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  • Die Liebe, die zum Leben führt
    Der Wachtturm 1965 | 15. Juni
    • Die Liebe, die zum Leben führt

      „Die Frucht des Geistes [ist] Liebe.“ — Gal. 5:22.

      1. Welche Fragen zeigen, daß es vernünftig ist, daß die Griechen für den Begriff „Liebe“ vier Worte gebrauchten, und warum sollten wir an der Beantwortung dieser Fragen interessiert sein?

      Ein Sprichwort sagt: „Die Griechen hatten ein Wort dafür“, und das Thema „Liebe“ scheint das zu bestätigen, denn die Griechen hatten für den Begriff „Liebe“ nicht nur ein Wort, sondern vier Wörter: éros, storgé, philía und agápe. Jedes dieser vier Wörter beschreibt die Liebe von einem anderen Gesichtspunkt aus. Das ist auch vernünftig, denn die Liebe ist eine sehr vielseitige Eigenschaft. Versuche sie doch selbst einmal zu definieren, und du wirst das bestätigt finden. Ja, was ist eigentlich Liebe? Ist sie lediglich ein Gefühl, ein Trieb? Muß sie mit Zuneigung gepaart sein, und können wir nur die lieben, die wir bewundern, zu denen wir uns hingezogen fühlen oder die uns wegen ihrer Eigenschaften mindestens einigermaßen sympathisch sind? Könntest du jemand lieben, auch wenn du ihn nicht gern haben könntest? Wo entsteht die Liebe? Im Herzen oder im Sinn oder in beidem? Gibt es schließlich etwas, woran die Echtheit und der Grad der Liebe gemessen werden können, und wenn ja, was ist es? Wir sollten das wissen, denn „es ist nicht alles Gold, was glänzt“, und so ist auch nicht immer alles Liebe, was Liebe zu sein scheint. Die Liebe kann auch trügerisch sein wie der letzte Kuß des Judas, der zwar zärtlich war, aber zum Verrat führte. — Mark. 14:44, 45.

      2. Was zeigt, daß Liebe gelehrt werden kann?

      2 „Die Liebe ist die schwerste Lektion, die wir in Verbindung mit dem Christentum zu lernen haben; gerade deshalb sollten wir unseren ganzen Fleiß aufbieten, um sie zu lernen“, schrieb William Penn, der Gründer des Staates Pennsylvanien. Der Gedanke, daß Liebe gelehrt werden kann, mag uns eigenartig berühren, aber die Bibel zeigt deutlich, daß es möglich ist. (1. Thess. 4:9, 10) Das Wort „Jünger“ bedeutet buchstäblich Lernender oder Schüler, und Gottes Sohn sagte in der Nacht vor seinem Tod zu denen, die er geschult und unterwiesen hatte: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“ — Joh. 13:35.

      3. (a) Warum ist echte Liebe das Kennzeichen wahrer Christen? (b) Welcher Gefahr ist die Christenversammlung heute ausgesetzt?

      3 Diese Art Liebe muß demnach so selten sein, daß sie die wahren Schüler oder Jünger Jesu von allen anderen Menschen unterscheiden sollte; sie sollte ihr besonderes Merkmal sein. In den Tagen Jesu war dies der Fall. Und heute? Was liest du in den Zeitungen, was hörst du im Radio, und was siehst du, wenn du deine nächste Umgebung etwas näher betrachtest? Nicht genau das, was der Apostel Paulus vorhersagte, als er schrieb: „Dieses aber erkenne, daß in den letzten Tagen kritische Zeiten da sein werden, mit denen man schwer fertig wird. Denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend ... den Eltern ungehorsam, undankbar, nicht loyal, ohne natürliche Zuneigung ... ohne Liebe zum Guten ... aufgeblasen vor Stolz, die mehr die Vergnügungen lieben als Gott, die eine Form der Gottergebenheit haben, sich aber hinsichtlich deren Kraft als falsch erweisen; und von diesen wende dich weg“? (2. Tim. 3:1-5) Jesus sagte sogar voraus, daß der Mangel an wahrer Liebe so groß sein werde, daß er sich selbst bei der Christenversammlung ernsthaft bemerkbar machen werde. Vergessen wir nicht, daß Jesus nicht von der Welt im allgemeinen, sondern von denen sprach, die sich in der Zeit des Endes als seine Nachfolger ausgeben würden, als er sagte: „Und wegen der zunehmenden Gesetzlosigkeit wird die Liebe der meisten erkalten.“ Das bedeutet Gefahr. — Matth. 24:12.

      4. Was ist Sentimentalität, und welche Begebenheit zeigt, daß sie nicht dasselbe ist wie echte Liebe?

      4 Was für eine Liebe hast du? Unterscheidet sie dich von den Menschen im allgemeinen, und kennzeichnet sie dich als einen Nachfolger, einen Jünger oder Schüler Christi Jesu, oder beruht sie vorwiegend auf Sentimentalität? Sentimentalität wird unter anderem als „eine durch Gefühle beeinflußte oder hervorgerufene Gemütshaltung, Geistesverfassung oder Urteilsbildung“ erklärt. Viele Leute lassen sich von spontanen Gefühlsregungen oder Gemütsbewegungen leiten, glauben aber durch das, was sie tun oder sagen, Liebe zum Ausdruck zu bringen. Diese Neigung hatte auch der Apostel Petrus, als er noch ein Jünger war, und das brachte ihn mehr als einmal in Schwierigkeiten. Als Jesus zum Beispiel mit seinen Jüngern über die ihm bevorstehenden Leiden und über seinen Tod sprach, nahm ihn Petrus impulsiv beiseite und machte ihm ernste Vorhaltungen. Er sagte: „Sei gütig mit dir selbst, Herr; dieses Geschick wird dir bestimmt nicht widerfahren.“ Betrachtete Jesus diese gefühlsbetonte Bitte als einen Ausdruck echter Liebe? Der Bericht lautet: „Er aber drehte sich um und sagte zu Petrus: ‚Tritt hinter mich, Satan [Widersacher]! Du bist für mich eine Ursache des Strauchelns, weil du nicht Gottes Gedanken denkst, sondern die der Menschen.‘“ — Matth. 16:21-23.

      5. Wovon läßt sich ein sentimentaler Mensch leiten, und warum ist die wahre Liebe vorzüglicher?

      5 Der sentimentale Mensch läßt sich auf der Suche nach dem richtigen Weg nicht von der Wirklichkeit, sondern von Gefühlen leiten und gleicht darum einem Blinden. Er verschließt seine Augen vor der Notwendigkeit, folgerichtig zu denken und eine Sache abzuwägen, um zu entscheiden, was für den anderen wirklich das beste ist oder was sich für alle am günstigsten auswirkt. Echte Liebe dagegen betrachtet eine Sache von allen Seiten und läßt nicht zu, daß das Gefühl die Oberhand gewinnt und sie auf unsichere Wege führt. Sie sorgt dafür, daß jede Gemütsbewegung und jede Gefühlsregung so ausgewertet wird, daß sie in der Richtung wirkt, die der Verstand bereits gewählt hat. — Röm. 8:5-8.

      6. (a) Was mögen uns vernünftige Überlegungen über das Thema „Liebe“ erkennen lassen? (b) Wieso müssen wir, wenn wir ehrlich sein wollen, zugeben, daß wir Gottes Führung benötigen, um unsere Liebe richtig zum Ausdruck bringen zu können?

      6 Vor allem aber denkt die Liebe „Gottes Gedanken“. Sie weiß, daß Gott sagte: „Wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ (Jes. 55:9) Sie weiß auch, daß diese Worte wahr sind. Der Verstand mag uns sagen, daß wir alle offensichtlich so geschaffen sind, daß einer vom anderen abhängig ist, daß wir alle gewisse körperliche, seelische und geistige Bedürfnisse haben, von denen wir einige selbst befriedigen können, während andere von denen befriedigt werden müssen, die uns lieben, daß wir aber nur dann wirklich glücklich sein können, wenn diese Bedürfnisse befriedigt werden. Die Vernunft mag uns sagen, daß ein Mensch, der wirklich liebt, diese Bedürfnisse erkennt und sich bemüht, sie, so gut er kann, zu befriedigen, daß er dies jedoch nur in beschränktem Maße tun kann, ihn aber seine Liebe veranlaßt, die wichtigsten Bedürfnisse zu ermitteln und sich auf sie zu konzentrieren. Unser Unterscheidungs­vermögen mag uns sagen, daß wir viele Faktoren und Umstände berücksichtigen müssen und daß bei einer Handlungsweise, der wahre Liebe zugrunde liegt, nicht das ausschlaggebend ist, was wir einem anderen tun möchten oder was wir ihm nach der Meinung anderer tun sollten oder was der Betreffende im Augenblick selbst gern getan haben möchte, sondern das, was aufgrund der Tatsachen seinem künftigen Wohl am besten dient. Vernünftige Überlegungen mögen uns auch sagen, daß Liebe darüber hinaus verlangen würde, daß wir den innigen Wunsch haben, das für den anderen zu tun. Wenn wir jedoch ehrlich sein wollen, müssen wir zugeben, daß wir „Gottes Gedanken“ benötigen, damit wir erfahren, wie wir die Bedürfnisse anderer am besten befriedigen können, welches wirklich ihre größten Bedürfnisse sind und was ihrem gegenwärtigen und ihrem künftigen Wohl am besten dient. „Gottes Gedanken“ wecken in uns auch das Verlangen, diese Dinge zu tun. Wir werden nie fehlgehen, wenn wir zu Gott aufblicken, denn „jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk stammt von oben, denn es kommt vom Vater der himmlischen Lichter herab, und bei ihm gibt es keine Veränderung von der Drehung des Schattens“. — Jak. 1:17.

      „LIEBE“ IN DER GRIECHISCHEN SPRACHE

      7. Was bedeuten die vier griechischen Wörter für „Liebe“ im wesentlichen?

      7 Kehren wir darum zu den vier Wörtern zurück, die die Griechen für den Begriff „Liebe“ hatten. In biblischen Zeiten gebrauchten die Griechen das Wort éros, um das zu beschreiben, was wir heute die romantische Liebe oder die Liebe zwischen den Geschlechtern nennen. Für die Liebe zwischen Familienangehörigen, zum Beispiel die Liebe der Eltern zu den Kindern, wurde der Ausdruck storgé gebraucht. Unter philía verstanden die Griechen die Freundesliebe, eine Liebe, die sich durch eine Zuneigung oder Anhänglichkeit auszeichnet, die auf der gegenseitigen Anziehung der Charaktere beruht. Und schließlich das Wort agápe gebrauchten sie für die Liebe, die auf Grundsätzen beruht und sich aus der bewußten Anwendung des Urteilsvermögens und des Willens ergibt, für eine völlig uneigennützige Liebe.

      8. (a) Wem verdanken wir die beste Begriffsbestimmung dieser Wörter? (b) Wie zeigen sie durch ihren Gebrauch des Wortes agápe, daß es die Liebe beschreibt, die zum Leben führt?

      8 Von den Griechen stammen die Wörter; die beste Begriffsbestimmung verdanken wir jedoch merkwürdigerweise Hebräern, die griechisch geschrieben haben, nämlich den Schreibern der Christlichen Griechischen Schriften der Bibel. Vor allem ihr Gebrauch des Wortes agápe, das sich auf die grundsatztreue Liebe (nicht auf die auf körperliche Anziehung, auf Familienbanden oder auf Verträglichkeit der Charaktere beruhende Liebe) bezieht, verhilft uns zu einem klaren Verständnis. Nach dem englischen Bibellexikon von Douglas ist agápe „eines der in den klassischen Werken der Griechen am seltensten vorkommenden Wörter“. Plato, Sokrates und Aristoteles gebrauchten dieses Wort sehr selten, während Petrus, Paulus, Johannes und die anderen Schreiber der Bücher der Christlichen Griechischen Schriften (vom Matthäusevangelium bis zur Offenbarung) es auf eine Weise anwandten, wie das bis dahin noch nie geschehen war. In ihren Schriften erscheint das Wort éros nie, storgé nur 3mal und das Verb philéo gegen 100mal, wogegen das Wort agápe etwa 250mal vorkommt. Der Apostel Johannes gebrauchte es, als er schrieb: „Gott ist Liebe [agápe].“ (1. Joh. 4:8, Lu) In einem Zitat zeigte er, daß auch Jesus es gebrauchte, als er sagte: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe [agápe] unter euch habt.“ (Joh. 13:35) Auch Paulus gebrauchte es, als er sagte: „Die Frucht des Geistes [ist] Liebe [agápe].“ (Gal. 5:22) Und da jeder, der „im Hinblick auf den Geist sät ... vom Geist ewiges Leben“ erntet, ist es für uns lebenswichtig, diese grundsatztreue Liebe, die durch Gottes Geist hervorgebracht wird, kennenzulernen. (Gal. 6:8) Das bestätigt auch der Apostel Johannes, wenn er sagt: „Wir wissen, daß wir vom Tode zum Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben [agapáo, eine Verbform von agápe]. Wer nicht liebt, bleibt im Tode.“ — 1. Joh. 3:14.

      9. (a) Welche Streitfrage entstand zu Beginn der Menschheitsgeschichte aus Mangel an Liebe? (b) Wie reagierte Jehova Gott auf diese offenkundige Selbstsucht?

      9 Nach welchen Grundsätzen wirkt diese selbstlose Liebe? Gott enthüllt uns in seinem geschriebenen Wort die große Streitfrage um die universelle Oberhoheit, die entstand, als sich einer seiner Geistsöhne gegen ihn, seinen Schöpfer, erhob und ihn in Eden bei den ersten beiden Menschen auf gemeine Art verleumdete, um sie für sich einzunehmen, obwohl es ihnen das Leben kostete. Die Handlungsweise Adams, des ersten Menschen, bewies, daß es für ihn nur die erotische Liebe gab, das sinnliche Verlangen nach Eva, seiner Frau. Er kehrte seinem himmlischen Vater den Rücken und schloß sich seiner Frau in ihrem Ungehorsam an. Dadurch, daß er seine gerechte Stellung vor Jehova Gott aufgab und seine menschliche Vollkommenheit einbüßte, konnte er ihr nicht mehr die gleiche Liebe entgegenbringen wie früher. Seine Kinder wurden zwangsläufig unvollkommen geboren, waren mit der Erbsünde behaftet und mußten mit der Zeit sterben wie er. Doch trotz dieser Selbstsucht und Undankbarkeit des Menschen ließ sich Jehovas Liebe nicht verbittern. Zu der gleichen Zeit, zu der Gott das gerechte Urteil über die drei Rebellen sprach, kündete er sein Vorhaben an, schließlich einen Samen hervorzubringen, der all dem Unglück, das sein Widersacher angerichtet hatte, ein Ende machen sollte. Dieses Vorhaben ist das Thema, dem wir in der Bibel immer wieder begegnen, während wir verfolgen können, wie Gott die Entwicklung der Dinge 4000 Jahre lenkte, bis er seinen geliebten Sohn auf die Erde sandte, der vor allem kam, um in der Streitfrage für seinen Vater einzutreten und seine unerschütterliche Lauterkeit ihm, dem rechtmäßigen Souverän, gegenüber zu beweisen, aber auch um das zu beschaffen, was die Menschheit am dringendsten benötigte: ein Lösegeld, das sie von Sünde und vom Todesurteil befreite und mit seinem himmlischen Vater versöhnte. — 1. Mose 3:14-24; Joh. 3:16, 36.

      10. (a) Was stellen die biblischen Prophezeiungen allen in Aussicht, die heute echte Liebe bekunden? (b) Wozu treibt die Liebe diese Menschen heute an?

      10 Die Bibel zeigt ferner, daß diese Segnungen gehorsamen, Liebe bekundenden Männern und Frauen durch eine Königreichsregierung zugehen werden, deren Haupt Christus Jesus ist und durch die für die Erde eine vollständig neue Ordnung herbeigeführt wird. Die auf Selbstsucht, Gewalttat und Ungehorsam beruhende alte Ordnung dagegen wird Gott im universellen Krieg von Harmagedon beseitigen. Die heutigen Ereignisse und Zustände, im Lichte der biblischen Prophetie betrachtet, bestätigen, daß wir seit 1914 in der „Zeit des Endes“ dieser alten Ordnung leben und daß unsere Generation binnen kurzem erleben wird, daß die Erde von Haß, Habsucht, Streit, Mord, Diebstahl, Bedrückung, Ehebruch, Verleumdung und allen anderen Früchten einer lieblosen, des Geistes Gottes ermangelnden Welt gereinigt wird. (Matth. 24:7-14, 33-35; Gal. 5:21) Sie zeigt auch, daß die Liebe vieler von denen, die Nachfolger Jesu zu sein behaupten, „erkalten“ werde, andere aber ausharren und ein großes Werk der Liebe durchführen würden. Was für ein Werk? Jesus sagte: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis; und dann wird das Ende kommen.“ — Matth. 24:14.

      11. Wer lehrt uns, was Liebe wirklich ist?

      11 Wir können nun erkennen, warum wir in 1. Johannes 4:19 lesen: „Was uns betrifft, so lieben wir, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Die Erkenntnis über Gottes liebevolle Taten und sein Vorhaben hilft uns, die Liebe richtig zu verstehen, und sollte uns mehr als irgend etwas anderes dazu anspornen, ihn nachzuahmen. Da der Mensch ursprünglich im Bilde Gottes erschaffen wurde, sind wir verpflichtet, so zu lieben, wie er liebt. — 1. Mose 1:26, 27.

      DIE ROMANTISCHE LIEBE

      12, 13. (a) Übersieht oder verwirft die Bibel die Liebe zwischen den Geschlechtern, und wieso wissen wir das? (b) Nur wann trägt die romantische Liebe zu unserem Glück bei, und wie zeigte sich das bei den alten Griechen und Römern?

      12 Betrachten wir nun zunächst die Liebe zwischen den Geschlechtern, die die Griechen éros nannten. Du fragst dich vielleicht, was diese Liebe mit der vorher erwähnten grundsatztreuen Liebe (agápe) zu tun hat. Obwohl die christlichen Schreiber das Wort éros nicht gebrauchten, berücksichtigt die Bibel diese Liebe, und zwar spricht sie ganz unverhohlen davon. Das wird jedermann zugeben müssen, der die in 1. Mose erscheinenden Berichte über Adam und Eva, Isaak und Rebekka sowie über Jakob und Rahel liest oder das Hohelied Salomos oder den Rat in Sprüche 5:15-19. Die Bibel vergöttert diese Liebe aber nicht. Wir lesen zwar, daß Rebekka „sehr schön von Ansehen“ und Rahel „schön von Gestalt und schön von Angesicht“ war, aber die Bibel zeigt, daß ihre eigentliche Schönheit darin bestand, daß sie dem wahren Gott, Jehova, dienten und ihren Männern treu ergeben waren. (1. Mose 24:16; 29:17) Der Apostel Paulus, der in seinem ersten Brief an die Korinther (Kapitel 7) ganz offen Rat gibt über die eheliche Liebe, behandelt dieses Thema keineswegs „prüde“.

      13 Eines geht aber aus allem, was die Bibel in diesem Zusammenhang sagt, deutlich hervor: Die romantische Liebe trägt nur dann zu unserem Glück bei, wenn wir sie beherrschen; wir dürfen sie nicht zu einem Gott machen. Ohne grundsatztreue Liebe können wir aber die romantische Liebe nicht beherrschen. Heute scheint die ganze Welt den gleichen Fehler zu begehen wie einst die alten Griechen, die Eros als Gott verehrten, sich vor seinem Altar niederbeugten und ihm Opfer darbrachten. Die Römer verehrten an seiner Stelle Cupido. Die Geschichte zeigt jedoch, daß dieser Kult zu Entartung, Sittenverderbnis und Ausschweifung führte. Vielleicht gebrauchten die Bibelschreiber das Wort éros deswegen nicht.

      14. Wieso könnte die auf Grundsätzen beruhende Liebe viele der üblichen und selbst die heikelsten Eheprobleme lösen?

      14 Die Unverträglichkeit gehört zu den Problemen, die in vielen Ländern zum Ansteigen der Scheidungsziffern beitragen. In einigen Staaten der USA wird heute durchschnittlich jede zweite Ehe geschieden. Beweist das nicht, daß es an der auf Grundsätzen beruhenden Liebe mangelt? Selbst die heikelsten Eheprobleme könnten gelöst werden, wenn sich diese Männer und Frauen an die Worte erinnerten: „Die Liebe [agápe] ... benimmt sich nicht unanständig, blickt nicht nach ihren eigenen Interessen aus, läßt sich nicht aufreizen.“ (1. Kor. 13:4, 5) Mancher Ehestreit könnte vermieden werden, wenn der gutabgewogene Rat des Apostels Paulus befolgt würde: „Nichtsdestoweniger liebe [agapáo] jeder einzelne von euch seine Frau ebenso wie sich selbst; andererseits sollte die Frau tiefen Respekt vor ihrem Mann haben.“ (Eph. 5:33) Ehemänner und Ehefrauen, die diese Liebe haben, sind nicht immer nur darauf aus, zu nehmen, sondern sind auch bereit, zu geben. Ihr Denken wird nicht von den Begriffen „ich“, „mich“ und „mein“ beherrscht, sondern von den Begriffen „wir“, „uns“ und „unsere“. Sie sind bemüht, die Bedürfnisse und Wünsche des anderen kennenzulernen, und wenden dann diese Erkenntnis an, um ihn glücklich zu machen.

      DIE LIEBE IM FAMILIENKREIS

      15. Wieso befindet sich die durch das Wort storgé beschriebene Liebe heute in einer Krise, und was ist erforderlich, um diese Liebe zu schützen?

      15 Eine in Liebe vereinte Familie ist doch etwas Einzigartiges! Sie hat etwas unvergleichlich Schönes an sich und ist von einem solchen Reiz, daß man einfach gern in ihrer Mitte weilt. Die natürliche Zuneigung (storgé), die Familienglieder zueinander haben, gebrauchte Paulus, um zu zeigen, welch inniges Familien­verhältnis unter Christen herrschen sollte. (Röm. 12:10) Er sagte aber auch voraus, daß in unserer Zeit die Menschen im allgemeinen diese „natürliche Zuneigung“ nicht mehr haben würden. (2. Tim. 3:3) Unter dem Druck der heutigen Lebensverhältnisse ist die Familie tatsächlich nicht mehr das, was sie in früheren Zeiten war. Immer seltener nimmt man die Mahlzeiten gemeinsam ein, und immer seltener sitzt man gemütlich im Wohnzimmer beisammen. Die Erwachsenen- und die Jugendkriminalität dringen in immer mehr Familien ein und richten sie zugrunde, denn die natürliche Zuneigung allein ist dem heutigen Druck nicht gewachsen. Die auf Grundsätzen beruhende Liebe dagegen kann die Familie zusammenhalten, weil die „Liebe [agápe] ... ein vollkommenes Band der Einigkeit“ ist. — Kol. 3:14.

      16. Welchen Rat gibt die Bibel Eltern, denen das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt?

      16 Eltern, möchtet ihr, daß euch eure Kinder lieben und so handeln wie die Kinder, zu denen die Bibel sagt: „Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in der Gemeinschaft mit dem Herrn, denn das ist gerecht: ‚Ehre deinen Vater und deine Mutter‘, welches das erste Gebot mit einer Verheißung ist: ‚Damit es dir wohl ergehe und du lange Zeit auf der Erde bleibest.‘“? Möchtet ihr, daß sie unter Gottes Königreich ewig auf der paradiesischen Erde leben? Wenn ja, was tut ihr, um euren Teil dazu beizutragen, wie das in den folgenden Worten zum Ausdruck kommt: „Und ihr, Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern zieht sie weiterhin auf in der Zucht und im autoritativen Rate Jehovas.“? Das erfordert heutzutage mehr als Zuneigung; es erfordert grundsatztreue Liebe. — Eph. 6:1-4.

      17. (a) Wieso bekunden Eltern, die ihre Kinder verwöhnen, keine wahre Liebe? (b) Wieso kann sich Mangel an Zucht für Eltern und Kinder verhängnisvoll auswirken?

      17 Eltern, die ihre Kinder nicht richtig in Zucht nehmen, sondern sie machen lassen, was sie wollen, lieben nur sich selbst. Solche Eltern sagen oft: „Wir wissen, daß das für unser Kind nicht gut ist, aber es ist so darauf versessen, und wir möchten ihm nicht weh tun.“ Sie handeln also nicht aus Rücksicht auf das künftige Wohl des Kindes so, sondern aus selbstsüchtigen Gründen; weil sie befürchten, sie könnten die Zuneigung des Kindes vorübergehend einbüßen, wenn sie es richtig in Zucht nähmen. Welcher Vater oder welche Mutter würde ihrem Kind eine Zeitbombe schenken? Manche Eltern tun das aber gleichsam, indem sie ihrem Sohn zum Beispiel ein Auto oder ein Motorrad schenken, obwohl er noch zu jung ist, um zu wissen, welche Verantwortung solche Fahrzeuge mit sich bringen, oder indem sie ihrer Tochter mehr Freiheit gewähren, als es ihr Alter vernünftigerweise zulassen würde. Grundsätze zu opfern, um die Zuneigung der Kinder nicht zu verlieren, ist Götzendienst, und sehr oft sehnen sich Eltern, die das tun, später nach der Liebe ihrer Kinder, die sie dann aber nicht mehr durch Geschenke kaufen können. Wie weise ist doch das Sprichwort: „Wer seine Rute spart, haßt seinen Sohn; aber wer ihn lieb hat, sucht ihn früh heim mit Züchtigung.“! (Spr. 13:24) Zucht ist gleichbedeutend mit Belehrung und Schulung, und so, wie uns unser himmlischer Vater züchtigt und belehrt, sollten wir auch unsere Kinder züchtigen und belehren, wenn wir sie wirklich lieben. — Hebr. 12:5-11.

      FREUNDESLIEBE

      18, 19. (a) Worauf beruht die Liebe, für die das Wort philía gebraucht wurde, und was zeigt, daß sie angebracht ist? (b) Womit muß diese freundschaftliche Liebe verbunden sein, damit sie von Dauer ist, und warum?

      18 Sehr wertvoll ist auch die freundschaftliche Liebe, die die Griechen philía nannten. Wie trostlos wäre doch das Leben ohne Freunde! Eine Freundschaft entwickelt sich gewöhnlich dann, wenn ein Mensch bei einem anderen gewisse Eigenschaften feststellt, die ihm von Natur aus gefallen, die er schätzt und die ihn erfreuen, oder wenn zwei Menschen etwas gemeinsam erlebt haben, was zu einem innigen Verhältnis, zu Zuneigung und Treue geführt hat. Freunde vertrauen einander. Christus Jesus war mit dreien seiner Jünger — mit Petrus, Jakobus und Johannes — besonders eng befreundet; von Johannes aber wird gesagt, er sei von Jesus besonders geliebt worden. — Joh. 19:26; 20:2.

      19 Damit eine Freundschaft jedoch von Dauer ist, muß sie mit grundsatztreuer Liebe verbunden sein, und darum ermahnt uns der Apostel Petrus, daß wir zu unserer „brüderlichen Zuneigung [philadelphía] Liebe [agápe]“ beitragen sollten. (2. Petr. 1:7) Tun wir das nicht, so kann unsere freundschaftliche Zuneigung leicht in Schmeichelei und Verwöhnung ausarten; wir könnten dadurch mit anderen an Dingen teilhaben, die nicht recht und weder für uns noch für sie zum Guten sind, Dinge, die Gott entehren und unserem Nächsten schaden. „Die Liebe [agápe] fügt [aber] dem Nächsten nichts Böses zu.“ — Röm. 13:10.

      20. Wieso können wir uns an Gottes freundschaftlicher Liebe ein Beispiel nehmen?

      20 Wir sollten uns sogar bei der Wahl unserer Freunde und der Pflege unserer Freundschaften von der grundsatztreuen Liebe leiten lassen. Die Jünger Jesu müssen sich außerordentlich gefreut haben, als ihr Meister zu ihnen sagte: „Der Vater selbst hat Zuneigung [philéo] zu euch.“ Weshalb wurden sie aber von Gott so geehrt? Folgende Worte Jesu geben die Antwort: „Weil ihr Zuneigung zu mir gehabt und geglaubt habt, daß ich als Vertreter des Vaters ausgegangen bin.“ (Joh. 16:27) Ja, Gott hat nur zu den Menschen Zuneigung oder macht sich nur die zu Freunden, die es verdienen. (Jak. 2:23) Nicht umsonst wird uns warnend gesagt: „Wer immer daher ein Freund [phílos] der Welt sein will, stellt sich als ein Feind Gottes dar.“ Wir sollten uns vor allem die zu Freunden machen, die Gott lieben und seine Freunde sind. — Jak. 4:4.

      21. Weshalb heißt das nicht, daß wir unsere Liebe nur auf einige wenige Menschen beschränken müßten?

      21 Hemmt oder hindert uns das daran, Liebe zu bekunden? Nein, denn die grundsatztreue Liebe (agápe) kann und sollte sogar dort zu finden sein, wo sich die Zuneigung (philía) nicht hinwagt und sich nicht hingezogen fühlt. Um mit ewigem Leben belohnt zu werden, genügt es nicht, nur seinen Ehegefährten, seine Angehörigen und seine engsten Freunde zu lieben und zu ihnen Zuneigung zu empfinden. Jesus sagte: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Steuereinnehmer dasselbe? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr da Besonderes? Handeln nicht auch die Leute von den Nationen ebenso? Ihr sollt demnach vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Matth. 5:46-48) Wir können also Menschen lieben, auch wenn wir sie nicht gern haben können. Gerade vom Bekunden dieser Liebe hängt unser Leben ab.

      22. Mit welchen Fragen sollte sich jeder von uns ernsthaft befassen?

      22 Halte nun inne und frage dich: „Wie steht es mit meiner Liebe? Beruht sie auf Grundsätzen oder nur auf Gefühlen? Liebe ich nur die, die zu lieben für mich natürlich ist: meinen Ehegefährten, meine Eltern, meine Kinder oder meine Freunde, deren Charakter mir zusagt? Liebe ich sie wirklich, weil mir ihr ewiges Wohl am Herzen liegt, oder ist meine Liebe zu ihnen lediglich ein Ausdruck der Zuneigung, die ich zu ihnen habe, weil mir das Verhältnis zu ihnen eine gewisse Befriedigung bringt? Wie echt ist meine Liebe?“ Der Wert und Gehalt deines ganzen Lebens kann aufgrund deiner Antworten auf diese Frage beurteilt werden. — 1. Kor. 13:1-3.

  • Das neue Gebot der Liebe halten
    Der Wachtturm 1965 | 15. Juni
    • Das neue Gebot der Liebe halten

      „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe, daß auch ihr einander liebt.“ — Joh. 13:34.

      1. Welche Art von Liebe brachte Gott gemäß der Folgerung des Apostels Paulus durch die Beschaffung des Lösegeldes zum Ausdruck?

      DURCH seine größte Gabe an die Menschheit bekundete Gott nicht Zuneigung, sondern grundsatztreue Liebe. Zu diesem Schluß kam nach Römer 5:7-10 auch der Apostel Paulus. Er sagte: „Denn kaum wird jemand für einen gerechten Menschen sterben; ja, für den guten Menschen zu sterben, wagt es vielleicht jemand noch. Gott aber empfiehlt seine eigene Liebe [agápe] zu uns dadurch, daß Christus für uns starb, während wir noch Sünder waren ... Denn wenn wir, als wir Feinde [keine Freunde] waren, mit Gott durch den Tod seines Sohnes versöhnt wurden, so werden wir noch viel mehr jetzt, da wir versöhnt worden sind, durch sein Leben gerettet werden.“ Nein, nicht eine innige Zuneigung zu der unvollkommenen, sündhaften Menschheit veranlaßte Jehova Gott, seinen Sohn hinzugeben. Welche Eigenschaften der Menschen hätten bei ihm schon eine innige Zuneigung hervorrufen können? Er bekundete ihnen gegenüber jedoch Liebe, ein auf Grundsätzen beruhendes, uneigennütziges Interesse an ihrem Wohl und ihren Bedürfnissen. Er kam ihrem größten Bedürfnis nach, indem er durch das Loskaufsopfer seines Sohnes das beschaffte, was sie benötigten, um mit ihm, dem Quell des Lebens, versöhnt zu werden.

      2, 3. (a) Warum ist diese grundsatztreue Liebe erforderlich, um das in Matthäus 24:14 aufgezeichnete Gebot zu erfüllen, und wie beweisen Jehovas Zeugen diese Liebe? (b) Inwiefern handelte Jesus nicht so, wie gewisse neuzeitliche Wohltäter der Menschheit?

      2 Wollen wir Nachfolger Christi, des Sohnes Gottes, sein, so müssen wir diese Liebe ebenfalls haben. Ohne sie würden sich die prophetischen Worte Jesu, nach denen „diese gute Botschaft vom Königreich ... auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden [soll], allen Nationen zu einem Zeugnis“, bevor das Ende dieses Systems der Dinge kommt, nicht erfüllen. Jesus sagte warnend zu den Trägern dieser Botschaft: „Man [wird] euch der Drangsal überliefern und wird euch töten, und ihr werdet um meines Namens willen Gegenstand des Hasses aller Nationen sein.“ — Matth. 24:9-14.

      3 Heute verkünden Jehovas Zeugen die gute Botschaft vom Königreich in 194 Ländern und Inselgebieten. Sie tun es aus uneigennütziger Liebe. Was sonst könnte sie veranlassen, immer wieder zur Bevölkerung ihrer Städte und Dörfer zu gehen, ihre Zeit und Kraft aufzuwenden, obwohl man sie oft abweist oder gar beschimpft? Sie machen es sich nicht so leicht wie gewisse neuzeitliche Wohltäter der Menschheit, die sich durch Geldgeschenke, Nahrungsmittelspenden oder andere Werke, die bei den auf ihre fleischlichen Bedürfnisse bedachten Menschen Anklang finden, beliebt zu machen suchen. Jesus Christus speiste zwar bei zwei Gelegenheiten die Volksmengen, die weither gekommen waren, um ihm zuzuhören, indem er die vorhandene Speise durch ein Wunder vermehrte. Er tat das jedoch nicht immer, was zeigt, daß er keine „Reis-Christen“ als Nachfolger zu haben wünschte. Er sagte einmal zu einer Menge solcher Leute: „Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Wirkt nicht für die Speise, die vergänglich ist, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt, die der Sohn des Menschen euch geben wird.“ Darauf äußerte er einige harte Wahrheiten, die manche sogar „anstößig“ fanden und „viele seiner Jünger“ veranlaßten, sich den „hinter ihnen liegenden Dingen“ zuzuwenden und „nicht mehr mit ihm“ zu gehen. Sie liebten das Brot, das vergänglich ist, mehr als die Wahrheit, die „für das ewige Leben bleibt“. — Joh. 6:25-27, 60, 66.

      4, 5. Was zeigt, daß Jesus nicht von der Nächstenliebe im allgemeinen sprach, als er sein neues Gebot der Liebe gab?

      4 Andere seiner Jünger blieben jedoch bei ihm bis zum Ende seiner Dienstzeit. In seiner letzten Nacht sagte er zu ihnen: „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe, daß auch ihr einander liebt.“ (Joh. 13:34) Wieso kann gesagt werden, daß dieses Gebot ein „neues Gebot“ war?

      5 Das Gesetz, das den Israeliten 1500 Jahre vorher durch Moses gegeben worden war, lautete: „Du ... sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Mose 19:18) Die Geschichte der Israeliten zeigt zwar, daß sie, was die Befolgung dieses Gesetzes betrifft, kläglich versagten, aber es gehörte immerhin all die Jahrhunderte hindurch zu ihrer Gesetzessammlung. Den Nächsten zu lieben war somit kein neues Gebot. Jesus führte es an, als ihn ein jüdischer Gesetzeskundiger fragte, welches das größte Gebot des Gesetzes sei. Jesus erwiderte: „‚Du sollst Jehova, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Sinn und mit deiner ganzen Kraft.‘ Das zweite ist dieses: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘“ (Mark. 12:29-31) Der mit Israel geschlossene Gesetzesbund wurde nach dem Tode Jesu und der Stiftung eines neuen Bundes erfüllt und beseitigt, aber die Grundsätze dieser beiden großen Gebote gingen auf die neugegründete Christenversammlung über. (Röm. 12:1, 2; 13:8-10; Jak. 2:8) Um die Bedeutung des neuen Gebotes Jesu richtig zu verstehen, wäre es gut, zunächst einmal festzustellen, was diese früheren Gebote forderten.

      SINN, HERZ, SEELE UND KRAFT

      6. Was bedeutet es, Gott mit unserem ganzen Sinn zu lieben?

      6 Was das Gebot, Jehova mit unserem ganzen Sinn, unserem ganzen Herzen, unserer ganzen Seele und unserer ganzen Kraft zu lieben, doch alles einschließt! (Mark. 12:30; Matth. 22:37) Der Sinn ist der Sitz des Verstandes, und Gott mit unserem ganzen Sinn zu lieben setzt voraus, daß wir unseren Verstand gebrauchen, um unseren Schöpfer, sein Vorhaben und seine Grundsätze kennenzulernen und dann diese Erkenntnis gemäß seinem Willen bewußt auf unser ganzes Leben anwenden. Das könnte niemals durch eine an bestimmte Riten gebundene Lebensweise, durch die routinemäßige Beobachtung gewisser Zeremonien oder die Wiederholung auswendig gelernter Gebete und Lobgesänge geschehen, weil all das nicht viel mehr Verstand erfordern würde, als ein Kind haben mag. Bestimmt könnte der allweise Gott, der unser ausgedehntes bewunderungswürdiges Universum in seiner ganzen Pracht und Vielfalt erschaffen hat, einen solch kläglichen Liebesbeweis niemals als einen Ausdruck wahrer Liebe zu ihm betrachten. Gott mit unserem ganzen Sinn zu lieben verlangt von uns, daß wir durch die „Neugestaltung“ unseres Sinnes umgewandelt werden, damit wir uns selbst vergewissern können, „was der gute und annehmbare und vollkommene Wille Gottes ist“. — Röm. 12:2.

      7. Genügt ein verstandesmäßiges Erfassen unserer Pflicht, Gott zu dienen und ihm zu gehorchen, um wahre Liebe zu ihm zu beweisen? Begründe deine Antwort.

      7 Das Herz ist die einem Menschen innewohnende tätige Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit, der Ausgangspunkt seiner Zuneigungen und Beweggründe, die sein Gewissen und sein Sittlichkeitsempfinden lenkende Kraft. Unsere ganzherzige Liebe zu Gott wird nie zulassen, daß wir ihm nur deshalb gehorchen oder dienen, weil wir uns verpflichtet oder gezwungen fühlen, das zu tun, was ihm gefällt. Das wäre Halbherzigkeit und ließe erkennen, daß wir nur darauf bedacht sind, von Gott belohnt zu werden, und somit einem Arbeiter gleichen, der nur um des Lohnes willen für seinen Arbeitgeber arbeitet. Wer Jehova Gott mit seinem ganzen Herzen liebt, tut den Willen seines Schöpfers nicht nur, weil er weiß, daß er ihn tun sollte und davon sein Leben abhängt, sondern auch, weil er ihn zu tun wünscht und sich freut, ihn zu tun. Eine innige Zuneigung veranlaßt ihn, seinem himmlischen Vater zu gefallen. — 1. Joh. 5:3.

      8. Wie können wir Gott mit unserer „ganzen Seele“ lieben?

      8 Gott mit ganzer Seele zu lieben heißt soviel wie ihn mit dem Leben, das man als vernunftbegabtes Geschöpf hat, zu lieben. Es genügt also nicht, nur ein Sonntagschrist zu sein, Gott nur an e i n e m Tag in der Woche zu lieben oder ihm nur zu bestimmten Zeiten im Jahr zu dienen. Leben und Zeit sind für uns untrennbar miteinander verbunden. Solange wir leben, haben wir Zeit, über die wir verfügen können, wenn wir gestorben sind, ist die Zeit für uns abgelaufen, wenigstens bis zu dem Zeitpunkt, da es unser himmlischer Vater für angebracht hält, uns durch eine Auferstehung ins Leben zurückzurufen. Wenn wir Gott mit unserer ganzen Seele lieben, dann werden wir unser ganzes Leben darauf einstellen, seinen Willen zu tun. Wir werden nicht die erste Hälfte unseres Lebens für uns beanspruchen und ihm die zweite Hälfte, unsere alten Tage, zur Verfügung stellen. — Pred. 12:1.

      9, 10. (a) Können wir Jehova Gott mit unserer „ganzen Kraft“ lieben und trotzdem für unseren Lebensunterhalt und unsere Familie sorgen? Wie können wir das tun? (b) Warum läßt diese echte Liebe zu Gott ein inniges Verhältnis zu ihm erkennen?

      9 Unsere ganze Kraft zu verwenden, um Gott zu lieben, bedeutet, ihm tatkräftig zu dienen, alles daranzusetzen, sein Wohlgefallen zu tun. Wir wenden zwar auch Kraft auf, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, für unsere Familie zu sorgen und gelegentlich auch, um uns zu entspannen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Vor allem aber hat Jehova Gott auf unsere Lebenskraft Anspruch. Der Apostel Paulus schrieb an Personen, die sich bereits Gott hingegeben hatten: „Ich [bitte] euch inständig, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott annehmbares Schlachtopfer darzustellen, das ist ein heiliger Dienst mit der Kraft eurer Vernunft.“ Jehova läßt „alle seine Werke zum Guten derer mitwirken ..., die Gott lieben“. Handeln wir also nicht nur vernünftig, wenn wir unsere Werke zu seinem Ruhm und zum Guten derer mitwirken lassen, die ihn lieben? — Röm. 12:1; 8:28.

      10 Könnte es ein innigeres Verhältnis geben als das, das durch diese Liebe, die wir nach der Bibel zu Gott haben sollten, entsteht? Wir können zwar die Rolle, die der Sinn, das Herz, die Seele und die Kraft beim Bekunden dieser Liebe spielen, erörtern; in Wirklichkeit müssen aber alle vier Faktoren zusammenwirken, wenn die Liebe echt sein soll. Der ganze Mensch muß beteiligt sein; nichts darf fehlen.

      UNSEREN NÄCHSTEN LIEBEN WIE UNS SELBST

      11. Auf welch verschiedene Weise können wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst?

      11 Jesus sagte, wir sollten unseren Nächsten lieben wie uns selbst, nicht statt uns selbst, das heißt, wir sollten ihm das tun, was wir möchten, daß er es uns tut. Wir wollten nicht, daß andere uns mit dem zum Leben Notwendigen versorgen müßten, ohne daß wir selbst etwas dazu beitragen. Das Leben wäre bei weitem nicht so interessant, wenn andere stets für uns bereitstehen müßten. Wir schätzen es jedoch, wenn andere großzügig sind, wenn sie uns an guten Dingen teilhaben lassen, und zwar nicht nur an physischen, materiellen Dingen, sondern vor allem auch an Dingen, die unsere seelischen und geistigen Bedürfnisse befriedigen, wie eine anregende Unterhaltung oder ein auferbauendes, ermunterndes Gespräch. Wir schätzen es, vor Schaden bewahrt oder vor einer heimtückischen Gefahr gewarnt zu werden. Wir sind dankbar für einen guten Hinweis, wenn wir im Zweifel sind, oder für einen Rat, wenn wir keinen Ausweg wissen. Wir schätzen es aber auch, wenn andere unser Recht, eine endgültige Entscheidung selbst zu treffen oder eine persönliche Angelegenheit, die für uns erwiesen ist, selbst zu beurteilen, berücksichtigen. Wir möchten auch nicht, daß sich andere an unserem Eigentum vergreifen, sei es durch Diebstahl oder durch Mißbrauch von Dingen, die uns gehören, und noch weniger wollten wir, daß sie sich selbstsüchtig zwischen uns und die drängen, die wir lieben: unseren Ehegefährten, unsere Familienangehörigen oder unsere Freunde. Alle diese Dinge und Vorrechte beanspruchen wir für uns selbst. Wir sollten sie auch unserem Nächsten gönnen und unser möglichstes dazu beitragen, daß er sie ebenfalls genießen kann. Jesus sagte: „In der Tat, das ist es, was das Gesetz und die Propheten bedeuten.“ — Matth. 7:12.

      DER NEUE BUND

      12, 13. (a) In welch besonderem Sinne sollte sich die Liebe gemäß Jesu neuem Gebot der Liebe äußern? (b) Wie bekundete Jesus während seiner Missionartätigkeit auf der Erde eine außergewöhnliche Liebe?

      12 Da schon das Gesetz und die Propheten die Liebe zum Nächsten im Sinne eines allgemeinen Interesses an seinem Wohl forderten, muß Jesus etwas anderes gemeint haben, als er zu seinen Jüngern sagte, er gebe ihnen ein „neues Gebot“. Was denn? „Daß ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe“, sagte er. Sie verstanden damals noch nicht recht, wieviel das bedeutete, aber sie sollten es bald verstehen. — Joh. 13:34.

      13 Wie sie später erfuhren, hatte Jesus ihretwegen sein himmlisches Zuhause — seinen Vater, seine Brüder, seine engsten Mitarbeiter und seine vertrautesten Freunde — verlassen und all seine Besitztümer und Vorrechte dort aufgegeben, als er auf die Erde kam, um eine bestimmte Mission zu erfüllen. Er hatte sein geistiges Leben als „Wort Gottes“ aufgegeben und war als ein Mensch in einem gewöhnlichen Stall geboren worden. (Joh. 1:14; Luk. 2:7) Das war in der Tat ein drastischer Wechsel, ein Wechsel, den jemand heute selbst dann nicht erleben würde, wenn er aus dem fortschrittlichsten, blühendsten Land in das rückständigste, ärmste Gebiet der Erde käme. Seine Liebe hatte damit aber noch nicht den Höhepunkt erreicht; das war erst der Anfang. Obwohl er vollkommen war, keine Sünde hatte und seiner Umwelt in jeder Beziehung überlegen war, lebte und arbeitete, aß, trank und schlief er unter Menschen, die unvollkommen, der Sünde unterworfen, krank und dem Tod verfallen waren. Während von den ersten dreißig Jahren seines Lebens noch gesagt werden kann, sie seien „normal“ gewesen, so kann das von den letzten dreieinhalb Jahren bestimmt nicht mehr gesagt werden. In den ersten dreißig Jahren seines Lebens hatte er seine Nächsten auch geliebt wie sich selbst, doch von da an liebte er sie auf eine ganz besondere Weise. Von einem Ende Palästinas bis zum anderen lehrte er sie unermüdlich und verausgabte seine ganze Kraft für sie und für die Wahrheit über das Vorhaben seines Vaters. Wenn er nicht in der Öffentlichkeit lehrte, unterwies er seine Jünger. Oft strömten so viele Menschen herbei, daß es „nicht einmal Gelegenheit [gab], ein Mahl einzunehmen“. — Mark. 6:31.

      14. Was zeigt, daß Jesus kein Asket war, obwohl er sich für seine Mitmenschen aufopferte?

      14 War er ein Asket? Keineswegs. Er ließ sich öfters zu Mahlzeiten einladen, ja sogar zu Festmählern und mindestens einmal zu einer Hochzeit, und er freute sich bestimmt, daran teilzunehmen. Er schätzte es, wenn ihm jemand etwas Gutes tat. Als er einmal bei seinem Freund Lazarus zu Gast war, salbte ihm dessen Schwester Maria die Füße mit einem Öl, das nach heutigem Wert etwa 50 Dollar gekostet hatte. Judas wurde unwillig. Als ob er auf das Wohl der Armen besonders bedacht gewesen wäre, sagte er, man hätte das Öl verkaufen und den Erlös ihnen geben können. Jesus erwiderte aber: „Laßt sie, damit sie diesen Brauch im Hinblick auf den Tag meines Begräbnisses einhalte. Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.“ (Joh. 12:1-8) Ganz gleich, ob die uneigennützige Liebe, die Jesus in seinem Dienst bewies, bei anderen Widerhall fand oder nicht, fuhr er fort, Liebe zu bekunden.

      15. (a) Wie führte Jesus seinen Jüngern die Wichtigkeit der Liebe vor Augen? (b) Wen sollten sie gemäß dem neuen Gebot lieben, und von welchem Standpunkt sollten sie dabei ausgehen?

      15 Sollten wir uns da wundern, daß er in der letzten Nacht, die er mit seinen Jüngern zusammen verbrachte, mit soviel Nachdruck von der Liebe, von der echten, grundsatztreuen Liebe, sprach? Über dreißigmal erwähnte er die Wörter Liebe und lieben, und dreimal wiederholte er das Gebot, daß sie „einander lieben“ sollten. (Joh. 13:34; 15:12, 17) Wie hätten sie beweisen können, daß sie seine Jünger waren, wenn sie diese Liebe nicht gehabt hätten? Gebot er ihnen, den Nächsten zu lieben wie sich selbst? Das sollten sie sowieso tun, und das taten sie auch, aber das war nicht das neue Gebot. Sie sollten einander lieben, sollten als christliche Jünger unter sich eine Liebe haben, die der Liebe gleichkam, die Jesus zu ihnen, seinen geliebten Jüngern, hatte, die ihn, seinen Vater und die Wahrheit liebten. Er sagte zu ihnen: „Niemand hat größere Liebe [agápe] als die, daß einer seine Seele zugunsten seiner Freunde einsetze. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.“ (Joh. 15:13, 14) Am nächsten Morgen wußten sie, was er damit gemeint hatte.

      16. (a) Wie bewies Jesus eine alles übertreffende Liebe zu seinen Freunden? (b) An welche Worte hätten sich seine Jünger damals erinnern sollen?

      16 Einer von ihnen mag, wenn auch nur von ferne, gesehen haben, was damals geschah, während wir es uns nur vorstellen können: Jesu Hände wurden übereinandergelegt, dann durchbohrte sie ein Nagel und grub sich in das Holz ein. Das Blut begann seine Hände rot zu färben, während ein weiterer Nagel durch seine Füße getrieben wurde. Dann wurde der Stamm aufgerichtet, und sein ganzes Gewicht hing nun nur noch an diesen zwei Stellen. Sechs Stunden später war er tot, und so brauchten ihm die Beine nicht auf grausame Weise gebrochen zu werden. Obwohl seine Jünger es nicht alle gesehen hatten, vernahmen sie es bald danach von denen, die Augenzeugen gewesen waren. (Joh. 19:25-27) Würden sie sich nun seiner schämen? Würden sie leugnen, daß sie die Nachfolger dieses Mannes waren, daß sie seine Lehren geglaubt hatten und davon überzeugt waren, daß er der von Gott erwählte Herrscher seines Königreiches war? Mindestens Petrus hätte sich noch an das erinnern sollen, was Jesus ihnen gesagt hatte, als er Petrus nach dessen gefühlsbetonten Vorhaltungen auf Jesu Vorhersage dieser Dinge getadelt hatte. „Wenn jemand mir nachkommen will“, hatte er ihnen damals gesagt, „so verleugne er sich selbst und nehme seinen Marterpfahl auf und folge mir beständig. Denn wer seine Seele retten will, wird sie verlieren, wer aber seine Seele um meinetwillen und um der guten Botschaft willen verliert, wird sie retten ... Denn wer sich meiner und meiner Worte in dieser ehebrecherischen und sündigen Generation schämt, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln gekommen sein wird.“ — Mark. 8:34-38.

      17, 18. (a) Welchen Zweck erfüllte Jesus in seiner Liebe durch seinen Tod einerseits und andererseits? (b) In welches wunderbare Verhältnis können wir nun gelangen, und wie?

      17 Durch seinen Tod rechtfertigte Jesus den geliebten Namen seines Vaters und erfüllte dadurch den Hauptzweck seines Kommens auf die Erde. (Joh. 17:6; 18:37) Er beschaffte auch ein Lösegeld für die Menschen, die es annehmen würden und zu denen er dann sagen könnte: „Ihr seid meine Freunde ... [weil] ihr tut, was ich euch gebiete.“ (Joh. 15:14) Er empfing das Recht, als König einer neuen Hauptregierung, die ihren Sitz im Himmel haben sollte, zu dienen und zugunsten seiner Nachfolger als Gottes Hoherpriester zu amten, und zwar nicht als ein solcher, „der nicht mitfühlen kann mit unseren Schwachheiten“, sondern als einer, „der in allen Beziehungen auf die Probe gestellt worden ist wie wir selbst, doch ohne Sünde“. — Hebr. 4:15.

      18 Vierzig Tage nach seiner Auferstehung kehrte Jesus wieder in den Himmel zurück, aber er hat sein Missionargebiet, in dem er dreiunddreißigeinhalb Jahre gewirkt hat, nie vergessen. Heute regiert er in seinem aufgerichteten Königreich als König über unsere Erde, und wir können seine Liebe und Zuneigung sowie die Liebe und Zuneigung seines Vaters, Jehovas, auch heute genießen, wenn wir uns als seine Jünger erweisen. Das können wir aber nur tun, wenn wir Liebe bekunden. — Matth. 25:31-40; Joh. 15:7-10.

      19. (a) Welche Eigenschaft haben Menschen überall in der Welt bei Jehovas Zeugen beobachtet, und warum ist das etwas Außergewöhnliches? (b) Warum verpflichtet die wahre Liebe Jehovas Zeugen dazu, ein Leben zu führen, das viele für „unnormal“ halten?

      19 Die treuen Jünger Jesu hielten das neue Gebot. Die Neue-Welt-Gesellschaft der Zeugen Jehovas bemüht sich heute ebenfalls aufrichtig, es zu halten. Ihre nationalen und internationalen Kongresse haben Jehovas Zeugen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt, und durch ihre Tätigkeit von Haus zu Haus sind sie rund um den Erdball mit Millionen von Familien in Verbindung gekommen. Ihre innige Liebe zu Gott, zum Nächsten und zueinander ist schon in vielen Ländern in der Presse, im Rundfunk und in Wochenschauen kommentiert worden. Internationale Auseinandersetzungen, nationale Unstimmigkeiten und Rassenprobleme können das Band ihrer Liebe nicht zerreißen. Verfolgung und Schmähung vermögen sie nicht zu verbittern. (1. Kor. 13:6, 7) Viele Außenstehende mögen das Leben dieser Christen für „unnormal“ halten, weil diese regelmäßig jede Woche dreimal den Zusammenkünften ihrer Versammlung beiwohnen und an Wochenenden und Abenden einen großen Teil ihrer Freizeit darauf verwenden, andere über die Bibel zu belehren. Jehovas Zeugen wissen aber, daß wir heute in einer Welt und in einer Zeit leben, die nicht „normal“ sind. Die offenkundige Erfüllung biblischer Prophezeiungen, die unsere Zeit als die außergewöhnlichste und bedeutsamste Zeit der Geschichte kennzeichnet, führt Verhältnisse herbei, die die wahre Liebe nicht übersehen kann. Ja, heute, da uns Harmagedon drohend bevorsteht, müssen wir stets daran denken, daß binnen kurzem das Leben von Millionen oder gar Milliarden Menschen plötzlich und ein für allemal ausgelöscht werden kann und wir dann keine Gelegenheit mehr haben, diesen Menschen Liebe zu erweisen. — Matth. 24:34-42.

      20. (a) Was fordert das neue Gebot der Liebe von uns, was ein „normales“ Leben betrifft? (b) Warum ist es heute so wichtig, die echte Liebe kennenzulernen und sie zu pflegen?

      20 Wie steht es aber mit uns als einzelne? Halten wir alle das Gebot: „[Liebt] einander ..., so wie ich euch geliebt habe“? Wären wir bereit, das, was die Welt ein „normales“ Leben nennt, zu opfern, um unseren Brüdern und anderen Menschen, die Liebe zur Gerechtigkeit haben, zu helfen, ewiges Leben zu erlangen, selbst wenn es gälte, unser Leben ihretwegen aufs Spiel zu setzen, oder wenn es uns gar das Leben kosten könnte? Das tun manche Zeugen Jehovas hinter dem Eisernen Vorhang und anderswo tagtäglich. Warum sollten sie es nicht tun? „Dadurch haben wir die Liebe kennengelernt, weil jener seine Seele für uns dahingegeben hat; und wir sind verpflichtet, unsere Seelen für unsere Brüder dahinzugeben.“ (1. Joh. 3:16) Wir müssen die wahre Liebe jetzt kennenlernen, und zwar gründlich, damit sie uns veranlaßt, in künftigen Prüfungen, Versuchungen und entscheidenden Situationen richtig zu handeln und auszuharren. Dann werden wir, auch wenn die Welt versuchen sollte, an unsere Gefühle und Empfindungen zu appellieren oder uns für die Grundsätze und die wirklichen Lebensinteressen anderer blind zu machen, stets klar erkennen, was die Liebe von uns fordert. — Jak. 1:12; 1. Joh. 4:17, 18.

      21. Wofür gibt uns die wahre Liebe im Hinblick auf Gottes bevorstehende neue Ordnung die Gewißheit, und wozu sollte uns das anspornen?

      21 Gottes neue Ordnung ist nicht mehr fern. In dieser Ordnung werden die irdischen Untertanen Gottes durch die Liebe Leistungen vollbringen, die alles in den Schatten stellen werden, was die Selbstsucht in der gegenwärtigen Ordnung zustande gebracht hat. Sie werden unsere Erde nicht nur buchstäblich, sondern auch in geistiger Hinsicht zu einem Paradies machen, in dem die Früchte des Geistes Gottes — Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glauben, Milde und Selbstbeherrschung — in Fülle hervorgebracht werden. Dein Leben und das Leben all dieser Menschen liegt uns am Herzen. Darum beten wir, daß „eure Liebe noch mehr und mehr überströme mit genauer Erkenntnis und allem Unterscheidungsvermögen, damit ihr euch der wichtigeren Dinge vergewissern mögt, um bis zum Tage Christi lauter zu sein und nicht andere zum Straucheln zu bringen, und daß ihr erfüllt sein mögt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus kommt, zur Verherrlichung und zum Lobpreis Gottes“. — Phil. 1:9-11.

  • Antworten finden auf biblische Fragen
    Der Wachtturm 1965 | 15. Juni
    • Antworten finden auf biblische Fragen

      MANCHE Schatzgräber suchen nach Gold oder Silber, andere nach Edelsteinen oder verborgenen Schätzen. Viel lohnender ist jedoch das Suchen nach den Schätzen in Gottes Wort, der Heiligen Schrift, um eine genaue Erkenntnis und wahre Weisheit zu erlangen. In Sprüche 2:4, 5 (SB) heißt es darum: „Wenn du sie [unablässig, NW] suchst wie Silber und nach ihr forschest wie nach Schätzen, — so wirst du die Furcht des Herrn [Jehovas] verstehen und die Erkenntnis Gottes erlangen.“

      Die unermeßlich kostbaren Schätze der „Erkenntnis Gottes“ sind für die bestimmt, die wie unermüdliche Schatzgräber bereit sind, nach ihnen zu suchen. Bemühst du dich, Antworten auf biblische Fragen zu finden? Wie kannst du dich in dieser Hinsicht noch verbessern?

      Man kann natürlich stets jemand anders fragen. Ist das aber das erste, woran ein Erforscher der Bibel denkt? Nein, denn Gottes Wort sagt, wir sollten „unablässig suchen“. Es sagt ferner: „Tue dein Äußerstes, dich selbst Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, der sich wegen nichts zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht handhabt.“ (2. Tim. 2:15) Wie steht es aber mit denen, die stets andere fragen? Es ist kaum anzunehmen, daß sie ihr Äußerstes getan haben, um die Antworten zu finden, zumindestens in vielen Fällen nicht. Das zeigt sich schon darin, daß die Wachtturm-Gesellschaft von gewissen Leuten sehr viele Fragen erhält, während andere nur selten etwas anfragen. Bemühe dich daher, die Antworten auf biblische Fragen selbst zu finden. Wie kannst du aber vorgehen, damit du bei deiner Suche nach den Schätzen der Erkenntnis in Gottes Wort Erfolg hast?

      LIES DEN BIBELBERICHT, LERNE DEN ZUSAMMENHANG KENNEN

      Eine der besten, aber der am wenigsten beachteten Methoden, die Antwort auf eine Frage zu finden, besteht darin, den Bibelbericht, der zu der betreffenden Frage Anlaß gab, nachzulesen. Untersuche ihn gründlich, und versäume auch nicht, den Begleittext, das heißt den damit in Verbindung stehenden Stoff, zu lesen. Das würde dir zum Beispiel helfen, folgende, sehr häufig gestellte Frage zu beantworten: Woher nahm Kain, der erste Sohn Adams und Evas, seine Frau?

      Warum sich nicht dem Bibelbericht zuwenden, um die Antwort zu erhalten? Befasse dich eingehend

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