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Das Gebet — leeres Ritual oder bedeutungsvolle Kommunikation?Erwachet! 1981 | 8. Februar
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Häusern gibt es ein kamidana, ein Holzgestell, das an der Wand angebracht ist und auf dem Schintobilder stehen, und/oder ein butsudana, ein buddhistischer Göttersims. Vor diesen verrichten die Familienglieder ihr Gebet: Sie zünden eine Kerze an und mit der Kerzenflamme etwas Weihrauch. Wenn sie vor dem Göttersims knien, schlagen sie mit einem kleinen Holzstäbchen eine Glocke an und wiederholen immer und immer wieder bestimmt formulierte Gebete oder kleine Stoßgebete wie „Namu-Amida-Butsu“ (Ehre dem Buddha Amida!). Das wird zwanzig Minuten oder sogar mehrere Stunden lang in einem monotonen Singsang wiederholt.
Wie verhalten sich Japaner, die sich zum Christentum bekennen? Sie gehen möglicherweise in die Kirche, knien sich ein paar Minuten hin und beten still für sich oder im Flüsterton. Einige lesen ihre Gebete aus einem Buch ab. Das sind meist Leute, die häufig die Kirche aufsuchen, um zu beten. Andere dagegen besuchen die Kirche nur, wenn sie in Not sind. Dann gibt es auch Personen, die eine Gebetsschnur benutzen, an der sie die auswendig gesprochenen Gebete abzählen. Zwischendurch mögen sie den Blick kurz auf ein Kruzifix oder auf irgendein Heiligenbild richten.
Es gibt die verschiedensten Gebetssitten. Zweifellos rufen viele fromme, aufrichtige Personen Gott im Gebet an. Dennoch sollten wir uns fragen: Ist das Gebet eine bedeutungsvolle Kommunikation oder ein leeres Ritual?
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Ist es von Belang, warum und wie man betet?Erwachet! 1981 | 8. Februar
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Ist es von Belang, warum und wie man betet?
„OKAMI-SAMAa, hilf mir die Prüfung bestehen! Ich bin ungenügend vorbereitet, so daß alles von dir abhängt.“ Solche Gebete werden, wenn die Zeit der Schulexamen näher rückt, in vielen Tempeln in ganz Japan an Gott gerichtet. Es gibt Großeltern, die für ihre Enkel 10 000 Yen (50 US-Dollar) zahlen, damit ein Jahr lang jeden Tag für sie gebetet wird, daß sie in der Schule gut vorankommen.
Viele der Schüler, die zu dieser Zeit des Jahres einen Tempel aufsuchen, tun das nicht, weil sie tief religiös sind. „Eigentlich glaube ich nicht an Gott“, sagte ein Schüler. „Ich bete nur zu Gott, wenn ich in Schwierigkeiten bin.“
Sie handeln entsprechend dem japanischen Sprichwort: „Wenn in Not, stütze dich auf Gott.“
Doch was geschieht, wenn es diesen jungen Leuten wieder bessergeht? Dann ist Gott gewöhnlich vergessen — bis zum nächsten Mal, wenn sie ihn wieder brauchen.
Worum wird gebetet?
Die Leute beten gewöhnlich, weil sie etwas haben möchten. In einem Artikel einer westlichen Zeitschrift wurden einige Gebete von Kindern abgedruckt. Dabei handelte es sich fast durchweg um Bittgebete: „Lieber Gott, ich benötige mehr Taschengeld. Könntest du einen deiner Engel beauftragen, es meinem Vater zu sagen? Ich danke dir.“ „Könntest du unserer Familie bitte etwas Geld schicken?“ „Hilf mir doch bitte in der Schule.“
In Japan ist es üblich, am Jahresanfang Tempel aufzusuchen und dort zu Ebisu, dem Gott des Reichtums, zu beten. Das tun sehr viele Japaner. In einem der letzten Jahre sind bestimmte Schreine allein in Kioto und Tokio von über drei Millionen Menschen besucht worden, die dort um Geld für die kommenden Monate gebetet haben.
Wer Schutz vor Unfällen oder vor Unglück sucht, der betet in den Tempeln, die der buddhistischen Gottheit Kwannon, der Göttin der Barmherzigkeit, geweiht sind, sowie an Schintoschreinen.
Auf den Philippinen beten die Katholiken zu „Santo Niño“, dem „Heiligen Kind“, um Glück. Ein Mann kaufte für seine Santo-Niño-Statue aus Dankbarkeit dafür, daß sie ihm, wie er glaubte, finanzielle Hilfe geleistet hatte, eine 14karätige Goldkrone mit echten Rubinen und Diamanten besetzt.
Einige Gebete bringen Dankbarkeit zum Ausdruck, doch die überwiegende Zahl sind Bittgebete, in denen um alles mögliche gebetet wird.
Werden Gebete erhört?
Einzelne Personen sind überzeugt, daß ihre Gebete um Erfolg oder um Geld erhört wurden, doch eine viel größere Zahl ist enttäuscht. In Tokio beten sehr viele Schüler um Hilfe bei den Aufnahmeprüfungen für eine der privaten höheren Schulen, aber 78 Prozent der Prüflinge fallen durch. Warum werden ihre Gebete nicht erhört?
Eine fünfköpfige Familie suchte einen Schintotempel auf, um durch Zauber zu erreichen, daß ihr Auto vor einem Unfall bewahrt werde. Als sie vom Tempel wegfuhren, stieß der Wagen gegen einen Brückenpfeiler, und alle fünf Insassen wurden dabei getötet. Warum wurden sie nicht beschützt?
Zu wem betest du?
Die japanischen Schüler richten ihre Gebete oft an Michizane Sugawara, der schon seit langem als „Gott des Lernens“ verehrt wird. Sugawara lebte im 9. Jahrhundert und war ein japanischer Dichter und Gelehrter. Nun ist er schon seit tausend Jahren tot. Ist es vernünftig zu glauben, daß er einem Schüler helfen kann, in der Prüfung besser abzuschneiden?
In Wirklichkeit werden die Gebete der meisten Schüler, die ins Examen gehen und zu Sugawara um Hilfe beten — in Japan sind die Examen sehr streng —, nicht erhört. Das darf uns nicht überraschen. Was uns die Vernunft sagt, stimmt auch mit der Bibel überein: „Was die Toten betrifft, sie sind sich nicht des geringsten bewußt ..., denn es gibt kein Wirken noch Planen, noch Erkenntnis, noch Weisheit in dem Scheol [Grab]“ (Pred. 9:5, 10). Sugawara befindet sich im Scheol und kann daher keinem Schüler helfen, weder einem Schüler, der sich gut auf das Examen vorbereitet hat, noch einem Schüler, der sich schlecht darauf vorbereitet hat.
Wie steht es mit Gebeten, die man an Bilder richtet, wie an das der buddhistischen Gottheit Kwannon? Die Erfahrung zeigt, daß es in der Welt unzählige Personen gibt, die zu solchen Bildern um Erfolg und Glück beten, aber erfolglos und unglücklich sind. Warum?
Wenn es schon nutzlos ist, zu einem Verstorbenen zu beten, ist es dann nicht noch viel nutzloser, zu einem Bild zu beten? Natürlich. Auch in diesem Fall ist das, was die Bibel sagt, völlig im Einklang mit der Vernunft. So lesen wir über solche Bilder, daß sie „das Werk der Hände des Erdenmenschen“ sind. „Einen Mund haben sie, aber sie können nicht reden; Augen haben sie, aber sie können nicht sehen; Ohren haben sie, aber sie können nicht hören. Eine Nase haben sie, aber sie können nicht riechen. Hände gehören ihnen, aber sie können nicht tasten. Füße gehören ihnen, aber sie können nicht gehen; sie äußern keinen Laut mit ihrer Kehle. Die sie machen, werden ihnen gleich werden, alle, die auf sie vertrauen“ (Ps. 115:4-8).
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