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  • Christus am Pfahl, „die Kraft Gottes“
    Der Wachtturm 1978 | 15. August
    • Christus am Pfahl, „die Kraft Gottes“

      „Die Juden bitten um Zeichen, und auch die Griechen suchen nach Weisheit; wir aber predigen Christus am Pfahl, den Juden eine Ursache zum Straucheln, den Nationen aber Torheit“ (1. Kor. 1:22, 23).

      1. (a) Aufgrund welcher Verhältnisse in der Christenversammlung in Korinth wies Paulus nachdrücklich auf „Christus am Pfahl“ hin? (b) Welche Gedanken, mit denen wir uns nun befassen möchten, erwähnt Paulus in 1. Korinther 1:17-25?

      DIE obigen Worte über „Christus am Pfahl“ schrieb Paulus an die Christenversammlung in Korinth. Das Korinth zur Zeit des Paulus war eine weltoffene Stadt, in der Römer, Griechen, Orientalen und Juden lebten. In der dortigen Christenversammlung war es zu Spaltungen gekommen, weil sich bestimmte Gruppen nach geachteten Persönlichkeiten ausrichteten. Paulus schrieb deshalb: „Der Christus besteht geteilt“ (1. Kor. 1:13). Einige der Judenchristen neigten vielleicht auch dazu, an bestimmten Punkten des mosaischen Gesetzes festzuhalten, und einige Angehörige anderer Rassen mögen sich von den redegewandten griechischen Philosophen haben beeindrucken lassen. Das Evangelium sollte jedoch nicht in hochtönenden Worten gepredigt werden, noch sollte es durch die Weisheit religiöser Überlieferungen oder philosophischer Spekulationen verfälscht werden. Was auch immer der Fall gewesen sein mag, der Apostel Paulus hielt es für angebracht, die Korinther nachdrücklich auf die Notwendigkeit hinzuweisen, nur „Christus am Pfahl“ zu predigen. Das geht aus seinen Worten in 1. Korinther 1:17-25 hervor, die die Grundlage dieses und des folgenden Artikels bilden. Paulus schrieb:

      „Christus hat mich ... ausgesandt, ... um die gute Botschaft zu verkünden, nicht mit Redeweisheit, damit der Marterpfahl des Christus nicht nutzlos gemacht werde. Denn das Wort über den Marterpfahl ist denen Torheit, die zugrunde gehen, uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft. Denn es steht geschrieben: ,Ich will die Weisheit der Weisen zugrunde richten, und die Intelligenz der Intellektuellen will ich beseitigen.‘ Wo ist der Weise? Wo der Schriftgelehrte? Wo der Debattenredner dieses Systems der Dinge? Hat Gott nicht die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? Denn da in der Weisheit Gottes die Welt durch ihre Weisheit Gott nicht zu erkennen vermochte, hielt Gott es für gut, durch die Torheit dessen, was gepredigt wird, die Glaubenden zu retten. Denn die Juden bitten um Zeichen, und auch die Griechen suchen nach Weisheit; wir aber predigen Christus am Pfahl, den Juden eine Ursache zum Straucheln, den Nationen aber Torheit; den Berufenen jedoch, sowohl Juden wie Griechen, Christus, die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen.“

      2. Was geschah bei Jesu Salbung, und welches Werk führte er danach durch?

      2 Wie dieses Zitat zeigt, ‘baten die Juden um Zeichen’. Hatte Jesus nicht genügend Zeichen gegeben? Im Jahre 29 u. Z. begab er sich an den Jordan und stellte sich zur Taufe dar. Als er aus dem Wasser heraufkam, fuhr Gottes Geist in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und die Stimme Jehovas sagte vom Himmel: „Dieser ist mein Sohn, der geliebte, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Nachdem Jesus 40 Tage in der Wildnis verbracht und den Versuchungen des Teufels erfolgreich widerstanden hatte, begann er, das Königreich zu predigen und Wunder zu wirken. Matthäus berichtet über die Auswirkung dieser Tätigkeit: „Er [ging] in ganz Galiläa umher, lehrte in ihren Synagogen und predigte die gute Botschaft vom Königreich und heilte jede Art von Leiden und jede Art von Gebrechen unter dem Volke. Und der Bericht über ihn drang durch ganz Syrien; und man brachte ihm alle, denen es schlechtging, die mit verschiedenen Leiden und qualvollen Übeln behaftet waren, von Dämonen Besessene und Epileptiker und Gelähmte, und er heilte sie. Daher folgten ihm große Volksmengen aus Galiläa und der Dekapolis und aus Jerusalem und Judäa und von jenseits des Jordan“ (Matth. 3:13-17; 4:23-25).

      „WIR MÖCHTEN EIN ZEICHEN ... SEHEN“

      3. Welche Zeichen wirkte Jesus, doch worum baten die Schriftgelehrten?

      3 Die Menschen waren über seine Wunder so erstaunt, daß sie ihn als den verheißenen Messias ansahen. Sie sagten: „Wenn der Christus gekommen ist, wird er doch nicht etwa mehr Zeichen tun, als dieser getan hat?“ Jesus machte aus Wasser Wein, wandelte auf dem Wasser, beschwichtigte die Winde und beruhigte die stürmische See, speiste auf übernatürliche Weise Tausende mit einigen Brotlaiben und Fischen, heilte Kranke, ließ Lahme wieder gehen, öffnete die Augen von Blinden, heilte Leprakranke und weckte sogar Tote auf. Wer könnte noch mehr fordern? Die religiösen Führer der Juden taten es. Sie waren Augenzeugen vieler dieser von Jesus gewirkten Zeichen gewesen und hatten Berichte über viele weitere erhalten. Aber trotzdem traten die Schriftgelehrten und Pharisäer an Jesus mit der unangebrachten Forderung heran: „Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen“ (Joh. 7:31; Matth. 12:38).

      4, 5. Welche Kenntnisse, die die Schriftgelehrten und Pharisäer aufgrund ihrer Tätigkeit hatten, hätten sie davon überzeugen sollen, daß Jesus der Messias war?

      4 Von allen, die weitere Beweise dafür forderten, daß Jesus der Messias war, hätten diese religiösen Führer die letzten sein sollen. Die Schriftgelehrten befaßten sich mit nichts anderem als mit dem Studium der Hebräischen Schriften. Sie gingen dabei peinlich genau vor und diskutierten untereinander lang und breit die Schriften, um zu richtigen Schlüssen über ihre Anwendung zu kommen. Sie hatten eine umfangreiche mündliche Tradition zusammengetragen, die angeblich die Hebräischen Schriften bis in die kleinsten Einzelheiten erläutern und verständlich machen sollte. Aufgrund ihrer Nachforschungen kannten sie mit Sicherheit die Prophezeiungen über das Kommen des verheißenen Messias.

      5 Wußten sie etwa nicht, daß der Messias aus dem Stamm Juda und aus der Familie Davids kommen und in Bethlehem geboren werden sollte, daß sein Kommen von einem Mann gleich Elia bekanntgemacht werden und daß er die Krankheiten und Leiden des jüdischen Volkes tragen sollte? An Jesus erfüllten sich mehr als 300 Prophezeiungen der Hebräischen Schriften, die vom ersten Kommen des Messias handelten — viele davon hatten sich bereits erfüllt, als sie Jesus um ein Zeichen baten. Jesus erinnerte sie daran, daß sie aufgrund ihres Studiums der Schriften über ihn Bescheid wissen sollten: „Ihr erforscht die Schriften, weil ihr denkt, daß ihr durch sie ewiges Leben haben werdet; und gerade diese sind es, die über mich Zeugnis ablegen“ (Joh. 5:39).

      6. Was erwiderte Jesus auf ihre Bitte, und weshalb antwortete er nicht spöttisch?

      6 Antwortete ihnen der Sohn Gottes mit vernichtendem Spott, als sie den Wunsch äußerten: „Wir möchten ein Zeichen von dir sehen.“? Beachten wir, was er sagte: „Er erwiderte ihnen und sprach: ,Eine böse und ehebrecherische Generation sucht fortwährend nach einem Zeichen, doch wird ihr kein Zeichen gegeben werden, ausgenommen das Zeichen Jonas, des Propheten. Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des mächtigen Fisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein‘“ (Matth. 12:38-40). Nein, Jesus schimpfte sie nicht aus, weil sie die vielen übernatürlichen Zeichen, die bereits gegeben worden waren, nicht beachteten oder weil sie nicht davon überzeugt waren, daß sich bestimmte Prophezeiungen über den Messias schon an ihm erfüllt hatten. Er zeigte für sie Verständnis, für ihren Wunsch und ihren Fehler, und ging mit seiner Antwort auf diese Situation ein.

      DAS VON IHNEN GEWÜNSCHTE ZEICHEN

      7, 8. Welches Zeichen wollten die Juden sehen, und nur welches Zeichen würden sie erhalten, und warum?

      7 Jesus kannte das Zeichen, das sie sehen wollten. Es wird in Daniel 7:13, 14 erwähnt, wo wir lesen: „Ich schaute weiter in den Visionen der Nacht, und siehe da! mit den Wolken des Himmels kam gerade einer wie ein Menschensohn; und er erlangte Zutritt zu dem Alten an Tagen, und man brachte ihn nahe heran, ja vor Ihn. Und ihm wurde Herrschaft und Würde und Königtum gegeben, damit die Völker, Völkerschaften und Sprachen alle ihm dienen sollten. Seine Herrschaft ist eine auf unabsehbare Zeit dauernde Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königreich eines, das nicht zugrunde gerichtet werden wird.“

      8 Dieses Zeichen kennzeichnete das zweite Kommen des Messias, die Zeit, wenn das messianische Königreich alle bedrückenden menschlichen Regierungen ersetzen und weltweit dauerhaften Frieden und Ruhe für Jehovas Anbeter herbeiführen wird. Die Führer der Juden wünschten, daß der Messias in Königsmacht kam, daß er das bedrückende Joch der Römer zerbrach und ihnen politische Macht verlieh. Sie eilten Jehova voraus. Damals handelte es sich um das erste Kommen des Messias, um die Zeit, da er leiden und als Lösegeld sterben und drei Tagesteile im Grab sein sollte. Mehr als dieses Zeichen des ersten Kommens würden sie nicht erhalten.

      9. Was erkannten die Juden zur Zeit Jesu nicht, und welches Verlangen hinderte sie daran, Jesus als Messias zu erkennen?

      9 Statt daß jene Juden das Zeichen erhielten, das sie sich vom Messias wünschten, erhielten sie etwas, worüber sie völlig strauchelten, nämlich einen Messias am Pfahl. Paulus schrieb: „Die Juden bitten um Zeichen, und auch die Griechen suchen nach Weisheit; wir aber predigen Christus am Pfahl, den Juden eine Ursache zum Straucheln, den Nationen aber Torheit“ (1. Kor. 1:22, 23). Der Sturz der Juden war darauf zurückzuführen, daß sie nicht erkannten, daß der Messias zweimal kommen sollte. In den Hebräischen Schriften gab es zwei Gruppen von Prophezeiungen über den Messias: die eine über sein erstes Kommen, die andere über sein zweites Kommen. (Siehe die Aufstellung von Prophezeiungen über das erste Kommen und wie sie sich erfüllt haben, in dem Buch Aid to Bible Understanding [Seite 1148] oder in dem Buch „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich“ [Seite 341—343]; vom zweiten Kommen handeln unter anderem Daniel 7:13, 14; 2:35, 44; Psalm 2:1-9; 110:1-6.) Die Juden erkannten jedoch nicht, daß der Messias zweimal kommen würde. Sie glaubten nur an ein einziges Kommen. Da sie sich danach sehnten, daß ihr Messias in Macht komme und sie vom römischen Joch befreie, machten sie sich selbst blind für sein Kommen als ein Messias, der leiden sowie verfolgt, verworfen und an den Pfahl gebracht werden würde. In Wirklichkeit hatten sie keine klare Vorstellung vom Messias. Viele messianische Prophezeiungen erkannten sie gar nicht als solche. Einige Juden glaubten nicht einmal an einen persönlichen Messias. Andere wünschten aus eigennützigen Gründen keinen Messias, der Rom befeindete (Joh. 11:47, 48). Doch viele sehnten sich danach, daß er als ein Kämpfer komme und sie vom römischen Joch befreie.

      „DAS SCHWACHE GOTTES“

      10. (a) Warum betrachteten die Juden Jesus als „das Schwache Gottes“, und worin unterschied er sich von falschen Messiassen des ersten Jahrhunderts u. Z.? (b) Welche Lage herrschte gemäß dem Werk The Interpreter’s Bible damals in Palästina, weshalb Jesus für die Juden unannehmbar war?

      10 Dieser Jesus war in ihren Augen schwach — viel zu schwach, um ihre Hoffnung, der Messias werde das römische Weltreich vernichten, zu erfüllen. Sagte er nicht, sein Königreich sei nicht von dieser Welt und seine Diener würden nicht kämpfen? Er lehnte das Königtum glattweg ab, als es ihm angeboten wurde. Er trat dafür ein, die andere Wange hinzuhalten. Sie erwarteten zwar ihren Messias zu jener Zeit — aber nicht diesen! (Joh. 18:36; 6:15; Matth. 5:39; Luk. 3:15). In dem Werk The Book of Jewish Knowledge ist unter dem Stichwort „Messias“ zu lesen, daß sich im ersten Jahrhundert u. Z. mehrere als der Messias ausgaben. Weiter heißt es: „Das Außergewöhnliche an diesen, die im ersten Jahrhundert messianische Würde beanspruchten, bestand darin, daß jeder von ihnen als ein Sammelpunkt jüdischer Auflehnung gegen die römische Herrschaft diente. Im Gegensatz zu Jesus ... waren die anderen ,Messiasse‘ jener Zeit ausnahmslos militante Unruhestifter und Patrioten.“ Daß sich Jesus, wie bereits erwähnt, nicht als starker Messias zeigte, war in ihren Augen schon schlimm genug, doch als er auf unehrenhafte Weise an einem Marterpfahl starb, war er für sie völlig unannehmbar. Deshalb zeigte der Apostel Paulus in 1. Korinther 1:25, daß die Juden den „Christus am Pfahl“ als „das Schwache Gottes“ betrachteten und völlig strauchelten. In dem Werk The Interpreter’s Bible, Band 10, Seite 29 wird dazu ausgeführt:

      „Die religiösen Hoffnungen der Juden in den Tagen des Paulus beruhten auf einer apokalyptischen Erwartung einer dramatischen, katastrophenartigen Befreiung von den römischen Unterdrückern: Sie blickten nach einem Befreier aus, der der Nation eine Vorrangstellung unter den anderen Nationen verleihen würde. Ihre große Enttäuschung über Jesus ... ist zum Teil darauf zurückzuführen, daß er sich weigerte, nach dem Muster der Makkabäer die militärische Führung der Nation zu übernehmen. In den Tagen des Paulus glich Palästina einem eingedämmten Feuer. Römischen Prokuratoren gelang es zwar, die an vereinzelten Orten auflodernden Flammen der Empörung zu ersticken, mit dem eingedämmten Feuer hätte es sich jedoch anders verhalten. Hätte Jesus auf dem Höhepunkt seiner Popularität nur Befehl gegeben, so wären Tausende von Schwertern aus der Scheide geglitten, und es wäre Rom schwergefallen, den Ausbruch des angestauten religiösen Idealismus und fanatischen Nationalismus der Juden zu bändigen. Für ein Volk, dessen Vorstellungskraft und Geist von derartigen Ideen und apokalyptischen Hoffnungen angefeuert wurden, war das Zeichen eines ‚Christus am Kreuz‘ eine unbeschreibliche Beleidigung. Das Wort vom Kreuz war für die Juden etwas äußerst Anstößiges. Mit so etwas wollten sie nichts zu tun haben.“

      11. Welche falsche Vorstellung hatten selbst die mit Jesus eng verbundenen Jünger? Begründe deine Antwort.

      11 Selbst die engsten Gefährten Christi Jesu verstanden erst später, daß der Messias zweimal kommen sollte und daß dieses erste Kommen mit „Christus am Pfahl“ enden sollte. Johannes der Täufer hörte im Gefängnis von Jesu übernatürlichen Zeichen, doch anscheinend erwartete er mehr, denn er ließ Jesus fragen: „Bist du der Kommende, oder sollen wir einen anderen erwarten?“ Petrus erkannte, daß Jesus der Messias war, verstand aber die Zeichen dennoch nicht als eine Erfüllung von Prophezeiungen über dessen erstes Kommen (Matth. 16:16, 21-23). Selbst nach Jesu Tod und Auferstehung erwarteten seine Jünger beim ersten Kommen immer noch die Aufrichtung eines irdischen Königreiches. Sie fragten ihn: „Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Königreich wieder her?“ (Matth. 11:2, 3).

      DER MARTERPFAHL NICHT SINNLOS

      12. Wie versuchten schließlich religiöse Führer der Juden, die zwei Gruppen von Prophezeiungen über ein erstes und zweites Kommen zu erklären?

      12 Nach der Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z. verstanden Jesu Jünger, daß der Messias zweimal kommen sollte, und sie predigten überall ‘das, wovon die Propheten wie auch Moses erklärt hatten, daß es geschehen werde, nämlich daß der Christus leiden müsse’ (Apg. 26:22, 23). Die Argumente, die Christen aus den Hebräischen Schriften anführten, und die zerschlagenen Hoffnungen der Juden veranlaßten später jüdische Gelehrte, die messianischen Prophezeiungen neu zu interpretieren. Zum Beispiel wird in Daniel 7:13 gesagt, der Messias werde mit den Wolken des Himmels kommen, doch aus Sacharja 9:9 geht hervor, daß er demütig auf einem Esel reiten werde. Bei einer im Talmud vertretenen Auffassung wird versucht, das Problem dadurch zu lösen, daß man ein einziges Kommen lehrt — mit den Wolken des Himmels, wenn Israel würdig ist, oder auf einem Esel, wenn es sich unwürdig verhält (babylonischer Talmud, Sanhedrin 98a). Eine andere Auffassung berücksichtigte die beiden Gruppen von Prophezeiungen (über ein erstes und zweites Kommen) und besagte, es werde zwei Messiasse geben — der eine sei der Sohn Josephs und der andere der Sohn Davids, und an ihnen würden sich die beiden Gruppen von Prophezeiungen erfüllen (Life and Times of Jesus the Messiah von Edersheim, Bd. II, S. 434, 435). Beide würden jedoch zur gleichen Zeit kommen.

      13. (a) Welche Glaubensansichten schlossen Jesus in den Augen der Juden als Messias aus? (b) Inwiefern machten diese jüdischen Glaubensansichten den Marterpfahl nutzlos?

      13 Man vertrat indes den Standpunkt, Jesus könne keiner der beiden Messiasse sein, denn er hielt sich nicht an die mündlichen Überlieferungen der Schriftgelehrten, und diesen zuwiderzuhandeln ist nach dem Talmud strafbarer, als den Hebräischen Schriften zuwiderzuhandeln. Außerdem sagte Jesus, er werde das mosaische Gesetz erfüllen — und es damit außer Kraft setzen. Doch in den Augen der Juden sollte es ewig bestehen und nie aufgehoben werden. Überdies glaubten die Juden, sie brauchten keinen Messias, um errettet zu werden, für sie gebe es drei Möglichkeiten, das Königreich zu erlangen: durch Gesetzeswerke, durch Almosen und durch ihre Abstammung von Abraham (Matth. 3:7-10; Röm. 3:20; 4:2, 3; 9:31, 32). Diese Weisheit der Schriftgelehrten machte den Marterpfahl nutzlos und für die Rettung unnötig. Paulus stellte die Nichtigkeit dieser falschen Weisheit der Kraft Gottes, dem Christus am Pfahl, gegenüber. Er verkündete als „gute Botschaft“ nicht die „Redeweisheit [der Schriftgelehrten], damit der Marterpfahl des Christus nicht nutzlos gemacht werde. Denn das Wort über den Marterpfahl ist denen Torheit, die zugrunde gehen, uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft“ (1. Kor. 1:17, 18).

      14. (a) Wer verhöhnte Jesus, als er am Marterpfahl hing, und mit welchen Worten? (b) Was bestätigten jene Vorgänge in Wirklichkeit?

      14 Was hatte es zu bedeuten, daß Jesus wie ein Schaf zur Schlachtung ging, niedergedrückt, verachtet, unerwünscht und verworfen? (Jes. 53:1-7). Was hatte es zu bedeuten, daß er dort anscheinend schwach und machtlos am Marterpfahl hing, während ihn einige mit den Worten verhöhnten: „Pah! Du, der du den Tempel niederreißen und ihn in der Zeit von drei Tagen aufbauen wolltest, rette dich selbst, indem du vom Marterpfahl herabsteigst.“ (Mark. 15:29, 30)? „Gleicherweise begannen auch die Oberpriester samt den Schriftgelehrten und älteren Männern Spott mit ihm zu treiben und zu sagen: ,Andere hat er gerettet; sich selbst kann er nicht retten!‘“ (Matth. 27:41, 42). All das disqualifizierte Jesus nicht als Messias, sondern bestätigte ihn in dieser Rolle (Ps. 118:22; Jes. 8:14; 28:16; 1. Petr. 2:4-8).

      15. Wie betrachten diejenigen, die zugrunde gehen, und die, die gerettet werden, „Christus am Pfahl“, und welche Tatsache bleibt trotz der Schmähungen der Spötter bestehen?

      15 Paulus betont entschieden, daß die Loskaufsvorkehrung Jehovas das einzige Mittel zur Rettung ist. Die Juden mögen Zeichen wünschen, und die Griechen mögen nach Weisheit suchen, doch Paulus will „Christus am Pfahl“ predigen, wenngleich Juden darüber straucheln und es Griechen töricht erscheint — „den Berufenen jedoch, sowohl Juden wie Griechen, Christus, die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1. Kor. 1:22-25). Mag das Wort von „Christus am Pfahl“ den Juden und Griechen schwach und töricht erscheinen; es ist dennoch viel stärker und weiser als die jüdischen Überlieferungen und die griechischen Philosophien. Weitere Gründe dafür werden im folgenden Artikel behandelt.

  • Christus am Pfahl, „die Weisheit Gottes“
    Der Wachtturm 1978 | 15. August
    • Christus am Pfahl, „die Weisheit Gottes“

      „Wo ist der Weise? Wo der Schriftgelehrte? Wo der Debattenredner dieses Systems der Dinge? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?“ (1. Kor. 1:20).

      1. (a) Wieso brachte Jesus die Juden in religiöser Hinsicht in Verwirrung? (b) Welche Veränderungen ergaben sich aus dem Predigen seiner Nachfolger?

      DIE Juden hatten mehr als 1 500 Jahre unter dem mosaischen Bund oder dem Gesetzesbund gestanden. Ihre Schriftgelehrten hatten eine umfangreiche mündliche Überlieferung zusammengetragen, durch die das mosaische Gesetz ausgelegt und seine Anwendung im täglichen Leben erklärt wurde. Das geschah unter anderem in der Absicht, die Juden von den Heiden getrennt zu halten und dadurch ihre Religion vor einer Verunreinigung durch heidnische Lehren zu schützen. Aber nun war Jesus gekommen und hatte behauptet, der Messias zu sein. Er hatte die mündlichen Überlieferungen ihrer weisen Männer und Schriftgelehrten angeprangert und erklärt, er werde das mosaische Gesetz beseitigen, indem er es erfülle, und schließlich war er als ein Gotteslästerer an den Pfahl geschlagen worden. Danach predigten seine Nachfolger, die Christen genannt wurden, seine Auferstehung und verbreiteten seine Lehren in Palästina und in der ganzen römischen Welt. Nicht nur Juden, sondern auch Heiden schlossen sich ihren Reihen zu Tausenden an, und überall entstanden Christenversammlungen. Der Gesetzesbund war aufgehoben worden. Er hatte seinen Zweck als Zuchtmeister, der Menschen zu Christus führen sollte, erfüllt und war an Christi Marterpfahl geschlagen worden. Nun standen die Anbeter Jehovas unter einem neuen Bund. Das Gesetz wurde nicht mehr auf Steintafeln, sondern auf Menschenherzen geschrieben (Gal. 3:10-25; Hebr. 10:15-18).

      2. Was fiel Juden, die Christen wurden, nicht leicht, und mit welchen Argumenten trat Paulus der Gefahr entgegen?

      2 Diese bedeutsamen Ereignisse waren in religiöser Hinsicht welterschütternd. Einigen Pharisäern und anderen Juden, die Christen wurden, fiel es nicht leicht, die Tatsache zu akzeptieren, daß Jesus das mosaische Gesetz erfüllt hatte und man es daher nicht mehr halten mußte. Sie versuchten, einige Forderungen des Gesetzes auf die Christenversammlung zu übertragen (Apg. 15:1-19). Paulus, der Apostel für die Heiden, widersprach diesen Bemühungen nachdrücklich mit den Worten: „Für eine solche Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Darum steht fest, und laßt euch nicht wieder in ein Joch der Sklaverei spannen. Seht! Ich, Paulus, sage euch, daß Christus euch, wenn ihr euch beschneiden laßt, nichts nützen wird. Überdies lege ich vor jedem Menschen, der sich beschneiden läßt, wieder Zeugnis ab, daß er verpflichtet ist, dem ganzen ,Gesetz‘ nachzukommen. Ihr seid von Christus losgetrennt, wer ihr auch seid, die ihr versucht, durch Gesetz gerechtgesprochen zu werden; ihr seid von seiner unverdienten Güte abgefallen“ (Gal. 5:1-4; 3:10-14). Die unbekehrten Juden ‘machten den Marterpfahl des Christus nutzlos’, indem sie auf Gesetzeswerke vertrauten, statt anzuerkennen, daß „Christus am Pfahl“ als Loskaufsopfer notwendig war. Einige jüdische Bekehrte klammerten sich an Teile des „Gesetzes“, wodurch sie sich dem ganzen „Gesetz“ unterwarfen und dadurch ‘Christus am Pfahl nutzlos machten’ (1. Kor. 1:17).

      PAULUS UND DIE GRIECHISCHEN PHILOSOPHEN

      3. (a) Wie begegnete Paulus den griechischen Philosophen? (b) Wie begegneten jene Philosophen Paulus in Athen?

      3 Paulus warnte auch vor jeglichen Bemühungen, die griechischen Philosophen nachzuahmen. Rom hatte zwar Griechenland als Weltmacht abgelöst, doch die griechische Kultur und Philosophie drückte jener Zeit den Stempel auf. Sowohl Juden als auch Griechen jenes Systems der Dinge hatten ihre Weisen, ihre Schriftgelehrten und ihre Debattenredner. Paulus fragte daher: „Wo ist der Weise? Wo der Schriftgelehrte? Wo der Debattenredner dieses Systems der Dinge? Hat Gott nicht die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?“ Die griechischen Philosophen und die jüdischen Rabbiner waren als Debattenredner bekannt, und Paulus erwähnt beide Gruppen mit den Worten: „Die Juden bitten um Zeichen, und auch die Griechen suchen nach Weisheit; wir aber predigen Christus am Pfahl, den Juden eine Ursache zum Straucheln, den Nationen aber Torheit“ (1. Kor. 1:20, 22, 23). Paulus kannte die griechischen Philosophen und ihre Vorliebe zu debattieren aus eigener Erfahrung, denn er hatte sie in Athen erlebt. In Apostelgeschichte 17:16-21 lesen wir darüber folgendes:

      „Während nun Paulus in Athen auf sie wartete, wurde sein Geist in ihm erregt, als er sah, daß die Stadt voll Götzen war. Infolgedessen begann er sich in der Synagoge mit den Juden und den anderen Leuten, die Gott anbeteten, und jeden Tag auf dem Marktplatz mit denen zu unterreden, die gerade da waren. Aber sowohl gewisse von den epikureischen wie auch von den stoischen Philosophen ließen sich auf einen Wortwechsel mit ihm ein, und einige sagten: ,Was will dieser Schwätzer denn sagen?‘ Andere: ,Er scheint ein Verkündiger ausländischer Gottheiten zu sein.‘ Das war, weil er die gute Botschaft von Jesus und der Auferstehung verkündete. Da ergriffen sie ihn und führten ihn zum Areopag und sagten: ,Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du redest? Denn du führst gewisse Dinge ein, die unseren Ohren fremd sind. Daher möchten wir wissen, was das bedeuten soll.‘ In der Tat, alle Athener und die dort zugezogenen Ausländer verbrachten ihre Mußezeit mit nichts anderem als nur damit, etwas Neues zu erzählen oder anzuhören.“

      4. Wie betrachteten einige Philosophen Paulus, und was predigte er ihnen?

      4 Die Philosophen nannten Paulus abfällig einen „Schwätzer“. Dieser Ausdruck ist eine Wiedergabe des griechischen Wortes spermológos, das „Saatkrähe“ bedeutet. Man bezeichnete damit eine Krähe oder einen anderen Vogel, der Samen aufpickte, und wandte diese Bezeichnung auch auf jemand an, der ständig auf Straßen und Märkten unterwegs war und Warenreste auflas, also auf einen Schmarotzer, der auf Kosten anderer lebte. Im übertragenen Sinn bezeichnete man damit in der Athener Umgangssprache eine Person, die irgendwelche Worte aufschnappte und andere damit beeindrucken wollte, in Wirklichkeit aber nur ein unwissender Plagiator war. Paulus war indes kein müßiger Schwätzer. Er predigte ihnen den „Gott, der die Welt und alles, was darin ist, gemacht hat“, daß dieser Gott „allen Personen Leben und Odem ... gibt“ und „aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht“ hat. Von Jesus sagte Paulus, daß Gott „ihn von den Toten zur Auferstehung gebracht hat“. Daraufhin begannen einige zu spotten, andere aber glaubten und schlossen sich Paulus an (Apg. 17:24-26, 31-34).

      PHILOSOPHEN LEHRTEN DIE UNSTERBLICHKEIT DER SEELE

      5. (a) Welche Lehren der Philosophen ließen die Auferstehungshoffnung als töricht erscheinen? (b) Welchen Vorstellungen aus der orphischen Glaubenslehre entsprechen die heutigen kirchlichen Lehren von der Hölle und dem Ablaß?

      5 Warum spotteten einige, als Paulus die Auferstehung erwähnte? Stand sie im Widerspruch zu einigen ihrer philosophischen Weisheiten, und war die Auferstehung deshalb Torheit in ihren Augen? Biblisch gesehen, hat die Lehre von der Auferstehung Hand und Fuß. Wenn der Mensch, wie die Bibel sagt, genauso stirbt wie ein Tier, nicht bei Bewußtsein ist, zum Staub zurückkehrt und eine tote Seele ist, dann bietet die Auferstehung die einzige Hoffnung, wieder zu leben (Ps. 146:4; Pred. 3:18-20; 9:5, 10; Hes. 18:4). Aber jene griechischen Philosophen fanden keinen Sinn in einer Auferstehung. Das war für sie Torheit. Viele der griechischen Philosophen lehrten, der Mensch habe eine unsterbliche Seele, und daher erübrige sich eine Auferstehung. Die Stoiker unter den Zuhörern des Paulus glaubten, die Seele lebe nach dem Tod des Körpers weiter. Schon lange vorher hatte der griechische Philosoph Thales (7. Jahrhundert v. u. Z.) gelehrt, es gebe eine unsterbliche Seele in Metallen, Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Lebenskraft verändere die Form, sterbe aber niemals aba. Im 6. Jahrhundert v. u. Z. erklärte der berühmte Mathematiker Pythagoras, nach dem Tode unterziehe sich die Seele einer Läuterung im Hades, dann kehre sie auf die Erde zurück und gehe in einer Kette der Seelenwanderung, die nur durch ein absolut tugendhaftes Leben abzuschließen sei, in einen neuen Körper einb. Plato zitiert Sokrates (5. Jahrhundert v. u. Z.), der gesagt haben soll, daß sich die Seele „als unsterblich erweist“c Orpheus, der Stifter eines mystischen Kultes aus dem 7. Jahrhundert v. u. Z., begründete die orphische Glaubenslehre, die besagt, die Seele fahre nach dem Tod zum Gericht in den Hades hinab. Will Durant schreibt in seinem Werk Die Geschichte der Zivilisation, zweiter Band, Seite 233,  234 darüber:

      „Wenn der Richtspruch ,schuldig‘ lauten sollte, dann werde ihm eine harte Bestrafung folgen. Eine Abart der Lehre fasst diese Strafe als ewig auf und gibt an die spätere Theologie den Begriff der Hölle ab. Eine andere Abart hält sich an den Gedanken der Seelenwanderung: danach wird die Seele immer wieder zu neuem Leben geboren, das je nach der Reinheit oder Unreinheit des vorangehenden Lebens glücklicher oder bitterer ist. Dieses Rad der Wiedergeburt dreht sich so lange, bis die vollkommene Läuterung erreicht ist und die Seele zu den Inseln der Seligen zugelassen wird. Eine andere Abart hegt die Hoffnung, die Strafe im Hades könne durch Bussübungen, die zum voraus oder nach dem Tode von Freunden verrichtet werden, zum Abschluss gebracht werden. Solcherart kommt der Gedanke des Purgatoriums [Fegefeuers] und des Ablasses auf.“

      DIE VON GRIECHISCHEN PHILOSOPHEN GELEHRTE EVOLUTION

      6. Warum ließ auch der Hinweis darauf, daß Jehova Gott der Schöpfer des Lebens ist, die Rede des Paulus in den Augen der Philosophen als Torheit erscheinen?

      6 Als Paulus zu den Philosophen in Athen sprach, erklärte er, Jehova Gott habe die ganze Welt einschließlich der Pflanzen, Tiere und Menschen erschaffen. Dadurch setzte er sich erneut in Widerspruch zu den griechischen Philosophen. Die epikureischen Philosophen unter seinen Zuhörern glaubten, das Leben sei durch eine spontane Zeugung entstanden und habe sich zufällig durch natürliche Auslese und das Überleben des Geeignetsten höher entwickelt (Die Geschichte der Zivilisation von Durant, Bd. 2, S. 746). Die Stoiker glaubten nicht an einen persönlichen Schöpfer. Der Gedanke, ein Schöpfer habe alle lebenden Geschöpfe auf der Erde ins Dasein gebracht, war für sie Torheit. Jahrhundertelang hatten griechische Philosophen gelehrt, das Leben sei durch spontane Zeugung entstanden, habe sich dann während einer langen Zeitspanne durch Zufall verändert und durch die natürliche Zuchtwahl und das Überleben der geeignetsten Formen höher entwickelt. In der Encyclopedia Americana, Band 10, Seite 606 heißt es:

      „Die Griechen, insgesamt genommen, brachten mehr oder weniger unfertig, die Theorie von einer allmählichen Höherentwicklung der Organismen auf, die Theorie von der Ausschaltung fehlerhafter Bildungen und folglich die Theorie vom Überleben des Geeignetsten, die Theorie von der Anpassung bestimmter Teile oder der Eignung bestimmter Gebilde für bestimmte Zwecke, die Theorie von einer ständig in der Natur wirkenden intelligenten Planung wie auch die Theorie, daß die Natur von der Wirksamkeit natürlicher Ursachen beherrscht werde, die ursprünglich den Gesetzen des Zufalls zuzuschreiben gewesen seien.“

      7. Daß die Evolutionstheorie keine neuzeitliche Theorie ist, zeigen welche Lehren des (a) Anaximandros, (b) des Anaxagoras, (c) des Empedokles und (d) des Aristoteles?

      7 Anaximandros, der griechische Philosoph des 6. Jahrhunderts v. u. Z., ging mehr auf Einzelheiten ein und lehrte folgendes:

      „Lebende Organismen entstanden schrittweise aus der ursprünglichen Feuchtigkeit; Landtiere waren zuerst Fische, und erst bei der Austrocknung der Erde erhielten sie ihre gegenwärtige Gestalt. Auch der Mensch war einst ein Fisch; unmöglich konnte er bei seinem ersten Auftreten die heutige Gestalt gehabt haben; er wäre sonst zu hilflos gewesen, um sich seine Nahrung zu verschaffen, und er wäre untergegangen.“d

      Über die Lehren des Anaxagoras (5. Jahrhundert v. u. Z.) lesen wir:

      „Alle Organismen gingen ursprünglich aus Erde, Feuchtigkeit und Hitze hervor, nachher zeugten sie sich selbst fort. Der Mensch hat sich über die Tiere hinaus fortentwickelt, weil seine aufrechte Haltung die Hände zum Greifen freimachte.“e

      Über Empedokles lesen wir:

      „Empedokles (493—435 v. Chr.), den man den ,Vater der Evolutionstheorie‘ nennt, glaubte zum Beispiel, daß eine spontane Zeugung die Erklärung für den Ursprung des Lebens ist und daß viele Lebensformen nicht gleichzeitig hervorgebracht wurden. Das pflanzliche Leben kam zuerst und das tierische erst nach einer langen Versuchsreihe, doch der Ursprung des Organismus war ein ganz allmählicher Prozeß. ... [An dieser Stelle wird auf die vielen Mißbildungen hingewiesen.] Aber die unnatürlichen Formen starben aus, weil sie nicht fortpflanzungsfähig waren. Nach dem Aussterben dieser Mißbildungen entstanden andere Formen, die sich halten und vermehren konnten. Wenn man so will, kann man in den Theorien des Empedokles den Ansatz zur Theorie vom Überleben des Geeignetsten oder von der natürlichen Auslese sehen.“f

      Der berühmte Philosoph Aristoteles (384—322 v. u. Z.) schrieb:

      „So allmählich schreitet ... die Natur vom Unbeseelten zu den Tieren fort, daß bei dem Zusammenhang die Grenzscheide desselben verborgen bleibt. ... Auf das Reich der unbeseelten Dinge folgt nämlich zunächst das der Pflanzen ... Der Übergang von jenen zu den Tieren ist aber ein allmählicher. ... Und so gibt es im ganzen Tierreich abgestufte Unterschiede. ... Man vergleicht den [Finger-]Nagel mit dem Hufe, die Hand mit der Schere [des Krebses], die [Vogel-]Feder mit der [Fisch-]Schuppe.“g

      VON IHRER EIGENEN WEISHEIT BLIND GEMACHT

      8. Welche Weisheit machte die Juden und Griechen gegenüber der Weisheit Gottes blind?

      8 Sowohl die jüdischen Schriftgelehrten als auch die griechischen Philosophen ließen sich durch ihre Weisheit für die Weisheit Gottes, den Christus am Pfahl, blind machen. Paulus schrieb: „Denn da in der Weisheit Gottes die Welt durch ihre Weisheit Gott nicht zu erkennen vermochte, hielt Gott es für gut, durch die Torheit dessen, was gepredigt wird, die Glaubenden zu retten.“ Dieses Predigen war für die Juden Torheit. Ihre Weisheit lehrte sie, daß sie durch Gesetzeswerke, durch Almosen und durch das Verdienst ihrer Vorväter, besonders das des Abraham, gerettet werden würden. Außerdem wollten sie keinen schwachen Messias, keinen Messias, der zugelassen hatte, daß er an einen Pfahl geschlagen wurde. Das Predigen war aber auch für die Griechen Torheit. Sie hatten zu ihrer Rettung keinen Juden nötig, der wie ein verachteter Verbrecher gestorben war; sie hatten eine unsterbliche Seele, die nie sterben würde (1. Kor. 1:21).

      9. (a) Was würde Paulus nicht tun, um sein Predigen annehmbarer zu machen? (b) Was sahen Paulus und Petrus vorher, und was taten sie deshalb?

      9 Paulus schrieb der Christenversammlung in Korinth, um sie zu warnen. Menschliche Weisheit — ob nun die der jüdischen Schriftgelehrten mit ihrer mündlichen Überlieferung der komplizierten Vorschriften über die strikte Einhaltung des Gesetzes oder die der griechischen Philosophen mit ihren wortreichen Streitgesprächen und Sophistereien — würde den Marterpfahl des Christus für sie nutzlos machen, wenn sie sich von dieser Weisheit überreden ließen. Paulus würde das Wort Gottes nicht verfälschen, um es jüdischen oder griechischen Christen schmackhafter zu machen, die ihre früheren Glaubensansichten einführen wollten. Er würde es nicht mit derartigen Unreinheiten verwässern, um es für eine Welt, deren Weisheit Torheit bei Gott war, annehmbarer zu machen (2. Kor. 2:17; 4:2; 11:13). Sowohl der Apostel Paulus als auch der Apostel Petrus sahen voraus, daß die Zeit kommen würde, in der von jüdischer oder heidnischer Seite die Wahrheit von „Christus am Pfahl“ verfälscht werden würde, und sie warnten davor:

      Apg. 20:29, 30: „Ich weiß, daß nach meinem Weggang bedrückende Wölfe bei euch eindringen und die Herde nicht schonen werden, und aus eurer Mitte selbst werden Männer aufstehen und verdrehte Dinge reden, um die Jünger hinter sich her wegzuziehen.“

      2. Tim. 4:3, 4: „Es wird eine Zeitperiode geben, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich nach ihren eigenen Begierden Lehrer aufhäufen werden, um sich die Ohren kitzeln zu lassen; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich dagegen unwahren Geschichten zuwenden.“

      2. Petr. 2:1: „Es gab indes auch falsche Propheten unter dem Volke, wie es auch unter euch falsche Lehrer geben wird. Eben diese werden unauffällig verderbliche Sekten einführen und werden sogar den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat, wodurch sie schnelle Vernichtung über sich bringen.“

      10. Was beweist, daß ihre Warnung kein falscher Alarm war?

      10 Die Geschichte bestätigt, daß die Warnungen der Apostel wohlbegründet waren. In der Encyclopædia Britannica (Ausgabe 1976) wird gesagt: „Von der Mitte des 2. Jahrhunderts an empfanden Christen, die in griechischer Philosophie etwas bewandert waren, das Bedürfnis, ihrem Glauben in entsprechenden Begriffen Ausdruck zu verleihen, und zwar zur Befriedigung ihres eigenen Intellekts und um gebildete Heiden zu bekehren.“ Und in The New Schaff-Herzog Encyclopedia of Religious Knowledge ist zu lesen: „Auf mehrere Urchristen übten die Lehren des Plato wiederum eine eigenartige Anziehungskraft aus, und sie benutzten sie als Waffe zur Verteidigung und Ausdehnung des Christentums oder gaben den christlichen Wahrheiten eine platonische Form.“

      11. Welche Tatsachen zeigen, daß heute die meisten Kirchen der Christenheit die Warnungen des Paulus und Petrus außer acht lassen?

      11 Bis heute hat sich daran wenig geändert. Die meisten Kirchen der Christenheit vertreten immer noch Lehren wie die Unsterblichkeit der Seele und die Dreieinigkeit, Lehren, die vom 2. Jahrhundert u. Z. an von abtrünnigen Christen aus der griechischen Philosophie übernommen worden sind. Die Griechen wiederum hatten sie aus älteren Kulturen übernommen, denn diese Lehren gehen auf die ägyptische und die babylonische Religion zurück. Viele Kirchen lehren heute ebenfalls, Gott habe sich bei der Schöpfung der Evolution bedient, und meinen, ihre Lehren dadurch zu modernisieren, doch halten sie in Wirklichkeit an dem Irrtum der griechischen Philosophen fest. Sie schieben die biblische Wahrheit beiseite, daß Jehova Gott das Leben auf der Erde schuf, daß sich das Leben „nach seiner Art“ vermehrt, daß Jehova schon immer existiert hat und allmächtig ist und daß Christus Jesus sein Sohn ist, der einen Anfang hatte und ihm untergeordnet ist. Und wie die Juden im ersten Jahrhundert Jesus nicht anerkannten, so betrachten ihn auch heute einige nicht mehr als das Lösegeld, durch das gehorsame Menschen ewiges Leben erlangen können.

      12. Wie reagieren Millionen treuer Christen heute auf die Botschaft, die Paulus an die Versammlung in Korinth richtete?

      12 Glücklicherweise ist die religiöse und philosophische Weisheit, für die Christus am Pfahl töricht und schwach ist, heute für Millionen nichts weiter als eitle Torheit. Diese Menschen halten sich an die Worte, die Paulus an die Christenversammlung in Korinth schrieb: „Christus, die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen.“ Sie rufen es auf der ganzen Erde aus für alle, die nach der lebengebenden Weisheit suchen: ‘CHRISTUS AM PFAHL, DIE KRAFT GOTTES! CHRISTUS AM PFAHL, DIE WEISHEIT GOTTES!’ (1. Kor. 1:24, 25).

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