-
„Natürlich kannst du es, Kayoko. Ich konnte es auch!“Der Wachtturm 1971 | 1. Februar
-
-
Schwester.“ Das machte mich sehr glücklich.
GILEADSCHULE UND DIE ZEIT DANACH
Der Besuch der Wachtturm-Bibelschule Gilead war ein einmalig schönes Erlebnis. Wir hatten nicht gewußt, daß uns eine solche Fülle biblischer Erkenntnis zur Verfügung steht. Gilead befand sich damals im Gebiet der „Finger Lakes“ im Staat New York. Seine grünen Rasenflächen und seine ruhig dahinfließenden Bächlein veranlaßten Asano Asayama, einen der ersten Absolventen der Gileadschule aus Japan, zu sagen: „Es ist wie ein Stück Paradies!“
Acht von uns fünfundzwanzig Absolventen, die ursprünglich Japan zugeteilt waren, wurden später Korea zugeteilt. Die Ereignisse überstürzten sich. Unsere Reise von New York nach Korea dauerte zwei Monate, und wir sahen unterwegs viele interessante Dinge und machten viele neue Bekanntschaften. Drei Monate nachdem wir unsere Tätigkeit begonnen hatten, brach der Krieg aus, und wir wurden von der Armee nach Japan evakuiert. Wir waren zuerst drei Monate in Kobe und kamen schließlich im Oktober 1950 nach Nagoja. Das war wirklich ein sehr bewegtes Jahr!
Keiner von uns wird jenen kurzen Aufenthalt in Korea je vergessen. Ich habe noch nie einen solchen Eifer gesehen wie den der koreanischen Zeugen Jehovas. Obwohl arm an irdischen Gütern — viele waren Flüchtlinge aus dem kommunistischen Nordkorea —, hatten sie unter ihren wenigen Habseligkeiten doch gewöhnlich eine abgegriffene Bibel. Viele dieser Menschen kamen zu unseren öffentlichen Vorträgen, und nach jeder Zusammenkunft umringten sie die Missionare und stellten ihnen biblische Fragen. Sie gaben sich nur mit einer Antwort aus der Bibel zufrieden.
Ich entsinne mich noch, daß wir uns bei der Evakuierung um unsere koreanischen Mitzeugen, die wir verlassen mußten, fast mehr Sorgen machten als um die Gefahr, in der wir uns befanden. Ihre Abschiedsworte und ihre von Tränen überströmten Gesichter werden uns noch lange in Erinnerung bleiben. Ja, wir fanden es sogar anfänglich ziemlich schwer, uns an die Tätigkeit in Japan zu gewöhnen. Von unserer Gruppe konnten nur Don Steele und seine Frau für längere Zeit nach Korea zurückkehren. Da wir inzwischen angefangen hatten, Japanisch zu lernen, wurde uns empfohlen, in Japan zu bleiben. Andere Missionare würden nach Korea gesandt, sofern und sobald ihnen die Einreise gestattet werde.
„Gregory-schimai, du bist durch deinen Pionierdienst rund um die Welt gekommen. Dieses Vorrecht hat aber doch nicht jeder, der den Pionierdienst aufnimmt, oder?“
„Pioniere haben verschiedene Vorrechte. Einige verlassen ihr Land nie, Kayoko, und in Japan wird gegenwärtig noch so viel Hilfe benötigt, daß wahrscheinlich niemand dieses fruchtbare Feld verlassen möchte.“
JAPAN — EIN LAND DER GEGENSÄTZE
Ich bin nun schon zwanzig Jahre hier, und in dieser Zeit hat sich manches geändert. Das vom Krieg heimgesuchte und verarmte Japan hat sich zu einem der fortschrittlichsten Länder der Welt entwickelt. Die Japaner sind wirklich fleißig, sie sind bildungshungrig und für neue Ideen zugänglich.
Anfänglich wurden durch das Predigen der Königreichsbotschaft nur geringe Ergebnisse erzielt. Wenn man an unsere beschränkten Sprachkenntnisse und an die wenigen passenden Schriften denkt, über die wir verfügten, ist das jedoch nicht verwunderlich. Dennoch blieben einige Personen mit uns verbunden, und während sie ihre Bibelkenntnisse erweiterten, wurden wir in ihrer Sprache geübter. Einige derer, mit denen wir damals studierten, dienen Jehova heute noch treu in Japan.
Wir machten beim Sprechen natürlich häufig Fehler. So stellte zum Beispiel ein Missionar einmal fest, daß er, nur weil er ein Wort verwechselt hatte, gesagt hatte: „Ich bin eine christliche Straßenbahn.“ Ich erinnere mich noch an einen Fall, in dem ich zu jemandem in allem Ernst sagte: „Christus Jesus kam auf die Erde, um Jehovas Namen und Adresse zu verkündigen.“
Wir lernten viele neue Bräuche kennen. Wir mußten uns daran gewöhnen, auf den Füßen zu sitzen. Noch heute führe ich die meisten meiner Bibelstudien mit Neuinteressierten in dieser Stellung durch. Durch die unermüdliche Geduld der Japaner wird einem aber alles sehr leicht gemacht.
Obwohl die japanische Lebensweise schon weitgehend modernisiert worden ist, haben sich noch viele alte Bräuche erhalten. Man sieht in den Straßen der Städte sowohl den Kimono als auch den Minirock. Japan steht im Gebrauch von Computern an zweiter Stelle, aber es gibt kaum eine Wohnung mit Zentralheizung. Die übliche Heizvorrichtung besteht aus einem niedrigen Tisch, der mit einer wollenen Decke zugedeckt ist und unter dem das Heizgerät steht. Hände und Füße bleiben daher warm, aber am Rücken friert man. Die Japaner können fast alle lesen und schreiben, aber der Aberglaube ist weit verbreitet.
Während einerseits die japanische Jugend rebelliert und Studentenunruhen an der Tagesordnung sind, werden andererseits immer noch 70 Prozent der Heiraten in Japan von den Familienangehörigen vereinbart. Japan ist in der Tat ein Land der Gegensätze.
BEGEISTERNDE FORTSCHRITTE
Wenn das Interesse an unserem christlichen Werk anfänglich nur langsam zunahm, so wächst es heute um so schneller. Es dauerte zehn Jahre, bis die ersten tausend Königreichsverkündiger hervorgebracht worden waren. Jetzt, zehn Jahre später, beteiligen sich regelmäßig über 9 000 am Predigtdienst von Haus zu Haus, und weit über 1 000 davon sind Pionierverkündiger. Kann man das nicht als einen Erfolg bezeichnen? Fünfzehn von unserer ursprünglichen Missionargruppe sind immer noch hier. Welch eine Freude und welch ein Vorrecht, an dieser Ausdehnung einen Anteil gehabt zu haben!
Die gleichen Eigenschaften, die zu dem wirtschaftlichen Fortschritt hier beigetragen haben, beeinflussen auch in mannigfaltiger Weise die Königreichstätigkeit. Fleiß ist bestimmt lobenswert, aber einige Personen hier, die die eigentliche Ursache für die gegenwärtigen Verhältnisse kennengelernt haben, lassen sich durch die Sitte, die weltliche Arbeit und das Vorwärtskommen im Berufsleben allem voranzustellen, am christlichen Fortschritt hindern.
Obwohl die Menschen bildungshungrig sind und bereitwillig Schriften entgegennehmen, stehen sie immer noch unter dem tief wurzelnden Einfluß der buddhistischen Religion und pflegen immer noch eine gewisse Form des Ahnenkultes. Es fehlt ihnen jede Grundlage für ein Verständnis des Daseins Gottes, des Schöpfers. Die meisten wissenschaftlich geschulten Personen unter sechzig Jahren und manchmal sogar auch ältere sagen uns deshalb, sie seien Atheisten.
Es gibt aber auch Sanftmütige und Lernbereite unter ihnen, und einige davon haben erstaunliche Fortschritte gemacht. Auch hier ist wie überall der richtige Herzenszustand ausschlaggebend.
Durch den Pionierdienst, vorwiegend durch den Missionardienst, habe ich, wie Christus Jesus es verheißen hat, eine große, liebe Familie erhalten. (Mark. 10:29, 30) Jüngst sprach mich im Tokioer Bethel (die Zweigstelle der Wachtturm-Gesellschaft) ein junger, seit kurzem dort arbeitender Zeuge an und fragte mich: „Kannst du dich noch an mich erinnern?“ Glücklicherweise hatte sich sein Gesicht nicht viel verändert. Ich erinnerte mich, daß er noch in die Grundschule ging, als ich mit seiner Mutter in Nagoja studierte. Drei aus einer anderen Familie, mit der ich studierte, sind jetzt Sonderpioniere.
Ein junger Mann, mit dem ich ein Bibelstudium durchführte, als er noch zur Schule ging, stellte mir seine zwölfjährige Tochter vor, die sich an dem Tag hatte taufen lassen, um ihre Hingabe an Gott zu symbolisieren. Einige meiner geistigen Kinder sind durch die Wachtturm-Bibelschule Gilead gegangen und dienen heute als reisende Vertreter der Gesellschaft oder im Bethel.
Ich für meinen Teil kann sagen, daß man Jehovas Schutz und Führung nirgends so gut verspürt wie im Vollzeitdienst. Er verleiht einem eine Freude, die bewirkt, daß man lernt, „sowohl satt zu sein, als auch zu hungern, sowohl Überfluß zu haben, als auch Mangel zu leiden“. (Phil. 4:12) In den zwanzig Jahren, in denen ich hier gewesen bin, konnte ich dreimal wieder nach Amerika zurückkehren, und zwar jedesmal mit der Unterstützung der Gesellschaft und durch die Spenden freigebiger Zeugen Jehovas rund um die Welt. Das letzte Mal hatte ich das Vorrecht, dem internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas „Friede auf Erden“ in Atlanta beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch meinen Bruder und meine Schwester und viele Freunde besuchen, die ich elf Jahre nicht mehr gesehen hatte. Welch ein freudiges Wiedersehen!
Dennoch ist jetzt Japan meine Heimat! Ich hoffe, daß ich hier bleiben und meine Tätigkeit durch Harmagedon hindurch fortsetzen und auch danach Jehova anbeten und ihm irgendwie dienen kann. Und Kayoko? Sie steht nun schon drei Jahre im Sonderpionierdienst. In einem Brief schrieb sie vor kurzem, daß sie gegenwärtig zehn Heimbibelstudien durchführe und daß jemand, mit dem sie studiert habe, bereits im allgemeinen Pionierdienst stehe. Ich könnte mir vorstellen, daß sie, wie einst ich zu ihr, zu der betreffenden Person sagte: „Natürlich kannst du Pionier werden. Ich konnte es auch!“
-
-
Durch Liebe und Gehorsam Jehova nicht vergessenDer Wachtturm 1971 | 1. Februar
-
-
Durch Liebe und Gehorsam Jehova nicht vergessen
Was und wen sollten die Israeliten nicht vergessen?
„Vergessen“ bedeutet unter anderem: „Etwas aus der Erinnerung verlieren; dem Gedächtnis entschwinden lassen.“ Diese Bedeutung hat das Wort „vergessen“ in Gottes Geboten an die Söhne Israel. Nach 5. Mose 4:9 wurde ihnen geboten: „... daß du die Dinge [die Machttaten, die Jehova für sie gewirkt hatte] nicht vergessest, die deine Augen gesehen haben.“
Ferner wurde ihnen geboten: „... daß du Jehovas nicht vergessest, der dich herausgeführt hat aus dem Lande Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft.“ (5. Mose 6:10-12) Diese Gefahr würde bestehen, nachdem sie in das Land der Verheißung, das von Milch und Honig floß, eingezogen wären und all die guten Dinge dort genießen würden. Jehova warnte sie deshalb davor, materialistisch zu werden und ihn zu vergessen.
Gemäß 5. Mose 25:19 gebot Jehova Gott seinem Volk, auch folgendes nicht zu vergessen: „Wenn Jehova, dein Gott, dir Ruhe geschafft hat ..., so soll es geschehen, daß du das Gedächtnis Amaleks unter dem Himmel austilgest. Vergiß es nicht!“a Warum sollten sie dies tun? Weil Amalek „dir auf dem Wege entgegentrat und deinen Nachtrab schlug, alle Schwachen hinter dir her, als du matt und müde warst; und er fürchtete Gott nicht“. Im Laufe der Zeit tilgte Israel tatsächlich „das Gedächtnis Amaleks unter dem Himmel“ aus. — 5. Mose 25:18.
Unter anderem welche Taten Jehovas sollten Christen heute nicht vergessen?
David sagte: „Segne Jehova, o meine Seele, und vergiß nicht alle seine Taten.“ (Ps. 103:2, NW) Zu diesen Taten gehört, wie Jesus und der Apostel Paulus ihre Zuhörer erinnerten, unter anderem, daß Jehova die Sonne scheinen und es regnen läßt und daß er für Luft und Nahrung sorgt. Alles, was wir an materiellen Dingen benötigen, kommt von ihm.
Christen sollten auch nicht vergessen, daß ihr Gott, Jehova, für die notwendigen geistigen Dinge gesorgt hat. Er hat seinen Dienern sein Wort, die Bibel, gegeben. Er hat ihnen eine Fülle von seinem heiligen Geist gegeben. Er gab ihnen seinen Sohn, Jesus Christus, der sie erlöst hat, und er gab der Menschheit die Hoffnung auf sein Königreich.
Darüber hinaus hat Jehova seine Diener mit der Ehre bedacht, ihn als seine Zeugen zu vertreten. Auch hat er dafür gesorgt, daß eine sichtbare, irdische Organisation, der „treue und verständige Sklave“, vorhanden ist, die sein Volk mit geistiger Speise versieht und es führt und leitet.
-