Wir beobachten die Welt
Bilanz der Zerstörung, die der Taifun „Gilda“ anrichtete
◆ Es scheint, daß erst jetzt der Schaden überblickt werden kann, den der Taifun „Gilda“ Anfang Juli in Japan angerichtet hat. Nach amtlichen Angaben fielen dieser entfesselten Macht, die von tobenden tropischen Regenstürmen begleitet war und Wolkenbrüche, Erdrutsche und Überschwemmungen auslöste, 136 Tote und Vermißte zum Opfer. 560 Häuser wurden völlig zerstört oder weggespült, während 107 346 unter Wasser standen. Allein an 16 185 Stellen waren die Straßen unterbrochen. Nach Schätzungen des Generallandschaftsdirektors Eiichi Nishimura beträgt der Schaden, den der Taifun „Gilda“ angerichtet hat, etwa 3,125 Milliarden Mark.
Dazu kam, daß die Stadt Tokio wenige Tage später von einem leichten Erdbeben erschüttert wurde, das jedoch keine größeren Schäden anrichtete.
Hochwasser in Indien
◆ Fast zur gleichen Zeit, als der Taifun „Gilda“ über Japan raste, gab es wolkenbruchartige Monsunregenfälle, die besonders im Gebiet der indischen Stadt Bombay niedergingen. Die Niederschläge wurden als die heftigsten seit der Gründung des Wetteramtes Colaba vor 128 Jahren bezeichnet. Nach Mitteilung der Polizei forderte dieses Unwetter 66 Menschenleben. Die Menschen kamen zum Teil durch Erdrutsche ums Leben oder wurden von den stürmischen Fluten fortgerissen. Noch bedrohlicher scheint sich aber das Unwetter in dem Unionsstaat Bihar ausgewirkt zu haben, wo durch die Überflutungen mindestens eine halbe Million Menschen obdachlos geworden sein soll. Dadurch sei, wie amtlich mitgeteilt wird, die Bekämpfung der Pocken erschwert worden, die allein in diesem Unionsstaat seit Beginn des Jahres mehr als 20 000 Menschenleben forderten.
Hirnhautentzündung in Brasilien
◆ Nach Pressemeldungen sind bis Ende des Monats Juli in der brasilianischen Stadt São Paulo mindestens 400 Menschen an Hirnhautentzündung gestorben. Aus Furcht vor dieser ansteckenden Krankheit haben nach deren Bekanntwerden Hunderte die Stadt verlassen. Brasilianische Tageszeitungen beschuldigten wiederholt die Bundesbehörden, das Ausmaß der Epidemie heruntergespielt und keine vorbeugenden Maßnahmen ergriffen zu haben. Inzwischen hat die Epidemie auch auf Argentinien übergegriffen.
Was kostet der Auslandsurlaub?
◆ Im Jahre 1973 haben die deutschen Urlauber insgesamt 17,3 Milliarden Mark im Ausland ausgegeben. Das sind etwa 19 Prozent mehr als im Jahre 1972. Nach einem Bericht der Commerzbank brachten aber ausländische Urlauber nur 5,8 Milliarden Mark in die Bundesrepublik, so daß die Reisebilanz mit einem Defizit von 11,5 Milliarden Mark abschloß. Interessant ist die Aufteilung der hohen Summe auf die wichtigsten Urlaubsländer. Mit 4,1 Milliarden Mark liegt Österreich wie auch in früheren Jahren an der Spitze. Italien folgt mit 3,1 Milliarden Mark, die Schweiz mit 1,9 Milliarden Mark, Holland mit 1,6 Milliarden Mark und Frankreich mit 1,3 Milliarden Mark. Nach Spanien brachten die deutschen Urlauber 1,2 Milliarden Mark, nach Jugoslawien 0,8 Milliarden und in die USA 0,7 Milliarden Mark.
Gefährliche Haarspraydosen
◆ Neuerdings beschlagnahmen Sicherheitsbeamte auf dem Londoner Flughafen Heathrow die von Passagieren in ihrem Gepäck mitgeführten Haarspraydosen. Als Grund wird angegeben, daß die Sprühdosen durchaus als Waffe bei einer Flugzeugentführung benutzt werden könnten. Man brauche nur ein brennendes Streichholz an die Flüssigkeit zu halten, um eine bis zu 30 Meter lange Stichflamme zu erzeugen. Bisher wurden schon mehrere hundert Dosen sichergestellt.
Persiens entschlossener Kampf gegen das Rauschgift
◆ Wie die persische Regierung jetzt bekanntgab, ist in letzter Zeit der Kampf gegen den Rauschgifthandel in Persien sehr verstärkt worden. Das geht allein aus der Tatsache hervor, daß in den vergangenen zweieinhalb Jahren 239 Rauschgifthändler durch Erschießen hingerichtet wurden. Diese drastische Maßnahme habe zur Folge gehabt, daß der unerlaubte Drogenhandel in Persien um die Hälfte zurückgegangen sei. Gleichzeitig wurde amtlich bekanntgegeben, daß unter der Leitung von Ministerpräsident Hoveida eine sechsköpfige Ministerkommission gebildet worden sei, die die Behörden in ihrem Kampf gegen Rauschgifthändler und -schmuggler unterstützen solle. Andererseits, heißt es in der Erklärung der Regierung weiter, würden süchtige Personen kostenlos behandelt und erhielten anschließend einen Arbeitsplatz. Jedenfalls sei die Regierung entschlossen, den verschärften Feldzug gegen die Rauschgiftsucht so lange fortzusetzen, bis sie endgültig bezwungen sei.
Guter Verwendungszweck für Tabakpflanzen
◆ An 70 Stellen will demnächst das bayerische Landesamt für Umweltschutz mit Hilfe von Ziertabakstauden die Umweltverschmutzung in der Münchner Innenstadt testen, denn nach Angaben des bayerischen Umweltschutzministeriums sollen auf den klebrigen und haarigen Blättern der Pflanze Ablagerungen aus der Luft besonders gut haftenbleiben.
In diesem Zusammenhang haben jetzt auch amerikanische Wissenschaftler die Vermutung geäußert, daß Blei, das in der natürlichen Umgebung auftrete und sich auf Tabakpflanzen absetze, die Hauptursache für Lungenkrebs bei Zigarettenrauchern sei und nicht, wie bisher angenommen worden sei, Teer- und Nikotinrückstände.
Israels Verteidigungsminister Peres ist pessimistisch
◆ In einem Interview erklärte Israels Verteidigungsminister Peres, daß er einen neuen Nahostkrieg „in sechs bis zwölf Monaten“ nicht ausschließe, „wenn die Araber merken sollten, daß sie auf dem politischen Wege ihre Ziele nicht erreichen können“. Peres nannte noch zwei weitere Gründe, die zu einem Krieg führen könnten: das schnelle Tempo der Aufrüstung und Rüstungserneuerung der arabischen Armeen und Israels „Kampf gegen den arabischen Terrorismus“. Der Minister meinte, er sehe „keinerlei Anzeichen einer Kompromißbereitschaft von seiten Syriens. Auch in Ägypten gebe es Elemente, die für Krieg seien.“ Daher müsse Israel seine Grenzen befestigen und mehr Grenzsiedlungen bauen.
Die Münchner S-Bahn — Opfer zerstörungswütiger Rowdys
◆ Die Bundesbahndirektion München hat sich über die häufigen Beschädigungen in den Münchner S-Bahn-Zügen beklagt. Nach ihren Feststellungen sind allein in den Monaten März bis Juli 1 425 Sitze 212 Rückenlehnen und 25 Armstützen demoliert worden. Auf diese Weise verursachten die mutwilligen Zerstörer, die mit dem normalen Verschleiß nicht zufrieden sind, einen Schaden, der auf rund 100 000 Mark geschätzt wird.
Teurer Prozeß
◆ Wie der Schwarzwälder Bote mitteilt, stellt das Land Baden-Württemberg für den voraussichtlich im Frühjahr 1975 in Stuttgart beginnenden Prozeß gegen den „harten Kern“ der Baader-Meinhof-Bande 58 Richter, Justizbeamte und Angestellte ein. Zu ihnen sollen 14 Vollzugsbeamte für Stuttgart-Stammheim und insgesamt zehn Richter gehören. Ein Sprecher des Stuttgarter Staatsministeriums habe bestätigt, daß die Einstellungen rund 1,8 Millionen Mark Personalkosten im Jahr erfordern würden. Dazu käme noch der Bau eines besonderen Prozeßgebäudes, für das weitere 10 Millionen Mark erforderlich seien. Wahrlich ein teurer Prozeß!
Ein zweifelhafter Rekord
◆ Im Zeitalter der Rekorde und Meisterschaften kann nach Angaben von Interpol die Stadt Rom den zweifelhaften Ruhm für sich in Anspruch nehmen, die Stadt mit den meisten Einbruchsdiebstählen in Europa zu sein. In der Stadt mit den meisten Kirchen werden jetzt zehnmal soviel Einbruchsdiebstähle verübt wie in London, fünfmal soviel wie in Amsterdam und viermal soviel wie in Mailand und Hamburg. Dabei fällt besonders die Steigerungsrate auf, denn schon in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurde die Zahl der Einbrüche, die während der zwölf Monate des vergangenen Jahres verübt wurden, weit übertroffen. Bevorzugt ist u. a. ein Stadtviertel der Wohlhabenden, in dem die Polizei jeden Tag im Durchschnitt acht Einbrüche registriert. Bei jedem Einbruch werden dort durchschnittlich 5 Millionen Lire (20 000 Mark) erbeutet.
Starke Zunahme der Verbrechen in den USA
◆ Nach einer dpa-Meldung nahmen die Verbrechen in den USA in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 15 Prozent zu im Vergleich zu dem gleichen Zeitraum des Jahres 1973. Die größte Steigerungsrate wurde in den Vororten, ländlichen Gebieten und Kleinstädten festgestellt. Die Zahl der Morde stieg um 7 %, während die Vergewaltigungen um 10 % zunahmen.
Kinder aus der Retorte
◆ Nach Aussagen des britischen Gynäkologen Dr. Douglas Bevis (von der Universität Leeds) vor der British Medical Association sollen in den letzten eineinhalb Jahren in Europa drei „in der Retorte“ gezeugte Kinder geboren worden sein. Hier handle es sich um Fälle, bei denen die Mütter wegen Eileiterschäden auf normalem Wege keine Kinder bekommen könnten. Diesen Frauen sei ein Ei operativ entnommen und in eine Nährlösung getan worden, wo es mit Sperma befruchtet worden sei. Sieben bis zehn Tage später sei das Ei in die Gebärmutter zurückverpflanzt worden. Die Kinder seien dann normal ausgetragen und geboren worden.
Vulkan als Stromerzeuger
◆ Wie die Nachrichtenagentur TASS meldet, haben sowjetische Wissenschaftler beschlossen, mehrere rund 3 000 Meter tiefe Löcher in den Vulkan Awatschinskaja Spoka auf der Halbinsel Kamtschatka zu bohren. In einige dieser Löcher wollen sie dann Wasser aus einem nahe gelegenen Fluß leiten, das in Form von Dampf aus den anderen Löchern wieder herausströmen müßte. Dieser Dampf soll Turbinen zur Elektrizitätserzeugung antreiben. Die Leistung des geplanten Elektrizitätswerkes soll 300 000 Kilowatt betragen. Es ist jedoch nicht mitgeteilt worden, wann mit dem Projekt begonnen werden soll.
Auch ein Fortschritt
◆ Nach Statistiken des Pentagons haben die Vereinigten Staaten in dem am 30. Juni abgelaufenen Haushaltsjahr für 21 Milliarden Mark Waffen ins Ausland verkauft. Damit konnten sie ihre Waffenlieferungen ins Ausland im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln und so ihre Stellung als führender Waffenexporteur weiter ausbauen.
Wohin mit dem Atommüll?
◆ Die Skandale in Verbindung mit fahrlässiger Ablagerung von Atommüll oder anderen Giftstoffen, die in jüngster Zeit immer wieder die Massenmedien beschäftigten und viele Gemüter beunruhigten, werfen die Frage auf, was man vor allem mit dem gefährlichen Atommüll machen soll. Es sind schon Vorschläge gemacht und Studien darüber angefertigt worden, den Atommüll im Antarktis-Eis zu versenken oder tief in die Erde, indem zu diesem Zweck etwa 10 Kilometer tiefe Löcher in die Erde gebohrt werden sollten. Auch ist schon der Plan in Erwägung gezogen worden, mittels Korpuskelstrahlen die hochradioaktiven Abfallstoffe bereits in Reaktoren umzuwandeln. Aber das Battelle-North-West-Institut, das von der NASA, der amerikanischen Raumfahrtbehörde, den Auftrag erhalten hatte, eine Studie darüber anzufertigen, kam zu dem Ergebnis, daß keiner der Vorschläge in absehbarer Zeit realisiert werden könne.
Schließlich begann man die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, den Atommüll „außerplanetarisch“ abzulagern, das heißt einfach in den Weltraum zu befördern. Hier war es die amerikanische Atomenergiekommission (AEC), die der NASA den Auftrag gab, die Möglichkeit zu prüfen, den Atommüll zunächst auf eine erdferne Umlaufbahn zu befördern und von da aus auf eine Umlaufbahn um die Sonne, um ihn später schließlich irgendwo außerhalb unseres Sonnensystems zu lagern. Der Transport ist aber so kostspielig, daß dieser Weg, sich des Atommülls zu entledigen, einfach als undiskutabel wieder zu den Akten gelegt werden mußte, denn der Forschungsbeauftragte der NASA, R. Hyland, hatte berechnet, daß die „Frachtkosten“ für ein Kilogramm Atommüll 175 000 Dollar (etwa 440 000 DM) betragen würden. Bis zum Jahre 1990 rechnet man aber jährlich allein in der Bundesrepublik Deutschland mit 7 200 Tonnen mittelaktiver Abfälle und mit 180 Tonnen hochaktiver Abfälle aus der Wiederaufarbeitung der Reaktor-Brennelemente. Bei den Vereinigten Staaten wird es sich um das Mehrfache handeln. Aber allein 180 Tonnen hochaktiver Abfälle würden jetzt etwa 30 Milliarden Dollar erfordern, um sie „außerplanetarisch“ zu lagern. Das sind etwa 75 Prozent der jetzigen Kosten des Staatshaushaltes. Dabei sind die verheerenden, unvorstellbaren Folgen noch nicht berücksichtigt, die durch einen Absturz eines Raumtransporters infolge Fehlstarts entstehen könnten. Doch während die Wissenschaftler diesem für sie unlösbaren Problem gegenüberstehen, nimmt der Atommüll Tag für Tag zu. Wann wird der Mensch einsehen, daß er nicht alle Probleme selbst lösen kann?