen, daß sich einige Christen übermäßig mit der Gesundheit beschäftigen. Zum Beispiel schrieb ein Zeuge Jehovas aus dem mittleren Westen der USA: „Viele scheinen einen regelrechten Gesundheitstick zu haben. Sie haben nichts anderes mehr im Sinn [wie aus ihren Gesprächen hervorgeht].“ In dem Brief wurde erklärt, daß viele anscheinend dann anfingen, sich übermäßig mit ihrer Gesundheit zu beschäftigen, nachdem ihnen gesagt worden war, sie hätten Krebs. Das war ihnen von Personen gesagt worden, die Amateure sind, aber meinen, sie könnten feststellen, ob jemand Krebs hat, und die dann eine bestimmte Ernährung und bestimmte Ergänzungsmittel verschreiben. Der Zeuge hatte auch gehört, wie ein Besucher aus Kalifornien sagte: „Wir [mit diesen Gesundheitsgewohnheiten] haben keinen Umgang mehr mit denen in unserer Versammlung, die unwissend bleiben wollen und zu ihren Ärzten gehen.“
Das ist in vielerlei Hinsicht schädlich. Christliche Zusammenkünfte und Kongresse sind nicht dazu da, daß man große Unterhaltungen über Gesundheitsfragen führt oder daß man versucht, Krankheiten zu diagnostizieren oder Heilverfahren zu propagieren. Diese Zusammenkünfte sind vielmehr dazu da, daß man herzliche geistige Gemeinschaft pflegt. Älteste sollten darauf achten, daß der Königreichssaal kein Propagandazentrum für verschiedene Heilverfahren und Ansichten wird, sondern eine Stätte der Einheit und der wahren Anbetung bleibt. (Vergleiche Johannes 2:16, 17.)
Vollkommene Gesundheit ist in dem gegenwärtigen System der Dinge unmöglich. Sie wird erst möglich sein, wenn das neue System der Dinge kommt. Dann wird „kein Bewohner ... sprechen: ,Ich bin krank.‘“ Das wird deshalb so sein, weil die Vergehen und die Sünden der Menschen verziehen sein werden (Jesaja 33:24). Wir sollten uns daher nicht in unvernünftigem Maße um unsere Gesundheit Sorgen machen, als wollten wir schon jetzt physische Vollkommenheit erlangen! Vielmehr wollen wir Weisheit und Vernünftigkeit offenbaren, indem wir uns auf unsere geistige Gesundheit konzentrieren.
Jesus sagte deutlich, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten sollten: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis; und dann wird das Ende kommen“ (Matthäus 24:14). Wir dürfen uns von diesem göttlichen Auftrag nicht ablenken lassen; Gesundheitsfragen dürfen uns nicht daran hindern, das Königreich ganzherzig zu unterstützen. Die Aufforderung, ‘zuerst das Königreich zu suchen’, ist wirklich sehr vernünftig. Wenn wir sie beachten, werden wir den „Frieden Gottes“ haben, und dadurch mag sich sogar unser gegenwärtiger Gesundheitszustand bessern. Doch was noch wichtiger ist — wir werden Gottes Gutheißung haben. Auch werden wir die Aussicht haben, die Erfüllung all der wunderbaren Verheißungen zu erleben, die erst dann Wirklichkeit werden, wenn das Loskaufsopfer Christi auf die Menschheit angewandt wird (Philipper 3:8-11; 4:6, 7; Matthäus 6:33).
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