Hüte dich vor dem Menschenkult
„DENN meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege“, sagte Jehova Gott einmal durch einen seiner Propheten der alten Zeit. Eines der vielen Beispiele, die in diesem Zusammenhang angeführt werden könnten, ist der Menschenkult. Die Neigung, Menschen zu vergöttern, ist eine weltweite Erscheinung und geht bis auf das erste Menschenpaar zurück. Ja, schon Adam hatte diese Neigung, denn er wollte sich lieber die Gunst seiner Frau erhalten als die Gunst Jehovas Gottes, seines Schöpfers. — Jes. 55:8; 1. Mose 3:6-19.
Es ist nicht verkehrt, jemandem die ihm gebührende Achtung und Ehre zu erweisen. Kindern sagt die Bibel: „Ehre deinen Vater und deine Mutter.“ Christen gebietet sie: „Ehret Menschen von allen Arten ..., ehret den König“, und: „Erstattet allen, was ihnen gebührt: ... dem, der Ehre verlangt, solche Ehre.“ Sie spricht sogar von Männern, die „doppelter Ehre“ würdig seien. Diese Ehre wird aber in vernünftigem Maß und mit gesundem Menschenverstand erwiesen. Sie hat mit der gefühlsbetonten Menschenverherrlichung, die zum Menschenkult wird, nichts zu tun. — Eph. 6:2; 1. Petr. 2:17; Röm. 13:7; 1. Tim. 5:17.
Hervorragende Musiker wurden schon in der Vergangenheit vergöttert, besonders von Frauen. Johann Strauß, der „Walzerkönig“, wurde Ende des 19. Jahrhunderts von vielen genauso vergöttert wie Frank Sinatra etwa sechzig Jahre später. Vor einigen Jahren ist Elvis Presley das Idol von Tausenden junger Mädchen gewesen, und in letzter Zeit sind es die Beatles und ihre Nachahmer geworden.
Auch Sportgrößen werden von vielen vergöttert. Bei den Baseball-Weltmeisterschaften des Jahres 1967 grenzte die Begeisterung vieler Verehrer der gegeneinander spielenden Mannschaften schon eher an Vergötterung. Eine Frau änderte zum Beispiel ihren Namen von St. Louis auf Red Sox ab, in der Hoffnung, ihren Lieblingen dadurch zum Sieg zu verhelfen. Sie siegten aber nicht. Die St. Louis-Fans wurden von einem Freudentaumel erfaßt, als ihre Mannschaft von ihrem Sieg in Boston nach St. Louis zurückkehrte. Eine Menge von 15 000 Verehrern und Verehrerinnen war am Flughafen erschienen. Die Straßen der Innenstadt waren verstopft, elf Personen wurden im Trubel der Begeisterung verletzt, und acht mußten wegen ordnungswidrigen Verhaltens verhaftet werden.
Dann gibt es die vielen Idole auf politischem und religiösem Gebiet. Wie viele Deutsche vergötterten Hitler! Viele Russen vergöttern Lenin heute noch, was sich darin zeigt, daß Anfang November 1967 in Moskau eine Kolossalstatue von ihm errichtet worden ist. Millionen Chinesen vergöttern Mao Tsetung, ihr Staatsoberhaupt. Und welche Verehrung wurde Papst Paul VI. erwiesen, als er die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen besuchte! Er wurde von 90 000 Personen mit stürmischem Beifall überschüttet, als er in einer offenen Limousine die Aschenbahn im Yankee-Stadion entlangfuhr.
WAS IST DARAN SCHULD?
Wie läßt sich jedoch die Tatsache erklären, daß „es die Menschenverehrung schon immer gegeben hat“, wie jemand gesagt hat? Eine der erwähnenswerten Ursachen ist ein gewisses Minderwertigkeitsgefühl, das manche Leute veranlaßt, Personen, die sich als Musiker, Sportler, Wissenschaftler oder Soldaten besondere Anerkennung erworben haben, übertrieben zu bewundern. Es ist so, als ob sie dadurch, daß sie einen Mitmenschen erhöhen, in ihrer Achtung vor sich selbst steigen würden. — Röm. 1:25.
Eine weitere Ursache ist zweifellos das Bedürfnis, jemand zu lieben. Personen, denen es an seelischer Reife mangelt, fällt es schwer, einen gewöhnlichen oder Durchschnittsmenschen von Herzen zu lieben. Sie suchen sich deshalb jemand aus, der durch seine besonderen Gaben oder Leistungen berühmt geworden ist, und vergöttern ihn. Als daher ein Soziologe einmal eine tausendköpfige Menge schreiender Teenager fragte, warum sie von den vier Beatles so hingerissen seien, antworteten die Mädchen, weil sie sie „liebten“.
Oft ist dieses Verhalten auch darauf zurückzuführen, daß es den Vergötterten und den sie Vergötternden an Unterscheidungsvermögen, Erkenntnis und Verständnis mangelt. Personen, die sich durch besondere Leistungen hervortun, verdienen zwar eine gewisse Anerkennung. Nach der Bibel hat ein Mann, der gewandt ist, das Recht, ‘vor Königen zu stehen’. Sollte aber jemand sich deswegen über andere erheben, oder sollten andere ihn deswegen übertrieben bewundern? Den Königen des Volkes Israel wurde geboten, täglich Gottes Wort zu lesen, damit sie sich stets im richtigen Lichte sehen und nicht überheblich würden. — Spr. 22:29; 5. Mose 17:19, 20.
Es könnten noch viele Ursachen für die Neigung, Menschen zu vergöttern, angeführt werden, aber eine der Hauptursachen ist bestimmt die unzulängliche Erkenntnis über das Verhältnis zwischen dem Geschöpf und seinem Schöpfer, im Vergleich zu dessen Größe der Mensch nur wie ein winziger Punkt auf einem winzigen Punkt ist. Der Prophet Jehovas schrieb vor langer Zeit: „Fürwahr, das Volk ist Gras. Das Gras ist verdorrt, die Blume ist abgefallen; aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit.“ — Jes. 40:7, 8.
Ursprünglich pflanzte der Schöpfer dem Menschen das Verlangen, jemand anzubeten, ein, damit seine Geschöpfe mit ihrem Schöpfer verbunden bleiben sollten. Zufolge der Auflehnung unserer Ureltern ist dieser natürliche Drang jedoch in eine falsche Richtung gelenkt oder irregeleitet worden. Der christliche Apostel Paulus schrieb: „Obwohl sie Gott kannten, verherrlichten sie ihn nicht als Gott, noch dankten sie ihm, sondern sie wurden hohlköpfig in ihren Überlegungen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. ... sie [wurden] töricht ... jene, die die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten und eher der Schöpfung Verehrung und heiligen Dienst darbrachten als dem Schöpfer, der immerdar gesegnet ist.“ — Röm. 1:21-25.
ENTSPRICHT NICHT GOTTES WILLEN
Mit der Vergötterung eines Menschen sind gewöhnlich eine übertriebene Loyalität und eine ungebührliche Anhänglichkeit verbunden. Man ist dem Betreffenden wie einem Gott ergeben. Jehova Gott gab jedoch ausdrücklich zu verstehen, daß er das nicht duldet: „Ich, Jehova, dein Gott, bin ein Gott, der ausschließliche Ergebenheit fordert.“ Was Jehova Gott von einer solchen Vergötterung von Menschen hält, sehen wir bei König Herodes Agrippa I., der in den Tagen der Apostel lebte. Er kleidete sich einmal in prächtige Gewänder und sonnte sich in der Verehrung die ihm sein Volk erwies, als er ihm eine öffentliche Ansprache hielt. Sein Aussehen und seine Rede veranlaßten das Volk auszurufen: „Eines Gottes Stimme und nicht die eines Menschen!“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Da schlug ihn der Engel Jehovas augenblicklich, weil er nicht Gott die Ehre gab; und er wurde von Würmern zerfressen und verschied.“ Mißfällt Jehova Gott die Verehrung von Menschen? Ganz gewiß! — 2. Mose 20:5, NW; Apg. 12:21-23.
Jesus Christus, der Sohn Gottes, beging diesen Fehler nicht, als er auf der Erde war. Er weigerte sich nicht nur, vor Satan, dem Teufel, niederzufallen, obwohl dieser ihm alle Königreiche der Welt und ihre Herrlichkeit anbot, sondern ließ sich selbst auch nicht vergöttern. Er ließ sich vom Volk nicht zum König machen, und als ihn jemand mit „guter Lehrer“ ansprach, erwiderte er: „Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott.“ Er betonte immer wieder, er tue nichts aus eigenem Antrieb, sondern gehorche lediglich den Anweisungen seines Vaters. — Mark. 10:17, 18; Matth. 4:8-10; Joh. 5:19, 30; 7:28.
Auch die Apostel und die ersten Jünger Jesu befleckten sich nicht mit Menschenkult. Sie warnten wiederholt davor. (1. Kor. 10:14; 1. Joh. 5:21) Sie ließen auch sich selbst nicht vergöttern. Als einige Bewohner der Stadt Lystra Paulus und Barnabas wie Götter verehren wollten, weil Paulus einen Mann geheilt hatte, der von Geburt lahm gewesen war, zerrissen Paulus und Barnabas „ihre äußeren Kleider und sprangen hinaus unter die Volksmenge, wobei sie ausriefen und sagten: ‚Ihr Männer, warum tut ihr das? Auch wir sind Menschen und haben die gleichen Gebrechen wie ihr‘“, und dann begannen sie, ihnen die gute Botschaft vom Schöpfer zu verkünden, und forderten sie auf, ihn anzubeten. — Apg. 14:8-18.
Auch Petrus lehnte die Huldigung ab, die Kornelius ihm darbrachte, indem er ihm zu Füßen fiel. Petrus sagte: „Steh auf; ich selbst bin auch ein Mensch.“ (Apg. 10:26) Aus dem Bericht des Apostels Johannes in Offenbarung 22:8, 9 ersehen wir, daß nicht einmal ein Engel verehrt werden sollte. Die Handlungsweise des Kornelius und des Apostels Johannes bei diesen Gelegenheiten zeigt, wie schnell der Mensch geneigt ist, besonders begünstigten Geschöpfen ungebührliche Achtung zu erweisen.
SCHADET DEN VERGÖTTERTEN UND DENEN, DIE SIE VERGÖTTERN
Da der Menschenkult dem Willen Gottes widerspricht, kann er denen, die ihm huldigen, und denen, die Gegenstand der abgöttischen Verehrung sind, nur schaden. Wie enttäuscht waren doch die Deutschen, die Hitler vergötterten, die Italiener, die Mussolini, und die Russen, die Stalin vergötterten! Wer Menschen vergöttert und auf Menschen vertraut, wird unweigerlich enttäuscht. Das geht aus Gottes Wort deutlich hervor. — Ps. 146:3, 4; Jes. 31:1-3.
Personen, die sich verherrlichen lassen, kommen vor allem deswegen zu Schaden, weil sie sich Jehovas Mißfallen zuziehen. Zu der von ihm bestimmten Zeit werden die „hochmütigen Augen des Menschen ... erniedrigt, und die Hoffart des Mannes wird gebeugt werden; und Jehova wird hoch erhaben sein, er allein, an jenem Tage“. „Jener Tag“ ist der Tag, an dem sich Jehova aufmachen wird, um die „Glut seines Zornes“ über alle auszugießen, die gegen ihn kämpfen, damit alle erkennen, daß er, „dessen Name Jehova ist, der Höchste [ist] ... über die ganze Erde“. — Jes. 2:11, 17; Zeph. 3:8; Ps. 83:18.
Schon heute hat die Vergötterung schädliche Folgen für diejenigen, die sich vergöttern lassen, zum Beispiel, wenn sie ihnen zu Kopf steigt. So soll einer der beliebten und vergötterten Beatles gesagt haben: „Das Christentum wird abtreten müssen. Es wird vergehen und verschwinden. Ich brauche das nicht zu beweisen. Ich habe recht und werde recht behalten. Wir sind heute populärer als Jesus Christus. Ich weiß nicht, was zuerst verschwinden wird: der Rock ’n’ Roll oder das Christentum. Jesus war ganz in Ordnung, aber seine Jünger waren dumm und taugten nicht viel.“ — Time, 12. August 1966.
Ist ihre Philosophie aber zufriedenstellend? Wieviel sie ihnen geholfen hat, kann man daraus ersehen, daß sie sich dem Genuß von Rauschmitteln, auch von LSD, zugewandt haben, um offenbar die Leere auszufüllen, die ihre Lebensweise und der Kult, den Millionen mit ihnen treiben, bewirkt haben. Sie sollen sich sogar dem „Spiritualismus“ zugewandt und sich der Führung eines Jogis anvertraut haben, der verheißt, man könne durch zwei Sitzungen, bei denen man sich je zweiunddreißig Minuten der transzendentalen Meditation hingebe, „die Gottheit in sich selbst entdecken“ und dadurch alle seine Probleme lösen.a Gottes Wort warnt uns jedoch vor jeder Form von heidnischer Religion und von Spiritismus. — 2. Kor. 6:14-18; Gal. 5:20, 21; Offb. 22:15.
SICH VOR DEM MENSCHENKULT HÜTEN
Besonders jugendliche Christen müssen sich vor der Gefahr, Menschen zu vergöttern, hüten. Sie müssen fest entschlossen sein, ihre Stellung zu behaupten. Sie könnten sich leicht von anderen Jugendlichen anstecken und sich von der Leidenschaft, der Erregung, der Hysterie oder der wilden Begeisterung derer, die Menschen verherrlichen oder vergöttern, mitreißen lassen. Ein jugendlicher Christ mag auch vor dem Gedanken zurückschrecken, er könnte auffallen, wenn er anders ist und nicht der Masse folgt; er mag nicht als „Spießbürger“ gelten wollen. Er sollte aber daran denken, daß die Bibel davor warnt, dem „allgemein beliebten Lauf“ zu folgen. — Jer. 8:6, NW.
Jugendliche Christen können, wenn sie nicht wachsam sind, leicht der Gefahr zum Opfer fallen, einen Menschen wegen einer Heldentat oder wegen einer besonderen Leistung zu verherrlichen, vielleicht weil er ganz allein in einem kleinen Boot um die Welt gesegelt ist. Wenn ein Jugendlicher nicht vorsichtig ist, kann er leicht so weit kommen, daß er sich mit seinem Idol in Treue verbunden fühlt oder sich selbst in ihm sieht. Er mag schnell bereit sein, den Betreffenden zu verteidigen oder dessen Taktlosigkeiten zu entschuldigen. Ein Jugendlicher mag von dem Gedanken, seinen „Helden“ persönlich zu sehen, begeistert sein, er mag gern über ihn sprechen und gern von ihm träumen. Er mag sogar die Kleidung und den Haarschnitt seines „Helden“ nachahmen.
Ein jugendlicher Christ dagegen sollte sich fragen: „Ist dieser ‚Held‘ ein Christ? Liebt er Jehova Gott? Lebt er nach der Bibel? Hält er sich an die gerechten Grundsätze, die Gott in seinem Wort niedergelegt hat?“ Ist dies alles nicht der Fall, sollte ein Gott hingegebener Christ ihn dann bewundern, ihn nachahmen und mit Liebesbezeugungen überschütten? Gehört eine solche Person nicht zur Welt, von der gesagt wird, Christen sollten sie nicht lieben? Ganz bestimmt! — Jak. 1:27; 4:4; 1. Joh. 2:15-17.
Wie kann man sich vor dem Menschenkult hüten? Indem man sich durch ein Studium der Bibel, des Wortes Gottes, und bibelerklärender Schriften, wie der Zeitschrift Der Wachtturm, die „Gedanken Gottes“ aneignet und besondere Leistungen von Menschen nicht übermäßig bewundert oder sich darüber begeistert. Ein Dichter brachte dies durch folgende Worte treffend zum Ausdruck:
„Der Ruhm des Heldentums, der Pomp der Macht,
All dieser Reichtum, all die Pracht,
Für alle kommt die unvermeidlich’ Stund’: —
Der Ehre Pfade führen in des Todes Schlund.“
Jesus sagte einmal: „Was bei den Menschen hoch ist, ist etwas Abscheuliches in Gottes Augen.“ (Luk. 16:15) Warum also Menschen vergöttern und dadurch etwas tun, was Gott verabscheut? Laß dich von Gottes Gedanken leiten, die so ganz anders sind als die Gedanken der Menschen. Suche Gottes Gunst zu erlangen, denn seine Gunst und seine liebende Güte bedeuten Leben. — Ps. 103:17, 18, NW.
[Fußnote]
a Time, 22. September 1967.