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Zölibat auf der WaageDer Wachtturm 1962 | 15. Mai
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Die Bibel betrachtet die Ehelosigkeit nicht nur als freiwillig, sondern empfiehlt sie auch, außer in einigen Fällen — wenn überhaupt —, wegen ihrer praktischen Vorteile, nicht wegen der größeren Frömmigkeit, die sie bewirken soll. Das bestätigen die Worte Jesu und die des Paulus. Der Ledige, der Selbstbeherrschung üben kann, hat größere Freiheit, Gott zu dienen, als der Verheiratete, wird von der Drangsal im Fleisch verschont usw.
Hurerei zu meiden ist dem Christen jedoch nicht freigestellt. „Wißt ihr nicht, daß … Hurer … Gottes Königreich [nicht] ererben.“ „Die Ehe sei geehrt unter allen.“ „Hurerei aber und alle Unreinigkeit oder Habsucht werde nicht einmal unter euch genannt, gleichwie es Heiligen geziemt.“ — 1. Kor. 6:9, 10, NW; Heb. 13:4, Fußnote; Eph. 5:3.
Das Kirchenrecht der römisch-katholischen Kirche widerspricht dem Gesetz Gottes. Obwohl auf gewissen Konzilen der ersten Jahrhunderte die „geistliche Ehe“ und das Konkubinat verurteilt wurden, begnügte man sich gewöhnlich damit, daß man die Priester davor warnte, sie würden nicht befördert, wenn sie diese Sitten pflegten. Im 6. Jahrhundert weigerten sich die Päpste Pelagius I. und Pelagius II. einerseits, Kleriker, die Kinder von legitimen Frauen hatten, zu befördern, beförderten aber andererseits solche, die Kinder von Konkubinen hatten. Im 12. Jahrhundert hatten die verheirateten Priester weit größere Schwierigkeiten als jene, die offen im Konkubinat lebten. Das veranlaßte Gratian, „den Vater des Kirchenrechts“ der katholischen Kirche, auszurufen: „In diesem Fall hat die Wollust mehr Rechte als das Gesetz der Keuschheit!“
Im 13. Jahrhundert verordnete Papst Innozenz, daß ein Priesterkandidat, der mehrere Konkubinen hatte, die Priesterweihe empfangen durfte, nicht aber einer, der nach dem Tode seiner ersten Frau nochmals gesetzlich geheiratet hatte. Und im 16. Jahrhundert faßte Thomas More, der später heiliggesprochen wurde, die offizielle Stellung der Kirche zusammen, indem er sagte: „Die Ehe befleckt einen Mann [das heißt einen Priester] mehr als zwei- oder dreifache Hurerei.“ Deshalb hört man selten — wenn überhaupt —, daß ein Priester wegen Hurerei exkommuniziert wird. Dagegen kommt es vor, daß Priester ihres Amtes enthoben werden, weil sie geheiratet haben.
Gottes Wort gebietet Selbstbeherrschung. Es beschränkt Geschlechtsbeziehungen auf gesetzlich verheiratete Eheleute. Es macht keine Stellung in der Christenversammlung vom ledigen Stand abhängig, und die Enthaltsamkeit, die es empfiehlt, ist jedem freigestellt und eine rein persönliche Angelegenheit. Gottes Anordnungen sind vernünftig und gerecht, sie lassen sein Verständnis und seine Liebe erkennen. Sie ernten gute Früchte. — 1. Joh. 5:3.
Das Eheverbot findet jedoch nur in der Askese, die heidnischen Ursprungs ist, eine Stütze. Wenn auf der Waage gewogen, das heißt anhand der Tatsachen und der Bibel geprüft, wird der Zölibat als viel zu leicht erfunden. Er hat nur schlechte Früchte hervorgebracht und fällt daher unter das prophetische Urteil: „Die inspirierte Äußerung sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeitperioden einige vom Glauben abfallen werden …, indem sie verbieten, zu heiraten.“ — 1. Tim. 4:1-3, NW.
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Beharrlichkeit belohntDer Wachtturm 1962 | 15. Mai
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Beharrlichkeit belohnt
ICH diene in unserer Versammlung in Coatepeque (Quezaltenango, Guatemala) als Sonderpionier. Bei meinem ersten Besuch in dem Nachbardorf Flores Costa Cuca sprach ich einen jungen Mann an, der gerade von der Post kam, und wollte ihm die Predigt halten und Schriften anbieten. Doch er hatte es offenbar eilig. Während er sein Pferd bestieg, sagte er zu mir, religiöse Bücher würden ihn sowieso nicht interessieren, er finde es jedoch merkwürdig, daß die Bücher so billig seien.
Zwei Wochen später besuchte ich dieses kleine Dorf wieder. Diesmal traf ich diesen jungen Mann bei der Arbeit auf dem Felde an, etwa
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