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Medizinische Behandlung mit Blut — eine emotionelle StreitfrageErwachet! 1979 | 22. August
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verschlimmern oder sogar den Tod verursachen. „Im letzten Jahrzehnt sind schätzungsweise 30 000 Menschen an [durch Bluttransfusion übertragener] Serumhepatitis gestorben“, hieß es in der Zeitschrift Family Health vom März 1977, „und viele tausend weitere haben durch verseuchtes Blut einen bleibenden Leberschaden davongetragen.“
Durch Bluttransfusionen werden auch viele weitere Krankheiten übertragen, an denen jährlich Tausende erkranken und sterben. Außerdem haben viele Patienten eine Transfusionsreaktion, die manchmal zum Tod führt. „In Miami [Florida]“, schreibt Dr. Charles Gilpin, „ruft etwa jede 10. Transfusion eine unerwünschte Begleitreaktion hervor.“
Wie groß sind somit die Gefahren? In der Zeitschrift Southern Medical Journal vom April 1976 wird die Vermutung geäußert, daß die Angabe von jährlich „3 000 bis 30 000 transfusionsbedingten Todesfällen“ wahrscheinlich eine sehr vorsichtige Schätzung sei. Diese Zahlen gelten jedoch nur für ein einziges Land — die Vereinigten Staaten. Wer wollte daher unterrichteten Personen einen Vorwurf machen, wenn sie zögern, einer Bluttransfusion zuzustimmen?
Natürlich wird jemand, der zuviel Blut verliert, sterben. Die meisten Ärzte sagen, eine solche Person könnte durch eine Bluttransfusion gerettet werden. Obwohl dies richtig sein mag, lehnen Jehovas Zeugen trotzdem Bluttransfusionen ab. Der Grund dafür ist, daß sie das biblische Gebot ernst nehmen: ‘Enthaltet euch des Blutes’ (Apg. 15:28, 29). Der Gehorsam gegenüber diesem Gebot hat sie manchmal in Widerspruch zu der anerkannten medizinischen Behandlungsmethode gebracht, und dadurch kam eine emotionelle Streitfrage auf.
Es gibt jedoch andere Behandlungsformen, und diese sind nicht mit den gleichen Gefahren verbunden wie Bluttransfusionen. Jehovas Zeugen akzeptieren diese Methoden, die sich oft als lebenrettend erwiesen haben. Viele Ärzte mögen der Ansicht sein, sie seien über die Blutfrage voll unterrichtet. Vielleicht kennen sie aber doch noch nicht alle Tatsachen. Man beachte die Erfahrung des früheren Chefarztes eines Krankenhauses in Texas.
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Was ich über das Blut gelernt habeErwachet! 1979 | 22. August
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Was ich über das Blut gelernt habe
Ein Chirurg erzählt aus seinem Leben
ICH war in einem geschäftigen Krankenhaus in Dallas (Texas) als Arzt tätig. Oft war ich schon um 7 Uhr früh im Operationssaal und stand am Operationstisch meinen chirurgischen Kollegen gegenüber, angetan mit Operationshaube, Mundtuch und dem hellgrünen Operationsmantel. Besonders gut kann ich mich an einen Kaiserschnitt erinnern, den wir 1965 durchführten.
Die Operation ging gut voran. Roy hatte den Einschnitt schnell gemacht, und es gab keinen nennenswerten Blutverlust. Vor uns lag nun die aufgetriebene Gebärmutter, die nach oben heraustrat, da die innere Schicht der Bauchwand geöffnet war. Ich sah zu Roy auf, dessen Augen gerade oberhalb des Mundtuches hervorblickten. Er stieß einen Seufzer aus und rief: „Nun sieh dir das mal an!“
Ein schneller Blick nach unten, und ich sah die Bescherung. Von unten traten ungewöhnlich große, fast fingerdicke Blutgefäße durch die Bänder in die pralle Gebärmutter. Wir würden viele dieser Gefäße durchtrennen müssen, und es waren starke Blutungen zu erwarten.
„Also gut, fangen wir an!“ sagte Roy. Er streckte seine rechte Hand aus, und die Operationsschwester drückte ihm mit einer gut eingespielten Bewegung das Skalpell in die Hand. Bei jedem Schnitt strömte ein neuer Stoß Blut aus den großen varikösen Adern, die durchtrennt werden mußten, damit die Gebärmutter so weit geöffnet werden konnte, daß der Kopf des Babys hindurchpaßte.
„Jessie!“ schrie ich. „Ruf im Labor an, laß die Blutgruppe bestimmen und von zwei Konserven Erythrozytenkonzentrat die Kreuzprobe machen.“
„Ja, Doktor“, rief die tüchtige OP-Oberschwester über die Schulter, während sie durch die Pendeltür des Operationssaales eilte. Ich blickte zum Anästhesisten hinüber. Er lächelte und nickte zustimmend, während er die Ventile der Infusionsflaschen öffnete, um das verlorene kostbare Blut durch Lösungen zu ersetzen. Der Anästhesist ist gewöhnlich für Flüssigkeits- und Blutersatz verantwortlich, während der Patient in Narkose liegt. Wenn auch der Chirurg gewissermaßen der Kapitän des Schiffes ist, so ist er während der kritischen Phase der Operation doch meist zu beschäftigt, um sich auch darum zu kümmern.
Der Anästhesist, der gerade lächelnd seine Zustimmung gegeben hatte, hatte uns Achtung vor dem Blut gelehrt. Er befürwortete die Verwendung der Ringer-Lactat-Lösung, des „weißen Blutes“, wie er es nannte. Diese Flüssigkeit enthält Salze, Wasser und andere Stoffe, die zum Ersatz von Körperflüssigkeit notwendig sind, birgt aber nicht die gleichen Gefahren in sich wie Vollblut. Er hatte uns wiederholt eingeprägt, daß es töricht sei, etwas anderes als Ringer-Lactat-Lösung zum Ausgleich des Volumenverlustes zu verwenden, wenn der Patient nicht gerade große Mengen Blut brauche. Ich hatte auf ihn gehört und viel gelernt. Jetzt war ich der Chefarzt des Krankenhauses, und ich glaubte, ich wüßte so ziemlich alles, was es über das Blut zu wissen gab. Die Operation war ein Erfolg — Mutter und Kind lebten.
„Das wahre Leben“?
In jenen frühen Jahren meiner Tätigkeit dachte ich, ich hätte es „geschafft“. Nach außen hin war alles in bester Ordnung; meine Praxis ging ausgezeichnet, und mein Einkommen stieg. Ich hatte alle Anzeichen des Erfolgs — ein Haus mit Swimming-pool, ein neues Auto, einen schnellen Rennsegler, zwei Kinder — praktisch alles, was die Welt einem bieten kann. Doch in Wirklichkeit ging alles schief. Und das Seltsame daran war: Ich wußte es. Doch ich stritt es immer wieder ab und versuchte, mich selbst und meine Familie davon zu überzeugen, daß dies das „wahre Leben“ war.
Wir drehten uns im Kreis. Je mehr Geld ich einnahm, desto mehr gaben wir aus. Wir gingen mit der Menge. Ich fing an, übermäßig zu trinken und ein unmoralisches Leben zu führen. Nach sechs Jahren als Großstadtarzt brach mein Leben, wie ich es kannte, zusammen. Mein dreieinhalbjähriger Sohn ertrank in unserem Swimming-pool. Einen Monat später verließ meine Frau mich und unseren anderen Sohn mit einem meiner engsten Freunde.
Ich bekam schreckliche Depressionen. Eines Tages unternahm ich einen beinahe erfolgreichen Selbstmordversuch. Ich spritze mir Morphium. Als ich in unserem Krankenhaus aufwachte, war ich völlig überrascht. Ich fragte mich nur: „Was ist da schiefgegangen?“ In nicht einmal sechs Jahren hatte ich die Stufenleiter des Erfolgs erklommen, und nun war ich plötzlich wieder ganz unten.
Ich versuchte alles — Psychoanalyse, Pillen (Aufputsch- und Beruhigungsmittel) und immer wieder Alkohol —, um in meinem Elend Erleichterung zu finden. Ein Jahr später heiratete ich wieder, und in der Hoffnung, daß sich mein Leben nun normalisieren würde, fing ich an, wieder die gleichen Fehler zu machen wie vorher. Meine arme Frau wußte nicht, worauf sie sich eingelassen hatte. Sie war 15 Jahre jünger als ich und nie zuvor verheiratet gewesen. Jetzt hatte sie plötzlich eine fertige Familie und die neuen Verpflichtungen einer Arztfrau.
Ich arbeitete mich wieder nach oben; meine Praxis ging ausgezeichnet. Mein Einkommen näherte sich einer sechsstelligen Zahl. Meine schlechten Gewohnheiten waren jedoch dieselben geblieben. Immer noch trank ich und nahm Pillen, und mit meiner unmoralischen Lebensweise hatte ich nie aufgehört. Ich machte meine Frau zu einem seelischen und physischen Wrack. Bald hatten wir zwei Kinder zusätzlich zu meinem Sohn aus erster Ehe. Wir zogen in ein größeres Haus mit einem größeren Swimming-pool und kauften größere Wagen. Wir verbrachten jedes Wochenende mit Segelregatten, betranken uns und beteiligten uns am Nachtleben. Wir schickten unsere Kinder zu den Großeltern, die sie häufiger sahen als wir. Solange mich die Kinder nicht störten, war ich zufrieden. Wir gaben Tausende von Dollars für das Vergnügen aus — für neue Segelboote, für Skiausflüge und sonstigen Luxus —, und trotzdem war ich nicht glücklich.
Meine Launen wurden immer schlimmer. Ich begann eine Affäre mit einer meiner Sprechstundenhilfen, und sie beanspruchte immer mehr von meiner Zeit. Eine Depression folgte der anderen, und die ganze Zeit über hatte ich Angst, sterben zu müssen, ohne das Leben und seinen Sinn je richtig kennengelernt zu haben. Ich verfolgte aufmerksam die Weltverhältnisse. Ich wußte, daß es so nicht ewig weitergehen könnte, und das deprimierte mich noch mehr.
Gibt es einen Ausweg?
Eines Tages unterhielten wir, meine Frau und ich, uns halb betrunken im Garten. Wir waren beide wegen der Situation, in der sich die Welt befand, niedergeschlagen. Wir hatten uns mit allem beschäftigt — mit dem Okkultismus, mit fernöstlichen Religionen, mit der Seelenwanderung. Ich bat meine Frau, mit mir zu beten, etwas, was wir noch nie getan hatten. Wir warfen uns mit dem Gesicht auf den Rasen und flehten Gott unter Tränen an, uns zu erhören.
Als ich ein paar Tage später abends von der Praxis nach Hause kam, erzählte mir meine Frau, sie studiere mit Jehovas Zeugen die Bibel. „O nein!“ schrie ich. „Die wirst du nie wieder los. Weißt du nicht, daß die nur hinter unserem Geld her sind? Alles, nur das nicht!“ Doch aus irgendeinem Grund widersetzte sich meine Frau mir in diesem Punkt und setzte ihr Studium fort. Ich war wütend und machte es ihr sehr schwer, wenn ich sie auch nicht daran hinderte zu studieren.
Ich war fest davon überzeugt, daß ich meiner Frau beibringen könnte, daß ich mehr über die Bibel wüßte als die Zeugen. Das war seltsam, denn ich hatte in meinem ganzen Leben die Bibel noch nicht einmal ganz durchgelesen. Ich stand daher jeden Morgen früh auf, um in der Bibel zu lesen, damit ich meine Frau belehren konnte. Doch zu meinem Ärger und Schrecken zeigte sie mir vieles in der Bibel, was ich einfach überlesen hatte und mir völlig entgangen war.
Die Blutfrage
Eines Abends las sie mir aus einem roten Buch vor und fragte ganz ruhig: „Hast du gewußt, daß Noah das Blut der Tiere auf den Erdboden auslaufen lassen mußte, bevor das Fleisch gegessen werden durfte?“
Ich ging sofort in die Defensive und erwiderte: „Ja, das kann ich an diesen Leuten nicht ausstehen; sie verweigern Bluttransfusionen.“ Hier war nun endlich etwas, wo sie mir nichts beibringen konnte. Hier konnte ich angreifen, denn schließlich bildete ich mir ein, ich wüßte alles über das Blut. Ich war bitter und voller Stolz. Sie wußte es und verlor kein Wort mehr darüber.
Bald danach gab sie mir eine Aufstellung von Blutersatzstoffen, die ihr ihre Bibellehrerin telefonisch durchgegeben hatte, und sie fragte mich, ob ich etwas von diesen Mitteln wüßte. Das war ja wirklich die Höhe! Als ob ich nichts über Plasmavolumenexpander wüßte! In der Aufstellung war auch die Ringer-Lactat-Lösung, das „weiße Blut“, erwähnt. Als die Zeugin Jehovas das nächstemal zum Studium kam, brachte sie meiner Frau eine kleine Broschüre mit, die betitelt war: Blut, Medizin und das Gesetz Gottes, und sie bat mich, sie zu lesen. Als ich am nächsten Morgen aufstand, um in der Bibel zu lesen, nahm ich die Broschüre zur Hand und las sie in einem Zug durch. Als ich fertig war, wußte ich, daß es die Wahrheit war.
Nie zuvor hatte ich den Schrifttext gelesen: ‘Enthaltet euch des Blutes’, und nie zuvor hatte ich gehört, daß Gott Noah verboten hatte, Blut zu genießen (Apg. 15:28, 29; 1. Mose 9:3, 4). Ich hatte gedacht, das Blutverbot sei lediglich ein Bestandteil des alten jüdischen Gesetzesbundes gewesen, von dem ich wußte, daß er mit dem Kommen Christi ungültig geworden war. Nachdem ich aber das ganze 15. Kapitel der Apostelgeschichte gelesen hatte, konnte ich nur sagen: „Nun, dann werde ich mich eben daran halten!“ Natürlich waren mir die Gefahren der Bluttransfusion schon seit Jahren bekannt gewesen — die hämolytischen Reaktionen, die Gefahren der Blutgruppenunverträglichkeit usw. Ich wußte auch, daß ich in unserem Krankenhaus unnötige Bluttransfusionen gegeben hatte und daß Patienten durch infektiöses Blut an Hepatitis erkrankt waren.
Ein veränderter Lebensweg
Nachdem ich die kleine Broschüre durchgelesen hatte, wollte ich mit der Dame sprechen, die mit meiner Frau die Bibel studierte, um zu erfahren, ob Gott mir all das Schlechte, was ich getan hatte, vergeben könne. Mit der Zeit nahm ich zusammen mit meiner Frau an dem Bibelstudium teil, und wir luden auch unsere Freunde dazu ein. Manchmal war das Zimmer voller Leute, wenn die Zeugin Jehovas eintraf. Sechs Monate nachdem ich begonnen hatte zu studieren, symbolisierten meine Frau und ich unsere Hingabe an Jehova Gott durch die Wassertaufe. Unsere drei Kinder waren dabei und nahmen an unserem neugefundenen Glück teil.
Neunzehn Jahre ist es nun her, seit ich meine Karriere als Arzt begann, und Jehova hat in unser Leben wahre Freude und Herzensfrieden gebracht. Meine Kollegen im Krankenhaus waren zwar zuerst sehr befremdet, als sie erfuhren, daß ich ein Zeuge Jehovas werden wolle. Doch im allgemeinen hat sich ihre Einstellung in Respekt umgewandelt, obwohl ich nicht bereit bin, Bluttransfusionen zu geben. Zu meiner großen Freude erfuhr ich, daß der Chirurg, mit dem ich zuerst zusammenarbeitete, als ich meine Praxis begann, und den ich ein paar Jahre lang nicht mehr gesehen hatte, ebenfalls ein Zeuge Jehovas geworden war und größere Operationen ohne Bluttransfusion durchführte.
Heute sind wir eine vereinte Familie. Wir dienen dem wahren Gott, Jehova, und predigen seine bevorstehende Weltregierung. Ich diene in unserer Christenversammlung als Ältester, und wir sind jetzt glücklich, nach den wichtigeren Dingen zu streben, die mit einem gottgefälligen Leben zusammenhängen. Wir sind Jehova Gott aus vollem Herzen für all seine Segnungen dankbar. Wir haben gelernt, daß das einzige Blut, das im vollsten Sinne des Wortes lebenrettend ist, das Blut des Loskaufsopfers Jesu Christi ist, denn es allein kann uns ewiges Leben vermitteln (Eph. 1:7). (Eingesandt.)
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