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    Der Wachtturm 1950 | 1. August
    • Zeiten und Orte der Versammlungen. An andern Tagen wird es Versammlungen in andern Sprachen geben.

      Wohnwagen- und Zeltlager. Es ist eine Freude, mitzuteilen, dass in der Butterworthfarm, Old New Brunswick Road, beim New Market, N. J., ein Lager errichtet wird. Es besteht die Hoffnung, dass Vorträge vom Yankee-Stadion durch Telephonlinien ins Lager übermittelt werden, zum Wohle der dort Diensttuenden, doch um den richtigen Segen zu erhalten kommt täglich ins Yankee-Stadion.

  • Sacharja dringt trotz Verbot auf Gottesdienst
    Der Wachtturm 1950 | 1. August
    • Sacharja dringt trotz Verbot auf Gottesdienst

      WARUM bewirkte Jehova Gott die Freilassung der jüdischen Gefangenen in Babylon, damit sie in ihr Heimatland zurückkehren konnten? Warum wurden sie nach Juda und dem Berg Zion zurückgeführt, nachdem ihre Hauptstadt Jerusalem siebzig Jahre verödet gelegen hatte? Geschah es um ihrer sogenannten politischen Unabhängigkeit willen? Nein, sondern zur Wiederherstellung des Gottesdienstes in Übereinstimmung mit dem Theokratischen Gesetz. Der Erlass hierzu im ersten Jahre, da Kores die volle Macht über Babylon innehatte, lautete: „So spricht Kores, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat Jehova, der Gott des Himmels, mir gegeben; und er hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen zu Jerusalem, das in Juda ist. Wer irgend unter euch aus seinem Volke ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem, das in Juda ist, und baue das Haus Jehovas, des Gottes Israels, (er ist Gott) in Jerusalem.“ — Esra 1:1-3.

      Demgemäss unternahmen im Jahre 537 v. Chr. nahezu 50 000 geweihte Anbeter Jehovas die gefahrvolle Rückreise in ihr verödetes Heimatland. Serubbabel wurde zum Landpfleger dieses wiederhergestellten Überrests eingesetzt, und im Werk des Wiederaufbaus des Tempels war der Hohepriester Josua oder Jeschua in hervorragender Weise mit ihm verbunden. Im zweiten Jahre ihrer Rückkehr war die Grundlage des neuen Tempels zur Anbetung und zum Dienste Jehovas gelegt worden. — Esra 2:1, 2, 64-70; 3:1-4, 8-11.

      Zu dieser Zeit setzte der Widerstand gegen den Wiederaufbau des Tempels unter den heidnischen Nationen Palästinas ein. Man betrieb eine offizielle Verfolgung der Tempelbauer und suchte alle Tage des Königs Kores ihre Arbeit aufzuhalten. Dann sandte man gemeinsam einen Brief an den Nachfolger Kores’, an den König Artaxerxes (Artasasta), und beschuldigte die Tempelbauer aufrührerischer Bestrebungen wider den politischen Staat. König Artaxerxes glaubte dieser Anklage. Im Widerspruch mit dem Gesetz der Meder und Perser erliess er eine Gegenverfügung gegen den Tempelerlass des Kores, was das Tempelwerk zum Stillstand brachte. „[Es] unterblieb bis zum zweiten Jahre der Regierung des Königs Darius von Persien.“ — Esra 4:1-24.

      Dies bedeutet, dass das Werk des Wiederaufbaus des Tempels sechzehn Jahre lang müssig gelegen hatte. „Und Haggai, der Prophet, und Sacharja, der Sohn Iddos, die Propheten, weissagten den Juden, die in Juda und in Jerusalem waren; im Namen des Gottes Israels weissagten sie ihnen.“ (Esra 5:1) Von den zwei Propheten war Haggai der Ältere, und er ging voran, indem er die Juden zur Tätigkeit im Dienste Gottes, zum Bau des Hauses Jehovas, anspornte. In weniger als vier Wochen nach seinem einleitenden Posaunenstoss wurde das Tempelwerk wieder aufgenommen, und dies trotz dem Reichsverbot! Zwei Monate nachdem Haggai mit seinen kraftvollen Ermahnungen begann, stimmte der jüngere, zeitgenössische Prophet Sacharja mit ein: „Im achten Monat, im zweiten Jahre des Darius, geschah das Wort Jehovas zu Sacharja, dem Sohne Berekjas, des Sohnes Iddos, dem Propheten.“ — Sach. 1:1.

      Aus dem oben Erwähnten geht hervor, dass Sacharja der Enkel Iddos und der Sohn Berekjas war. Die Tatsache, dass Sacharja Priester und auch Prophet war, geht aus Nehemia 12:12, 16 hervor. Als er seinen prophetischen Dienst im Jahre 520 v. Chr. begann, war er noch ein junger Mann, und er verharrte mindestens zwei Jahre darin, nämlich bis 518 v. Chr. — Sach. 2:7; 7:1.

      Sacharja, der sich sowohl an Josua wie Serubbabel wandte, die Christus Jesus, den Hohenpriester und Haupteckstein des Hauses Gottes, vorschatteten, schrieb: „Höre doch, Josua, du Hoherpriester, du und deine Genossen, die vor dir sitzen — denn Männer des Wunders [oder Zeichens] sind sie; denn siehe, ich will meinen Knecht, SPROSS genannt, kommen lassen. Denn siehe, der Stein, den ich vor Josua gelegt habe — auf einem Steine sieben Augen —, siehe, ich will seine Eingrabung eingraben, spricht Jehova der Heerscharen. . . .

      „Dies ist das Wort Jehovas an Serubbabel: Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht Jehova der Heerscharen. Wer bist du, grosser Berg, vor Serubbabel? zur Ebene sollst du werden! Und er wird den Schlussstein (Hauptstein, Allioli) herausbringen unter lautem Zuruf: Gnade, Gnade ihm!“ „Die Hände Serubbabels haben dieses Haus gegründet, und seine Hände werden es vollenden; und du wirst erkennen, dass Jehova der Heerscharen mich zu euch gesandt hat.“ — Sach. 3:8, 9; 4:6, 7, 9.

      Und als die Juden sich als Folge des prophetischen Ansporns von neuem in das Wiederaufbauwerk stürzten, was ergab sich da aus diesem Widerstand gegen den Erlass des politischen Staates? Die Feinde wandten sich an König Darius, um diese anscheinenden Gesetzesübertreter zu bestrafen, doch mutig machten die Tempelbauleute geltend, dass die ihnen von Gott gegebene Arbeit nicht gegen die Interessen des Staates, sondern vollkommen gesetzmässig sei, indem sie dem ursprünglichen Erlass des Königs Kores entspreche. Darauf wandte sich König Darius zu den Grundgesetzen und liess in den Staatsarchiven nachforschen. Der Erlass des Königs Kores wurde entdeckt. Er musste aufrechtbleiben und durchgeführt werden gemäss der Vorschrift des Gesetzes der Meder und Perser, das sich nicht änderte. Das Werk des Tempelbaus wurde beendet, während die Feinde verärgert zuschauten. Und was noch schlimmer war, sie erhielten vom König Befehl, im Tempelwerk Hilfe zu leisten. Im zwölften Monat, dem Monat Adar, im sechsten Jahre des Königs Darius (516 v. Chr.) wurde der wiederaufgebaute Tempel vom Überrest mit grosser Freude eingeweiht, und Jehovas Wort und Name waren gerechtfertigt.

      Eine eingehendere Betrachtung des prophetischen Buches, das Sacharja unter Inspiration schrieb, zeigt, dass es in zwei allgemeine Teile eingeteilt ist: Kapitel 1-8 und Kapitel 9-14. Der erste Teil besteht zur Hauptsache aus einer Reihe von Visionen, die sich allgemein auf den Tempel und die Hoffnungen beziehen, die sein Wiederaufbau erweckte, und endet mit einer Rede, worin Antwort gegeben wird auf Fragen, die über gewisse Feste gestellt werden. Den Inhalt zusammenfassend: der Prophet sieht, wie Reiter des Herrn die Dinge auf Erden mustern und hört die Verheissung von der Vollendung des Tempels und der Wohlfahrt Jerusalems; er sieht die vier Hörner, die Israel zerstreuten, und die vier Werkleute, welche die Hörner vernichten sollen; er hat ein Gesicht von einem Mann mit einer Messschnur in seiner Hand, der sich Jerusalem nähert und das Wachstum und die Wohlfahrt Jerusalems voraussagt, ferner wie sich andere Nationen dem Herrn anschliessen; er hört, wie Satan gescholten wird und sieht, wie die schmutzigen Kleider des Hohenpriesters Josua durch herrliche Feierkleider ersetzt werden. Ein goldener Leuchter mit sieben Lampen, an dessen Seite zwei Ölbäume stehen, um ihn mit Öl zu versehen, grüsst als nächstes das weitgeöffnete Auge, und er hört den Zuruf „Gnade, Gnade“, der das Hervorbringen des Tempel-Hauptsteins ankündigt; er sieht im Gesicht eine fliegende Rolle, auf welcher der Fluch verzeichnet steht, der über jene kommt, die Gott berauben und jene, die ihm falsch schwören; er beobachtet, wie die babylonische Bosheit aus den Reihen des wiederhergestellten Überrestes Gottes entfernt wird. Schliesslich erscheinen vier mit Rossen bespannte Wagen als Sinnbild von Gottes Kriegsorgansiation, und Gottes Tempel-Erbauer wird als „Der Spross“ gekennzeichnet, der Priester sein wird auf seinem Throne.

      Die letzten zwei Kapitel dieses ersten Teiles geben die Antwort, dass Feste des Weinens und Selbstbedauerns Zeiten der Freude und Fröhlichkeit weichen müssen, dass das wiederhergestellte Zion gedeihen soll und dass Menschen aus allen Nationen „den Rockzipfel eines jüdischen Mannes“ ergreifen werden, um mit ihm nach Jerusalem zu gehen, weil Jehovas Segen auf seinem Volke ruht.

      Der zweite Teil der Prophezeiung Sacharjas, Kapitel 9-14, hat den gewohnten prophetischen Ton und Charakter, im Gegensatz zu dem ihm vorausgehenden Teil, der ähnlich wie die Prophezeiungen von Daniel und Hesekiel, aus Visionen besteht. Manche Bibelkritiker behaupten, dass dieser letztere Teil wegen seines veränderten Stils und anderer angeblich innerer Beweise von einem andern als Sacharja geschrieben worden sei, von einem, der viel früher gelebt habe als Sacharja. Auf jene, die nicht nur die Erfüllung der Prophezeiungen im Kleinen, sondern deren noch wichtigere Erfüllung im Grossen verstehen, machen solch abwegige Argumente keinen grossen Eindruck. Der entschiedene Wechsel im Thema erklärt mit Leichtigkeit den Wechsel in der Behandlungsart und im Stil. Ähnliche Ausdrucksformen und ähnliche prophetische Botschaften verbinden beide Teile. Was jedoch das Überzeugendste ist: der Schreiber des zweiten Teiles offenbart sein Wissen um die Schriften der Propheten nach der Vernichtung Jerusalems, bezieht sich aber beim Anspielen darauf auf die künftige gegenbildliche Erfüllung solcher Prophezeiungen. Folglich könnte der zweite Teil nicht von jemand geschrieben worden sein, der viel früher als Sacharja gelebt hätte, sondern muss gleich wie der erste Teil nach der jüdischen Verbannung verfasst worden sein. Zweifellos war es Sacharja, den Jehova dazu benutzte, alle vierzehn Kapitel des Buches, die den Namen dieses Propheten tragen, aufzuzeichnen.

      Dieser letztere Teil tut die Rache wider heidnische Nationen kund und prophezeit, wie Christus als König in Jerusalem auf einem Esel einreitet, zeigt die erdenweite Ausdehnung der Königreichsherrschaft an, das Sammeln seines Volkes, den Verrat Christi für dreissig Silberlinge, die Ausgiessung des Geistes Gottes auf seinen Überrest nach dessen Busse, die Schande falscher Propheten und die Zwecklosigkeit, ihre Identität zu verbergen, ferner den Fall zweier Teile des Volkes und die Errettung eines dritten Teils (eines Überrests) durch Läuterung. Das letzte Kapitel sagt den internationalen Angriff auf Jerusalem am Tage Jehovas voraus, das Spalten des „Ölberges“ als Zuflucht für sein Volk, Jehovas unbestrittenes Königtum über die Erde, die Plage, womit er die Gegner schlagen wird und die regelmässige jährliche Anbetung Jehovas durch das Volk und seine heilige Tempelorganisation.

      Manche von Sacharjas Prophezeiungen haben sich erfüllt, und die vollständige, gänzliche Erfüllung im Grossen liegt in nicht ferner Zukunft. Hinweise auf Sacharjas Prophezeiung finden sich in den Griechischen Schriften, was die Echtheit des Buches weiter bestätigt; man vergleiche Sacharja 8:16 mit Epheser 4:25; Sacharja 9:9 mit Matthäus 21:4, 5 und Johannes 12:14-16; Sacharja 12:10 mit Johannes 19:37; Sacharja 13:7 mit Matthäus 26:31 und Markus 14:27, woraus die Erfüllung solcher Prophezeiungen im Kleinen hervorgeht.

      Sacharja war Gott treu, und aus Treue drang er darauf, Gottes Werk zu tun, selbst angesichts des Reichsverbots. Weil er an Jehova und seinen Dienst dachte und an seiner Lauterkeit gegen Gott festhielt, wird ‚Jah seiner gedenken‘, und dies ist der Sinn des Namens Sacharja.

  • Besuch des Präsidenten im nördlichen Südamerika
    Der Wachtturm 1950 | 1. August
    • Besuch des Präsidenten im nördlichen Südamerika

      WÄHREND die Reisenden, der Präsident der Watchtower Society und sein Sekretär, in Panama weilten, hatten sie auch die Freude, mit fünf Geschwistern aus Neuseeland zusammenzukommen. Diese Pioniere waren unterwegs nach New York, um die nächste Klasse der Wachtturm-Bibelschule Gilead zu besuchen. Sie verbrachten während der ersten Zeit des Besuches der Brüder Knorr und Morgan einige wenige Tage im Missionarheim in Panama-Stadt. Die drei Brüder und zwei Schwestern blickten der Gelegenheit, das neue Bethelheim zu sehen und dann nach Gilead weiterzugehen, begierig entgegen. Hier jedoch erhielten sie einen kleinen Vorgeschmack des Lebens in einem Missionarheim und auch Aufschluss aus erster Quelle über das, was Missionare vollbringen können. Überdies konnten sie einen Teil der Versammlung in Panama-Stadt miterleben. Als Bruder Knorr einen der Neuseeländer sagen hörte „Too right!“, nachdem ein Verkündiger von Panama seine Freude über die gute Versammlung ausgedrückt hatte, erinnerte er sich wieder seines Besuches in Australien und Neuseeland. In den frühen Morgenstunden verliessen die Geschwister von Neuseeland das Missionarheim, um nach Miami (Florida) zu fliegen. Die Brüder Knorr und Morgan flogen einige Tage später vom selben Flughafen nach Kolumbien ab.

      KOLUMBIEN

      Samstag, 7. Januar, war ein klarer, heller Tag, und es war interessant, den Dschungel und das wellige Land unten zu sehen. Doch nicht lange, da erschienen die glitzernden blauen Wasser des Karibischen Meeres mit ihrer silbernen Küstenlinie. Dann schlug das Flugzeug südliche Richtung ein und flog landeinwärts, Medellín, Kolumbien, entgegen. Vor der Ankunft in Medellín überflog das Flugzeug einige sehr schöne Berge; die Täler aber schienen ganz unfruchtbar zu sein, die Erde rot und ausgebrannt. Während man aber seinen Blick vom Tal den Berg hinan gleiten lässt, sieht man, wie die Farbe allmählich wechselt und vom ausgebrannten Rot in Braun übergeht und von grünen Stellen durchbrochen wird; und wenn der Blick die Höhe des Berges erreicht, so ist die Farbe ein üppiges Waldgrün geworden. Interessant ist es, oben auf den Bergen die verstreuten Häuser und Anpflanzungen darum herum zu sehen, denn hier oben wachsen die Kulturen. Wer dem Äquator näherkommt, erwartet warmes Klima. Am besten ist es hier, in hoher Lage zu wohnen, weil da oben die Luft leichter ist und eine frische Brise weht und es dazu auch Regen und Sonnenschein gibt

      Medellín war der erste Halt, und es wurde nötig, hier von der Pan American- zur Avianca-Fluglinie hinüberzuwechseln. Während man sich dem Flughafen nähert, überfliegt das Flugzeug die wohlangelegte Stadt. Verstreut in dieser Stadt wie auch an ihrem Rande sieht man grosse Industrieanlagen. Das Gedränge und Getöse der Stadt macht sich schon im Flughafen bemerkbar wegen der vielen Flugzeuge, die ankommen und abfliegen und die alle sehr viel Passagier- und Frachtverkehr bewältigen. Nachdem wir einige Stunden auf die Ankunft des Flugzeuges gewartet hatten, kletterten etwa sechzig Passagiere an Bord des DC-4, und binnen kurzem wurden die zwei Reisenden von siebzehn Zeugen Jehovas aus Bogotá begrüsst, die an den Flughafen gekommen waren, um die Vertreter der Gesellschaft in ihrer Stadt willkommen zu heissen.

      Da die Brüder Morgan und Knorr in Bogotá spät am Nachmittag eintrafen, dauerte es nicht lange und schon kamen die Geschwister zur Samstagabendversammlung; 50 davon füllten den kleinen Königreichssaal. Es war um besondere Erlaubnis für den öffentlichen Vortrag nachgesucht und sie war von der Behörde auch erteilt worden. Einen öffentlichen Saal für den Anlass zu mieten, war unmöglich gewesen, und so wurden nur jene, mit denen Bibelstudien abgehalten werden, zum Vortrag eingeladen. Am Sonntagnachmittag war der Saal und das Esszimmer des Missionarheims mit 81 Personen gedrängt voll. Bruder Robert Tracy, der Watch Tower-Zweigdiener, leistete ausgezeichnete Arbeit im Dolmetschen vom Englischen ins Spanische. Auch Bruder George Dawkins, der für Bruder Morgan übersetzte, machte seine Sache sehr gut. Diese Brüder sind erst etwas über drei Jahre in Kolumbien, und es war gut zu sehen, wie sie zufolge ihres sorgfältigen Studiums und Übens die Sprache genügend erfasst haben, um nun als Dolmetscher zu dienen. Die dritte Zusammenkunft der dreitägigen Versammlung fand am Montagabend statt, und 61 Geschwister und Menschen guten Willens versammelten sich, um weiteres über das Wort des Herrn zu hören.

      Nachdem wir die Probleme des Missionarheims mit den sechs dortigen Geschwistern (drei waren gegen Ende Dezember eben angekommen) besprochen hatten, wurde befunden, dass ein grösserer Königreichssaal nötig sei. Alle Anstrengungen werden gemacht werden, um in eine neue Wohnung zu ziehen, damit das Lokal im Missionarheim für mehr Leute gross genug sei. Es ist anzunehmen, dass es in dieser Stadt, die mehr als 2500 m über dem Meer liegt, Hunderte von Menschen gibt, welche Diener des Evangeliums werden, sofern sie die Gelegenheit erhalten, zu studieren und die Wahrheit kennenzulernen. Noch weitere Missionare sind nötig, und es muss noch mehr Arbeit getan werden. Die Stadt Bogotá wächst rapid, und es ist dort sehr angenehm zu wohnen, wenn auch die kühlen Nächte verlangen, dass man unter zwei oder drei Wolldecken schläft, damit einem wohl sei. Bruder Knorr bemerkte manche Veränderung seit seinem letzten Besuch in Bogotá. Es sind in der Stadt viele grossartige Verbesserungen gemacht worden: Strassen wurden gepflastert, prächtige Boulevards erbaut; moderne elektrische und Benzin-Busse sieht man in der ganzen Stadt in Betrieb, und im Stadtinnern ist ein schönes Bauprogramm im Gange. Das Bauen wurde hauptsächlich nötig wegen der Verwüstung, welche die Feuersbrunst im Frühjahr 1949 angerichtet hatte. Dieser Brand wurde von aufrührerischen Volksmengen inszeniert, die über die Ermordung einer populären politischen Person erbost waren. Die Verheerung war schrecklich. Aber die Kolumbier lassen solche Trümmer nicht einfach liegen. Sie räumen auf mit der Sache und machen ihre Stadt schöner denn je. Die Strassen sind breiter, und das Stadtzentrum gewinnt einen neuen Anblick.

      In ganz Kolumbien hat beträchtliche politische Unruhe geherrscht, und alles steht unter der Macht der Armee. Jeder wartet ab, um zu sehen, was der neue Präsident tun wird, wenn er im August 1950 sein Amt antritt. Die Verhältnisse für das Predigen des Evangeliums sind bestimmt günstig, denn wenn die Menschen trauern, ist es gut, ihnen die Hoffnung auf das Königreich zu bringen. Unter solchen Umständen sind sie gewöhnlich aufnahmefähiger. Wenn die Menschen mit dem Studieren des Wortes Gottes einmal begonnen haben und die Segnungen der neuen Welt wertzuschätzen beginnen, werden sie ‚zu gelegener und ungelegener Zeit‘ zu predigen wünschen, wie Paulus dies dem Timotheus angeraten hat.

      Der Besuch der Vertreter der Gesellschaft in Bogotá war viel zu kurz, doch waren in Barranquilla, im zweiten Missionarheim, Versammlungen anberaumt. So flog denn am Dienstagmorgen um 9.30 Uhr der Zweigdiener mit den zwei Brüdern aus New York nordwärts nach dieser Küstenstadt Kolumbiens. Eine der spannendsten Sensationen und wahrscheinlich einer der fesselndsten Anblicke der Welt bietet sich einem, wenn man Bogotá im Flugzeug verlässt, um nach Barranquilla zu fliegen. Zehn Minuten nach dem Abflug überkreuzt man das schöne Plateau, auf dem die Stadt Bogotá liegt. Dann erreicht man den Rand des Plateaus, und plötzlich fällt das Terrain viele Tausend Fuss in die Tiefe. Es erscheint dem Reisenden, als ob die Maschine sich hoch in die Lüfte schwinge und auf beinah wundersame Weise Höhe gewinne; Tatsache aber ist, dass unten die Erde dem Flugzeug entflohen ist. Die zerklüfteten Gipfel waren eine Sehenswürdigkeit. Plötzlich sind sie vor einem und sind dadurch um so Scheu einflössender. Gottes Schöpfermacht hat bestimmt die Erde herrlich gemacht. Wie wird es erst sein, wenn Gott den Menschen unterweist, wie er seine Heimat zum Paradiese machen soll?

      Im Flughafen in Barranquilla warteten die vier Missionare dieser Stadt zusammen mit dreissig andern Verkündigern, die mit dem Bus herausgekommen waren, um die Brüder aus Bogotá zu empfangen. Vielleicht macht es das Klima, aber die Gruppenverkündiger hier schienen wärmer und begeisterter zu sein über den Besuch und das Werk des Predigens des Evangeliums als ihre Geschwister in Bogotá. Wenn man in den Königreichssaal eintritt, der sich im Missionarheim befindet, sieht man als etwas vom ersten die Angabe, dass die Gruppe dort kürzlich eine neue Höchstzahl von 81 Verkündigern erreicht hat, ferner dass jeder Verkündiger im Monat durchschnittlich 17 Stunden erreicht und die durchschnittliche Zahl der Heimbibelstudien 0,9 beträgt, also nahezu ein Studium für jeden Gruppenverkündiger. Kein Wunder, dass sie so begeistert waren, denn in Barranquilla geht das Werk voran! Dieses Gefühl herrschte während des ganzen Besuches vor. Eine Versammlung der Gruppe war für jeden Abend veranstaltet worden, und 94 lauschten aufmerksam auf die Worte des Rats, die ihnen die Brüder Morgan und Knorr über das jetzt zu tuende Werk gaben, und auf die hilfreichen Winke zu ihren organisatorischen Problemen.

      Die Geschwister fragten, ob sie den öffentlichen Vortrag durch Radio bekanntmachen dürften und noch durch andere Mittel ausser durch Flugzettelverteilung und das Verabfolgen von Einladungen an Personen, mit denen sie Bibelstudien abhalten. Bruder Knorr sagte ihnen aber, dass der Saal bei einer solchen Begeisterung der Gruppenverkündiger offenbar schon durch ihre persönliche Tätigkeit bis zum Überfliessen voll würde. Dies bewahrheitete sich, und so wurde für die Ankündigung des Vortrages „Freiheit den Gefangenen“ nicht noch extra Geld ausgegeben. Ehe der Vortrag am Mittwochabend begann, war der Saal denn auch fast voll. Die Zählung ergab, dass 261 anwesend waren, Kinder unter dem Alter des Verständnisses nicht eingerechnet. Der Saal wurde gedrängt voll, und einige standen in der Vorhalle. Die Zuhörer zollten ausgezeichnete Aufmerksamkeit, und die Geschwister waren über das Ergebnis gewiss hoch erfreut. Dies war der grösste öffentliche Vortrag der Zeugen Jehovas in Barranquilla, ja in der Tat in ganz Kolumbien. Er führte jedermann vor Augen, dass es Interessierte in der Stadt gibt, und die Zeit ist nun gekommen, ihnen die Königreichsbotschaft zu bringen. Man hatte erwartet, dass Barranquilla unerträglich heiss sein werde, da es ganz an der Küste und sozusagen auf der Höhe des Meeresspiegels liegt; doch eine ständige Brise vom Karibischen Meere her machte den Besuch höchst angenehm. Sie bedeutete auch für den öffentlichen Vortrag eine wunderbare Hilfe, weil die Leute im vollgepfropften Saal nicht unter der üblichen Schmachthitze zu leiden hatten.

      Gegenwärtig gibt es nur neun Missionare in Kolumbien. Die Gesellschaft könnte mit Leichtigkeit 25 weitere in den hauptsächlichsten Städten dieses Landes gebrauchen, das nahezu elf Millionen Einwohner zählt. Die Gesellschaft hat sich in den letzten vier Jahren fleissig bemüht, Missionare dort zu behalten, aber aus diesem oder jenem Grunde haben mehr als fünfzehn ihr Gebiet verlassen. Drei Jahre lang, von 1946 bis 1948, ist das Werk mit Bezug auf die Hilfe, welche Menschen guten Willens gegeben werden sollte, sozusagen stillgestanden. Im Jahre 1949 aber hat der Herr die Arbeit von nur acht schwer arbeitenden Missionaren gesegnet. Es besteht die feste Überzeugung, dass das Werk in diesem Lande viel weiter voran wäre, als es heute der Fall ist, und dass der Zuwachs mehr im Verhältnis stände zu den aufgewendeten Anstrengungen, wenn Geschwister, die Missionarvorrechte annehmen, eher in ihrem Werk beharrten, als sich in die Dinge der Welt verwickeln zu lassen, wie dies eine Anzahl in Kolumbien getan hat. Es war indes eine Freude, ein paar Tage mit den Geschwistern zu verbringen, die fleissig wirken, um die wahre Anbetung in Kolumbien auszudehnen. Durch des Herrn Gnade wird in ganz naher Zukunft noch viel mehr Arbeit getan werden. Am Morgen des 12. Januar reisten zehn Verkündiger mit uns an den Flughafen, und bald verabschiedeten wir uns und fanden uns unterwegs nach Maracaibo, Venezuela.

      VENEZUELA

      Hier wurde den Brüdern Morgan und Knorr wiederum ein grossartiger Empfang zuteil. Etwa fünfzig waren an den Flughafen gekommen. Kinder trugen Blumensträusse, und ein Pressephotograph war zur Stelle, um ein Bild aufzunehmen, das am nächsten Tag in der Zeitung erschien und die Ankunft des Redners bekanntgab, der im Freimaurer-Tempel über „Freiheit den Gefangenen“ sprechen sollte. Die zwei Reisenden begaben sich zusammen mit den in Maracaibo wohnenden Missionaren nach dem Heim, während die andern, die Gruppenverkündiger, ins Feld zogen, um Flugzettel zur Ankündigung des öffentlichen Vortrags zu verbreiten. Der Königreichssaal war viel zu klein für die Zusammenkunft, die für die Gruppen in der Nähe von Maracaibo veranstaltet worden war. Doch wurden Stühle im Patio hinter dem Hause aufgestellt, und 75 Personen lauschten den Vorträgen, die an jenem Abend von sieben bis neun Uhr stattfanden.

      Maracaibo ist eine florierende Stadt; die Ölproduktion macht sie zu einem sehr geschäftigen Ort. Am Freitagmorgen war es nötig, wegen Einreisevorschriften in die Stadt hinabzugehen und die Vorkehrung für die Reise bis zur nächsten Stadt nachzuprüfen, und die Brüder begaben sich bei dieser Gelegenheit auch auf den Markt, wo es sehr interessant war. In der Nahrungs-Abteilung hängt das Fleisch von den Eisenstangen direkt über den Ladentisch, und wenn jemand etwas kaufen will, muss er zuerst ein Bein oder sonst ein grosses Stück von einem Ochsen oder Schwein aus dem Wege schieben, um mit dem Mann hinter dem Ladentisch sprechen zu können. Wenn ein Missionar auf dem Markt arbeitet, mag es vorkommen, dass ein Kaninchen oder ein Huhn sich um seinen Hals legt, während er der Person im Stand Zeugnis gibt. Welch Gewimmel herrschte da, aber alle schienen leutselig und freundlich zu sein. Die Missionare haben eine Anzahl Bibelstudien mit Leuten, die auf dem Markt arbeiten. Jeder schien unterrichtet zu sein vom öffentlichen Vortrag an jenem Abend, und so freuten sich die Geschwister auf eine stattliche Zuhörerzahl. Man hatte gedacht, die Regenzeit sei vorbei, aber der Wettermann änderte seinen Sinn, und es hatte seit Beginn der Trockenzeit jeden Tag geregnet. Man hoffte, es werde am Nachmittag oder Abend kein Regen fallen, denn wenn es in Maracaibo regnet, gehen die Leute einfach nicht aus. Unglücklicherweise prasselte es gerade eine Stunde vor dem öffentlichen Vortrag darnieder, und das vermochte den Eifer von einigen etwas zu dämpfen. Trotzdem war der Saal voll; 132 besetzten die Plätze und einige wenige standen in der Eingangshalle.

      Die Geschwister waren so begeistert über das Kommen Bruder Knorrs, dass sie dachten, der Vortrag müsse über Radio gegeben werden, und so trafen sie hierfür Vorkehrung mit der Radiostation Ondas del Lago (was „Wellen des Sees“ bedeutet). Es musste eine besondere Erlaubnis zum Abhalten eines öffentlichen Vortrages erlangt werden, dazu eine Genehmigung, in englischer Sprache über Radio zu sprechen. Diese Erlaubnis wurde von der Behörde erteilt. Gerade eine Viertelstunde vor dem Vortrag erschienen die Radiotechniker, um den Kontakt herzustellen, damit die Ansprache in Englisch und Spanisch vom Freimaurer-Saal aus zur Sendestation übertragen werden konnte. Einige Minuten nach 20 Uhr begann die Veranstaltung. Etwa eine Viertelstunde, nachdem Bruder Knorr zu einem sehr aufmerksamen Publikum zu sprechen begonnen hatte, löschten alle Lichter im Gebäude aus. Die Zuhörer sassen plötzlich in Finsternis, und das Versagen des Stromes störte die Radiosendung. Bruder Knorr bat die Zuhörer, ruhig zu bleiben, und setzte seine Ansprache fort. Niemand ging hinaus mit Ausnahme der wenigen, die wegeilten, um zu sehen, was man tun könnte, um wieder Licht zu bekommen. Vorübergehend durchlief ein Gemurmel den Saal, doch alle beruhigten sich bald wieder und lauschten dem Vortrag von neuem. Wir erfuhren später, dass auf der Hauptlinie eine Sicherung durchgebrannt war. Der Hausverwalter ersetzte sie schnell wieder, und so befand sich die Zuhörerschaft nur etwa drei Minuten im Finstern. Innerhalb weniger Sekunden war der Strom wieder da, und Bruder Morgan hörte die englisch-spanische Ansprache von neuem durch den kleinen Radioapparat, womit er das Programm kontrollierte.

      Die Radioansprache ging während anderthalb Stunden sehr gut durch, sowohl in Englisch wie in Spanisch. Geschwistern, die am nächsten Tag von Haus zu Haus arbeiteten, wurde gesagt, dass man den öffentlichen Vortrag überaus geschätzt habe. Eine Frau sprudelte über vor Begeisterung über das, was sie gelernt hatte, und es bedurfte keiner Anstrengung, ihr ein Buch zu verabreichen und ein Studium zu vereinbaren. Sie hatte die Radioanzeigen gehört, die den öffentlichen Vortrag ankündigten, aber ihre Nachbarn hatten ihr abgeraten, den Vortrag im Freimaurer-Saal zu besuchen. Die Priester hatten ihren Nachbarn gesagt, Jehovas Zeugen seien „weisse Teufel aus den Staaten“. Doch ihre Neugierde gewann die Oberhand, und sie hörte sich den Vortrag an. Sie war bestimmt überglücklich über das, was sie gehört hatte und wollte weiteres hören. Andere Verkündiger berichteten, dass einige Leute der englischen Ansprache zugehört hatten, während wieder andere nur die spanische verstanden, überall wurden günstige Bemerkungen über die Radiosendung laut. Die Verkündiger des Ortes waren überaus glücklich zu wissen, dass der Radiovortrag gut vorübergegangen war, und sie hoffen, zufolge dieser Veranstaltung gute Ergebnisse zu erzielen.

      Die kleine Gruppe der Zeugen Jehovas von Maracaibo hat gut zugenommen, seitdem die Missionare dort vor einem Jahr begannen. Es gibt dort jetzt 36 Gruppenverkündiger. Fünf Missionare von Gilead helfen nun den Verkündigern in jener Stadt. Noch etwas, was die Geschwister dort freute, war der Umstand, dass die Zeitung Panorama del Diario ein weiteres Bild von Bruder Knorr, begleitet von seinem Dolmetscher, veröffentlichte, so wie sie im Freimaurer-Tempel gesprochen hatten. Der Kommentar lautete, dass die Ansprache sehr interessant gewesen sei. Jehovas Zeugen sind also in Maracaibo am Werk, und die Missionare und Gruppenverkündiger werden aus der geleisteten Bekanntmachung Nutzen ziehen und werden die Gefangenen von ihrem Aberglauben und ihren religiösen Ketten befreien helfen, indem sie fleissig Bibelstudien in den Wohnungen der Menschen guten Willens abhalten. Wieder einmal schien der Besuch zu kurz gewesen zu sein, doch hatte man das Empfinden, dass durch die Besprechung mit den Missionaren und die Behandlung einiger Probleme, die sich unter den Gruppenverkündigern ergeben hatten, viel Gutes bewirkt worden war.

      Am Samstagmorgen mussten sich die zwei Vertreter der Gesellschaft auf den Weg machen nach Caracas, der Hauptstadt von Venezuela. Eine Anzahl Geschwister waren am Flughafen in Maracaibo, um ihnen Lebewohl zu sagen, und um 11.15 Uhr eilte der Pan American Clipper die Piste hinab, dem See Maracaibo zu und dann hinaus zum Meer. Die zwei Reisenden liessen sich zusammen mit den andern Passagieren in die bequemen Sitze nieder, in dem Gedanken, dass sie in anderthalb Stunden weitere ihrer Mitarbeiter in der Hauptstadt treffen würden. Plötzlich schien das Flugzeug in der Luft einen Augenblick stillzustehen und dann wieder vorwärtszugehen. Etwas war verkehrt. Dasselbe geschah ein zweites und ein drittes Mal. Das Gefühl zu beschreiben, das man dabei hat, ist schwierig. Man stelle sich vor, man ziehe fest am Ende eines Seiles, während am andern Ende eine gleiche Kraft zieht. Plötzlich gibt die Kraft am andern Ende des Seiles einen Augenblick nach, und man fliegt zurück. Dann, wenn das Ziehen wieder beginnt, kehrt man in die ursprüngliche Lage zurück, fühlt dabei aber einen Ruck. Dies geschah mit dem Flugzeug dreimal, und die zwei Reisenden erkannten, dass ein Motor nicht richtig funktionierte. Einige Minuten nach diesem sah man, wie der Pilot das Flugzeug nach rechts umlenkte, landeinwärts, und sich nach rechts hielt, bis er die Umkehrung vollzogen hatte. Dann brachte er das Flugzeug in die rechte Richtung, um direkt auf den Flughafen loszusteuern, den wir erst eine Viertelstunde zuvor verlassen hatten.

      Bis zu dieser Zeit waren die Geschwister, welche den Reisenden das Abschiedsgeleite gegeben hatten, in die Stadt zurückgekehrt. Da die zwei Brüder nicht wussten, wie lange das Flugzeug zur Reparatur auf dem Boden blieb, konnten sie nichts tun als warten. In etwas mehr als zwei Stunden hatten die Mechaniker einige Teile des Motors herausgenommen und ersetzt. Als sie den Motor prüften, schien dieser in ausgezeichnetem Zustande zu sein. So reisten um 14 Uhr die Brüder Morgan und Knorr von neuem ab, um diesmal die Reise bis zum Flughafen in La Guaira glatt zu vollenden, welche Stadt der Seehafen für Caracas ist. Die Geschwister hatten dort auf die Reisenden gewartet und sich gefragt, was wohl geschehen sei, und sie waren sehr froh, sie zu sehen. Dann kam die interessante Fahrt den Berg hinan über den Zickzackweg, der sich wegen der vielen schroffen Schluchten, die es dieser Route entlang gibt, wendet und kehrt, einmal hierin, einmal dorthin. Doch war die Strasse viel besser im Vergleich zu ihrem Zustand, als Bruder Knorr sie vor dreieinhalb Jahren bei Anlass seines ersten Besuches befahren hatte. Für Bruder Morgan war alles neu und interessant. Schliesslich erblickte man die Stadt, etwa 900 m über dem Meer. In der Stadt Caracas gehen grosse Änderungen vor sich. Das Stadtzentrum ist so ziemlich niedergerissen worden und eine neue Super-Autobahn oder Boulevard, zum Teil unterirdisch, geht direkt durch das Stadtinnere. Schöne neue Bauten sind in Konstruktion, einige davon bereits vollendet. Caracas ist eine wachsende geschäftige Stadt, und die Missionare, denen jenes Gebiet zugeteilt worden ist, sind glücklich, in dieser Metropole das Wort zu predigen.

      Der Samstag war der zweite Tag der Kreisversammlung, und am Abend sollten die Brüder Knorr und Morgan sprechen. Das taten sie vor 110 Zuhörern. Welch ein Gegensatz zu der kleinen Versammlung, die einige Jahre früher in der kleinen Wohnung eines Interessierten abgehalten worden war. Jetzt im grossen Königreichssaal, in einer umgebauten Garage, war es interessant, einige der Geschwister zu treffen, die Bruder Knorr schon früher kennengelernt hatte, und sich so richtig über die glänzende Zunahme des Werkes zu freuen. Am nächsten Morgen symbolisierten zwölf Geschwister ihre Weihung durch die Wassertaufe. Für den Nachmittag war ein öffentlicher Vortrag anberaumt, aber da keine schriftliche Genehmigung erlangt worden war, damit Bruder Knorr zur öffentlichen Versammlung hätte sprechen können, gab ein einheimischer Evangeliumsdiener der Zeugen Jehovas den öffentlichen Vortrag über „Das einzige Licht“. Er tat es sehr gut, und jene, die dem Regen trotzten, nämlich 90, freuten sich sehr über die Ansprache. Später am selben Tage hellte sich das Wetter auf, und die Menschen guten Willens fühlten sich freier, zur Abendversammlung zu kommen, um nochmals die Brüder Knorr und Morgan zu hören. Dies war die grösste Zusammenkunft der Versammlung, nämlich 143.

      Alle Gruppenverkündiger stellten Fragen über ihren Pionierbruder, der nach Gilead gerufen worden war und den Kurs besuchen sollte, der gegen Ende Februar begann. Es wurde ihnen gesagt, er sei wohlauf und studiere fleissig Englisch und zudem ein etwas anderes Tempo, indem er hinüberwechsle von der langsameren lateinischen Art zur schnelleren Art unserer amerikanischen Brüder in der Druckerei. Während einer Reihe von Jahren hatten sich die Missionare in Caracas mit einem sehr bescheidenen Heim in einem ärmlichen Viertel der Stadt begnügen müssen, weil man einfach nichts anderes finden konnte. Etwa vor einem Jahre gelang es dem Zweigdiener, Bruder Baxter, schliesslich ein ganz liebliches Heim im besseren Stadtteil zu mieten. Die Geschwister sind sehr erfreut, anständige Lebensverhältnisse zu haben und auch einen schönen Königreichssaal, der jetzt, direkt mit dem Haus verbunden, viel zu klein ist. Tatsächlich musste anlässlich der Versammlung am Sonntagabend die Hälfte der Zuhörer im Eingang und vorderen Hof sitzen, wobei Lautsprecher sie bedienten. Wahrscheinlich wird binnen kurzem eine weitere Gruppe gebildet werden müssen, damit man sich des wachsenden Interesses annehmen kann. Das neue Missionarheim, ein grosses Haus, ist jetzt mit Missionaren gefüllt, denn gerade sind fünf neue angekommen. Es sind jetzt deren zehn in Caracas. Alle sind sehr begeistert über ihr Gebiet, und sie lieben das Volk und seine Sitten. Das einzige, was sie nicht lieben, sind die schrecklichen Auslagen — die Kosten für Nahrung und Kleidung. Venezuela ist gegenwärtig eines der teuersten Länder von ganz Südamerika, was die Lebenskosten betrifft. Doch nimmt sich die Gesellschaft durch das Missionarheim dieses Hindernisses an.

      Als Bruder Knorr im Jahre 1946 seinen ersten Besuch machte und als die ersten zwei Missionare mit der Arbeit dort begannen, gab es nur einen oder zwei gute Verkündiger. Bis am Ende jenes Jahres aber erstatteten dreizehn Bericht über geleistete Arbeit. Bis zum Ende des Dienstjahres 1949 gab es 91 regelmässige Verkündiger im Felde, und eine Höchstzahl von 132 war erreicht worden. Es bestehen Aussichten, dass es allein in der Stadt Caracas vor dem Ende des Dienstjahres 1950 100 Verkündiger geben wird, dazu guten Zuwachs in den sechs andern überall im Lande organisierten Gruppen. Wenn es möglich ist, wird die Gesellschaft am Ende dieses Dienstjahres weitere Missionare nach Venezuela entsenden und wird in verschiedenen grösseren Städten Missionarheime eröffnen. Es gibt unter den 3 1/2 Millionen Einwohnern in Venezuela eine Menge Arbeit zu tun.

  • Erfahrungen aus dem Felde
    Der Wachtturm 1950 | 1. August
    • Erfahrungen aus dem Felde

      AUSSÄTZIGEN IN AFRIKA PREDIGEN

      „Der wirkliche Missionardienst an der Goldküste zeitigt verschiedene Erfahrungen. Zusammen mit zwei andern Gileadabsolventen erhielt ich die Zuteilung, die Gruppe der Zeugen Jehovas in Ho zu besuchen und auch die nahe gelegene Aussätzigen-Siedlung. Um Mittag verliessen wir die Hauptstadt Accra mit dem Wagen. Etwa fünf Stunden später wurden wir in Ho warm willkommen geheissen. Bald begaben wir uns nach dem Zentrum der Stadt, um den öffentlichen Vortrag zu halten. Um diese Zeit war es dunkel. Wie dies oft der Fall ist, wurde der Vortrag draussen unter dem hellen, tropischen Mond und den funkelnden Sternen gehalten. Etwa 300 waren am Vortrag anwesend. Gab es eine Störung? Jawohl! Was für eine? Die Laterne, die dazu diente, Licht auf die Bibel des Redners und seine Notizen zu werfen, wurde auch einer Menge verschiedener Insekten zum Sammelpunkt, um den Redner auf ihre eigene Weise zu begrüssen!

      „Am nächsten Morgen waren wir unterwegs zur Aussätzigen-Siedlung, etwa fünf Kilometer weiter weg. Von den ungefähr 500 Aussätzigen verschiedener Religionsansichten in der Siedlung sind vier Zeugen Jehovas. Und wie glücklich waren sie, uns Gileadabsolventen zu sehen! Wir werden uns des Ausdruckes der Freude auf ihren Gesichtern noch länge erinnern, denn das ist eine der wenigen Arten, in der sie ihre Freude bekunden konnten, da sie uns nicht berühren durften. Das Zweigbüro hat diesen Geschwistern regelmässig Gratisexemplare des Wachtturms geschickt, und sie schätzen es sehr.

      „Nach einem Gespräch mit dem Inspektor der Siedlung wurde die Erlaubnis gegeben, den Anwesenden einen öffentlichen Vortrag zu halten. Alle lauschten aufmerksam. In physischer Hinsicht, zum Ansehen, war es kein liebliches Publikum. Da waren sie von jeder Altersstufe, und doch sahen einige der Jungen alten Männern gleich, und der Aussatz berührt jeden auf eine etwas andere Weise. Einer der Aussätzigen-Brüder übersetzte den Vortrag und dies war etwas, woran sich der Redner noch lange erinnern wird. Dieser Dolmetscher stand drei Fuss vom Redner entfernt und hatte die Bibel in der Ewesprache in der Hand. Seine Ohren waren vom Aussatz halb abgefressen, desgleichen seine Zehen. Seine Finger waren abgefressen bis zum zweiten Gelenk, und dennoch lag ein echtes Königreichslächeln auf seinem eingeschrumpften Gesicht. Als er Schrifttexte vorlesen musste, war es auffallend, wie schnell er die Texte trotz seiner Fingerstummeln fand. Er kannte seine Bibel.

      „Nach beendeter Ansprache plauderten wir mit den vier Zeugen selbst, und es war Zeit zur Abreise, denn wir mussten noch am selben Tag nach Accra zurückkehren. Unter den Eingeborenen herrscht der Brauch, sich mit einem begeisterten Händeschütteln zu grüssen und zu verabschieden, aber diese Verkündiger konnten das nicht tun. Sie kamen noch bis zur Grenze der Siedlung mit uns, und dann schieden wir, nachdem wir ihnen versprochen hatten, sobald als möglich wiederzukommen, um sie zu besuchen. Während wir die 160 Kilometer in südlicher Richtung nach Accra fuhren, konnten wir nicht anders, als uns noch mehr nach dem Kommen der neuen Welt mit ihren verheissenen Segnungen für alle gehorsamen Menschen zu sehnen.“

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