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Warum sie kritisiert werdenErwachet! 1979 | 8. Juni
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denen dieses moralische Dilemma zu schaffen macht.
Doch sind offensichtlich viele Rechtsanwälte zu dem Schluß gekommen, daß es besser ist, sich des Urteils, ob ihre Mandanten im Recht sind oder nicht, zu enthalten und es denen zu überlassen, die die Aufgabe haben zu richten. Das Dilemma des Berufs des Rechtsanwalts ist, daß er unter Umständen jemand verteidigen muß, von dem er weiß, daß er schuldig ist.
Den Rechtsanwälten wird vorgeworfen, daß sie in der Praxis alles, was das Gesetz zuläßt, im Interesse ihres Mandanten einsetzen, er sei unschuldig oder schuldig. Darauf entgegnen die Rechtsanwälte: „Warum verurteilt man uns, wenn wir die Regeln anwenden, die gesetzlich festgelegt sind?“ Die Antwort hängt mit dem moralischen Dilemma zusammen, in dem sich die Vertreter des Anwaltsberufs befinden.
Es muß allerdings auch erwähnt werden, daß solche formalen Spitzfindigkeiten zweifellos manch einen ehrlichen und unschuldigen Menschen davor bewahrt haben, verurteilt zu werden. Es hat Fälle gegeben, in denen die Rechtsanwälte von der Unschuld ihres Mandanten so überzeugt waren, daß sie alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpften, um ihm zu helfen. Hätten sie es nicht getan, wäre vielleicht ein Unschuldiger verurteilt worden.
Viele sind dennoch der Meinung, es sei so, wie Harry Blackmun, Mitglied des Obersten Bundesgerichts der USA, sagte: „Man hat das Gleichgewicht verloren. Der Kompaß zeigt nicht mehr richtig an.“ Er empfahl den Rechtsanwälten dringend, sich wieder für das, „was recht und sittlich sowie gerade noch gesetzlich ist“, zu engagieren.
Doch manch einer benötigt die Dienste von Gerichten und Rechtsanwälten. Was kann er in dieser Hinsicht am besten tun? Das wird im folgenden Artikel behandelt.
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„Ich brauche einen Rechtsanwalt!“Erwachet! 1979 | 8. Juni
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„Ich brauche einen Rechtsanwalt!“
WAS machst du, wenn du einer Rechtsfrage gegenüberstehst? Dann merkst du wahrscheinlich schnell, daß du fachkundige Hilfe brauchst.
Angenommen, jemand hat dein Auto gestohlen und es gegen einen Baum gefahren. Zwar sitzt der Dieb im Gefängnis, aber wer kommt für den Schaden auf, z. B. wer zahlt den Mietwagen, bis dein Auto repariert ist?
Ein anderer Fall: Dein Sohn ist irrtümlich verhaftet worden. Wie kannst du erreichen, daß er aus der Untersuchungshaft entlassen wird? Wie beweist du, daß er unschuldig ist?
Wie kann eine Frau, die von ihrem Mann böswillig verlassen wurde, Unterhaltsansprüche für sich und ihre Kinder geltend machen und durchsetzen? Wie kann sie im Falle einer Scheidung eine gerechte Verteilung des Hausrats und der Vermögensgegenstände erreichen?
Die Zahl der Probleme, die sich die Menschen teilweise selbst schaffen, ist unendlich groß. Personen, die nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, mögen böse Überraschungen erleben. Ein tüchtiger Rechtsanwalt kann oft solche Probleme und viele andere Rechtsfragen lösen, mit denen die Menschen in der heutigen komplizierten Welt konfrontiert werden.
Warum ein Rechtsanwalt helfen kann
Ein Rechtsanwalt hat ein jahrelanges Jurastudium hinter sich. Er besitzt grundlegende Kenntnisse der Rechtsordnung. Nach einer praktischen Ausbildung ist er in der Lage, das Recht richtig anzuwenden. Ferner erwirbt ein tüchtiger Rechtsanwalt das Vertrauen von Beamten, Richtern und Geschäftsleuten, die seine Rechtschaffenheit und sein gutes Urteilsvermögen schätzen. Um seine Aufgaben gut erfüllen zu können, benötigt der Rechtsanwalt eine Bibliothek mit juristischer Fachliteratur, außerdem ein Büro mit Bürovorsteher und Rechtsanwaltsgehilfinnen.
Ein Rechtsanwalt stellt somit nicht nur seine Zeit zur Verfügung. Beim Festlegen der Gebühren können im angloamerikanischen Rechtskreis diese Umstände berücksichtigt werden. Es wäre somit unfair, die Höhe des Anwaltshonorars zu kritisieren, nur weil man nicht alles versteht oder nicht alles sieht, was der Anwalt für seinen Mandanten tuta.
Wenn jemand einem Rechtsanwalt ein Mandat übertragen möchte, sollte er einiges über die verschiedenen Rechtsgebiete wissen, so daß er ermessen kann, ob sein Fall in das Rechtsgebiet gehört, auf das sich der Rechtsanwalt spezialisiert hat. Die Spezialisierung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet wird in Ländern wie Kanada und in den USA immer häufiger und ist eine Folge der Kompliziertheit unseres Alltags- und Geschäftslebens. Ein Rechtsanwalt, der z. B. zur Zufriedenheit eines Mandanten einen Hauskauf getätigt oder einen Erbstreit ausgefochten hat, mag nicht geeignet sein, eine Klage wegen Körperverletzung oder wegen eines groben ärztlichen Kunstfehlers zu führenb.
Die Tätigkeit des Rechtsanwalts
Ein Teil der Arbeit des Rechtsanwalts betrifft die Beratung und vorprozessuale Tätigkeit, z. B. die Aufsetzung von Kauf- und Darlehensverträgen, die Mahnung säumiger Kunden, die Beratung bei Gründung von Firmen und die Absetzung von Gesellschaftsverträgen. Hierbei ist zu beachten, daß in manchen Ländern, z. B. in der BRD, bestimmte Verträge oder Urkunden von Notaren protokolliert werden müssen, wie Kaufverträge über Grundstücke und Testamente.
Die prozessuale Tätigkeit des Rechtsanwalts erstreckt sich auf sämtliche Rechtsgebiete, in denen die Parteien sich außergerichtlich nicht einigen können. Die Zivilgerichtsbarkeit umfaßt Schadenersatzansprüche aus Verkehrsunfällen, Scheidungsverfahren, Unterhaltsangelegenheiten, Durchsetzung von Verträgen und anderes mehr. Je nach Land werden die Streitigkeiten über Steuern vor den Finanzgerichten verhandelt, während die Verwaltungsgerichte für Bauangelegenheiten usw. zuständig sind. Darüber hinaus gibt es noch weitere Rechtsgebiete — z. B. Arbeitsrecht und Sozialrecht —, in denen der Rechtsanwalt tätig ist.
Ein Urteil in diesen Rechtsgebieten richtet sich in der Regel gegen das Vermögen einer Person.
Eine weitere Tätigkeit für den Rechtsanwalt ist das Strafrecht. Es enthält Strafandrohungen für strafbare Handlungen gegen die Öffentlichkeit wie Diebstahl, Betrug, Gewalttaten, Drogenhandel und Mord. Die Strafen sind Geldstrafen, Freiheitsstrafen oder — je nach Land — die Todesstrafe. Die Anwendung des Strafgesetzes schützt die Gesellschaft vor Straftätern, die die öffentliche Ordnung bedrohen.
Den richtigen Rechtsanwalt finden
Benötigst du einen Rechtsanwalt, kennst aber keinen, so laß dir einen empfehlen. Erkundige dich bei der Rechtsanwaltskammer oder bei einer Rechtsauskunftsstelle. Vielfach kann dir auch ein ortsansässiger Geschäftsmann, ein Steuerberater oder ein Bekannter einen tüchtigen Rechtsanwalt empfehlen.
Hast du von einem Rechtsanwalt einen Termin erhalten, so fühle dich dennoch nicht verpflichtet, gleich den ersten, den du aufsuchst, mit der Wahrnehmung deiner Interessen zu betrauen. Lege ihm kurz dein Problem dar, und frage ihn, was die Beratung kostet. Du kannst dir dann die Sache überlegen oder auch noch einen anderen Anwalt konsultieren, bevor du entscheidest, welchem Rechtsanwalt du das Mandat erteilen willst.
Es sollte dir nicht unangenehm sein, zu fragen, wieviel der Anwalt für seine Dienste berechnen wird. Würdest du ein Auto kaufen, ohne nach dem Preis zu fragen? Handelt es sich um eine Beratung über den Kauf eines Hauses oder die Gründung einer Firma, wird es einfach sein, die Höhe der Beratungsgebühren zu berechnen. Bei einem Prozeß dagegen läßt sich gewöhnlich nicht von Anfang an genau festlegen, wie hoch das Anwaltshonorar sein wird. Aber auch in einem solchen Fall sollte es dem Rechtsanwalt möglich sein, wenigstens ungefähr die Kosten des Rechtsstreits abzuschätzen.
Man sollte bei Rechtsanwälten vorsichtig sein, die mit großer Selbstsicherheit Erfolg in einem Rechtsstreit verheißen. Der Ausgang eines Prozesses ist im besten Fall ungewiß.
Vielerorts haben Anwaltsvereine, Gerichte, Gewerkschaften oder Gemeinden Rechtsauskunftsstellen für Bedürftige errichtet. Auch in den USA gibt es ähnliche Einrichtungen, doch sie werden oft von den Rechtsanwälten kritisiert mit dem Hinweis, wegen der niedrigen Preise könne keine gute Arbeit geleistet werden.
Eine vor kurzem von der Universität Miami durchgeführte Befragung der Kunden einer solchen Rechtsauskunftsstelle ergab jedoch, daß „die Qualität der Dienste nicht unbedingt schlechter ist, im Gegenteil, in einigen Fällen ist sie sogar besser“. Timothy Muris, Professor der Rechtswissenschaft, sagte: „Wenn sich die Beratungsstellen mehr spezialisieren und eine bessere Kontrolle über die Zahl der Fälle haben, kann sich die Qualität ihrer Dienste durchaus verbessern.“ Doch in Kanadac ist für manch einen, der in eine Lebenskrise geraten ist, die Möglichkeit, einem mehr persönlich orientierten Rechtsanwalt alles erzählen zu können, was ihn bedrückt, und von ihm Beistand zu erhalten, die zusätzlichen Kosten wert.
Ohne Anwalt auskommen
Kannst du dein eigener Anwalt sein? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von deinem Problem, von deiner Persönlichkeit und von deinen Fähigkeiten. Wenn du keine Erfahrung hast und der Fall wichtig ist, solltest du vorsichtig sein.
Man sollte auch daran denken, daß ein Rechtsanwalt unbeteiligt ist und die Umstände sachlich beurteilt. Gefühle können die wichtigen Fragen verdunkeln und das Urteilsvermögen beeinträchtigen.
Testamentsangelegenheiten sind sehr schwierig. Läßt man Testamente jedoch durch einen Notar errichten, so macht sich das oft mehr als bezahlt. Es ist deshalb vernünftig, die eigenen Fähigkeiten nicht zu überschätzen, wenn man die Frage erwägt, ob man sich einen Rechtsanwalt oder Notar nehmen soll oder nicht.
Wenn jemand meint, sein Fall liege so, daß es seine geistigen und seelischen Kräfte nicht übersteigt, wenn er den Fall selbst führt, kann er (in Kanada) sich in einem Schreibwarenladen, der Formulare für Rechtsangelegenheiten führt, Blankoformulare holen.
Wer seinen Fall selbst führt und später die Erfahrung macht, daß die Sache doch zu kompliziert ist, kann immer noch einen Anwalt bitten, den Fall zu Ende zu führen. Ein erfahrener Anwalt sagte jedoch warnend: „Es kostet fast immer weniger, den Anwalt schon von Anfang an zu bemühen als erst dann, wenn die Sache schon weitgehend verfahren ist.“
Vielleicht möchte man einen Rechtsstreit wegen einer verhältnismäßig kleinen Summe vor dem Amtsgericht für Bagatellsachen selbst führen. In diesem Fall ist es nützlich, vor dem Prozeß schon einmal bei einer Gerichtsverhandlung zugegen gewesen zu sein und zugesehen zu haben, wie sie abläuft. Manche Richter sind Personen gegenüber sehr freundlich, die versuchen, ohne Rechtsvertreter auszukommen.
Ein junger Mann in den USA, der ein Vermögen erbte, hielt die Gebühr, die der Anwalt für die Abwicklung der damit verbundenen Geschäfte verlangte, für zu hoch. Der junge Mann sprach mit einem befreundeten Rechtsanwalt darüber, und dieser machte ihn darauf aufmerksam, inwiefern die Gebühren zu hoch waren. Der junge Mann bereitete sich sorgfältig auf die Gerichtsverhandlung vor und trat dann gut gewappnet, entschlossen und furchtlos auf. Der Richter reduzierte die Anwaltsgebühren um 6 000 US-Dollar.
In gewissen Fällen kann man also sein eigener Rechtsanwalt sein. Dagegen gibt es viele Fälle, in denen die Fachkenntnisse und Dienste eines Rechtsanwalts unerläßlich sind. Vielleicht sind dir diese Darlegungen nützlich, wenn du dich nach einem tüchtigen Rechtsanwalt umsehen mußt.
Wird es je eine Zeit geben, in der niemand mehr einen Rechtsanwalt benötigen wird, in der der Anwaltsberuf der Vergangenheit angehören wird? Im nachfolgenden Artikel wird besprochen, wie schon jetzt Schritte in dieser Richtung unternommen werden.
[Fußnoten]
a In der BRD richtet sich die Rechtsanwaltsgebühr allein nach dem Streitwert.
b In der BRD gibt es eine solche Spezialisierung nicht.
c In der BRD gibt es eine gesetzliche Gebührenordnung.
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Das Gesetz anerkennen — jetzt und für immerErwachet! 1979 | 8. Juni
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Das Gesetz anerkennen — jetzt und für immer
IN EINIGEN Ländern gibt es Extremisten, die der Rechtsordnung gegenüber negativ eingestellt sind und sie am liebsten zerstören würden. Obschon Rechtsordnungen viele Schwächen haben, erkennen Leute, die fair sind, an, daß selbst diese unvollkommenen Rechtsordnungen für die Völker von Nutzen sind. Gesetze und Gerichte ermöglichen die Beseitigung vieler Ungerechtigkeiten. Gewissenhafte Richter, die ihr Amt ernst nehmen, bekunden oft große Weisheit und Einsicht beim Lösen von Rechtsproblemen.
Selbst die Bibel erkennt an, daß der Staat das Recht besitzt, Gesetze zum Wohle der Bevölkerung zu erlassen und durchzusetzen.
„Wer das Gute tut, braucht die Herrschenden nicht zu fürchten. Das müssen nur die, die Böses tun. ... die Staatsgewalt steht im Dienst Gottes um euch beim Tun des Guten zu helfen. Wenn ihr aber Unrecht tut, müßt ihr euch vor ihr fürchten“ (Röm. 13:3, 4, Die Gute Nachricht).
Der gute Bürger erkennt an, daß das Recht einen wichtigen Beitrag zum Wohl des Volkes leistet. Nach besten Kräften unterstützt er Polizisten, Richter und andere gewissenhafte Beamte bei ihren Bemühungen, für Recht und Ordnung zu sorgen — wichtige Voraussetzungen für eine Gesellschaftsordnung.
Nicht gleich vor Gericht gehen
Der Staatsbürger kann außerdem die Gerichte entlasten, indem er sich bemüht, wenn immer möglich, Streitigkeiten außergerichtlich zu schlichten oder Probleme anders zu lösen. Viele Streitigkeiten könnten von vornherein vermieden werden, wenn Vereinbarungen schriftlich festgehalten würden. Was uns gesagt wird, kann leicht vergessen oder mißverstanden werden. Eine schriftliche Vereinbarung braucht kein komplizierter, von einem Rechtsanwalt aufgesetzter Vertrag zu sein. Ein Hauseigentümer zum Beispiel, der mit einem Handwerker (einem Maler, Schreiner, Mechaniker oder Klempner) mündlich bestimmte Vereinbarungen getroffen hat, könnte — angenommen, es handelt sich um Malerarbeiten — diese folgendermaßen zu Papier bringen: „Hiermit bestätige ich unser Gespräch vom vergangenen Donnerstag. Sie erklärten
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