Mit unseren Brüdern die Reife bewahren
REIFE wird als Ausgewachsensein, völlige Entwicklung und Vollendung des Wachstums definiert. Ursprünglich bedeutete Reife Vollendung oder Vollkommenheit. Es gibt verschiedene Arten der Reife: die körperliche, seelische, gefühlsmäßige und geistige Reife. Als christliche Prediger sind wir besonders an der geistigen Reife interessiert.
Geistige Reife ererbt man nicht auf natürliche Weise, wie dies oft bei einem besonderen Talent der Fall ist, noch kommt sie im Laufe der Jahre auf natürliche Weise wie die körperliche Reife. Es ist etwas, was erarbeitet werden muß, regelmäßig und mit Fleiß. Doch die Mühe lohnt sich, denn die geistig reife Person bringt die Früchte des Geistes hervor. Sie widersteht Versuchungen, ist nicht schnell beleidigt, sondern ist langsam zum Zorn, geduldig, langmütig. — Gal. 5:22, 23.
Außerdem besitzt die geistig reife Person eine gute Erkenntnis über Gottes Wort, sein Vorhaben und seinen Willen die Person betreffend. Sie ist in der Lage, andere im Predigtdienst zu belehren und zu schulen. Sie ist sehr darauf bedacht, anderen zu helfen, und ihr Predigtdienst ist erfolgreich. Am wichtigsten von allem aber ist, daß sie Gottes Anerkennung erlangt, denn sie bereitet dem Namen Gottes Ehre. Wie passend ist deshalb der Rat, den wir in Hebräer 6:1, 12 finden: „[Drängt] zur Reife“ voran, „damit ihr nicht träge werdet, sondern Nachahmer derer seid, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen ererben.“!a
Wie können wir solche Reife erlangen? Vor allen Dingen durch ein tägliches fleißiges Studium des Wortes Gottes, so wie Gott dies Josua befahl. (Josua 1:8) Um zur Reife voranzuschreiten, benötigen wir die Hilfe der Christenversammlung. Deshalb müssen wir den Rat beachten, unser Zusammenkommen nicht zu versäumen. (Hebr. 10:24, 25) Nachdem wir Erkenntnis erlangt haben, ist es notwendig, daß wir Schulung im Predigtdienst erhalten, genauso wie ein Medizinstudent nach seinem Hochschulstudium sich zuerst als Assistenzarzt betätigen muß, bevor er die Erlaubnis erhält, seine eigene Praxis zu eröffnen. Regelmäßige Teilnahme am Predigen der guten Botschaft von Gottes Königreich wird uns ebenfalls helfen, zur Reife zu gelangen. Auch das Gebet dürfen wir nicht übersehen, sondern wir müssen ‘im Gebet beharren’. (Röm. 12:12) Wenn wir uns Gott im Gebet nahen, werden wir dies mit der nötigen Achtung tun, da wir die Größe Jehovas Gottes und unsere eigene Bedeutungslosigkeit erkennen. In unseren Gebeten werden wir nicht nur an uns, sondern auch an andere denken. — Eph. 1:16-18.
Während wir nach Reife streben, müssen wir in Sinn behalten, daß Reife von verschiedenen Personen verschiedene Dinge fordert. Sie fordert gewisse Dinge von Eltern, von Kindern, von Ehemännern, von Ehefrauen, von Aufsehern usw. Man kann sagen, daß jede dieser Stellungen bestimmte Fähigkeiten verlangt. So werden Führung, Entschlußkraft und organisatorische Fähigkeiten von Ehemännern und Aufsehern in größerem Maße verlangt als von Ehefrauen und Kindern.
Während wir nach Reife streben, müssen wir uns davor hüten, zu Menschen aufzublicken, da dies unseren Fortschritt hemmen würde. Warum zu Menschen aufblicken, da wir doch solch ein vollkommenes Beispiel in Jesus Christus haben? Welch eine Reife er doch in seiner großen Liebe zur Gerechtigkeit und in seinem tiefen Haß gegen alles, was schlecht ist, zeigte. Er war Gott und der Wahrheit treu, und er zeigte dies durch seine Worte und Handlungen. Er war selbstlos und zu jeder Zeit seinem himmlischer Vater gehorsam.
Wenn wir diese Reife erlangt haben, können wir dann in unseren Anstrengungen nachlassen, die Hände falten und so tun, als ob das Rennen schon gewonnen sei? Bestimmt nicht! Reife geht schnell wieder verloren, wenn wir nicht ständig weiter daran arbeiten. Dieselben notwendigen Dinge, wie bekömmliche Nahrung, frische Luft, Sonnenschein, körperliche Bewegung und genügend Ruhe und Schlaf, die dem Jugendlichen halfen zu einem Manne zu werden, werden ebenfalls zur Erhaltung der Gesundheit und der Kraft des Mannes benötigt. Genauso ist es auch in unserem geistigen Leben. An allem, was uns geholfen hat, Reife zu erlangen, müssen wir weiter arbeiten, um mit unseren Brüdern die Reife zu bewahren.
Die Schrift zeigt deutlich, daß man Reife wieder verlieren kann. Da war z. B. der König Salomo. Er besaß bestimmt einmal Reife, verlor sie aber. Da war Judas, der als einer der Apostel auserwählt worden war, und Demas, der Mitarbeiter des Apostels Paulus; aber Judas und Demas verloren ihre Reife.
Wie passend ist deshalb der Rat, daß wir uns darum bemühen sollten, „mit unseren Brüdern die Reife zu bewahren“! Um diese Reife zu bewahren, ist es notwendig, daß wir ständig daran arbeiten, genauso wie wir zuerst daran arbeiten mußten, um diese Reife überhaupt erst zu erlangen. Und beachte, daß der Nachdruck auf dem Bewahren der Reife mit unseren Brüdern liegt. Das wird zum Frieden, zur Harmonie, zur gegenseitigen Auferbauung und geistigen Wohlfahrt beitragen. Und laßt uns nicht den Hauptzweck der Bewahrung unserer Reife übersehen nämlich, daß wir Jehova Gott preisen und ihm Ehre bereiten durch Wort und Tat.
[Fußnote]
a Siehe für Einzelheiten die Wachtturm-Ausgabe vom 1. September 1963.