Kann man sich vor Erkältungen schützen?
WIRST du jeden Winter von Erkältungen gequält? Wer diese Frage bejahen muß, hat jedenfalls viele Leidensgenossen. Der Schnupfen befällt Personen jeden Alters, vom Äquator bis zu den Polen. Es gibt Personen, die jeden Winter einmal oder zweimal verschnupft sind, und andere sind anscheinend ständig verschnupft. Aber es gibt auch Personen, die sich offenbar nie erkälten, und diese Tatsache läßt andere hoffen, daß man sich vor Erkältungen schützen kann.
Es erscheint äußerst schwierig, sich vor Erkältungen und Schnupfen zu schützen, weil sie so leicht übertragbar sind. Diese Tatsache bestätigt die Schlußfolgerung, daß sie durch Viren verursacht werden. Ein Virus ist ein Mikroorganismus, der so klein ist, daß man ihn mit einem gewöhnlichen Mikroskop nicht sehen kann. Man kennt bisher etwa hundert verschiedene Viren, die Schnupfen hervorrufen können.
Diese Viren können auf verschiedene Weise übertragen werden, zum Beispiel durch Tröpfcheninfektion, die beim Niesen oder Husten erfolgt. Wer rücksichtsvoll ist, bedeckt daher sofort Nase und Mund, wenn er merkt, daß er niesen oder husten muß, damit er andere nicht ansteckt.
Die Viren in der Absonderung aus der Nase mögen etwa drei bis fünf Stunden infektiös bleiben; somit kann sich jemand, lange nachdem ein Schnupfenkranker Gebrauchsgegenstände angefaßt hat, damit infizieren, wenn er sie auch in die Hand nimmt. Wenn derjenige, der solche Gegenstände anfaßt, danach die Hand auf Mund oder Nase legt oder mit ungewaschenen Händen ißt, mag er die Viren in seinen Körper aufnehmen und dadurch einen Schnupfen bekommen.
Man kann sich anstecken, wenn man Türklinken, Treppengeländer, Trinkgläser, Geschirr und Bestecke sowie andere Gegenstände, die von mehr als einer Person angefaßt werden, berührt. Es zeugt von Rücksichtnahme, wenn du dir, ehe du Geschirr anfaßt, wie zum Beispiel, wenn du den Tisch deckst, vorher die Hände wäschst. Und wenn du dich einmal zwischendurch schneuzen mußt, weil die Nase läuft, wäre es dann nicht vernünftig, bevor du den Tisch weiterdeckst, dir die Hände zu waschen? Wenn du das nicht tust, magst du das Geschirr mit Schnupfenviren infizieren, und das mag zur Folge haben, daß sich die anderen Familienglieder ebenfalls einen Schnupfen zuziehen.
Britische Wissenschaftler haben folgenden Versuch gemacht: Sie brachten in die Nase eines Schnupfenkranken Fluorescin, um festzustellen, wie weit die Schnupfenviren ausgestreut werden. Unter ultraviolettem Licht werden auch die kleinsten Mengen von Fluorescin sichtbar. Mit Hilfe dieses Lichts entdeckte man Spuren von Fluorescin auf den Händen des Schnupfenkranken, auf seinem Gesicht und auf seinem Essen sowie an allen Stellen im Zimmer, die er mit den Händen berührt hatte. So werden auch Schnupfenviren ausgestreut.
Komplikationen
Das Schlimme an einer Erkältung und an der Grippe — obschon die Grippe in enger Beziehung zu Erkältungen steht, ist sie doch eine Krankheit für sich — ist, daß sie Komplikationen hervorrufen können. Anscheinend sind im Hals und in der Nase immer Organismen vorhanden, die schwere Sekundärinfektionen hervorrufen können. Während einer Erkältung oder einer Grippe, wenn die Widerstandskraft des Körpers vorübergehend geschwächt ist, vermehren sie sich, und unter gewissen Umständen können sie Lungenentzündung und andere akute Infektionen der Atemwege verursachen.
Ein Grippekranker, der Fieber hat und sich dennoch nicht ins Bett legen und im Bett bleiben will, steht besonders in Gefahr, sich eine Lungenentzündung zuzuziehen. Wer einen leichten Anfall von asiatischer Grippe hat, sollte sich beim ersten Anzeichen von Fieber ins Bett legen, und er sollte im Bett bleiben, bis das Fieber weg ist. Wenn ein Grippekranker das nicht tut, mögen bei ihm schwere Komplikationen auftreten.
Impfstoffe
Da Erkältungen und Grippe Viruserkrankungen sind, mag die Schlußfolgerung naheliegen, es sei möglich, den menschlichen Organismus durch Schutzimpfung zu immunisieren. Man hat nach Impfstoffen zur Immunisierung gesucht, aber es ist fraglich, ob eine solche Behandlung wirksam ist. Was nützt denn ein Impfstoff, wenn es mehr als hundert verschiedene Viren gibt, die anscheinend für Erkältungen verantwortlich sind, und wenn der Körper gegen keines dieser Viren nach einer überstandenen Erkältung Immunität entwickelt? Und das Grippevirus mutiert ständig. Jeder Stamm würde somit einen neuen Impfstoff erforderlich machen. Ein weiteres Problem sind die unerwünschten Nebenwirkungen der Impfstoffe.
Man machte mit einem Impfstoff folgenden Versuch: Man impfte freiwillige Versuchspersonen, die im Jahr vor diesem Versuch durchschnittlich 4,7 Erkältungen hatten. In dem Jahr, in dem diese Personen geimpft wurden, hatten sie 55 Prozent weniger Erkältungen. Dieses Ergebnis erweckte den Eindruck, die Impfung sei erfolgreich gewesen. Genügte dieser Beweis jedoch, begeistert für die Impfung einzutreten? Nein, er genügte nicht.
Man wollte ganz sichergehen, daß die Impfung tatsächlich wirksam sei; aus diesem Grund impfte man eine Kontrollgruppe mit keimfreiem Wasser, ließ sie aber im Glauben, sie sei mit dem Schnupfenvakzin geimpft worden. Einen solchen chemisch unwirksamen Stoff nennt man Placebo. Die Versuchspersonen, die mit Wasser geimpft wurden, hatten im Jahr zuvor durchschnittlich 4,9mal Schnupfen, in dem Jahr, in dem sie mit Wasser „geimpft“ worden waren, hatten sie ihn durchschnittlich 1,9mal; das ist eine Verminderung von 61 Prozent; das war ein besseres Ergebnis, als es die Gruppe aufwies, die mit dem Vakzin geimpft worden war.
Die Ergebnisse anderer Versuche zeigten, daß bei Patienten, die ein Placebo erhielten, aber im Glauben gelassen wurden, es sei Arznei, eine bemerkenswerte Besserung eintrat. In einem Fall erhielten die Versuchspersonen Kapseln, die als Placebo nichts anderes als Milchzucker enthielten. 35 Prozent der Patienten, denen solche Kapseln verabfolgt wurden, sagten, im Laufe von 48 Stunden hätten sie Erleichterung verspürt oder sei die Erkältung weg gewesen. Einige der Patienten dieser Versuchsgruppe sagten begeistert, sie hätten noch nie ein so gutes Mittel gegen Erkältung bekommen. Solche Erfahrungen mit der Wirkung von Placebos zeigen, daß man die Zeugnisse zugunsten einer Behandlungsmethode immer mit Vorbehalt aufnehmen muß.
Medikamente
Das Angebot von Medikamenten gegen Schnupfen und Erkältung ist groß, doch ihre Wirksamkeit ist fraglich. Du hast vielleicht selbst die Erfahrung gemacht, daß die vielen Mittel gegen Schnupfen und Erkältung, für die groß Reklame gemacht wird, bei dir nicht bewirkt haben, daß du deinen Schnupfen oder deine Erkältung schneller überwunden hast, sondern sie hat wie üblich eine Woche oder länger gedauert.
In dem Buch Healthful Living (Gesund leben) von Dr. Harold S. Diehl wird über ein Ergebnis der Erkältungsforschung folgendes berichtet: „Man hat keine Beweise dafür gefunden, daß Antihistaminika die Dauer der Erkältung abkürzen oder daß sie sie mildern.“ In der medizinischen Fachschrift The Merck Manual, 10. Ausgabe, konnte man etwas Ähnliches lesen: „Antihistaminika haben sich in der Bekämpfung von Erkältungen nicht als erfolgreich erwiesen, auch wenn man sie gleich von Anfang an nimmt; solche Mittel mögen aber bei allergischen Personen Erleichterung in bezug auf die Symptome bewirken.“
Nützen Nasensprühmittel, Mundwässer, Mittel zum Gurgeln und antiseptische Mittel etwas gegen Schnupfen und Erkältungen? Sie mögen etwas lindernd wirken, aber sie bewirken keine Heilung, und in gewissen Fällen mögen sie sogar Schaden stiften. Außerdem erreicht man mit diesen Mitteln nur einen kleinen Teil der Schleimhaut der Nase und des Halses.
In einigen Fällen mögen ölige Nasentropfen oder Sprühmittel empfohlen werden. Sie mögen lindernd wirken, aber anstatt den Schnupfen zu vertreiben, mögen sie sich schädlich auf die Flimmerhärchen, die unter anderem zur natürlichen Abwehr des Körpers gehören, auswirken. Bei diesen Härchen handelt es sich um Anhanggebilde von Zellen der Nasenschleimhaut. Sie bewegen sich ständig und transportieren Fremdstoffe, auch Mikroorganismen, aus der Nase fort. Auch besteht die Gefahr, daß von diesen öligen Mitteln etwas in die Lunge kommt, was eine lipide Pneumonie (ölige Lungenentzündung) zur Folge haben mag.
Es gibt Personen, die ihre Erkältung mit einem Antibiotikum wie Penizillin bekämpfen; das ist sehr unweise. Antibiotika sind manchmal nützlich, um schwere Komplikationen, die eine Erkältung zur Folge haben mag, zu bekämpfen. Gegen die Erkältung selbst aber nützen sie wenig. Nimmt man Antibiotika gegen eine Erkältung, so kann das zur Folge haben, daß die Krankheitserreger gegen diese Mittel resistent werden oder daß der Körper gegen diese Mittel allergisch wird. Und wenn dann später eine schwere Infektion damit behandelt werden soll, ist das nicht mehr möglich.
Es gibt natürlich Mittel, die dazu beitragen, die Beschwerden einer Erkältung zu lindern, so daß man die Zeit, in der man sie hat, besser übersteht. Doch allgemein gesprochen, haben die Ärzte bis heute noch kein Mittel, mit dem man einen Schnupfen oder Erkältungen heilen kann.
Bei den ersten Anzeichen einer Erkältung
Es gibt Ärzte und Ernährungswissenschaftler, die überzeugt sind, daß das Vitamin C in hoher Dosis von Nutzen ist, wenn man es nimmt, sobald man merkt, daß eine Erkältung im Anzug ist. In der Fachschrift The Merck Manual wird über die Einnahme von Vitamin C folgendes berichtet: „Viele sind der Meinung, daß es von Nutzen sei, Vitamin C in hoher Dosis regelmäßig in den kalten Monaten des Jahres einzunehmen, in denen man sich am häufigsten erkältet, oder sobald man merkt, daß eine Erkältung im Anzug ist. Andere vertreten die Auffassung, Präparate, die mehrere Vitamine enthalten, seien gute Mittel gegen Erkältungen, wenn man sie regelmäßig einnehme.“ Und in dem Werk The Encyclopedia of Common Diseases (Enzyklopädie der verbreitetsten Krankheiten), herausgegeben von J. I. Rodale, kann man lesen:
„Dr. med. F. R. Klenner (Nordkarolina) hat viele schwere Leiden erfolgreich mit Vitamin C behandelt. ... Er sagt, Vitamin C wirke ähnlich wie Antibiotika. ... Dr. Klenner glaubt, das Vitamin sei wegen seiner Fähigkeit, die Oxydation zu fördern, gegen Krankheitskeime so wirksam. Offenbar vereinigt es sich mit dem Gift oder dem Virus im Körper.“
Aus einigen ärztlichen Fachschriften geht allerdings hervor, daß das Vitamin C diese Wirkung nicht mehr hat, sobald ein Schnupfen oder eine Erkältung bereits begonnen hat. In der Fachschrift The Practitioner, Ausgabe vom März 1968, wurde berichtet, daß bei einem Versuch 147 Schnupfenkranken dreimal täglich 1 000 Milligramm Vitamin C verabreicht wurde. Das Urteil über diesen Versuch lautete: „Der Versuch mit diesen Schnupfenpatienten hat nicht bewiesen, daß das Vitamin C die Beschwerden der einzelnen Symptome lindert oder daß es die Dauer des Schnupfens verkürzt oder daß es eine Besserung bewirkt.“
Die Fachleute sind sich offensichtlich nicht einig darüber, ob diese Vitamine zur Behandlung von Erkältungen oder eines Schnupfens wirksam sind oder ob sie die Entwicklung derselben zu verhindern vermögen. Jeder muß daher selbst entscheiden, ob er eine Erkältung mit Vitaminen behandeln will oder nicht.
Manchmal hilft es, wenn man mit einer starken Salzlösung gurgelt, sobald man merkt, daß eine Erkältung im Anzug ist. Es ist auch nützlich, wenn man heißes Wasser dazu verwendet und außerdem ein heißes Bad nimmt, weil dadurch die Blutzirkulation angeregt wird.
Wenn es einem nicht gelingt, zu verhindern, daß der Schnupfen oder die Erkältung zum Ausbruch kommt, dann kann man wenigstens durch vernünftiges Verhalten verhindern, daß sich ernste Sekundärkomplikationen entwickeln. Man sollte sich zum Beispiel mehr Schlaf gönnen. Wenn der Körper nicht übermüdet ist, wird er mit der Infektion besser fertig. Ferner ist es vernünftig, viel zu trinken, so auch Zitronen- und Orangensaft, weniger zu essen und die Darmtätigkeit sowie die Nierentätigkeit anzuregen; dadurch unterstützt man den Körper in seinem Kampf gegen die Viren.
Sich vor Erkältungen schützen
Unter den Fachleuten bestehen aber nicht nur widersprechende Meinungen darüber, wie man Erkältungen behandeln sollte, sondern auch darüber, wie man ihnen vorbeugen kann. Manche Personen haben die Erfahrung gemacht, daß ihr Körper eine größere Widerstandskraft gegen Erkältungen entwickelt, wenn sie Lebertran und Vitamin C und E einnehmen. Dr. med. W. J. McCormick aus Kanada ist zum Beispiel der Ansicht, daß Vitamin C „zum Aufbau der natürlichen Immunität gegen ansteckende Krankheiten durch Bildung von Antikörpern und Neutralisation der Toxine beiträgt“. Solange der Körper widerstandsfähig ist, vermag er die Viren zu bekämpfen, ohne daß die üblichen Unannehmlichkeiten einer Erkältung oder eines Schnupfens auftreten.
Man kann nicht bei guter Gesundheit bleiben, wenn man dem Körper keine vitaminreiche Nahrung zuführt, wenn man nicht reichlich Obst und Gemüse ißt. Es gibt Ernährungswissenschaftler, die den Standpunkt vertreten, viele Personen seien deswegen kränklich und für Erkältungen anfällig, weil ihre Kost einseitig sei. Solche Personen essen anstatt viel Obst und Gemüse viele Nahrungsmittel aus Weißmehl und raffiniertem Zucker.
Verkühlung
In ärztlichen Fachschriften ist die Ansicht vertreten worden, daß Schnupfen oder Erkältungen nicht durch Verkühlung hervorgerufen würden, sondern durch Viren. Es wird behauptet, daß man sich nicht erkälte, auch wenn man friere, wenn keine Viren vorhanden seien. Seien aber Viren vorhanden, könne eine Verkühlung zu einer Erkältung oder zum Schnupfen führen. Natürlich weiß man nie sicher, ob man mit solchen Viren in Berührung gekommen ist oder nicht, besonders im Winter, wenn die Menschen sich mehr in geschlossenen Räumen aufhalten.
Offenbar ist es vernünftig, darauf zu achten, daß man sich nicht im Durchzug befindet oder daß man nicht friert und dadurch die Widerstandskraft des Körpers gegen diese Viren schwächt. Sich an einem kalten Tag zu warm anzuziehen ist aber auch nicht gut, denn man mag dann schwitzen, und dabei kann man sich erkälten.
Auch wenn man sich ständig in überheizten Räumen aufhält, mag die Widerstandskraft des Körpers gegen Schnupfen und Erkältung geschwächt werden. In solchen Räumen wird die Luft zu trocken, und das hat zur Folge, daß die Schleimhäute der Nase und des Halses austrocknen. Feuchte Schleimhäute in den Atemwegen sind wichtige Faktoren beim Kampf des Körpers gegen Mikroorganismen.
Manche Personen haben die Überzeugung, daß sie jeden Winter mehrmals einen Schnupfen oder eine Erkältung haben müßten, doch das muß nicht sein. Wenn man sich in vernünftigem Maße bemüht, sich die Gesundheit zu erhalten, kann man ziemlich widerstandsfähig gegen Erkältungen werden. Personen, die das tun, mögen dann zu denjenigen zählen, denen es gelingt, sich vor Erkältungen zu schützen.