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Deckt Gottes Barmherzigkeit alle deine Sünden zu?Der Wachtturm 1974 | 15. November
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Deckt Gottes Barmherzigkeit alle deine Sünden zu?
„Jehova, ein Gott, barmherzig und gnädig, ... der Vergehung und Übertretung und Sünde verzeiht, doch keinesfalls wird er Straffreiheit gewähren“ (2. Mose 34:6, 7).
1. Wie weit geht Gottes Barmherzigkeit nach der Ansicht einiger?
IST Gottes Barmherzigkeit grenzenlos? Ist er richtig dargestellt worden, wenn er von vielen als ein Gott beschrieben wurde, der so viel Erbarmen und eine solch allumfassende Liebe hat, daß er jeden mit offenen Armen aufnimmt, ganz gleich, was für ein Leben dieser führen mag? Zum Beispiel schrieb ein Theologieprofessor in einer Zeitschrift, die von dem Lehrpersonal eines Theologieseminars veröffentlicht wird: „Wenn die Kirche ihrer Berufung entsprechen möchte, muß sie mutig erklären, daß Homosexuelle Menschen sind, die im Bilde Gottes erschaffen wurden und für die Christus starb, und daß durch Gottes Gnade sie, die kein Volk waren, Gottes Volk sind, denn einst wurde ihnen keine Barmherzigkeit erwiesen, nun aber ist ihnen Barmherzigkeit erwiesen worden.“ Erweist Gott jemandem Barmherzigkeit, der ständig so etwas praktiziert? Ein anderer Geistlicher ist dieser Meinung, denn er schrieb über das gleiche Thema in einer Kirchenzeitschrift, die „mit kirchlicher Billigung“ veröffentlicht wird: „Wenn Gott den Homosexuellen mit seiner Natur, in der er erschaffen wurde, nicht verabscheut, sondern liebt, können wir nicht anders handeln. Und das bedeutet, daß wir den Homosexuellen so annehmen müssen, wie er ist.“ Nimmt Gott ihn an, wie er ist?
2. Welche Gewohnheit Jesu könnte einige veranlassen, Jesu Einstellung gegenüber Sündern mißzuverstehen, doch was antwortete Jesus seinen Kritikern?
2 Wer die Bibel oberflächlich liest, mag diesen von religiösen Führern geäußerten Ansichten zustimmen. Sie denken vielleicht an solche Erfahrungen Jesu Christi wie die, die in Matthäus, Kapitel 9 aufgezeichnet worden ist. „Als er in dem Hause zu Tische lag, siehe! da kamen viele Steuereinnehmer und Sünder und legten sich mit Jesus und seinen Jüngern zu Tische. Als aber die Pharisäer das sahen, begannen sie zu seinen Jüngern zu sagen: ,Wie kommt es, daß euer Lehrer mit Steuereinnehmern und Sündern ißt?‘ Als er sie hörte, sprach er: ,Gesunde benötigen keinen Arzt, wohl aber die Leidenden. Geht denn hin und lernt, was dies bedeutet: „Ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer.“ Denn ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder‘“(Matth. 9:10-13).
BARMHERZIGKEIT ENTSCHULDIGT KEINE SÜNDEN
3. Welche Einstellung zu Sündern kann man aus Jesu Antwort an seine Kritiker erkennen, und wie ging dies auch aus seinen Taten hervor?
3 Könnte man bei oberflächlichem Lesen nicht den Eindruck gewinnen, daß Jesus Sünder guthieß, indem er bereit war, mit ihnen Gemeinschaft zu pflegen, und indem er die Pharisäer tadelte, die etwas dagegen hatten? Beachte jedoch Jesu einleitende Erklärung: „Gesunde benötigen keinen Arzt, wohl aber die Leidenden.“ Müßte man daraus nicht vielmehr schließen, daß Jesus deshalb mit ihnen Gemeinschaft pflegte, um sie zu heilen, und nicht einfach, um sie in dem kranken Zustand, in dem sie sich als Sünder befanden, anzunehmen? Jesus erwies tatsächlich Barmherzigkeit, und in seiner Bergpredigt ermunterte er auch andere, barmherzig zu sein, indem er sagte: „Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“ (Matth. 5:7). Doch dadurch, daß Jesus Sündern Barmherzigkeit erwies, entschuldigte er nicht ihre Sünden. Vielmehr war seine Barmherzigkeit ihnen gegenüber ebenso ein Ausdruck des Mitgefühls wie gegenüber den physisch Kranken. Bei einer Gelegenheit erblickte ein Aussätziger Jesus, fiel auf sein Angesicht und bat ihn: „Herr, wenn du nur willst, so kannst du mich rein machen.“ Darauf streckte Jesus seine Hand aus, rührte ihn an und sagte: „Ich will es. Werde rein!“ Sogleich verschwand der Aussatz von ihm. Manchmal sagte er einem Kranken einfach, er solle sein Bett aufheben und seines Weges gehen. In anderen Fällen sagte er statt dessen: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (Luk. 5:12, 13, 20).
4. (a) Was war eines der wichtigsten Merkmale des Dienstes Jesu? (b) Wie zeigte der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther, in welcher Beziehung Sünder zu Gottes Barmherzigkeit stehen?
4 Es ist also offensichtlich, daß Jesus die Menschen in ihren Sünden nicht so annahm, wie sie waren. Statt dessen war es eines der wichtigsten Merkmale seines Dienstes, Menschen von ihren geistigen Krankheiten zu heilen, damit sie von Gott wegen ihrer geänderten Lebensweise angenommen werden konnten (1. Petr. 3:12; Mal. 3:18; Apg. 10:34, 35). Jesu Jünger hatten keine verdrehte Ansicht über Gottes Barmherzigkeit. Zum Beispiel schrieb der Apostel Paulus, etwa zweiundzwanzig Jahre nachdem Jesus seinen irdischen Dienst erfolgreich beendet hatte, an bewährte Christen: „Was? Wißt ihr nicht, daß Ungerechte das Königreich Gottes nicht ererben werden? Laßt euch nicht irreführen. Weder Hurer noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Männer, die für unnatürliche Zwecke gehalten werden, noch Männer, die bei Männern liegen, noch Diebe, noch Habgierige, noch Trunkenbolde, noch Schmäher, noch Erpresser werden Gottes Königreich ererben. Und doch waren das einige von euch. Aber ihr seid reingewaschen worden, aber ihr seid geheiligt worden, aber ihr seid gerechtgesprochen worden im Namen unseres Herrn Jesus Christus und mit dem Geist unseres Gottes“ (1. Kor. 6:9-11).
5. Mit welchen Worten beschrieb Johannes die Sünde und diejenigen, die Sünde treiben, und was ist nach seinen Worten das Ende solcher Sünder?
5 Johannes, der ein Apostel Jesu war und den Jesus besonders liebte, beschrieb die Sünde und diejenigen, die Sünde treiben, mit folgenden Worten und zeigte auch, wie solche Personen enden würden: „Jeder, der Sünde treibt, treibt auch Gesetzlosigkeit, und so ist Sünde Gesetzlosigkeit. Ihr wißt auch, daß jener [Jesus] offenbar gemacht worden ist, um unsere Sünden hinwegzunehmen, und in ihm ist keine Sünde. Jeder, der in Gemeinschaft mit ihm bleibt, treibt nicht Sünde; jemand, der Sünde treibt, hat ihn weder gesehen noch ihn kennengelernt. Kindlein, laßt euch durch niemand irreführen; wer Gerechtigkeit übt, ist gerecht, so, wie jener gerecht ist. Wer fortgesetzt Sünde begeht, stammt vom Teufel, denn der Teufel hat von Anfang an gesündigt. Zu diesem Zweck ist der Sohn Gottes offenbar gemacht worden, nämlich um die Werke des Teufels abzubrechen“ (1. Joh. 3:4-8).
KEINE STRAFFREIHEIT FÜR SOLCHE, DIE SÜNDE TREIBEN
6. Wie denkt Jehova über Personen, die sündigen?
6 Wer Gottes Anerkennung erlangen oder behalten möchte, sollte Paulus’ Worte an die Versammlungen in Galatien gut beachten: „Laßt euch nicht irreführen: Gott läßt sich nicht verspotten. Denn was immer ein Mensch sät, das wird er auch ernten; denn wer im Hinblick auf sein Fleisch sät, wird von seinem Fleisch Verderben ernten, wer aber im Hinblick auf den Geist sät, wird vom Geist ewiges Leben ernten“ (Gal. 6:7, 8). Gott vergibt Sünden, und er betrachtet die Kinder Adams, die in Sünde geboren wurden, barmherzig und mitleidvoll (Ps. 51:5). Jedoch offenbarte sich der wahre Gott Moses als „Jehova, ein Gott, barmherzig und gnädig ..., der Vergehung und Übertretung und Sünde verzeiht, doch keinesfalls wird er Straffreiheit gewähren“ (2. Mose 34:6, 7). Selbst im Falle König Davids, mit dem Jehova einen Bund für das Königreich geschlossen hatte, machte er keine Ausnahme. David wurde für seine Sünden bestraft, aber weil er bereute, wurde ihm auch barmherzig vergeben. Doch Jehova vergibt nicht solchen, die die gerechten Grundsätze, auf denen sein eigener Thron gegründet ist, vorsätzlich verletzen, noch denen, die sich das Sündigen zur Gewohnheit machen. (Vergleiche Hebräer 1:8, 9.) Im Gegenteil. Zwischen ihm und solchen Menschen besteht aktive Feindschaft, und sie können keinesfalls dem Gericht entrinnen, das er für sie vorgesehen hat.
7. Welches ist die richtige Ansicht über Jehovas Barmherzigkeit, aber wie denken einige darüber?
7 Das sollte uns nicht zu dem Schluß verleiten, daß Jehova kein Gott der Geduld und der Langmut sei. Gemäß seinem eigenen Zeugnis sagte er über seine Verfahrensweise mit der Nation Israel in alter Zeit: „Ich habe kein Gefallen am Tode des Bösen, sondern daran, daß ein Böser von seinem Wege umkehrt und tatsächlich am Leben bleibt“ (Hes. 33:11). Und obwohl einige der Bösen seine Geduld unvernünftig ausnutzen und sogar über die Warnung spotten, daß eines Tages seine Langmut zu Ende sei, läßt er sie gewähren, damit diejenigen, die ein ehrliches Herz haben, zu ihm umkehren und gerettet werden können (2. Petr. 3:3, 4, 9, 15; Röm. 2:4).
8. Inwiefern kommt Jehovas Langmut allen Menschen zugute?
8 Alle Menschen, sogar die Bösen, ziehen aus Gottes Barmherzigkeit Nutzen. Er enthält ihnen das zum Leben Notwendige nicht vor. Jesus führte uns diese Eigenschaft Jehovas, nämlich seine unverdiente Güte, als ein Beispiel vor Augen, indem er uns daran erinnerte, daß unser himmlischer Vater „seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es über Gerechte und Ungerechte regnen läßt“ (Matth. 5:45). Und als Adam und Eva Gottes Gesetz mißachteten, indem sie im Garten Eden von dem verbotenen Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aßen, ließ Jehova sie aus Barmherzigkeit gegenüber ihren ungeborenen Nachkommen so lange leben, bis Kinder geboren worden waren.
9. Wie haben zahllose Millionen Menschen die Zeit der Langmut Jehovas ausgenutzt, und wie wird sich das schließlich für sie auswirken?
9 Viele haben Jehovas fortwährende unverdiente Güte und Langmut angenommen, ohne ihren Zweck zu verfehlen, doch andererseits haben zahllose Millionen von Adams Tagen an diese vorübergehende Zeit, die Zeit der Geduld Jehovas, als eine Gelegenheit benutzt, um im Widerspruch zu Gott zu leben und alle Arten ungerechter Handlungen zu begehen, die im Gegensatz zu Gottes ausdrücklichem Willen stehen (2. Kor. 6:1; Röm. 1:28-32). Aber Gott ist genausowenig verpflichtet, sie ewig zu ertragen, wie er es gegenüber Adam und Eva war, die zur bestimmten Zeit in den ewigen Tod gingen, so, wie es Jehova für sie bestimmt hatte (1. Mose 3:19; 5:5). Die Zeit der Geduld Jehovas ist bald zu Ende. Wenn sie zu Ende ist, werden Jehovas himmlische Heerscharen die ihnen zugewiesene Aufgabe der Urteilsvollstreckung übernehmen, und Jehovas Barmherzigkeit wird denen nicht zugute kommen, die dann immer noch gesetzlos handeln, die nicht umgekehrt sind und das Kennzeichen eines wahren Jüngers Christi nicht erhalten haben (Hes. 9:5, 6). Wird Gottes Barmherzigkeit alle deine Sünden zudecken, wenn es soweit ist?
STÄNDIGE WACHSAMKEIT NÖTIG
10. (a) Wie sollten Personen, die Gott hingegeben und getauft sind, die Barmherzigkeit, die Gott ihnen ständig erweist, betrachten? (b) Welchen Trost können sie aus den Worten des Johannes in 1. Johannes 2:1-6 schöpfen?
10 Wenn du die gerechten Verordnungen Jehovas noch nicht kennengelernt und als Lebensweg akzeptiert haben solltest, darfst du keine Zeit verlieren. Du mußt schnell handeln, wenn du vor Jehovas Hinrichtungsstreitkräften das Kennzeichen eines wahren Christen tragen möchtest. Doch schon viele, die die Seiten dieser Zeitschrift gelesen haben, haben bereits erkannt, daß sie vor Gott Sünder sind, und sie haben ihre schlechte Lebensweise bereut, sind umgekehrt und haben Gottes Vorkehrung zur Versöhnung, Gottes kostbare Gabe für die Menschheit, das Opfer seines lieben Sohnes, angenommen. Haben sie dadurch die Garantie, daß Gott ihnen ständig Gunst erweisen, also ihnen seine unveränderliche Barmherzigkeit zuteil werden lassen wird? Wer sich bereits Gott hingegeben und dies durch die Wassertaufe symbolisiert hat, weiß, daß er fortwährend wachsam sein muß (1. Kor. 10:12). Er weiß, daß er unvollkommen ist, und er ist sich des Konflikts, der in ihm vor sich geht, bewußt, so daß er mit dem Fleische ein Sklave des Gesetzes der Sünde ist, mit seinem Sinn aber ein Sklave des Gesetzes Gottes (Röm. 7:25). Er weiß, daß es verschiedene Grade von Missetaten und unterschiedliche Arten von Sünden gibt — Sünden gegen Menschen, Sünden gegen Gott und Christus, Sünden gegen den eigenen Leib, Sünden durch Mitschuld an den Sünden anderer sowie viele weitere Verstöße. Doch folgende Worte des Apostels Johannes trösten ihn: „Wenn jemand eine Sünde begeht, so haben wir einen Helfer beim Vater, Jesus Christus, einen Gerechten. Und er ist ein Sühnopfer für unsere Sünden, doch nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt. Und dadurch wissen wir, daß wir ihn kennengelernt haben, nämlich wenn wir fortfahren, seine Gebote zu halten. Wer sagt: ,Ich habe ihn kennengelernt‘ und dennoch seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in diesem. Wer aber sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollkommen gemacht worden. Dadurch wissen wir, daß wir in Gemeinschaft mit ihm sind. Wer sagt, er bleibe in Gemeinschaft mit ihm, ist verpflichtet, selbst auch weiterhin so zu wandeln, wie jener wandelte“ (1. Joh. 2:1-6).
11. Wie können wir mit Jesu Worten beweisen, daß schon ein ungeziemendes Verhalten bei alltäglichen Verrichtungen dazu führen kann, daß wir vom Weg des Lebens abgleiten?
11 Wer sich auf dem Weg zum Leben befindet, vertraut auf Gottes Barmherzigkeit, die durch Jesus Christus zum Ausdruck kommt, und wird sich bemühen, in den Wegen Gottes zu wandeln. Doch obwohl er sich vor den schweren Sünden hütet, durch die er offensichtlich der Barmherzigkeit Gottes verlustig ginge, weiß er, daß es viele Handlungen oder Versäumnisse gibt, durch die sein Verhältnis zu Gott ernsthaft gefährdet werden könnte. Er weiß zum Beispiel, daß Jesus seinen Jüngern nichts Schlechtes anlastete, sie aber davor warnte, sich bei gewissen alltäglichen Verrichtungen ungeziemend zu verhalten, wodurch sie vom Weg des Lebens abgleiten könnten. Jesus sagte: „Gebt aber auf euch selbst acht, damit euer Herz niemals durch zuviel Essen und zuviel Trinken und Sorgen des Lebens beschwert werde und jener Tag [der Vollstreckung des Gerichts Jehovas] plötzlich, in einem Augenblick, über euch komme wie eine Schlinge“ (Luk. 21:34, 35). Wer Jesu Fußstapfen genau nachfolgen möchte, erkennt daher, daß er nichts ungefährdet außer acht lassen und nicht denken darf, eine Sache sei zu unbedeutend, als daß er ernsthaft und sorgfältig darauf achten müßte.
12. Von welch schwerwiegender Bedeutung ist es für uns, ob wir anderen vergeben? Gib biblischen Rat.
12 Können wir es uns angesichts dieser aufrüttelnden Ermahnung Jesu leisten, die Worte außer acht zu lassen oder zu bagatellisieren, die Jesus uns beten lehrte: „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben.“? Bittest du Gott darum aufrichtig und mit Unterscheidungsvermögen? Diese Worte darf man nicht leichtnehmen. Jesus fügte hinzu: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, wird euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Matth. 6:12, 14, 15). Jesus ermahnte weiter: „Hört auf zu richten, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit dem Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit dem Maß, mit dem ihr meßt, wird man euch messen. Warum schaust du also auf den Strohhalm im Auge deines Bruders, beachtest aber nicht den Balken in deinem eigenen Auge? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: ,Erlaube mir, den Strohhalm aus deinem Auge zu ziehen‘, wenn, siehe! ein Balken in deinem eigenen Auge ist? Heuchler! Ziehe zuerst den Balken aus deinem eigenen Auge, und dann wirst du klar sehen, wie du den Strohhalm aus deines Bruders Auge ziehen kannst“ (Matth. 7:1-5).
BARMHERZIGKEIT — EINE POSITIVE EIGENSCHAFT
13. Welche verschiedenen Bedeutungen hat das Wort „Barmherzigkeit“, wie es in der Bibel benutzt wird?
13 So, wie das Wort Barmherzigkeit im Deutschen gebraucht wird, bezieht es sich oft auf ein Verschonen mit Strafe aus Mitleid oder Sympathie. Und in diesem Sinn wird es auch in der Bibel gebraucht. Wenn Gott Barmherzigkeit erweist, ist es immer im Einklang mit seinen anderen Eigenschaften und gerechten Maßstäben auch mit seiner Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit (Ps. 40:11; Hos. 2:19). Und da alle Menschen durch Vererbung Sünder sind und den Lohn der Sünde, den Tod, empfangen, ist es verständlich, daß Gottes Barmherzigkeit oft die Verzeihung von Irrtum oder die Erleichterung eines Urteils oder einer Strafe einschließt. Doch das hebräische und das griechische wie auch das deutsche Wort bezieht sich nicht allein auf Vergebung oder auf das Verschonen mit Strafe. Meistens bezieht sich der Begriff „Barmherzigkeit“ nicht auf eine negative Handlung, auf ein Verzichten (zum Beispiel auf Bestrafung), sondern auf eine positive Handlung, auf eine Äußerung von Rücksichtnahme oder Mitleid, um solchen, die benachteiligt sind und die der Barmherzigkeit bedürfen, Erleichterung zu verschaffen. Wie zu erwarten, zeigt die Bibel daher, daß die Barmherzigkeit Jehovas Gottes nicht eine Eigenschaft ist, die er nur dann anwendet, wenn Menschen vor seinem Richterstuhl stehen, weil sie irgendein Unrecht begangen haben. Vielmehr ist sie eine charakteristische Eigenschaft der Persönlichkeit Gottes und kennzeichnet sein übliches Verhalten gegenüber denen, die in Not sind. Sie ist ein Ausdruck seiner Liebe (2. Kor. 1:3; 1. Joh. 4:8).
14. Welches Licht werfen Jesu Taten der Barmherzigkeit auf die Bedeutung des Begriffes?
14 Das gleiche trifft auf Jesus zu. Er erwies nicht nur denen Barmherzigkeit, die ihm widerstanden oder die ihn beleidigten. Zu denen, die ihn veranlaßten, Barmherzigkeit und Mitleid zu bekunden, gehörten die Blinden, die von Dämonen Besessenen, die Aussätzigen und diejenigen, deren Kinder leidend waren (Matth. 9:27; 15:22; 17:15; Mark. 5:18, 19; Luk. 17:12, 13). Auf die flehentliche Bitte hin: „Habe Erbarmen mit uns“ wirkte Jesus Wunder, um ihnen Erleichterung zu verschaffen. Er tat dies nicht routinemäßig oder gleichgültig, sondern weil er „von Mitleid bewegt“ war (Matth. 20:33, 34).
15. Wie vergleicht Johannes Gottes Liebe mit der unsrigen?
15 Werden dadurch die Worte von Jakobus, dem Halbbruder Jesu, nicht noch bedeutungsvoller, der sagte: „Für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein.“? (Jak. 2:13). Gottes Barmherzigkeit uns gegenüber ist so groß, daß wir gezwungen sind, unseren Mitmenschen Barmherzigkeit zu erweisen, wenn auch unsere Äußerung der Barmherzigkeit im Vergleich dazu verhältnismäßig gering sein mag. Johannes sagte: „Geliebte, laßt uns einander weiterhin lieben, weil die Liebe aus Gott ist, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht kennengelernt, weil Gott Liebe ist. Dadurch wurde die Liebe Gottes in unserem Fall kundgemacht, daß Gott seinen einziggezeugten Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn Leben erlangen könnten. Die Liebe besteht in dieser Hinsicht nicht darin, daß wir Gott geliebt haben, sondern, daß er uns geliebt hat und seinen Sohn als ein Sühnopfer für unsere Sünden gesandt hat. Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, dann sind wir selbst verpflichtet, einander zu lieben“ (1. Joh. 4:7-11).
WIE WEIT GOTTES BARMHERZIGKEIT GEHT
16. Wie groß ist Gottes Barmherzigkeit zu uns im Vergleich zu der Barmherzigkeit, die wir anderen erweisen könnten und wie veranschaulichte Jesus dies in Matthäus 18:23-35?
16 Das mag manchmal schwierig erscheinen, und die Fehler oder die anscheinenden Schwächen unserer christlichen Brüder mögen derart sein, daß wir geneigt sind, das Erfordernis, Liebe zu üben und Barmherzigkeit zu erweisen, außer acht zu lassen und uns einzureden, daß Jesus bestimmt nicht meinte, wir sollten solch „extreme“ Fehler bei anderen übersehen. Doch Paulus zeigt, daß Gottes Liebe viel größer ist als die Liebe, die wir üben könnten, indem er sagt: „Gott aber empfiehlt seine eigene Liebe zu uns dadurch, daß Christus für uns starb, während wir noch Sünder waren“ (Röm. 5:8). Wieviel größer sind doch die Sünden, die Gott uns vergeben hat, als irgendwelche Sünden, die wir unseren christlichen Brüdern zu vergeben hätten! Und die Barmherzigkeit Gottes, die wir benötigen und die dadurch zum Ausdruck kommt, daß er eine Vorkehrung zur Erlösung geschaffen hat, kann keinesfalls mit der Barmherzigkeit gleichgestellt werden, die wir unseren Brüdern zu erweisen haben. Ist es da ein Wunder, daß sich Gottes Barmherzigkeit nicht auf solche erstrecken kann, die selbst nicht barmherzig sind? (Kol. 3:13; vergleiche Matthäus 18:23-35).
17. Wie könnten wir uns, obwohl wir Gott hingegeben sind, Gottes Strafgericht zuziehen, doch welche Zusicherung gibt Jakobus?
17 Folgende Frage ist daher für uns von schwerwiegender Bedeutung: Deckt Gottes Barmherzigkeit alle meine Sünden zu? Könnte ich von Gott wegen des Versäumnisses, anderen Barmherzigkeit und Liebe zu erweisen, verurteilt werden, selbst wenn ich mich Jehova Gott hingegeben, dies durch die Wassertaufe symbolisiert und dadurch an Gott die Bitte um ein gutes Gewissen gestellt habe? (1. Kor. 13:1-3). Jakobus warnte, wie bereits zitiert: „Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein.“ Doch Jakobus fügte dieser Ermahnung folgende tröstliche Zusicherung hinzu: „Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht“ (Jak. 2:13). Inwiefern? Und auf welche Weise könnten wir es schon heute, vor dem Tag des Gerichts, versäumen, Barmherzigkeit zu erweisen, und uns dadurch ein ungünstiges Urteil zuziehen?
18. Welches Beispiel für Barmherzigkeit können wir betrachten, nach welchem Muster der Barmherzigkeit richtete sich Joseph aus, und in welcher Hinsicht?
18 Ein hervorragendes Beispiel für Barmherzigkeit im vollen Sinne des Wortes finden wir bei Joseph, dem Lieblingssohn Jakobs. Aber Joseph folgte in der Barmherzigkeit, die er erwies, dem Beispiel, das Jehova gleichzeitig gab. Ob Joseph von Anfang an das volle Ausmaß der Barmherzigkeit Gottes ihm und dem Haushalt seines Vaters gegenüber erkannte, sagt der Bibelbericht nicht. Aber Joseph vertraute völlig darauf, von Jehova befreit zu werden, und ließ nie in seinem Entschluß nach, Jehovas Leitung zu folgen und sich streng an seine gerechten Erfordernisse zu halten, die er von seinem Vater Jakob gelernt hatte. Und immer, wenn Joseph in großer Not war, kam ihm Jehovas Barmherzigkeit zu Hilfe, so daß er zur gegebenen Zeit in die zweitprominenteste Stellung in der Welt seiner Tage gelangte, ja in eine solche Machtstellung, daß er sich, wenn er gewollt hätte, ungestraft an allen hätte rächen können, die ihn mißhandelt hatten. Er konnte seine Stellung aber auch gebrauchen, um für sie ein großer Segen zu sein. Wie Joseph Barmherzigkeit erwies, und zwar nicht nur gegenüber denen, die Unrecht begangen hatten, sondern in zartem Erbarmen und Mitgefühl auch gegenüber den Bedürftigen, und wie diese wahre Geschichte uns zeigen kann, inwiefern „Barmherzigkeit ... triumphierend über das Gericht“ frohlockt, soll der folgende Artikel zeigen. Es wäre sehr interessant und lehrreich, vorher sorgfältig 1. Mose, Kapitel 37 bis 47 zu lesen.
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Wie barmherzig bist du?Der Wachtturm 1974 | 15. November
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Wie barmherzig bist du?
1. Warum gibt es für die weitverbreitete Unbarmherzigkeit der gegenwärtigen Generation keine Entschuldigung?
IN DIESER Zeit der Unduldsamkeit und der Selbstsucht ist jemand, der barmherzig handelt, wirklich ein erfrischender Segen. Über den wahren Gott heißt es: „Jehova ist gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an liebender Güte. Jehova ist gut gegen alle, und seine Erbarmungen sind über alle seine Werke“ (Ps. 145:8, 9). Und Jesus ermahnte uns: „Fahrt fort, barmherzig zu werden, wie euer Vater barmherzig ist“ (Luk. 6:36). Welch eine Anklage gegen die gegenwärtige Generation sind daher die unerträglichen Zustände, die das Ergebnis der zahllosen Verdächtigungen, Rivalitäten und Feindseligkeiten sind, die unter den Völkern und Nationen herrschen!
2. Nur wem erweist Gott Barmherzigkeit, und warum?
2 In Sprüche 28:27 heißt es: „Wer dem Minderbemittelten gibt, wird keinen Mangel haben, aber wer seine Augen verhüllt, wird viele Flüche auf sich laden.“ Daraus geht hervor, daß Gott denen, die ‘ihre Augen verhüllen’, keine Barmherzigkeit erweisen wird. Gott ist nicht sentimental. Wenn er Barmherzigkeit erweist, handelt er immer im Einklang mit seinen anderen Eigenschaften und seinen gerechten Maßstäben, auch mit seinem Recht und seiner Heiligkeit (Hos. 2:19). Jemand, der auf Gottes Barmherzigkeit pocht und sich einbildet, Gott werde ihm weiterhin Barmherzigkeit erweisen, ganz gleich, was er tue, wird bitter enttäuscht werden. Wer durch seine Taten und seinen Lebenswandel Gottes gerechte Wege willentlich mißachtet, sündigt gegen Gott, und der wahre Gott wird mit Recht ‘seine Erbarmungen im Zorn verschließen’ (Ps. 77:9; Röm. 2:4-11).
3. Welche Fragen könnten uns helfen, zu beurteilen, wie barmherzig wir sind?
3 Jakobus, ein Halbbruder Jesu, erteilte eine begründete Warnung und gab gleichzeitig eine Zusicherung, als er schrieb: „Denn für den, der nicht Barmherzigkeit übt, wird das Gericht ohne Barmherzigkeit sein. Barmherzigkeit frohlockt triumphierend über das Gericht“ (Jak. 2:13). Wie barmherzig bist du? Fällt es dir leicht, Vergehungen zu übersehen, die gegen dich begangen werden mögen, oder fällt es dir schwer, so etwas zu vergessen? Bist du dir der Bedürfnisse derer, die um dich herum sind, bewußt, und tust du etwas für sie, oder muß man dich ständig darauf aufmerksam machen? Neigst du dazu, an den Beweggründen anderer zu zweifeln, oder kannst du anerkennen und glauben, daß andere aufrichtig und ohne Falsch sind? Neigst du dazu, dich mehr um die zu bemühen, die angesehen oder auf irgendeinem Gebiet besonders begabt sind, oder kannst du an rein geistigen Interessen wahre Freude finden? Würdest du, wenn du dich im Lichte dieser Fragen beurteilen solltest, feststellen, daß es dir an Barmherzigkeit fehlt? Die Antwort auf diese Fragen ist wichtig, denn, ganz gleich, ob wir uns persönlich darüber Gedanken machen oder nicht, Jehovas Gericht wird über uns als einzelne kommen, so, wie er es durch Jakobus hat zeigen lassen. Und nur demjenigen, der Barmherzigkeit geübt hat, wird Barmherzigkeit erwiesen werden, wenn er ins Gericht kommt.
4. Woran kann man einen barmherzigen Menschen erkennen?
4 Wer barmherzig ist, hegt keinen Groll; er ist bereit, sich mit Verurteilung und Bestrafung zurückzuhalten, wenn es die Umstände gestatten; er gibt großzügig sowohl in materieller als auch in geistiger Hinsicht; er denkt an die, die in Not sind, und kümmert sich um sie; er ist weder parteiisch noch stolz, noch eifersüchtig; er vollbringt Taten der Nächstenliebe und verteilt Gaben der Barmherzigkeit in Aufrichtigkeit und Demut, ohne sich zu rühmen; er wird in der Zusammenarbeit mit seinen Mitverbundenen nicht alles so ins einzelne gehend organisieren, daß sie für ihn lediglich Teile einer „Organisationsmaschine“ werden. Wer großzügig etwas von sich selbst gibt und nicht nur von seinen Besitztümern, wird nicht ohne Lohn bleiben — und gewiß nicht ohne Lohn von Jehova. Gottes Wort sagt: „Wer dem Geringen Gunst erweist, leiht Jehova, und Er wird ihm sein Tun vergelten.“ Und Jesus fügte diesem Spruch hinzu: „Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“ (Spr. 19:17; Matth. 5:7).
WER FÜR RECHTE GRUNDSÄTZE EINTRITT, ERLANGT GUNST
5. Wer war Joseph, und warum wurde er von seinem Vater besonders geliebt?
5 Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie jemand Jehovas Barmherzigkeit nachahmte, war Joseph, der Urenkel Abrahams und Sohn Jakobs oder Israels. Joseph wurde in Syrien geboren. Er war der erste von zwei Söhnen, die Jakob von seiner geliebten Frau Rahel hatte (1. Mose 30:22-24; 35:24). Da Jakob bei der Geburt Josephs einundneunzig Jahre alt war, war Joseph ein Sohn seines Alters und wurde von ihm mehr geliebt als seine älteren Brüder. Als Joseph etwa sechs Jahre alt war, verließ Jakob Paddan-Aram — wohin er gegangen war, um sich unter seinem eigenen Volk eine Frau zu suchen — und kehrte mit seiner ganzen Familie nach Kanaan zurück (1. Mose 31:17, 18, 41). Er wohnte eine Zeitlang in Sukkoth, in Sichem und in Bethel. Später, auf dem Weg von Bethel nach Bethlehem, starb Josephs Mutter, Rahel, während sie ihren zweiten Sohn, Benjamin, zur Welt brachte. Benjamin war daher Josephs einziger richtiger Bruder, während die anderen Söhne Jakobs seine Halbbrüder waren — Söhne Jakobs von Lea, der Schwester Rahels, und von Silpa und Bilha, den beiden Dienerinnen Leas und Rahels (1. Mose 33:17-19; 35:1, 5, 6, 16-19).
6. (a) Welchen Bericht brachte Joseph seinem Vater über seine Halbbrüder, und warum handelte er hierin nicht unbarmherzig? (b) Wie hatten Simeon und Levi bei einer früheren Gelegenheit bewiesen, daß es ihnen an Erbarmen fehlte?
6 Josephs zehn Halbbrüder traten nicht so für rechte Grundsätze ein, wie Joseph es von früher Jugend an tat. Als er siebzehn Jahre alt war, hütete er zusammen mit den Söhnen Bilhas und Silpas Schafe. Obwohl Joseph jünger war als seine Brüder, bekundete er mehr Eifer für die Interessen seines Vaters als diese Halbbrüder und brachte seinem Vater pflichtgemäß einen schlechten Bericht über sie (1. Mose 37:2). Er handelte dadurch nicht unbarmherzig, denn diese Brüder hatten einen Lauf des Unrechttuns eingeschlagen, und Jakob mußte darauf aufmerksam gemacht werden. Dieses Eintreten für gerechte Grundsätze mag dazu beigetragen haben, daß Jakob Joseph so sehr liebte. Doch statt daß sich Josephs Brüder sein gutes Beispiel zu Herzen nahmen, wurden sie eifersüchtig und bekundeten ihm gegenüber den gleichen harten Geist, der sie auch veranlaßt hatte, unter der Leitung Simeons und Levis die Männer von Sichem hinzuschlachten, die versucht hatten, freundschaftliche Beziehungen zu ihnen herzustellen, und die zu dieser Zeit völlig wehrlos waren. Obwohl Simeon und Levi, die Anführer dieses Überfalls, behaupteten, die Ermordung der Sichemiter sei gerechtfertigt gewesen, sagte Jakob zu ihnen: „Ihr habt mich in Verruf gebracht, indem ihr mich bei den Bewohnern des Landes zu einem Gestank macht.“ Und viele Jahre später verfluchte Jakob den Zorn Simeons und Levis, ‘denn er ist grausam, und ihren Zornausbruch, denn er handelt hart’ (1. Mose 34:1-31; 49:7). Weil sie unbarmherzig waren, als sie sahen, daß ihr Vater Joseph mehr liebte als alle seine Brüder und ein langes, gestreiftes hemdartiges Gewand für ihn anfertigen ließ (wie es vielleicht von angesehenen Personen getragen wurde), „vermochten [sie] nicht, friedlich mit ihm zu reden“ (1. Mose 37:3, 4).
7. Welche Träume hatte Joseph, und wie reagierten sein Vater und seine Halbbrüder darauf?
7 Im Laufe der Zeit hatte Joseph einen Traum, den er seinen Brüdern erzählte. In seinem Traum banden alle Brüder mitten auf dem Feld Garben, als sich plötzlich seine Garbe aufrichtete und die Garben seiner Halbbrüder sich ringsum stellten und sich vor seiner Garbe niederbeugten. Darauf sagten seine Brüder zu ihm: „Wirst du wohl gar König über uns werden?“ Und sie fanden neuen Grund, ihn zu hassen. Der Bericht fährt fort: „Danach hatte er noch einen anderen Traum, und er erzählte ihn seinen Brüdern und sprach: ,Seht, ich habe nochmals einen Traum gehabt, und seht, die Sonne und der Mond und elf Sterne beugten sich vor mir nieder.‘ Dann erzählte er es seinem Vater wie auch seinen Brüdern, und sein Vater begann ihn zu schelten und zu ihm zu sagen: ,Was bedeutet dieser Traum, den du geträumt hast? Werden wohl gar wir, ich und auch deine Mutter und deine Brüder, kommen und uns vor dir zur Erde niederbeugen?‘ Und seine Brüder wurden eifersüchtig auf ihn, aber sein Vater bewahrte das Gesagte.“ Jakob erkannte offensichtlich, daß die Träume eine Bedeutung haben könnten. Obwohl es den Anschein haben mag, daß sich Joseph gegenüber seinen Brüdern überheblich zeigte, erzählte er in Wirklichkeit nur das, was Jehova ihm geoffenbart hatte — ein Umstand, der seinen Brüdern weitere Gelegenheit gab, ihren Herzenszustand kundzutun (1. Mose 37:5-11).
EIFERSUCHT NÄHRT MÖRDERISCHEN HASS
8. Wie kam es, daß Joseph von zu Hause fort- und zu seinen Halbbrüdern ging, und wie dachten seine Brüder darüber?
8 Später hüteten seine Halbbrüder die Herde ihres Vaters in der Nähe von Sichem, während Jakob in Hebron wohnte. Jakob sorgte sich um ihr Wohl, vielleicht weil er an die Feindschaft dachte, die er und seine Söhne sich in dieser Gegend zugezogen hatten, als sie aus Syrien gekommen waren. Obwohl es für Joseph angesichts der feindseligen Einstellung seiner Brüder eine unangenehme Aufgabe gewesen sein muß, zögerte er nicht, sich im Auftrag Jakobs zu erkundigen, ob es ihnen und der Herde wohl erging. Er machte sie schließlich in der Nähe von Dothan ausfindig, aber bevor er zu ihnen herankommen konnte, erblickten sie ihn aus einiger Entfernung und planten einen Anschlag, um ihn zu Tode zu bringen (1. Mose 37:12-20).
9. Was hatte Ruben vor, doch was taten schließlich seine Brüder mit Joseph?
9 Ruben, Jakobs Erstgeborener, versuchte ihn aus ihrer Hand zu befreien, „um ihn zu seinem Vater zurückzubringen“, denn als Erstgeborener mußte er für Joseph haften (1. Mose 37:22-30). Anscheinend war Ruben nicht dabei, als eine Karawane von Ismaelitern vorbeizog, die auf dem Wege von Gilead nach Ägypten war. Juda schlug vor, man solle Joseph verkaufen, statt ihn zu töten und sein Blut zuzudecken. Seine Brüder waren einverstanden, und obwohl Joseph um Barmherzigkeit flehte, verkauften sie ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter. Darauf nahmen sie das lange Gewand Josephs, das er anhatte, schlachteten einen Ziegenbock und tauchten das lange Gewand in sein Blut. Als es später Jakob gezeigt wurde, war er überzeugt, daß sein Sohn von einem wilden Tier gefressen worden war, und sein Kummer war so groß, daß er sich weigerte, sich trösten zu lassen. Schließlich brachten die Kaufleute Joseph nach Ägypten, und dort wurde er an Potiphar, den Obersten der Leibwache Pharaos, als Sklave verkauft (1. Mose 37:21-36).
10. Inwiefern ist dies ein Beispiel für uns heute, und welchen Nutzen sollte Joseph schließlich aus seinen Leiden ziehen?
10 Dieser mörderische Haß, den Josephs Halbbrüder auf eine solch gewalttätige Weise bekundet hatten, und ihre Gefühllosigkeit und Sorglosigkeit ihrem Vater gegenüber sind ein warnendes Beispiel für jeden heute, der gegenüber seinen geistigen Brüdern in der Christenversammlung feindselige Gefühle hegen mag. Jesus sagte: „Jeder, der seinem Bruder fortgesetzt zürnt, [wird] dem Gerichtshof Rechenschaft ... geben müssen“ (Matth. 5:22). Joseph seinerseits wurde darauf vorbereitet, für sein Volk ein großer Segen zu werden, und die Leiden, die er erlebte, sollten ihn für diese große Verantwortung läutern.
JOSEPH BLEIBT DURCH JEHOVAS BARMHERZIGKEIT AM LEBEN
11. Wie reagierte Joseph auf seine schmerzlichen Erfahrungen, doch welche weiteren Prüfungen standen ihm noch bevor?
11 Joseph ließ nie zu, daß ihn seine schmerzlichen Erfahrungen verbitterten und bewirkten, daß er sich von dem wahren Gott abwandte. Im Gegenteil, er vertraute um so mehr auf die rettende und bewahrende Macht Jehovas, und deshalb wurden alle Werke seiner Hände gesegnet. Zur bestimmten Zeit wurde er wegen seines Eifers im Dienste Potiphars zum Aufseher in Potiphars Haus erhoben. Potiphars Frau versuchte wiederholt, aber erfolglos, Joseph zu verführen, der an seinem Entschluß, nicht gegen Gott zu sündigen, festhielt. Als sie sah, daß ihre Bemühungen umsonst waren, klagte sie Joseph fälschlich der versuchten Vergewaltigung an, und da Potiphar ihrer Geschichte glaubte, ließ er Joseph ins Gefängnis werfen (1. Mose 39:1-20).
12. (a) Wie wurde Joseph im Gefängnis behandelt, welches Erlebnis hatte er mit zwei Dienern Pharaos, und inwiefern wurde er dadurch ermutigt? (b) Welche Umstände führten zu Josephs Entlassung aus dem Gefängnis?
12 Eine Zeitlang behandelte man Joseph im Gefängnis streng (Ps. 105:17, 18). Doch wegen seines Eifers und seines Vertrauens zu Jehova wurde er mit weiterer Verantwortung belohnt, und sein beispielhaftes Benehmen unter widrigen Umständen führte dazu, daß man ihm eine Vertrauensstellung gab und ihn über die anderen Gefangenen als Aufseher einsetzte. Zu ihnen gehörten eines Tages auch zwei Diener Pharaos, der Oberste der Mundschenken und der Oberste der Bäcker. Später hatte jeder von ihnen einen Traum und war am nächsten Morgen niedergeschlagen, weil niemand da war der ihre Träume deuten konnte. Joseph zeigte Verständnis für ihre Lage, und nachdem er Jehova Gott die Ehre gegeben hatte, deutete er ihnen ihre Träume, und so, wie er es ihnen sagte, traf es ein. Der Oberste der Mundschenken erlangte nach drei Tagen wieder Pharaos Gunst, wohingegen der Oberste der Bäcker nach der gleichen Zeit gehängt wurde. Zweifellos fühlte sich Joseph ermutigt, als ihm Jehova seine Gunst erwies, indem er ihm die Deutung der Träume kundtat. Und zweifellos wurde er in seiner Überzeugung bestärkt, daß seine eigenen Träume ebenfalls göttlichen Ursprungs waren. Daher bat er den Obersten der Mundschenken eindringlich, bei Pharao ein Wort für ihn einzulegen, und dieser versprach es ihm. Doch nachdem der Mundschenk einmal aus dem Gefängnis entlassen worden war, vergaß er es, bis Pharao zwei Jahre später selbst Träume hatte, die er nicht verstehen konnte. Als keiner der Magie treibenden Priester Ägyptens in der Lage war, Pharaos Träume zu deuten, erinnerte sich der Mundschenk an seine Erfahrung mit Joseph und erzählte sie Pharao. Sogleich wurde Joseph aus dem Gefängnis geholt, damit er Pharaos Träume deutete (1. Mose 39:21 bis 41:14).
13. Was war die Deutung der Träume Pharaos, und wie wurde Joseph von Jehova für die Geduld, die er während seiner Prüfungen zeigte, belohnt?
13 Nun sollten die große Geduld, die Joseph bekundet hatte, und die barmherzige Einstellung, die er während seiner Prüfungen bewahrt hatte, belohnt werden. Nachdem er wiederum Jehova die Ehre gegeben hatte, deutete er die zwei Träume Pharaos und erklärte, sieben Jahren des Überflusses würden sieben Jahre Hungersnot folgen. Joseph teilte Pharao darauf mit, daß Jehova ihm eine Antwort des Friedens gegeben habe, und beschrieb im einzelnen, wie sich Pharao während der Jahre des Überflusses auf die Jahre der Hungersnot vorbereiten könnte. Pharao erkannte in Joseph selbst den fähigen Nahrungsmittelverwalter, der benötigt werden würde, setzte ihn in die zweithöchste Stellung im Königreich ein und gab ihm sämtliche Befugnisse, das Anlegen der Getreidevorräte für die Jahre der Hungersnot zu organisieren. Es wurden solch große Mengen gelagert, daß man schließlich aufhörte, sie zu zählen. Auch wurde Asnath, die Tochter Potipheras, eines Priesters von On, Joseph zur Frau gegeben, und sie gebar ihm zwei Söhne, Manasse und Ephraim (1. Mose 41:15-52).
ECHTE REUE ERMÖGLICHT BARMHERZIGKEIT
14. Welche Gelegenheit bot sich Joseph in seiner hohen Stellung, und wie wurde seine Barmherzigkeit auf die schwerste Probe gestellt?
14 Nun befand sich Joseph wirklich in einer beneidenswerten Stellung. Das Leben des Volkes von Ägypten, auch das Leben Potiphars und seiner Frau, war in seiner Hand. Aber keinem von ihnen drohte Gefahr. Joseph hatte sich bereits als ein versöhnlicher und barmherziger Mann erwiesen, der nicht rachsüchtig oder nachtragend war. Dennoch sollte seine Barmherzigkeit auf die schwerste Probe gestellt werden. Dazu kam es, als sich die Hungersnot auf der ganzen Erde ausgebreitet hatte und Menschen von der ganzen Erde nach Ägypten kamen, um Getreide zu kaufen. Als Joseph eines Tages seinen Pflichten nachging und barmherzig Nahrungsmittel an die hungernden Nationen wie auch an die Ägypter austeilen ließ, traten seine zehn Halbbrüder vor ihn und beugten sich vor ihm mit ihrem Angesicht zur Erde nieder. Sogleich erinnerte sich Joseph an die Träume, die er sie betreffend geträumt hatte, und obwohl er seine Brüder erkannte, machte er sich für sie unkenntlich und sprach nur durch einen Dolmetscher mit ihnen. Wie würde er sie behandeln? Nach über zwanzig Jahren war die Zeit für ihr Gericht herbeigekommen. Da sie ohne Barmherzigkeit gehandelt hatten, verdienten sie es, ohne Barmherzigkeit gerichtet zu werden, und da Joseph als Vertreter Jehovas amtete, konnte er nicht Jehovas Gerechtigkeit verletzen. Doch Joseph war nicht nachtragend, und er wußte, daß er Gott darüber, wie er sie behandelte, Rechenschaft ablegen müßte. Da er sich von der Weisheit von oben leiten ließ, stellte er sie auf die Probe (1. Mose 41:53 bis 42:8).
15. (a) Wie behandelte Joseph seine Halbbrüder, und was beabsichtigte er damit? (b) Wie reagierten seine Halbbrüder auf diese Wende der Ereignisse?
15 Er redete hart mit ihnen und beschuldigte sie, Spione zu sein, und als sie ihre Unschuld beteuerten und ihm erzählten, sie alle seien Söhne eines einzigen Mannes und ein weiterer Bruder befinde sich noch zu Hause, ließ er Simeon vor ihren Augen binden und erklärte ihnen, er müsse so lange in Gewahrsam bleiben, bis sie mit ihrem anderen Bruder zurückkehrten. Tief betroffen, ließen seine Brüder tiefe Reue erkennen, und sie nahmen dieses Unglück als gerechte Vergeltung von Gott an, „denn“, so sprachen sie untereinander, „wir sahen die Bedrängnis seiner [Josephs] Seele, als er uns um Erbarmen anflehte, wir aber hörten nicht“. Joseph, der zuhörte, ohne daß sie es wußten, war tief bewegt, wandte sich von ihnen ab und weinte. Ihre Prüfung war aber noch nicht abgeschlossen. Es durfte kein Zweifel mehr an der Aufrichtigkeit ihrer Reue bestehen. Als ihre Säcke mit Getreide gefüllt wurden, ließ Joseph heimlich das Geld, das sie bezahlt hatten, in die Säcke hineinlegen, und dann schickte er seine Brüder nach Hause, nur Simeon hielt er in Gewahrsam (1. Mose 42:9-28).
16. (a) Wie kam Benjamin schließlich nach Ägypten, und wie verhielt sich Joseph, als er ihn erblickte? (b) Auf welche letzte Probe stellte Joseph seine Halbbrüder, und was war das Ergebnis?
16 Schließlich waren ihre Getreidevorräte aufgebraucht, und es wurde notwendig, nach Ägypten zurückzukehren. Aber man hatte ihnen gesagt, sie dürften das Angesicht des Nahrungsmittelverwalters Ägyptens nicht wiedersehen, wenn sie nicht ihren Bruder mitbrächten. Jakob, der befürchtete, den einzigen übriggebliebenen Sohn seiner geliebten Frau Rahel zu verlieren, wie er schon Joseph verloren hatte, weigerte sich lange Zeit, ihn ziehen zu lassen, bis er schließlich keinen anderen Ausweg mehr sah. Juda verbürgte sich für ihn. Als sie vor Joseph erschienen und Joseph sah, daß sein Bruder Benjamin bei ihnen war, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Da seine inneren Empfindungen seinem Bruder gegenüber erregt waren, zog er sich in eine Innenkammer zurück und ließ seinen Tränen freien Lauf. Dann stellte er seine Halbbrüder auf die letzte Probe. Durch eine List ließ er den Anschein erwecken, daß Benjamin einen wertvollen Silberbecher gestohlen hätte, und verlangte, daß Benjamin als Sklave zurückgelassen werde, während die anderen zu ihrem Vater nach Hause zurückkehren durften. Ganz gebrochen und betrübt, da sie wußten, daß der Verlust seines geliebten Sohnes Benjamin das graue Haar ihres Vaters ins Grab bringen würde, flehten sie Joseph an, ihnen Benjamin um ihres Vaters willen zurückzugeben, und als sich Juda schließlich erbot, anstelle Benjamins in die Sklaverei zu gehen, konnte sich Joseph nicht länger beherrschen. Er brach in Tränen aus und gab sich seinen Brüdern zu erkennen. Er sagte: „Ich bin Joseph, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Jetzt aber grämt euch nicht, und seid nicht zornig auf euch, weil ihr mich hierher verkauft habt; denn zur Lebenserhaltung hat Gott mich vor euch hergesandt.“ Auf Pharaos Einladung hin traf Joseph dann Vorkehrungen, daß sein Vater Jakob mit seinem ganzen Haushalt nach Ägypten kommen konnte, und das Beste vom Lande Ägypten wurde ihnen gegeben (1. Mose 42:29 bis 47:31).
BARMHERZIGKEIT ÜBEN, UM AM TAGE DES GERICHTS ZU BESTEHEN
17. (a) Wodurch wird das Ausmaß und die Art der Barmherzigkeit Josephs besonders hervorgehoben, und wieso können wir ziemlich sicher sein, daß Barmherzigkeit eine charakteristische Eigenschaft Josephs war? (b) Wie können wir persönlich aus dem Beispiel Nutzen ziehen, das uns Joseph, Jesus und Stephanus gaben?
17 Das Ausmaß und die Art der Barmherzigkeit Josephs werden durch die Umstände, unter denen er sie bekundete, besonders hervorgehoben. Obwohl er von seinen Halbbrüdern grausam, ja mörderisch behandelt wurde, obwohl er von Potiphars Frau auf gemeine Weise falsch angeklagt wurde, obwohl ihn Potiphar zu Unrecht ins Gefängnis warf und obwohl der Oberste der Mundschenken, den er so mitfühlend getröstet hatte, gedankenlos und undankbar war und ihn vergaß, dachte Joseph nicht daran, sich zu rächen, als es in seiner Macht stand. Im Gegenteil, er sorgte liebevoll und mit tiefer und aufrichtiger Rücksichtnahme für all ihre Bedürfnisse und schenkte sein mitfühlendes Interesse dem gesamten Haushalt seines Vaters und der gesamten Nation Ägypten. Gewiß erlangte Joseph diese Eigenschaft der Barmherzigkeit nicht erst, nachdem er zu Ansehen und Macht gelangt war. Vielmehr ist die Barmherzigkeit, die Jehova ihm während seiner Prüfungen erwies, indem er ihn am Leben erhielt, ihn stützte und stärkte, ein Zeugnis für die nachsichtige und barmherzige Einstellung, die Joseph die ganze Zeit über bewahrt haben muß. Das scheint ganz gewiß zu sein, wenn man die Regel berücksichtigt, die Jesus aufstellte: „Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“ (Matth. 5:7). Als Jesus am Marterpfahl hing, ließ er kurz vor seinem Tod eine ganz ähnliche Einstellung erkennen, denn er sagte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Auch Stephanus hatte diese Einstellung, denn als er zu Tode gesteinigt wurde, rief er aus: „Jehova, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ (Luk. 23:34; Apg. 7:60). In jedem dieser Fälle belohnte Jehova die barmherzige Einstellung.
18. Wieso ist es für uns besonders wichtig, daß wir Barmherzigkeit üben?
18 Geht daraus nicht deutlich hervor, wieso wir daran interessiert sein sollten, barmherzig zu sein? Paulus versichert uns, daß „jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen“ wird (Röm. 14:12). Wie beruhigend ist es doch zu wissen, daß ‘Barmherzigkeit triumphierend über das Gericht frohlockt’! Wie es uns ergehen wird, wenn wir für uns selbst Gott und seinem ernannten Richter, Jesus Christus, Rechenschaft ablegen — ganz gleich, ob es zu irgendeinem kritischen Zeitpunkt in der Gegenwart oder während des schnell herannahenden Gerichtstages (2. Petr. 3:7) sein mag —, wird unter anderem davon abhängen, ob dann Beweise dafür vorliegen, daß wir in der Vergangenheit barmherzig waren. Wenn wir beständig das Gebot Jesu, unter allen Umständen Liebe zu üben, befolgen, wird es uns leichter fallen, dieser Voraussetzung zu entsprechen und gleichzeitig zu Jehovas Ruhm und zum Frieden der Versammlung beizutragen.
[Bild auf Seite 693]
Obwohl Joseph seine Brüder anflehte, barmherzig zu sein, verkauften sie ihn für zwanzig Silberstücke an die Ismaeliter.
[Bild auf Seite 695]
Obwohl Joseph von seinen Brüdern unbarmherzig behandelt worden war, rächte er sich nicht, sondern erbarmte sich seiner reuigen Brüder und sorgte für all ihre Bedürfnisse.
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Keine geistige „Energiekrise“ für die VerständigenDer Wachtturm 1974 | 15. November
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Keine geistige „Energiekrise“ für die Verständigen
HEUTE herrscht in vielen Ländern eine „Energiekrise“. Für manche Leute bedeutet das, daß sie weniger Auto fahren können, da das Benzin knapp ist. Kraftstoff wird auch benötigt, um die riesigen Generatoren zu betreiben, die der Stromerzeugung dienen. Viele Leute versuchen daher, Energie zu sparen, indem sie jede unnötige Beleuchtung ausschalten.
Es gibt indes ein Licht, das nicht von den übrigen Energiequellen abhängig ist. Dankbare Personen, die dieses Licht besitzen, weigern sich, es auszulöschen oder es zu dämpfen. Sie lassen in geistigem Sinne ‘ihr Licht leuchten’ (Matth. 5:14-16).
An diese Personen dachte Jesus Christus, als er das Königreich Gottes mit zehn Jungfrauen verglich, die zu einem Hochzeitsfest eingeladen worden waren. Er beantwortete mit diesem Gleichnis zum Teil die Frage: „Was wird das Zeichen deiner Gegenwart und des Abschlusses des Systems der Dinge sein?“ (Matth. 24:3). Die Tatsachen zeigen, daß wir jetzt in den „letzten Tagen“ leben; daher sollte uns die Erfüllung des vorhergesagten „Zeichens“ interessieren.
Alle zehn Jungfrauen hatten Lampen; wahrscheinlich waren es Gefäße mit einer Schnauze und einem Docht an einem Ende und einem Griff am anderen Ende. Sie mögen mit Olivenöl gefüllt gewesen sein, das allgemein als Brennstoff für die Beleuchtung benutzt wurde. Da der Bräutigam ausblieb,
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