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Ist die Bibel lediglich das Produkt menschlicher Weisheit?Der Wachtturm 1975 | 1. Juni
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Ist die Bibel lediglich das Produkt menschlicher Weisheit?
FÜR viele ist die Bibel lediglich ein Buch, das weise Männer des Altertums geschrieben haben. Doch die Bibel selbst sagt dies nicht. Sie erhebt den Anspruch, ein von Gott inspiriertes Buch zu sein (2. Sam. 23:2; 2. Tim. 3:16; 2. Petr. 1:20, 21). Wenn das zutrifft, müßte sie überzeugende Beweise dafür enthalten, daß sie nicht lediglich das Produkt weiser Männer früherer Zeiten sein kann.
Gibt es solche Beweise? Enthält die Bibel ein genaueres Wissen über bestimmte Themen als andere Quellen aus alter Zeit? Ist sie frei von falschen Ansichten, die zu der Zeit vorherrschten, als die verschiedenen Teile der Bibel verfaßt wurden? Hält sie einer Untersuchung im Lichte des heutigen Wissens stand?
WISSEN ÜBER DIE ERDE
Heute wissen wir mit Sicherheit, daß die Erde nicht auf Stützen ruht. Doch zu der Zeit, als die älteren Teile der Bibel geschrieben wurden, hatten die Menschen im allgemeinen eine andere Vorstellung. Gemäß einer der damals weitverbreiteten Ansichten war die Erde eine runde Scheibe, die von vier Elefanten gestützt wurde, die wiederum auf einer großen Seeschildkröte standen.
Hatten solche Vorstellungen auf die Bibel einen Einfluß? Nein. In Hiob 26:7 heißt es: „[Gott] spannt den Norden aus über dem leeren Raum, hängt die Erde auf an nichts.“ Diese exakte Angabe hat schon vor langer Zeit Bibelgelehrte beeindruckt. So schrieb zum Beispiel F. C. Cook im neunzehnten Jahrhundert: „Sie [die Bibel] stellt einen ungewöhnlich energischen Protest gegen die unter allen Heiden weit verbreiteten abergläubischen Ansichten dar ... Hiob weiß nichts von festen Grundlagen, die die gewaltige Erde stützen. Wie Hiob von der durch die Astronomie erwiesenen Tatsache, daß die Erde im leeren Raum schwebt, erfahren hat, ist eine Frage, die wohl kaum jemand beantworten kann, der die Inspiration der Bibel leugnet.“
Was die Bibel über die Erde sagt, ist, verglichen mit ihrem Gesamtinhalt, nur etwas Beiläufiges. Die Bibel liefert vor allem vernünftigen Rat darüber, wie man ein Leben führen kann, das im Einklang mit Gottes Willen ist. Ihr Inhalt müßte daher logischerweise weit über dem stehen, was unvollkommene Menschen, die sich nicht an die Bibel halten, als Anleitung empfohlen haben oder noch empfehlen.
VERNÜNFTIGER MEDIZINISCHER RAT
Als Beispiel diene das Gesetz, das dem Volk Israel vor dreieinhalb Jahrtausenden durch Moses gegeben wurde. Es sollte unter anderem die Gesundheit und das Wohlergehen des Volkes schützen. Wenn sich die Israeliten gehorsam an dieses Gesetz hielten, würde es ihnen in gesundheitlicher Hinsicht gutgehen. (Vergleiche 2. Mose 15:26; 3. Mose 26:14-16.) Handelte es sich dabei um ein unbegründetes Versprechen, oder hatten die im mosaischen Gesetz geforderten Maßnahmen tatsächlich vorteilhafte Auswirkungen?
Selbst nachdem die Israeliten das Gesetz erhalten hatten, herrschten in den bedeutenden Kulturen auf medizinischem Gebiet keine allzu fortschrittlichen Vorstellungen. Der französische Arzt und Gelehrte Georges Roux schreibt: „Sowohl die Diagnose als auch die Prognose mesopotamischer Ärzte war eine Mischung aus Aberglauben und genauer Beobachtung.“ Von ägyptischen Ärzten und ihren Heilmitteln heißt es: „Aus den alten medizinischen Papyri, die erhalten geblieben sind und deren umfangreichster der Papyrus Ebers ist, wissen wir, daß das medizinische Wissen dieser Ärzte rein empirisch und völlig unwissenschaftlich war und größtenteils auf Magie beruhte. Obgleich sich ihnen genügend Gelegenheiten boten, die Anatomie des Menschen kennenzulernen, wußten sie so gut wie nichts darüber“ (The International Standard Bible Encyclopaedia, Bd. IV, S. 2393).
Die meisten im Papyrus Ebers aufgeführten Rezepte waren nicht nur wertlos, sondern viele davon waren auch ziemlich gefährlich. Das traf besonders auf Heilmittel zu, für die menschliche oder tierische Exkremente verwendet wurden. Zur Behandlung von Wunden, von denen der Schorf abgefallen war, wurde ein Breiumschlag empfohlen, der aus den Exkrementen eines Menschen, eines Schriftgelehrten, bestand, die gründlich mit frischer Milch vermischt werden sollten. Zur Entfernung von Splittern sollte folgendes Mittel dienen: „Blut von Würmern kochen und in Öl zerdrücken; Maulwurf töten, kochen und in Öl ausdrücken; Eselsmist mit frischer Milch vermischen. Auf die offene Stelle auftragen.“ Statt Erleichterung zu schaffen, konnte diese Anwendung von Mist nur zu verschiedenen gefährlichen Infektionen wie Tetanus (Wundstarrkrampf) führen.
Die Anweisungen des mosaischen Gesetzes waren nicht von irrigen Vorstellungen, wie sie im Papyrus Ebers zu finden sind, beeinflußt. Menschliche Exkremente wurden zum Beispiel im mosaischen Gesetz als etwas Unreines bezeichnet und sollten mit Erde bedeckt werden. In den für ein Heerlager bestimmten Vorschriften hieß es ausdrücklich: „Dir soll ein Platz außerhalb des Lagers sein! Dort tritt aus! In deinem Gürtel sollst du einen Spaten tragen! Grabe damit ein Loch, wenn du draußen niederkauern mußt, und bedecke wieder deinen Kot!“ (5. Mose 23:13, 14, Rießler, Storr). Der Unterschied zwischen dem mosaischen Gesetz und den ägyptischen Bräuchen ist wirklich erstaunlich, wenn man bedenkt, daß Moses, durch den Gott den Israeliten das Gesetz gab, „in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen“ worden war (Apg. 7:22).
Hätte man in den letzten Jahrhunderten eingesehen, daß durch bestimmte Vorkehrungen des mosaischen Gesetzes höhere Weisheit zum Ausdruck kommt, so wären viele Todesfälle zu vermeiden gewesen. Noch im vorigen Jahrhundert war die Sterblichkeitsziffer in Europa erschreckend hoch, weil die Ärzteschaft keine vernünftigen Hygienevorschriften kannte. Auf vielen Wöchnerinnenstationen starb ungefähr jede vierte Frau an Kindbettfieber. Was war der Grund? Medizinstudenten, die im Seziersaal mit Toten zu tun hatten, begaben sich gewöhnlich direkt auf die Wöchnerinnenstation und führten Untersuchungen durch, ohne sich auch nur die Hände zu waschen. So wurden Krankheitserreger von den Toten auf die Lebenden übertragen. Dem Arzt I. P. Semmelweis, der in der Wiener Gebärklinik arbeitete, fiel dies auf, und er ordnete an, daß Studenten vor einer Untersuchung ihre Hände in Chlorwasser zu waschen hätten. Die Todesfälle auf der Wöchnerinnenstation gingen daraufhin deutlich zurück. Es starb nun nur noch etwa jede achtzigste Frau statt ungefähr jede vierte.
Später setzte Semmelweis seine Arbeit in Ungarn, seinem Geburtsland, fort und erlangte für sein Verfahren die staatliche Anerkennung. Europas Ärzteschaft als Ganzes stand jedoch dem Händewaschen ablehnend gegenüber. Der Herausgeber der Wiener Ärztezeitung erklärte sogar, man müsse „dem Unsinn, die Hände in Chlorwasser zu waschen“, ein Ende bereiten. Im Jahre 1861 veröffentlichte Semmelweis eine Abhandlung über seine Ergebnisse und sein Verfahren und sandte sie an bekannte Geburtshelfer und an Ärztevereinigungen. Die medizinische Welt reagierte darauf ungünstig. Auf einer Konferenz deutscher Ärzte und Naturwissenschaftler sprachen sich die meisten Referenten gegen Semmelweis’ vernünftigen medizinischen Standpunkt aus.
Die europäischen Ärzte und Wissenschaftler des neunzehnten Jahrhunderts hielten sich für gelehrte Männer, doch lehnten sie — zweifellos unwissentlich — die höhere Weisheit ab, die Jahrtausende zuvor durch die Hygienevorschriften des mosaischen Gesetzes zum Ausdruck kam. In diesem Gesetz wurde erklärt, daß jeder, der einen Toten berührte, unrein wurde und sich einer Reinigung zu unterziehen hatte, indem er sich badete und seine Kleider wusch. Er sollte sieben Tage unrein sein und mußte während dieser Zeit jede körperliche Berührung mit anderen vermeiden. Jeder, den er zufällig berührte, sollte bis zum Abend des betreffenden Tages unrein sein. Durch diese Maßnahmen wurde verhindert, daß Erreger tödlicher Krankheiten von Leichen auf Lebende und von einer Person auf eine andere übertragen wurden (4. Mose 19:11-22).
Man stelle sich vor, wie viele Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn die Ärzteschaft des vergangenen Jahrhunderts das mosaische Gesetz als von Gott stammend betrachtet hätte! Zweifellos wäre man dann vorsichtiger mit den Lebenden und den Toten umgegangen.
Auf bestimmten Gebieten hat man erst in neuerer Zeit erkannt, wie weise die Erklärungen der Bibel sind. Ein Beispiel dafür ist das Gebot der Beschneidung, das Abraham gegeben wurde und das später auch im mosaischen Gesetz erschien. Es sah vor, daß die Beschneidung erst am achten Tage nach der Geburt eines Knaben erfolgen sollte (1. Mose 17:12; 3. Mose 12:2, 3). Aber weshalb am achten Tage?
Heute weiß man, daß es dafür vernünftige medizinische Gründe gibt. Man hat festgestellt, daß der Organismus eines Kleinkindes nicht vor dem fünften bis siebenten Tag die Normalmenge des Blutgerinnungsfaktors Vitamin K enthält. Prothrombin, ein weiterer wichtiger Gerinnungsfaktor, scheint am achten Tag in einer größeren Menge vorhanden zu sein als zu irgendeiner anderen Zeit im Leben eines Kindes. Gestützt auf diese Anzeichen, kommt S. I. McMillen, Arzt an einem College, zu dem Schluß: „Am vorzüglichsten eignet sich der achte Tag für die Beschneidung“ (None of These Diseases, S. 22, 23).
Fiel die Wahl rein zufällig auf diesen Tag? Es ist bemerkenswert, daß, obwohl bei anderen Völkern die Beschneidung schon lange üblich ist, nur diejenigen, die von der Bibel beeinflußt sind, ihre Knaben am achten Tag beschneiden. Ist es daher nicht vernünftig, die Erklärung der Bibel anzunehmen, daß der Schöpfer des Menschen diesen Tag bestimmt hat? Sollte man das nicht auch von dem Einen erwarten, der darauf hinwies, daß Gehorsam gegenüber seinem Gesetz der Gesunderhaltung des Volkes dienlich sei?
Es kann nicht geleugnet werden, daß die Bibel Erklärungen enthält, die von überragender Weisheit zeugen. Zweifellos gibt es deutliche Anzeichen dafür, daß sie nicht lediglich das Produkt menschlicher Weisheit sein kann. Ihre Aussagen zeugen von einer Weisheit, die die weisen Männer der Welt zur Zeit der Niederschrift der Bibel nicht besaßen. Es gibt jedoch noch einen gewichtigeren Faktor, der bezeugt, daß die Bibel ein Buch ist, das von Gott stammt. Worum handelt es sich dabei?
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Wissen, das nicht von Menschen stammen kannDer Wachtturm 1975 | 1. Juni
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Wissen, das nicht von Menschen stammen kann
„IHR wißt nicht einmal, was der morgende Tag bringt. Was ist denn euer Leben? Nur ein Dunst, der eine Weile sichtbar ist und dann verschwindet.“ Mit diesen Worten wird in der Bibel eine unleugbare Tatsache formuliert: Wir Menschen können nicht mit Sicherheit sagen, was der morgige Tag bringt (Jak. 4:14, Albrecht).
Wäre es somit für Menschen nicht noch viel schwieriger, ja unmöglich, größere Ereignisse Jahrhunderte im voraus mit absoluter Genauigkeit vorherzusagen? Würde der Anspruch der Bibel, von Gott inspiriert zu sein, nicht wesentlich erhärtet, wenn sie derartige Voraussagen oder Prophezeiungen enthielte? Gibt es solche Prophezeiungen in der Bibel? Man beachte folgendes:
DAS GESCHICK BABYLONS UND NINIVES
Die zu beiden Seiten des Euphrat erbaute Stadt Babylon war einst die eindrucksvolle Hauptstadt des großen babylonischen Weltreiches. Umgeben von Palmen, mit einem dauernden Wasservorrat ausgestattet und an der vom Persischen Golf zum Mittelmeer führenden Handelsstraße gelegen, hatte die Stadt tatsächlich eine vorzügliche Lage. Aber schon bevor Babylon von einem Satelliten des assyrischen Weltreiches zur Hauptstadt des sich immer mehr ausbreitenden babylonischen Weltreiches aufstieg, hatte im achten Jahrhundert v. u. Z. der hebräische Prophet Jesaja erklärt: „Babylon, die Zierde der Königreiche, die Schönheit des Stolzes der Chaldäer, soll werden wie Sodom und Gomorra, als Gott sie umkehrte. Sie wird niemals bewohnt werden, noch wird sie Generation um Generation verweilen. Und nicht wird dort der Araber sein Zelt aufschlagen, und keine Hirten werden ihre Kleinviehherden dort lagern lassen“ (Jes. 13:19, 20).
Niemand kann heute bestreiten, daß sich diese Worte erfüllt haben. Schon seit vielen Jahrhunderten liegt Babylon in Trümmern. Nicht einmal im Frühjahr sieht man dort Schafe oder Ziegen weiden. Babylon nahm tatsächlich ein unrühmliches Ende. André Parrot, leitender Konservator der französischen nationalen Museen, sagte:
„Auf mich hat es stets den Eindruck völliger Verwüstung gemacht. ... [Jede Touristenschar kehrt] im allgemeinen enttäuscht zurück ... ,Es gibt nichts mehr zu sehen‘, ist ihr beinahe einhelliges Urteil. Unvorbereitet wie sie war, erwartete sie, Tempel, Paläste, den ,Turm zu Babel‘ bewundern zu können. Indessen zeigte man ihr nur Ruinenhaufen, die um so weniger spektakulär wirkten, als sie fast gänzlich aus ... an der Sonne getrockneten Lehmblöcken [bestanden], graufarben und von mäßiger Widerstandskraft. Das Zerstörungswerk von Menschenhand wurde verschlimmert durch die Verwüstungen der Natur, die immer noch ihren Tribut von allem fordern, was durch Ausgrabungen zutage gefördert worden ist. Von Witterungseinflüssen angegriffen, würde das prächtigste Baudenkmal zum Staub zurückkehren, dem es entrissen worden ist, wenn man es nicht ständig ausbessern würde. ... Keine Macht der Erde vermag sich dem stetigen Verfall zu widersetzen. Babylon wird nicht mehr aufgebaut werden können. Sein Schicksal hat sich erfüllt. ... Babylon ist vollständig verschwunden“ (Babylon and the Old Testament, S. 13, 14).
Auch Ninive, die Hauptstadt des assyrischen Weltreiches, wurde zu einem verlassenen Ruinenhügel, was ebenfalls beweist, daß sich die biblischen Prophezeiungen genau erfüllen. Über das Geschick Ninives hatte der Prophet Zephanja im siebenten Jahrhundert v. u. Z. vorausgesagt: „Ninive macht er [Gott] zur Wüste, dürr wie die Steppe. Herden werden darin lagern“ (Zeph. 2:13, 14, Hamp, Stenzel).
Die Beweise dafür, daß der in dieser Prophezeiung zum Ausdruck gebrachte Wille Gottes geschehen ist, sind immer noch vorhanden. Zwei große Erdhügel kennzeichnen die Stelle, an der einst die stolze Hauptstadt Assyriens stand. Auf dem einen liegt ein Dorf mit einem Friedhof und einer Moschee. Aber auf dem anderen gibt es nichts weiter als einige Grasflächen und ein paar bebaute Felder. Im Frühling weiden dort Schafe und Ziegen.
Konnte ein Mensch vorherwissen, daß die mächtigen Städte Babylon und Ninive ein solches Ende nehmen würden? Konnte ein Mensch vorherwissen, daß Schafe und Ziegen zwar an der Stelle weiden würden, wo das alte Ninive stand, aber nicht in dem Gebiet des verwüsteten Babylon? Weder Jesaja noch Zephanja behaupteten, die Urheber ihrer prophetischen Botschaften zu sein. Sie bezeichneten sie als das „Wort“ oder die Botschaft des wahren Gottes, dessen Name Jehova ist (Jes. 1:1, 2; Zeph. 1:1). Haben wir nicht guten Grund, das anzunehmen, was sie sagten, da wir doch sehen, daß sich ihre Prophezeiungen genau erfüllt haben?
Es gibt keinen stichhaltigen Einwand — auch nicht hinsichtlich der Zeit der Niederschrift —, durch den diese erfüllten Prophezeiungen an Überzeugungskraft einbüßen würden. Babylon existierte sogar noch bis ins erste Jahrhundert v. u. Z., wenn auch nicht mehr in seinem früheren Glanz. Dennoch enthielt schon die Jesaja-Schriftrolle vom Toten Meer (die Gelehrte in das späte zweite oder das frühe erste Jahrhundert v. u. Z. datieren) dieselbe Prophezeiung über Babylon wie spätere Manuskripte. Die Behauptung, man habe den Bericht erst nach den Ereignissen aufgezeichnet und ihm einen prophetischen Anstrich gegeben, entbehrt somit jeder Grundlage. Außerdem kann niemand die Ruinen Babylons und Ninives wegerklären.
BIBLISCHE PROPHEZEIUNGEN SIND EINZIGARTIG UND SINNVOLL
Natürlich möchten einige das Zeugnis der biblischen Prophezeiungen abwerten, indem sie sagen, es habe im Altertum auch andere Propheten gegeben, die nicht behaupteten, von Jehova, dem Gott der Bibel, inspiriert zu sein. Doch was sagten diese Propheten voraus? Von welchem Wert waren ihre Prophezeiungen? Man beachte, was in der Encyclopedia Americana (Ausgabe 1956, Bd. 22, S. 664) darüber gesagt wird: „Es sind uns keine wichtigen Aussprüche irgendeines dieser nichtisraelitischen Propheten schriftlich überliefert worden. ... Diese Propheten waren in der Regel eine Art Hellseher, die Einzelpersonen auf bestimmte Fragen antworteten und deren Aussprüche daher nicht von allgemeiner Bedeutung oder von bleibendem Wert waren.“ Somit wird die Tatsache, daß die hebräischen Propheten von Gott inspiriert waren, keineswegs dadurch in Frage gezogen, daß es auch andere Propheten gab. Im Gegenteil! Durch den gewaltigen Unterschied in den Prophezeiungen wird der Anspruch der Bibel, Gottes Botschaft an die Menschheit zu sein, nur noch erhärtet.
Außerdem dienten die in der Bibel aufgezeichneten Prophezeiungen einem bestimmten Zweck. Selbst wenn von Gott inspirierte Prophezeiungen eine bevorstehende Vernichtung ankündigten, weil gerechte sittliche Grundsätze übertreten worden waren, hatten Einzelpersonen und ganze Nationen die Gelegenheit, ihre Wege und ihr Verhalten ernsthaft zu überprüfen, sich zu ändern und dem Unheil zu entrinnen. Das traf auf alle öffentlichen Vorankündigungen eines göttlichen Gerichts zu, was aus der Botschaft hervorgeht, die Gott durch seinen Propheten Jeremia ausrichten ließ: „In irgendeinem Augenblick, da ich gegen eine Nation und gegen ein Königreich reden mag, um sie auszurotten und sie niederzureißen und sie zu vernichten, und jene Nation tatsächlich umkehrt von ihrer Schlechtigkeit, gegen die ich redete, so will ich Bedauern empfinden über das Unglück, das ich an ihr zu vollstrecken gedacht hatte“ (Jer. 18:7, 8).
Ein Beispiel dafür ist die Prophezeiung, die Jona im neunten Jahrhundert v. u. Z. gegen Ninive äußerte. Er ging durch die Stadt und rief aus: „Nur noch vierzig Tage, und Ninive wird umgekehrt werden“ (Jona 3:4). Die Niniviten waren von dieser Botschaft so beeindruckt, daß sie ihre Sünden bereuten. Der König bedeckte sich mit Sacktuch und ordnete an, daß sich alle Bewohner der Speise enthalten und mit Sacktuch bedecken sollten; dasselbe sollte auch mit den Haustieren geschehen. Zufolge ihrer Reue entgingen die Niniviten dem Unheil, das sonst am Ende der festgesetzten Zeit von vierzig Tagen über sie gekommen wäre (Jona 3:5-10).
Ein weiteres Beispiel dafür ist die Prophezeiung Jesu Christi, daß die Stadt Jerusalem und ihr Tempel zu Lebzeiten der Generation, die seine Worte hörte, zerstört würden. In dieser Prophezeiung machte Jesus besonders darauf aufmerksam, daß es eine Möglichkeit des Entrinnens gäbe, wenn man positiv handeln würde, indem er zu seinen Jüngern sagte: „Wenn ihr ferner die Stadt Jerusalem von Heeren umlagert seht, dann erkennt, daß ihre Verwüstung nahe gekommen ist. Dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge zu fliehen beginnen, und die in ihrer Mitte sind, sollen hinausgehen, und die, die sich an Orten auf dem Lande befinden, sollen nicht in sie hineingehen“ (Luk. 21:20, 21).
Wie war es Jesu Jüngern möglich, diese prophetische Ermahnung zu befolgen? Vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, hätte man sich gesagt, eine Flucht sei zu gefährlich, wenn Jerusalem einmal von den feindlichen Heeren umlagert wäre. Aus den Schriften des jüdischen Historikers Josephus, der im ersten Jahrhundert lebte, geht jedoch hervor, daß sich aufgrund völlig unerwarteter Entwicklungen ein Fluchtweg ergab.
Im Jahre 66 u. Z. rückten die römischen Heere unter Cestius Gallus gegen Jerusalem vor. Die Eroberung der Stadt schien festzustehen. Cestius setzte aber seltsamerweise die Belagerung nicht bis zum Ende fort. Wie Josephus berichtet, ließ Cestius „plötzlich seine Soldaten den Rückzug antreten, gab, obwohl kein Mißgeschick ihn getroffen, alle Hoffnung auf und verliess unbegreiflicherweise die Stadt“. Diese ungewöhnliche Wendung der Ereignisse gab allen, die an Jesu Prophezeiung glaubten, die Gelegenheit, Jerusalem und Judäa zu verlassen und sich in der Gebirgsgegend östlich des Jordan in Sicherheit zu bringen.
Was geschah indes mit denjenigen, die Jesu Prophezeiung außer acht ließen? Sie erlebten eine Zeit unsäglichen Leides. Um die Passahzeit des Jahres 70 u. Z. kehrten die römischen Heere — diesmal unter Titus — zurück und nahmen die Belagerung Jerusalems wieder auf. Sie dauerte zwar nicht einmal fünf Monate, doch ihre Auswirkungen waren verheerend. In der Stadt wimmelte es von Menschen, die zur Passahfeier gekommen waren, und da es nicht möglich war, Nahrungsmittel in die Stadt zu bringen, entstand eine schreckliche Hungersnot. Die meisten der 1 100 000 Menschen, die während der Belagerung ums Leben gekommen sein sollen, fielen der Pest und der Hungersnot zum Opfer. Den 97 000 Juden, die (vom Beginn bis zum Ende des Krieges) gefangengenommen wurden, widerfuhr eine entwürdigende Behandlung. Viele wurden in Ägypten oder in Rom zu Schwerarbeit herangezogen. Andere ließen in den Arenen der römischen Provinzen ihr Leben. Alle Juden unter siebzehn Jahren wurden verkauft. Die stattlichsten Jugendlichen wurden von den Römern für den Triumphzug aufbehalten.
Die Stadt Jerusalem und ihr herrlicher Tempel wurden geschleift. Stehen blieben nur ein Teil der Westmauer sowie drei Türme. „Alle übrigen Teile der Stadtmauer machten die Sieger“, wie Josephus schreibt, „so völlig dem Erdboden gleich, daß fremde Ankömmlinge kaum hätten glauben sollen, die Stätte sei jemals bewohnt gewesen.“
Diese vollständige Vernichtung ist höchst bemerkenswert. Wieso? Weil Titus sie eigentlich nicht geplant hatte. Gemäß dem Geschichtsschreiber Josephus soll Titus zu den Juden gesagt haben: „[Ich] führte nur gezwungen meine Maschinen gegen eure Mauern heran, hielt die Mordlust meiner Soldaten im Zaum und bot euch nach jedem Siege, als wäre ich der Besiegte gewesen, Frieden an. Als ich dann dem Tempel nahe gekommen war, vergass ich wiederum aus freien Stücken, das Kriegsrecht anzuwenden, bat euch, euer eignes Heiligtum vor Zerstörung zu bewahren, bewilligte euch freien Abzug und Schonung eures Lebens oder auch, wenn ihr es so wolltet, Gelegenheit zum Kampf an einem anderen Orte.“ Doch was Titus auch immer ursprünglich beabsichtigt hatte, so gingen doch die Worte der Prophezeiung Jesu über Jerusalem und den Tempel in Erfüllung: „Sie werden in dir keinen Stein auf dem anderen lassen“ (Luk. 19:44; 21:6).
In Rom ist noch heute der Titusbogen zu sehen, der an die erfolgreiche Einnahme der Stadt Jerusalem im Jahre 70 u. Z. erinnert. Dieser Bogen ist ein stummer Zeuge davon, daß es unheilvolle Folgen hat, wenn man die warnenden Worte echter Prophezeiungen, wie sie in der Bibel enthalten sind, in den Wind schlägt.
Man beachte auch, daß sich Jesus nicht als Urheber seiner Prophezeiungen ausgab. Wie die hebräischen Propheten vor ihm, so erkannte auch er an, daß Gott die eigentliche Quelle der Inspiration ist. Er sagte einmal zu einigen Juden: „Was ich lehre, ist nicht mein, sondern gehört dem, der mich gesandt hat. Wenn jemand Seinen Willen zu tun begehrt, wird er erkennen, ob die Lehre von Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede“ (Joh. 7:16, 17). Somit wäre die Erfüllung der prophetischen Aussprüche Jesu eine Bestätigung dafür, daß sie „Gottes Wort“ sind.
HEUTE AUS DEN BIBLISCHEN PROPHEZEIUNGEN NUTZEN ZIEHEN
In der Vergangenheit blieben Menschen oft vom Tod verschont, weil sie in Übereinstimmung mit dem prophetischen Wort handelten. Allein schon diese Tatsache unterstreicht, wie wichtig es ist, dieses Wort auch heute zu berücksichtigen. Zahlreiche Prophezeiungen, die zwar schon vor vielen Jahrhunderten aufgezeichnet worden sind, sollen sich noch erfüllen und erfordern positives Handeln. Dazu gehören Prophezeiungen über das herannahende Ende aller Korruption, Ungerechtigkeit und Bedrückung.
Jesus Christus, der die Zerstörung der Stadt Jerusalem und ihres herrlichen Tempels vorausgesagt hatte, prophezeite auch, daß seine Jünger in unseren Tagen eine wunderbare Befreiung von dem gegenwärtigen bösen System der Dinge erleben würden. Jesus deutete an, daß es aufgrund der Ereignisse, die die Nähe dieser Befreiung kennzeichnen würden, eine sehr traurige, düstere Zeit geben würde. Es wäre, als ob Sonne, Mond und Sterne nicht mehr als Lichter dienen und die Menschen in der Dunkelheit wie blind umhertappen würden (Matth. 24:29). Jesus sagte: „Auf der Erde werden die Völker zittern aus Furcht vor dem tobenden Meer und den Wellen. Die Bewohner der Erde werden halbtot vor Angst darauf warten, was nun noch über sie hereinbricht“ (Luk. 21:25, 26, Die gute Nachricht).
Während all dieser Geschehnisse sollten seine Nachfolger nicht hoffnungslos und verzweifelt sein und den Kopf hängenlassen. Jesus sagte weiter: „Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf und faßt Mut; denn eure Erlösung [Befreiung, NW] ist nahe.“ Dann veranschaulichte er den Gedanken, indem er sagte: „Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an: Sobald ihr merkt, daß sie Blätter treiben, wißt ihr, daß der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, daß das Reich Gottes nahe ist, wenn ihr all das seht“ (Luk. 21:28-31, Einheitsübersetzung).
Ergreift Menschen, die heute aufmerksam die weltweite Entwicklung verfolgen, nicht große Furcht vor dem, was noch zu erwarten ist? Sind die Bevölkerungsexplosion, die Nahrungsmittelknappheit, das Verbrechen und die Gewalttaten, die Verschmutzung von Land, Luft und Wasser sowie die wirtschaftliche Unsicherheit nicht zu immer schwierigeren Problemen geworden, die weder der einzelne noch ganze Nationen erfolgreich zu lösen vermögen? Sah sich die Menschheit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges je vor eine solche Unmenge von Problemen gestellt? Haben wir somit nicht deutliche Anzeichen dafür, daß wir tatsächlich in der von Jesus Christus vorhergesagten Zeit beispielloser Furcht und unerhörter Schwierigkeiten leben? Ganz gewiß!
Das bedeutet, daß die wunderbare Befreiung, die Gottes Königreich herbeiführen wird, sehr nahe sein muß. Die biblischen Prophezeiungen zeigen, daß dieses Königreich eine gerechte Regierung ist, die alle verderblichen Einflüsse von der Erde beseitigen und eine Ära wahren Friedens und wahrer Sicherheit herbeiführen wird (Dan. 2:44; 2. Petr. 3:13).
Durch die Bibel kannst du mehr über dieses Königreich kennenlernen. Du kannst erfahren, auf welche Weise du an der wunderbaren Befreiung, die es herbeiführen wird, teilhaben kannst. Wie die genaue Erfüllung der biblischen Prophezeiungen zeigt, kannst du dich darauf verlassen, daß die Bibel Gottes Botschaft für die ganze Menschheit ist. Bestimmt möchtest du nicht den ungläubigen Landsleuten Jesu gleichen, die im ersten Jahrhundert u. Z. dem Unheil hätten entrinnen können, wenn sie in Übereinstimmung mit dem prophetischen Wort gehandelt hätten. Ja, könntest du etwas Besseres tun, als einen Teil deiner Zeit darauf zu verwenden, dich über etwas zu informieren, was für dich und deine Angehörigen eine sichere und glückliche Zukunft bedeuten kann?
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