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  • Ein reiches, ausgefülltes Leben trotz multipler Sklerose
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Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1976
w76 1. 6. S. 328-332

Ein reiches, ausgefülltes Leben trotz multipler Sklerose

Von Rodolfo Barin auf den Philippinen erzählt

NOCH vor sieben Jahren konnte ich ohne Hilfe stehen und gehen. Vor fünf Jahren konnte ich noch meinen Namen schreiben und allein essen, aber seit einem Jahr sind mir sogar diese einfachen Bewegungen unmöglich. Wenn ich lese, muß jemand für mich die Seiten umblättern, und wenn ich mich in meinem Rollstuhl zu weit vornüber beuge, fällt mir der Kopf auf die Brust, und ich kann mich nicht mehr ohne Hilfe aufrichten. Ich leide an der verkrüppelnden Lähmung, die als multiple Sklerose bekannt ist.

Da ich ein gut gebauter, robuster Mann von siebenunddreißig Jahren war, als sich diese Krankheit zum erstenmal bemerkbar machte, magst du dich fragen, wie es mir möglich gewesen ist, fröhlich und aktiv zu bleiben. Wie habe ich in meinem elfjährigen Kampf mit diesem unbarmherzigen Feind alle Anfälle von Entmutigung überwinden können? Die Antwort geht auf das Jahr 1957 zurück, als ich mich unserem Schöpfer, Jehova Gott, hingab, um ihm zu dienen.

ICH LERNE, AUF JEHOVA ZU VERTRAUEN

Es kostete mich zwei Jahre Studium mit Jehovas Zeugen, bis ich völlig von der Wahrheit der Bibel überzeugt war. Doch nachdem ich einmal überzeugt war, bemühte ich mich, in meinem Leben Änderungen vorzunehmen. Ich besaß eine lukrative Bar mit Nachtklub, und außerdem war ich ein schwerer Trinker und Kettenraucher. Doch nachdem ich über den biblischen Rat aus 2. Korinther 7:1 nachgedacht hatte, nämlich sich zu „reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und Geistes“, gab ich meine schlechten Gewohnheiten auf. Ich verkaufte die Bar mit Verlust und versuchte, die Mädchen, die dort arbeiteten, davon zu überzeugen, daß sie den Rat Gottes anwenden und ein neues Leben anfangen sollten. Einige hörten auf mich und gaben die Arbeit in dem Nachtklub auf. Später stellte es sich heraus, daß diese Entscheidung richtig war, denn Jahre später war ihre Situation weit besser als die der Mädchen, die dort geblieben waren.

Da ich kompromißlos biblische Grundsätze anwandte, mußte ich so manche Kränkung von Freunden und Geschäftspartnern hinnehmen. Obwohl ich in einem großen Industriebetrieb in Manila eine verantwortungsvolle Stellung bekleidete, wurde ich von Freunden verspottet, weil ich mich weigerte, mich an Geschäftspraktiken zu beteiligen, die Gottes Wort widersprachen. Ihre Einstellung verletzte mich, doch wenn ich zurückblicke, wird mir klar, daß ich dadurch Jehova näherkam und mein Vertrauen zu ihm gestärkt wurde. Diese geistige Stärke spielte eine wesentliche Rolle in den finsteren Tagen, die noch vor mir lagen.

Später gab ich meine Stelle auf und machte ein Werbebüro auf, das schließlich großen Erfolg hatte und seinen Tätigkeitsbereich auf das ganze Land ausdehnte. Zur Zeit sind dort achtzig Personen regulär beschäftigt, und manchmal sind es doppelt soviel. Etwa 90 Prozent meiner Angestellten sind Zeugen Jehovas.

Obwohl mein Büro verhältnismäßig klein ist, hat es von unserer Kundenfirma oft die interessanteren Aufträge erhalten. Aufträge, bei denen es um große Summen Geld ging, sind immer unserem Unternehmen gegeben worden. Der Grund ist nicht, daß wir weniger dafür berechnen, sondern — und darauf bin ich besonders stolz — daß unsere Mitarbeiter wegen ihrer Religion als ehrliche Leute bekannt sind. Die Manager unserer Kundenfirma bitten uns daher immer, für die Aufträge Personen einzusetzen, die Zeugen Jehovas sind.

Doch wie zu erwarten ist, bringt es auch Prüfungen mit sich, wenn man eng an Jehovas Gesetzen und Grundsätzen festhält. Einmal weigerte ich mich, für ein Seifenprodukt zu werben, für das man als Prämie religiöse Artikel, wie zum Beispiel Kreuze, Bilder und Statuen, erhalten konnte. Dadurch erregte ich den Zorn eines Repräsentanten der Firma, und er fragte mich: „Warum sollten Sie sich weigern, mit religiösen Artikeln umzugehen, die für die Verbraucher attraktiv sind?“

„Nun“, sagte ich, „Gott verabscheut den Gebrauch von Bildern, und deswegen wollen wir nichts damit zu tun haben.“

Als er spöttisch darauf hinwies, daß wir doch eine andere Religion hätten, antwortete ich: „Wenn ich in Ihrer Religion wäre, hätte ich noch mehr Grund, mich zu weigern. Ich würde meinen Gott jedenfalls nicht für so gering achten, daß ich sein Bild gegen ein paar Seifenschachteln eintauschen würde.“ Nach dieser Unterhaltung hörten wir nichts mehr von der Sache.

Aber es gab ähnliche Erfahrungen. Einmal wurden ohne mein Wissen Lose als Prämie für bestimmte Artikel vergeben. Als ich später davon erfuhr, erhob ich sogleich Einspruch, doch als Antwort darauf sprach man von Vertragsbruch und davon, daß man möglicherweise gerichtlich gegen mich vorgehen würde. Ich blieb aber fest und sagte, ich sei bereit, für alle Konsequenzen einzustehen. Was war das Ergebnis? Die Firma gab nach und zog die Lose zurück.

Bei einer anderen Gelegenheit baten mich mitten in einer Werbekampagne im Süden der Philippinen meine Angestellten, die Zeugen Jehovas sind, für einen viertägigen Bezirkskongreß freizubekommen. Ich sagte ohne Zögern zu. Als unsere Kundenfirma davon erfuhr, war sie sehr ungehalten und sagte, sie würde in Zukunft solche Unterbrechungen nicht dulden. Ich nahm die Gelegenheit wahr, den verantwortlichen Herren zu erklären, daß die Zeugen nicht bereit seien, solche Zusammenkünfte zu versäumen, selbst wenn ich ihnen nicht erlauben würde, sie zu besuchen. Ich erinnerte sie auch daran, daß die Firma unsere Männer bevorzuge, weil sie ehrlich, fleißig und sauber seien. Ich wies darauf hin, daß unsere Arbeiter die Erkenntnis und den Geist, der sie zu dem mache, was sie seien, aus diesen Kongressen schöpften und daß es daher nicht im Interesse der Firma sei, ihnen zu verbieten, solche Kongresse zu besuchen. Wieder konnte sich die Festigkeit unseres Standpunktes durchsetzen.

FRÜHE SEGNUNGEN VON JEHOVA

Aber ich wurde nicht nur durch diese Glaubensprüfungen gestärkt. Fast als ob ich auf meine schwächende Krankheit vorbereitet werden sollte, segnete mich Jehova Gott mit vielen Vorrechten unter seinem Volk. Schon ein Jahr nach meiner Hingabe und Taufe wurde ich in der neugegründeten Versammlung Roosevelt in Quezon City, ganz in der Nähe des philippinischen Zweigbüros der Watch Tower Society, zum Aufseher ernannt. Obwohl ich mich der Aufgabe nicht gewachsen fühlte, wurde ich liebevoll von meinen christlichen Brüdern und auch vom Zweigaufseher unterstützt, der damals mit dieser Versammlung verbunden war. Wie befriedigend war es, die Versammlung in den nächsten paar Jahren wachsen zu sehen! Im Jahre 1964 war es möglich, in einem abgelegenen Vorort von Quezon City eine neue Versammlung zu gründen, die sich der Bedürfnisse von 12 Personen annehmen konnte, für die es schwer war, die Zusammenkünfte zu besuchen. Ich wurde in dieser neugegründeten Versammlung Novaliches zum Aufseher ernannt.

Da meine Wohnung etwa 25 Kilometer entfernt war, beschloß ich, nach Novaliches zu ziehen, um im Bereich der neuen Versammlung zu wohnen. Während sie im Laufe der Jahre von 12 auf gegenwärtig 200 Königreichsverkündiger wuchs, war es mein Vorrecht, mitzuhelfen, einen großen Königreichssaal auf einem Grundstück neben meinem Haus zu errichten.

Etwa drei Monate nach der Gründung dieser neuen Versammlung machte sich meine Krankheit zum erstenmal bemerkbar. Das war im Juni 1964.

EINE RÄTSELHAFTE KRANKHEIT

Es begann damit, daß ich alles doppelt sah und Augenkrämpfe bekam, weil die Augenmuskeln schwächer wurden. Als unmittelbare Folge davon wurde mir sehr schwindlig. Nachdem ich mich so einen ganzen Tag lang im Büro gequält hatte, war ich gezwungen, einen Arzt zu rufen, der mir etwas verschrieb. Doch Tage vergingen, und keine merkliche Besserung war zu spüren. Ich fing an, unter Depressionen zu leiden. Die Aussicht, daß diese Krankheit meine christliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, machte mir sehr zu schaffen.

Um die Schwindelgefühle zu verringern, die von der Doppelsichtigkeit hervorgerufen wurden, deckte ich abwechselnd erst das eine und dann das andere Auge zu. Auf diese Weise konnte ich meinen Verpflichtungen gegenüber der Versammlung und meiner Familie nachkommen, wenn auch mit vielen Schwierigkeiten. Nach zwei Monaten erlangte ich mein normales Sehvermögen wieder, und ich bin dankbar, daß ich noch immer gut sehen kann. Die Schwierigkeit mit meinen Augen war jedoch nur ein Vorspiel für das nächste Stadium der Krankheit. Bald bemerkte ich, daß mein linkes Bein schwächer und empfindungslos wurde. Schließlich brachte ich beim Gehen nur wackelige, taumlige Bewegungen zustande, die ich anfänglich mit Hilfe eines Spazierstocks ausglich.

Ich konsultierte verschiedene Ärzte, aber jeder stellte eine andere Diagnose. Während die Monate vergingen und meine Krankheit unerkannt blieb, blickte ich beständig zu dem großen Heiler und Lebengeber, Jehova Gott, auf. Ich faßte den festen Entschluß, niemals Furcht in mein Herz eindringen zu lassen, und ich fand viel Trost durch den inspirierten Rat aus Psalm 55:22: „Wirf deine Bürde auf Jehova, und er selbst wird dich stützen. Nie wird er zulassen, daß der Gerechte wanke.“

Im Jahre 1966 war die Krankheit so weit fortgeschritten, daß mein rechtes Bein anfing nachzugeben. Damit verbunden war eine Versteifung meiner unteren Gliedmaßen. Im Jahre 1968 konnte ich auch mit Hilfe eines Stockes nicht mehr laufen, und ich war gezwungen, einen Rollstuhl zu benutzen. Jetzt war ich praktisch ein Krüppel, und die seelische Belastung war für mich fast unerträglich.

Vor meiner Krankheit war ich so stark und kräftig gewesen, daß ich nie gedacht hätte, daß mir so etwas widerfahren könnte. Ich dachte sehnsüchtig daran, wie ich noch kurz zuvor die gute Botschaft von Haus zu Haus gepredigt hatte und welche Freude und Befriedigung mir dies bereitet hatte. Wie oft erinnerte ich mich daran, wie glücklich ich war, wenn ich gerechtgesinnte Personen fand und ihren Glauben an den einzigen Gott stärkte, der ein völlig neues System der Dinge verheißt!

WAS MIR HALF, MIT DER SCHLIMMER WERDENDEN KRANKHEIT FERTIG ZU WERDEN

Ein berühmter Arzt stellte später fest, daß ich multiple Sklerose habe. Die Ursache für diese Krankheit ist unbekannt, und ihr Verlauf ist genauso unberechenbar, wie sie unheilbar ist. Es gab zwar Perioden, in denen sich mein Zustand besserte, doch Kälte, Entzündungen und sogar seelische Belastungen konnten einen Rückfall in einen noch schlimmeren Zustand auslösen. Die Ungewißheit darüber, welche Wendung die Krankheit als nächstes nehmen würde, raubte mir jeglichen Kampfgeist. Aber ich setzte mein Vertrauen in Jehova, und durch meine beständigen Gebete habe ich die vielen seelischen Abgründe, die meine Krankheit verursacht hat, überbrücken können. In Psalm 46:1, 2 fand ich die tröstenden Worte: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe, die in Bedrängnissen leicht zu finden ist. Darum werden wir uns nicht fürchten.“ Diese Worte haben mich immer in meinem Bemühen gestärkt, gegen Entmutigung und Frustration anzukämpfen.

Unterdessen verschlimmerte sich mein Zustand. Im Jahre 1970 waren meine Arme so geschwächt, daß ich mich nicht mehr mit dem Rollstuhl vorwärts bewegen konnte. Bis 1974 hatte ich die Herrschaft über meine Finger verloren, so daß ich nicht mehr allein lesen, schreiben oder essen konnte. Wenn mich ein Moskito sticht, kann ich es spüren, aber ich kann ihn nicht verjagen. Jetzt hat die Krankheit auch meine Halsmuskeln angegriffen. Wenn ich allein wäre und mein Kopf nach vorn sinken würde, könnte ich nicht verhindern, aus dem Rollstuhl zu fallen.

Es gibt jedoch vieles, wofür ich dankbar sein kann. Erstens bin ich dankbar, daß trotz des Verfalls meiner Körpermuskeln mein Verstand scharf und rege geblieben ist. Und zweitens bin ich froh, daß meine Augen nicht gelitten haben, seitdem ich vor elf Jahren meinen ersten Anfall von Doppelsichtigkeit hatte. Ich kann deshalb lesen, wenn mir jemand die Seiten umblättert. Auch meine Stimme ist noch klar, wenn auch geschwächt. Dadurch kann ich als Ältester in der Versammlung tätig sein und öffentliche biblische Vorträge im Königreichssaal und auf Kongressen der Zeugen Jehovas halten. So ist es mir immer noch möglich, andere über Gottes Vorsätze zu belehren.

Es ist mir sogar möglich, zusätzliche Vorrechte in der Christenversammlung zu übernehmen, zum Beispiel als Kongreßaufseher in unserem Kreis der Zeugen Jehovas tätig zu sein. Ich diene auch als Verpflegungsaufseher auf größeren Bezirkskongressen, die in der Stadt stattfinden. Es bereitet mir viel Freude, daß ich mich auf diese Weise trotz meiner Behinderung nützlich machen kann.

Meine Frau und meine vier Kinder haben mir in dieser schweren Zeit viel Kraft, Ermunterung und Mitgefühl geschenkt. Ich habe mich nie verlassen gefühlt. Mein ältester Sohn hat sich als ein guter Ersatz für meine Arme und Beine erwiesen, denn er erfüllt bereitwillig viele ihrer Funktionen, und er pflegt sie auch gut. Meine Angehörigen haben diese Geschichte niedergeschrieben, wie ich sie ihnen diktierte.

Wir haben einen Familienbus mit einem besonderen luftgekühlten Sitz, und dadurch ist es mir möglich, ziemlich viel herumzukommen. Meine Söhne heben mich aus dem Rollstuhl in den Bus und verstauen dann den zusammengeklappten Rollstuhl hinten. Das Reisen ist mein liebster Zeitvertreib, und so reisen wir oft über 100 Kilometer weit, um Glaubensbrüder in den Provinzen zu besuchen.

TÄTIG BLEIBEN — DIE BESTE THERAPIE

Ich liebe es, einen vollen Arbeitsplan zu haben. Mein Tag beginnt um 4.30 Uhr, wenn ich nach dem Erwachen meine Massage erhalte. Ich muß vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen massiert werden, damit die Arm- und Beinmuskeln nicht steif werden. Um 6 Uhr begleite ich meine jüngsten Kinder zur Schule, und dann werde ich in mein Büro gefahren. Dort arbeite ich bis Mittag. An jedem zweiten Nachmittag führe ich mit meinen Mitarbeitern Bibelstudien durch. Insgesamt studiere ich jetzt mit sieben von ihnen die Bibel. Dann fahre ich nach Hause. Von meinem Büro aus ist es etwa eine Stunde Fahrt.

An jedem Dienstagabend leite ich ein Versammlungsbibelstudium. Mittwoch abends habe ich mit einer vierköpfigen Familie ein Heimbibelstudium. Am Donnerstagabend leite ich ein Bibelstudium mit einer Gruppe von drei Familien, die siebzehn Kilometer von uns entfernt wohnen. Diese Gruppe hält jetzt regelmäßig Versammlungszusammenkünfte ab, und vielleicht kann sie bald zu einer Versammlung des Volkes Gottes organisiert werden. Freitag abends haben wir unsere regulären Versammlungszusammenkünfte, die Theokratische Schule und die Dienstzusammenkunft.

Am Samstagmorgen fahre ich mit meinen christlichen Brüdern in meinem Bus in den Predigtdienst. Es ist mir zwar nicht möglich, mit meinem Rollstuhl von Haus zu Haus zu gehen, weil die Landstraßen und Wege zu holprig sind, aber oft bringen mich die Brüder an einen Platz, wo viele Leute sind, und dann fange ich mit ihnen eine Unterhaltung an. Oder ich bleibe im Bus sitzen und rufe Vorübergehende zu mir und spreche dann mit ihnen über meine biblische Hoffnung. Am Samstagnachmittag bereite ich mich auf die Zusammenkünfte der Versammlung und auf biblische Vorträge vor. Am Sonntagmorgen beteilige ich mich gewöhnlich mit meinen Glaubensbrüdern am Predigtdienst, und am Nachmittag haben wir unseren regulären biblischen Vortrag und ein Bibelstudium anhand des Wachtturms.

Manchmal sprechen mich wohlmeinende Personen an und sagen, daß ich mich bei meinem ausgefüllten Zeitplan vielleicht etwas übernehme. Ich antworte dann immer, daß ich keines meiner christlichen Vorrechte aufgeben werde, solange ich sie wahrnehmen kann. Gerade diese Vorrechte und Verpflichtungen haben mir geholfen, eine negative Einstellung zu vermeiden und mich nicht selbst zu bemitleiden. Sie haben mich von meiner Krankheit abgelenkt, und das ist für mich bis jetzt die beste Therapie gewesen.

DIE SCHWERSTE PRÜFUNG

Die vielleicht schwerste Prüfung erlebte ich eines Tages im Jahre 1972, als ich einen unerträglichen Schmerz in meinen Gesichtsmuskeln spürte. Als ich zu sprechen versuchte, konnte ich kein Wort herausbringen. Mich hatte eine Neuralgie befallen. Zum erstenmal verlor ich für zwei Tage mein Sprechvermögen. Es bereitete mir schreckliche Schmerzen, den Mund auch nur ein wenig zu öffnen. Die Schwermut, die mich befiel, war unbeschreiblich. Nichts konnte mich mehr entmutigen, als meine Gabe der Sprache zu verlieren. Ich war völlig entmutigt; eine Zeitlang fühlte ich mich niedergeschmettert.

Ich betete still und flehte Jehova an, mir mein Sprechvermögen wiederzugeben, damit ich ihn weiter preisen könne. Ich war dankbar, daß ich nach kurzer Zeit mein Sprechvermögen wiedererlangte, obwohl die Nervenschmerzen periodisch wiederkehren. Immer mehr spürte ich Jehovas Nähe, und durch diese letzte Krankheit fühlte ich mich noch enger zu ihm hingezogen.

BEREITS ERLEBTE FREUDEN

Ich bin sicher, daß bis hierher jeder erkannt hat, was mir geholfen hat, Entmutigung und körperliche Schwäche zu überwinden. Ja, es ist mein enges Verhältnis zu Jehova Gott und meine feste Hoffnung auf sein gerechtes neues System der Dinge und außerdem die Liebe und Hilfe meiner Familie und meiner christlichen Brüder und Schwestern. Die Tatsache, daß ich im Werk des Herrn viel zu tun habe, hat mir das Bewußtsein gegeben, daß ich noch gebraucht werde und nützlich bin und anderen helfen kann. Wenn ich mich entmutigt fühle, dann kann mich nichts mehr ermuntern, als daß ich meine Freunde und Brüder besuche und mit ihnen über Gottes Wort spreche.

Es gibt keine Freude auf Erden, die man mit dem Vorrecht vergleichen kann, anderen zu helfen, Jehova liebenzulernen und ihm zu dienen. Kürzlich hat sich eine sechsköpfige Familie, der ich helfen konnte, Jehova hingegeben, und sie alle wurden zur gleichen Zeit getauft. Viele, denen ich geholfen habe, waren am Anfang nur neugierig, weil sie meinen Zustand bemerkten. Doch dann wurden sie so sehr von den neuen und wunderbaren Dingen ergriffen, die sie aus Gottes Wort lernten, daß sie meinen Zustand vergaßen. Später erzählten sie mir, daß ihr Interesse durch meinen Eifer und durch mein zuversichtliches Reden geweckt worden war. Wenn ich so etwas höre, danke ich Jehova im stillen, daß er mich so belohnt und ermuntert hat.

Die Freuden im Dienste Gottes überwiegen wirklich bei weitem die körperlichen Schmerzen, die ich spüre. Wenn ich darüber nachdenke, was ich mit der Hilfe Jehovas schon alles tun durfte, dann hilft mir das, die Löcher zu stopfen, durch die der Lebenswille eines Paralytikers sickert und ihn verläßt. Dank dieser Hilfe von Jehova könnte mich kein Schmerz keine Lähmung und keine Neuralgie davon abhalten, seinen großen und herrlichen Namen zu lobpreisen.

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