Ich war ein eifersüchtiger Ehemann
IN FIEBERHAFTER EILE baute ich mit Hilfe zweier Freunde die Sitze aus dem vor kurzem gekauften alten Schulbus aus. Ich war wütend und brummte vor mich hin. Als Käthe, meine Frau, mit unseren drei Buben nach Hause kam, hielt ich ihr die Faust unter die Nase und drohte ihr erneut, mich von ihr scheiden zu lassen, ja ich drohte ihr sogar, sie zu töten.
Sie zeigte keine Furcht und murmelte nur: „Jehova kann mich auferwecken, wenn du das tust, Willi.“ Meine beiden Freunde starrten mich entgeistert an, denn sie wußten, daß ich von Natur aus nicht gewalttätig war, besonders nicht meiner Frau gegenüber. Was hatte mich so aufgeregt, daß ich beschloß, unser Haus zu verkaufen, meine Familie in den Schulbus zu packen und weit wegzuziehen?
Käthe und die Jungen waren gerade von ihrer Zusammenkunft im Königreichssaal der Zeugen Jehovas zurückgekommen. Ich war allein zu Hause zurückgeblieben. In den vergangenen Ehejahren hatten wir alles gemeinsam gemacht. Wir ließen unsere Kinder nie in der Obhut eines Babysitters. Unser Ziel war stets, uns gegenseitig Freude zu bereiten, ein schönes Familienleben zu führen und mit unseren Söhnen Roy, 10, Jack, 5, und Rick, 4, gemeinsam zu arbeiten und gemeinsam zu spielen. Doch jetzt war unsere Familie entzweit. Ich hatte meine kleine Welt an jemand, der „Jehova“ hieß, verloren.
In jungen Jahren ging ich regelmäßig zur Kirche. Ich erhielt etwa 13mal am Jahresende eine Auszeichnung, weil ich nie gefehlt hatte. Doch erwachten in mir Zweifel am Dasein eines Schöpfers, eines Gottes der Liebe. Als mein bester Freund, mein Großvater, starb, sagte man mir, Gott habe ihn hinweggenommen. Für einen Sechsjährigen ist ein solcher Gott alles andere als ein Gott der Liebe. Jahre später, als auch meine geliebte Mutter starb, erhielt ich die gleiche Erklärung; demnach hatte Gott sie zu sich genommen und meinen Vater, der Alkoholiker war, zurückgelassen.
Als Halbwüchsiger beobachtete ich, wie meine Freunde im Warenhaus stahlen, danach beichten gingen und auch jeden Sonntag die Messe besuchten. Ferner hörte ich Erwachsene, die sich Christen nannten, damit prahlen, bei ungesetzlichen Taten nicht erwischt worden zu sein. In meinen Augen war das Heuchelei. Ich fand, daß man auch ohne Kirche ein anständiges Leben führen könne. Ich brauchte die Kirche nicht.
Käthe war in einer Kleinstadt in Nordkarolina aufgewachsen. Ihr gesellschaftliches und religiöses Leben bestand im Besuch der Kirche. Sie war auch in der Kirche tätig gewesen, meist als Sonntagsschullehrerin. Ich hatte nichts dagegen, daß sie unsere Jungen in die Kirche mitnahm, denn etwas Gutes würden sie dort schon lernen. Käthe versuchte es mit verschiedenen Kirchen, aber jedesmal kam sie unzufriedener wieder. Vor allem gefiel ihr nicht, daß die Leute so viel klatschten und sich gegenseitig verleumdeten. Als Roy eines Sonntags mit abgerissenem Jackenärmel nach Hause kam — sie hatten im Klassenzimmer eine Rauferei gehabt —, hatte Käthe auch von dieser Kirche genug. Ich lachte in mich hinein, als sie sagte, sie wolle es noch mit einer anderen versuchen, denn ich wußte, daß alle Kirchen ungefähr gleich waren.
Käthe begann dann, sich mit der Lehre der Mormonen zu beschäftigen; auch kamen die Zeugen Jehovas zu ihr und studierten mit ihr die Bibel. Ich hatte nichts dagegen, weil sie das Bibelstudium durchführten, wenn ich auf der Arbeit war. Als Käthe aber anfing, die Zusammenkünfte im Königreichssaal zu besuchen und immer wieder von „Jehova“ zu sprechen, wurde ich eifersüchtig. Mit der Zeit begann sich das, was sie gelernt hatte, auf ihre Entscheidungen auszuwirken, und das deckte sich nicht immer mit meinen Ansichten.
Eines Tages sagte Käthe zum Beispiel, sie möchte nicht mehr zu meinem Freund mitgehen. Als ich sie nach dem Grund fragte, entgegnete sie, daß die Kinder von seinen Kindern schlechte Wörter lernen würden. Plötzlich waren ihr nicht mehr alle unsere Freunde genehm. Ich hielt ihr die Faust unter die Nase, und in mir begann es zu kochen. Ich hatte das Gefühl, sie rede dauernd von Dingen wie, die Bibel lehre keine Dreieinigkeit und daß sie nun „Jehova“ liebe und anbete. Ich befürchtete schon, sie sei übergeschnappt. Da mußte unbedingt etwas geschehen. Das Haus verkaufen und wegziehen! Ja, das war die Lösung! Ich entschloß mich dazu, um von Jehovas Zeugen wegzukommen.
Wir zogen mit dem erwähnten Schulbus nach der fast 1 000 km weit entfernten Stadt Melrose (Massachusetts). Meine Frau war sehr niedergeschlagen, ja sie wurde sogar krank, weil sie dort keinen Königreichssaal fand. Ich konnte das nicht mehr länger mit ansehen und machte mich auf die Suche nach einem solchen Saal. Ich fand auch einen, und meine Frau wurde wieder glücklich — ich dagegen wurde wieder eifersüchtig. Um dieses Gefühl loszuwerden, flüchtete ich mich in meinen Beruf und arbeitete Tag und Nacht.
In dieser Zeit erwarben sich meine Frau und meine Jungen in den Zusammenkünften und durch das Studium der Bibel gute Kenntnisse. Eines Tages erfuhr ich, daß meine Frau in unserer Nachbarschaft mit der „Wahrheit“, wie sie es nannte, von Haus zu Haus ging. Ich verbot es ihr und befahl ihr, wenn sie schon von Haus zu Haus gehen wolle, es anderswo, in einer anderen Stadt, zu tun. Frau Lappin, eine Freundin von ihr, nahm sie mit in eine Nachbarstadt, um die Leute dort zu besuchen. Von da an gingen Frau Lappin und meine Frau sehr häufig miteinander von Haus zu Haus. Von Zeit zu Zeit versuchte diese Frau sogar, mit mir ein Gespräch anzuknüpfen. Aber ich ließ mich nicht darauf ein. Wenn Frau Lappin unser Haus durch die Vordertür betrat, verschwand ich durch die Hintertür. Nun wurde ich auch noch eifersüchtig auf diese Zeugin Jehovas.
Was blieb mir zu tun? Als man mir in New London (Connecticut) eine Stelle anbot, dachte ich sofort, das sei die Lösung meines Problems. Aber dem war nicht so. Meine neue Arbeit verschlang den größten Teil meiner Zeit. Die Jahre vergingen, und meine Jungen wuchsen ohne mich auf.
An einem Sonntag brachte ich meine Frau aus dem Häuschen, weil ich mit in den Königreichssaal ging. Es interessierte mich, was sich dort alles so abspielte. Im Geiste sehe ich immer noch Käthes überraschtes Gesicht.
Aber auch ich erlebte eine Überraschung, denn das, was ich sah und hörte, war etwas ganz anderes, als was ich von der Kirche her gewohnt war. Zuerst wurde ein biblischer Vortrag gehalten über ein Land, in dem Trauben wuchsen, die so groß waren, daß eine einzige Traube an einem Stecken von zwei Männern getragen werden mußte. Es hörte sich ganz unwirklich an, aber so stand es in der Bibel, und zwar in 4. Mose 13:23, wo das dem Volke Gottes verheißene Land geschildert wird. Dann folgte eine ziemlich mitreißende, aufschlußreiche Diskussion, die aber ganz gesittet verlief.
Kein Wunder, daß meine Frau und meine Jungen die Bibel so gut erklären konnten! Ich hatte das Gefühl, sie wüßten so viel, daß ich sie nicht mehr einholen könnte, und deshalb wollte ich gar nicht erst anfangen. Aber ich wurde immer wütend, wenn ich in ein Gespräch verwickelt wurde und erkennen mußte, daß ich über die Bibel kaum etwas wußte. Sogar Roy, der jetzt ein Teenager war, konnte die meisten biblischen Fragen beantworten. Ich kam mir richtig minderwertig vor und war unglücklich. Unter meinen Gefühlen und Stimmungen hatte meine Frau am meisten zu leiden.
Ich hatte so viele Handikaps: Ich war eifersüchtig auf ihre Liebe zu Jehova, eifersüchtig auf ihre Erkenntnis und ihren Eifer, mit dem sie anderen erzählte, was sie gelernt hatte, eifersüchtig auf Roys Fähigkeit, das ebenfalls zu tun; außerdem war ich eifersüchtig auf Käthe, weil sie sich den Jungen widmen konnte, während ich dauernd arbeiten mußte, und ich war eifersüchtig, weil die Jungen sie achteten und ehrten.
Als Kind hatte ich das Fluchen und Biertrinken gelernt (obschon ich kein Trinker war), und mein Gewissen quälte mich, weil ich das immer noch tat — ja noch mehr. Ich war ständig gereizt und magerte ab, dabei sah ich überhaupt keinen Ausweg. So beschloß ich, wieder nach Nordkarolina umzuziehen, wo das Leben vielleicht weniger hektisch war, und ich hoffte, dort ein harmonisches Familienleben führen zu können.
Wir wohnten schon wieder etwa zwei bis drei Monate in Nordkarolina, als ich gefragt wurde: „Wie wäre es denn mit einem Bibelstudium? Möchten Sie nicht wissen, warum Ihre Familie so eingestellt ist? Vielleicht verstehen Sie sie dann besser. Außerdem werden Sie sich dadurch ebenfalls eine Erkenntnis erwerben.“ „Nun gut“, dachte ich, „ich werde schon irgendwelche Fehler finden und dann beweisen können, daß sie im Irrtum sind. So werde ich meine Selbstachtung und auch meine Familie zurückgewinnen.“
Ich wollte nicht, daß Charles (mein Unterweiser) bei uns zu Hause die Bibel mit mir studierte, sondern ich ging einmal in der Woche zu ihm. Am Anfang stieg jedesmal, wenn ich mich zum Gehen bereitmachte, Wut in mir auf, denn im Grunde genommen wollte ich gar nicht studieren. Zornig warf ich jedesmal die Sachen umher, und die Leidtragende war wieder Käthe.
Aber im Laufe der Wochen änderte sich das. Ich merkte, daß keine einzige Lehre im Widerspruch zur Bibel stand, obwohl ich anfänglich nicht alles glaubte. Schließlich erkannte ich, daß alles, was ich lernte, mit der Bibel übereinstimmte. Als ein Freund mir eines Tages biblische Fragen stellte, konnte ich sie zu meinem Erstaunen beantworten. Ja, nun begann das Bibelstudium auch bei mir gute Früchte zu tragen.
Ich glaubte, daß damit unsere Probleme gelöst seien. Aber dem war nicht so. Das wäre zu einfach gewesen. Es gelang mir immer noch nicht so ganz, mich zu beherrschen, auch rauchte ich noch (drei Päckchen Zigaretten pro Tag), trank täglich ungefähr 15 Tassen Kaffee, viel Bier und nahm Schlaftabletten. Das alles belastete mein Gewissen. Auch hatte ich das Gefühl, mir das Rauchen nie abgewöhnen zu können. Jeden Abend nahm ich mir vor, mit dem Rauchen aufzuhören, und jeden Morgen begann ich erneut. Ich warf das Zigarettenpäckchen weg und holte es nachher wieder heraus ..., „um meine Nerven zu beruhigen“. Ich beneidete meine Frau, weil sie schon vor Jahren mit dem Rauchen aufgehört hatte.
Als ich einmal damit beschäftigt war, in der Küche eine Spülmaschine anzuschließen, verrenkte ich mich. Meine Frau eilte herbei, um mir zu helfen, aber ich war so wütend, daß ich sie zur Seite stieß und zur Tür hinausrannte, um mir Zigaretten zu kaufen. Es war ein schwerer Kampf. Aber dank vieler aufrichtiger Gebete und der Hilfe meiner christlichen Freunde sowie des Geistes Jehovas konnte ich schließlich wahrheitsgetreu sagen: „Ich habe es geschafft.“ Das half mir auch, mein hitziges Temperament zu zähmen, und nun bin ich nicht mehr auf meine Familie eifersüchtig, sondern ich bin dankbar, eine wirklich christliche Familie zu haben.
Ich bin auch dankbar, daß meine kleine Familie in all diesen Jahren an den biblischen Grundsätzen treu festgehalten hat. Und was ist aus dem einst eifersüchtigen Ehemann geworden? Nun, ich verrichte eine ähnliche Tätigkeit wie Paulus zur Zeit der ersten Christen. Zusammen mit meiner Frau besuche ich die Versammlungen der Zeugen Jehovas in der Umgebung von Louisville (Kentucky). Wir haben die schöne Aufgabe, 20 Versammlungen zu besuchen, denen ich als reisender Aufseher diene, um ihnen zu helfen und um sie zu ermuntern; gleichzeitig werden aber auch wir ermuntert.
Wir hoffen, daß eifersüchtige Ehemänner, die so empfinden, wie ich empfand, sich nicht durch ihren Stolz daran hindern lassen, ein gutes Verhältnis zu ihren Angehörigen zu haben, sondern die Zeit, in der ihre Kinder noch klein sind, nützen, um die biblischen Grundsätze kennenzulernen und zu lernen, wie man sie anwendet. Viele solche Ehemänner haben das bereits getan, so daß ihre Frauen erfahren konnten, wie gut es sich auswirkt, wenn man die inspirierten Worte aus 1. Petrus 3:1, 2 anwendet: „Ihr Ehefrauen, seid den eigenen Männern untertan, damit sie ... ohne ein Wort gewonnen werden mögen, weil sie Augenzeugen eures keuschen Wandels, verbunden mit tiefem Respekt, gewesen sind.“
Wir wünschen, daß ihr noch gesegneter werdet als wir und daß ihr große Freude erlebt, weil ihr mit den Gefahren, die mit der Eifersucht verbunden sind, fertig geworden seid. (Eingesandt.)
[Herausgestellter Text auf Seite 13]
Wenn ein Mann von seiner Frau verlangt, daß sie das Studium mit Jehovas Zeugen abbricht, hat er vielleicht etwas über die Zeugen gehört, was ihm nicht gefällt. Entspricht das, was er über sie gehört hat, jedoch der Wahrheit?
[Herausgestellter Text auf Seite 14]
Am besten läßt es sich ermitteln, was deine Frau bei den Zeugen Jehovas lernt, wenn du selbst die Bibel mit ihnen studierst. Es kostet dich keinen Pfennig. Auch bist du nicht gezwungen, das Studium fortzusetzen, wenn du nicht mehr studieren möchtest. Aber du erfährst auf diese Weise aus erster Hand, worum es geht.
[Herausgestellter Text auf Seite 15]
Um zu erfahren, was in einem Königreichssaal der Zeugen Jehovas vor sich geht, braucht man nur einmal einer Zusammenkunft der Zeugen beizuwohnen.