Wie man im 20. Jahrhundert Ereignisse des 1. Jahrhunderts datiert
1. Warum ist eine weitere Betrachtung biblischer Zeitangaben für uns wichtig?
IN DEN beiden vorangehenden Artikeln ist die Zuverlässigkeit des Geschichtsberichts der Bibel, der bis zur Erschaffung Adams zurückreicht, geprüft und bestätigt worden. Eine Betrachtung geschichtlicher Daten wäre jedoch unvollständig, wenn dadurch nicht auch festgestellt würde, wann Jesus und seine Apostel auf der Erde gewirkt haben, denn bestimmt hat kein anderer Mensch das Leben und das Geschick einzelner und ganzer Nationen mehr beeinflußt als er.
2. Was ist erforderlich, um das Datum eines Ereignisses des ersten Jahrhunderts bestimmen zu können?
2 Wie bereits erwähnt, kann man weder anhand des Gregorianischen Kalenders, der heute im Gebrauch ist, noch anhand des Julianischen Kalenders, der vor knapp 400 Jahren durch den Gregorianischen ersetzt wurde, feststellen, wann sich die in den Christlichen Griechischen Schriften beschriebenen Ereignisse abgespielt haben. Das ist deshalb nicht möglich, weil in der Bibel wichtige Ereignisse nach einer anderen Methode datiert wurden. Bevor wir also das Datum für ein in der Bibel erwähntes Ereignis nach dem heutigen Kalender angeben können, müssen wir einen gemeinsamen Ausgangspunkt haben, ein absolutes oder feststehendes Datum, das sowohl durch die Bibel als auch durch die Weltgeschichte bestätigt wird. Wenn wir soweit sind, können wir das Datum anderer geschichtlicher Ereignisse, die im Bibelbericht erwähnt werden, nach dem bürgerlichen Kalender bestimmen.
3, 4. (a) Wann wurde Tiberius Cäsar Kaiser? (b) In welchem Jahr begann demnach Johannes der Täufer zu predigen?
3 Nach dem Tod des Julius Cäsar machte sich dessen Adoptivsohn Gaius Octavianus auf geschickte Weise den römischen Senat gefügig, wandelte die Republik durch sein kluges Vorgehen allmählich in ein Kaiserreich um und schwang sich schließlich zum ersten römischen Kaiser auf. Im Jahre 27 v. u. Z., auf dem Weg zu seiner Vergöttlichung, legte sich Octavianus den religiösen Ehrentitel Augustus bei. Er hat sich auch dadurch einen Namen gemacht, daß er den Monat Sextilis im Julianischen Kalender nach seinem Namen umbenannte und den Februar um einen Tag kürzte, damit der August gleich viele Tage habe wie der nach seinem Vorgänger, Julius Cäsar, benannte Juli. Am 19. Tag des nach ihm benannten Monats August, im Jahre 14 u. Z. (Julianischer Kalender; 17. August, Gregorianischer Kalender), starb Cäsar Augustus. Am selben Tag gelangte Tiberius, sein Stiefsohn und Schwiegersohn, auf den Thron.
4 Der 19. August des Jahres 14 u. Z. (Julianischer Kalender) ist daher ein feststehendes, unumstrittenes Datum in der römischen Geschichte. Es besteht daher nicht der leiseste Zweifel darüber, in welchem Jahr Johannes der Täufer in der Wildnis der Jordangegend zu predigen begann, denn nach dem Bericht des Geschichtsschreibers Lukas war es im „fünfzehnten Jahr der Regierung des Tiberius Cäsar“. (Luk. 3:1) Dieses „fünfzehnte Jahr“ endete am 16. August 29 u. Z. (Gregorianischer Kalender). In diesem Jahr, offenbar im Frühling, begann Johannes der Täufer sein Werk.
5. Wieso läßt uns Lukas nicht im Zweifel darüber, wann Johannes der Täufer seinen Dienst antrat?
5 Lukas, der wahrscheinlich damit rechnete, daß Gegner seinen Bericht über dieses wichtige Ereignis anfechten könnten, untermauerte diesen so gut, daß nicht der geringste Zweifel an dessen Geschichtlichkeit aufkommen konnte. Nach der Erwähnung, daß es im „fünfzehnten Jahr der Regierung des Tiberius Cäsar“ gewesen sei, berichtet er von sechs weiteren bedeutenden Herrschern, die zur selben Zeit im Amt waren; er schreibt: „Als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war [27—37 u. Z.] und Herodes Bezirksherrscher von Galiläa [bis 40 u. Z.], sein Bruder Philippus aber Bezirksherrscher des Landes Ituräa und Trachonitis [bis 34 u. Z.], und Lysanias Bezirksherrscher von Abilene, in den Tagen des Oberpriesters Annas und Kaiphas [ungefähr von 18—36 u. Z.].“ (Luk. 3:1, 2) Dadurch, daß er diese Reihe von Herrschern anführte, die alle im fünfzehnten Jahr der Regierung des Tiberius an der Macht waren, nahm er Zweiflern jede Möglichkeit, anhand der römischen und jüdischen Geschichte zu beweisen, daß die Dienstzeit des Johannes nicht im Jahr 29 u. Z. begann.
SIEBZIG JAHRWOCHEN
6. Welches wichtige Ereignis fiel ebenfalls in das Jahr 29 u. Z.?
6 Das Jahr 29 u. Z. ist für uns nicht nur deswegen von Interesse, weil Johannes der Täufer damals zu verkündigen begann: „Bereut, denn das Königreich der Himmel [oder das Königreich Gottes] hat sich genaht“, sondern auch — und das ist noch wichtiger —, weil in diesem Jahr derjenige, den Gott zum König dieses Königreiches salbte, sozusagen vor der Tür stand. (Matth. 3:2) Johannes, der Vorläufer, war etwa sechs Monate älter als Jesus. (Luk. 1:34-38) Demnach muß Jesus im Herbst des Jahres 29 u. Z. getauft und gesalbt worden sein, denn er war damals „ungefähr dreißig Jahre alt“. (Luk. 3:23) Johannes bestätigte, daß Jesus bei dieser Gelegenheit mit Gottes heiligem Geist gesalbt wurde und dadurch der Gesalbte oder Christus wurde. — Joh. 1:32-34.
7. (a) Wann sollte der Prophezeiung Daniels gemäß der Messias kommen? (b) Wie lange sollte diese Wartezeit dauern?
7 Daß dieser Gesalbte seine Lehrtätigkeit im Herbst des Jahres 29 u. Z. aufnahm, wird auch durch die lange vorher geäußerte Prophezeiung in Daniel 9:25 bestätigt. Wir lesen dort unter anderem: „Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias [Gesalbten], den Fürsten, sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen.“ Wenn die sieben Wochen und die zweiundsechzig Wochen, das heißt die neunundsechzig Wochen, buchstäbliche Wochen von je sieben Tagen gewesen wären, dann hätte die Wartezeit bis zum Erscheinen des Messias nur insgesamt 483 buchstäbliche Tage von je 24 Stunden oder nur sechzehn Monate gedauert. Es handelte sich dabei aber um prophetische Wochen. Nach der biblischen Regel „einen Tag für ein Jahr“ müssen es also 483 Jahre (69 Wochen von Jahren, nicht Wochen von Tagen) gewesen sein. — 4. Mose 14:34; Hes. 4:6.
8. Wieso wissen wir, daß der Befehl zum Wiederaufbau Jerusalems weder im Jahre 537 v. u. Z. noch im siebenten Jahr der Regierung des Artaxerxes erteilt wurde?
8 Wann erging denn das Wort, „Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“? Nicht im Jahre 537 v. u. Z., denn in dem Erlaß, den Kores in jenem Jahr herausgab, hieß es nicht, daß die Stadt wiederhergestellt und aufgebaut werden sollte, sondern nur, daß „das Haus [oder der Tempel] Jehovas ... in Jerusalem“ wieder aufgebaut werden sollte. (Esra 1:2, 3) Es erging auch nicht im Jahre 468 v. u. Z., im siebenten Jahr der Regierung des persischen Königs Artasasta oder Artaxerxes I., in dem sich Esra mit einem besonderen Brief des Königs nach Jerusalem begab. Dieser Brief enthielt weder eine Genehmigung noch einen Befehl, Jerusalem wieder aufzubauen; es ging darin lediglich um Angelegenheiten in Verbindung mit dem Tempeldienst in Jerusalem. — Esra 7:1-27.
9. Welche Ereignisse im zwanzigsten Jahr der Regierung des Artaxerxes lassen erkennen, daß das Wort, Jerusalem wieder aufzubauen, in jenem Jahr erging?
9 Im zwanzigsten Jahr des Artaxerxes I. wurde Nehemia jedoch berichtet, daß die Stadt Jerusalem „in großem Unglück“ sei, „die Mauer von Jerusalem ... [sei] niedergerissen, und seine Tore ... [seien] mit Feuer verbrannt“. Als sich Nehemia daher eine günstige Gelegenheit bot, unterbreitete er diese Angelegenheit dem König und richtete an ihn die Bitte: „Wenn es den König gut dünkt, ... daß du mich nach Juda sendest zu der Stadt der Begräbnisse meiner Väter, damit ich sie wieder aufbaue.“ Dann sagte Nehemia noch: „Wenn es den König gut dünkt, so gebe man mir Briefe ... an Asaph, den Hüter des königlichen Forstes, daß er mir Holz gebe, um die Tore der Burg zu bälken, welche zum Hause gehört, und für die Mauer der Stadt, und für das Haus, in welches ich ziehen werde.“ — Neh. 1:2, 3; 2:5-8.
10. Zu welcher Zeit des Jahres wurde der Befehl, die Stadt Jerusalem wieder aufzubauen, erteilt? Wann wurde er jedoch wirksam?
10 Nehemia richtete diese Bitte im Frühjahr, im Monat Nisan, an den König. Bis aber die Briefe geschrieben waren und bis Nehemia die lange Reise von vielleicht 1 500 Kilometern — vom persischen Königspalast in Susan, das über 600 Kilometer östlich von Babylon lag, nach Jerusalem — zurückgelegt und den Statthaltern „jenseits des Stromes“ Euphrat die Briefe des Königs ausgehändigt hatte, verging einige Zeit, so daß Nehemia erst gegen Ende des Mondmonats Tammuz (zehnter Monat) in der niedergerissenen Stadt ankam. Daher sagte er: „Endlich kam ich nach Jerusalem.“ (Neh. 2:9-11, NW) Demnach begann der Befehl, „wiederherzustellen und zu bauen“, in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahres der Regierung des Artaxerxes wirksam zu werden, nämlich am 3. oder 4. Ab des Jahres 455 v. u. Z., und von diesem Zeitpunkt an zählen die in der Prophezeiung erwähnten neunundsechzig Wochen. — Neh. 2:11 bis 6:15.
11. In welchem Jahr kam Artaxerxes auf den Thron? Welches Jahr war somit das zwanzigste Jahr seiner Regierung?
11 Nach zuverlässigen Angaben begann Artaxerxes I. im Jahr 474 v. u. Z. zu regieren. Der griechische Geschichtsschreiber Thukydides, der in den Tagen des Artaxerxes lebte berichtet, daß der Feldherr Themistokles aus Griechenland geflohen und nach Asien gekommen sei, als Artaxerxes „erst vor kurzem auf den Thron gelangt“ sei, also nicht während der Regierung des Xerxes, des Vaters des Artaxerxes. Der griechische Biograph Plutarch aus dem 1. Jahrhundert u. Z. und der römische Geschichtsschreiber Nepos aus dem 1. Jahrhundert v. u. Z. unterstützen beide Thukydides in diesem Punkt. Nach seiner Ankunft in Ephesus (Kleinasien) bat Themistokles Artaxerxes, ihm zu gestatten, ein Jahr die persische Sprache zu erlernen, bevor er vor dem König erscheine. Die Bitte wurde ihm gewährt; darauf erschien er vor dem König, und nach den Aufzeichnungen des griechischen Geschichtsschreibers Diodorus Siculus aus dem 1. Jahrhundert u. Z. starb er 471 v. u. Z. Nach Hieronymus’ Übersetzung der Chronik des Eusebius kam Themistokles 473 nach Asien. Demnach hätte Artaxerxes 474 den Thron bestiegen. Das bedeutet, daß das zwanzigste Jahr der Regierung dieses Königs in das Jahr 455 v. u. Z. fiel oder in dieses Jahr hineinreichte. Aufgrund dieser und anderer geschichtlicher Zeugnisse schreibt der bekannte Gelehrte E. W. Hengstenberg in seinem Werk Christologie des Alten Testaments (Bd. 2, S. 535): „Das 20ste Jahr des Artaxerxes [ist] das Jahr 455 v. Chr.“ Damit stimmen auch Erzbischof Ussher und andere überein.
12. Erkläre, wieso uns dieser Aufschluß über die Regierung des Artaxerxes feststellen hilft, wann Jesus getauft wurde.
12 Wenn also, wie wir nun einwandfrei festgestellt haben, der berühmte Erlaß des Artaxerxes zum Wiederaufbau Jerusalems im Jahre 455 v. u. Z. herauskam und wirksam wurde, dann müssen die 483 Jahre bis zum Erscheinen des Messias in der zweiten Hälfte des Jahres 29 u. Z. abgelaufen sein.a Das alles zeigt, daß es nicht an Beweisen dafür fehlt, wann Jesus getauft und gesalbt wurde.
13, 14. (a) Wann wurde Jesus geboren, wenn er im Jahre 29 u. Z. getauft wurde? (b) In welches Jahr verlegen manche Kommentatoren die Geburt Jesu jedoch, und worauf stützen sie sich dabei? (c) Wieso können wir das Geburtsjahr Jesu ermitteln, wenn wir wissen, in welchem Jahr Herodes Jerusalem eingenommen hat?
13 Da es nun feststeht, daß Jesus im Jahre 29 u. Z. getauft wurde, und da er damals dreißig Jahre alt war, muß er im Jahre 2 v. u. Z., im Herbst, geboren sein. Im Herbst des Jahres 1 v. u. Z. war er somit ein Jahr alt. Da es kein Jahr null gab, war er im Herbst des darauffolgenden Jahres (1 u. Z.) zwei Jahre alt, und im Herbst des Jahres 29 u. Z. war er dreißig Jahre alt. Einige Chronisten geben für die Geburt Jesu das Jahr 4 oder sogar das Jahr 6 v. u. Z. an. Sie stützen sich dabei auf ihre Schlüsse, die sie aus dem Zeugnis des Josephus ziehen, der von einer Mondfinsternis berichtet, die kurz vor dem Tod des Herodes stattgefunden haben soll. (Jüdische Altertümer, siebzehntes Buch, 6. Kap., Abs. 4) Man hat ausgerechnet, daß am 13. März des Jahres 4 v. u. Z. eine Mondfinsternis eintrat, und deshalb sagt man, der Erlöser müsse vor diesem Datum geboren sein, sonst hätte der Befehl des Herodes, alle Knaben von zwei Jahren und darunter zu töten, nicht ausgeführt werden können.
14 Das ist jedoch kein hinreichender Beweis dafür, daß Jesus im Jahre 4 v. u. Z. geboren wurde, denn Mondfinsternisse sind ziemlich häufig, in manchen Jahren gibt es sogar zwei. Weit wichtiger ist, daß Josephus berichtet, Herodes sei siebenunddreißig Jahre nachdem er von den Römern zum König ernannt wurde, gestorben. (Jüdische Altertümer, siebzehntes Buch, 8. Kap., Abs. 1) Herodes begann erst im Sommer 38 v. u. Z., nach der Einnahme Jerusalems, als König zu herrschen. Wenn also Josephus die Regierung des Herodes von der Einnahme der Stadt an rechnete, das heißt von der Zeit an, da er tatsächlich als König zu herrschen begann, nicht von der Zeit an, da er durch den römischen Senat ernannt wurde (drei Jahre vorher), dann muß er im Jahr 1 v. u. Z. gestorben sein. Das läßt genügend Zeit für die Geburt Jesu im Herbst des Jahres 2 v. u. Z., für den Besuch der chaldäischen Astrologen und für die Ermordung der unschuldigen Kinder von Bethlehem. — Matth. 2:1-18.
15. In welches Jahr unserer Zeitrechnung fiel die Mitte der „siebzigsten Woche“, in der der Messias „weggetan“ wurde?
15 Die übrigen Verse der Prophezeiung Daniels über die siebzig Jahrwochen bestätigen diese Zeitangaben. In Daniel 9:26, 27 heißt es: „Der Messias [wird] weggetan werden und nichts haben.“ Das geschah nach den 69 Jahrwochen, in der Mitte oder „zur Hälfte“ der 70. Woche. Da die letzte Woche, die siebzigste, logischerweise gleich lang war wie jede der anderen neunundsechzig Wochen, dauerte sie ebenfalls sieben Jahre. Der Messias wurde somit dreieinhalb Jahre nach dem Herbst 29 u. Z., „zur Hälfte“ der sieben Jahre dauernden siebzigsten Woche oder im Frühjahr 33 u. Z., „weggetan“. „Zur Hälfte der Woche“ hörten „Schlachtopfer und Speisopfer“ offiziell auf, denn zu jener Zeit wurde der Gesetzesbund mit seinen Opfern rechtlich aufgehoben, indem er „an den Marterpfahl genagelt wurde“. (Dan. 9:27; Kol. 2:14) Das ließ Jesus genügend Zeit, um während seiner Dienstzeit den in der Bibel erwähnten vier jährlichen Passahfeiern beizuwohnen.b
16. Welche astronomischen Gegebenheiten bestätigen ebenfalls, daß Jesus am Freitagnachmittag, dem 1. April 33 u. Z., starb?
16 Auch gewisse astronomische Gegebenheiten bestätigen, daß Jesus im Jahre 33 u. Z. umgebracht wurde. Es geschah im Laufe des 14. Nisan, der am Donnerstag um 18 Uhr begann und am Freitag um 18 Uhr endete. Die „neunte Stunde“, in der Jesus starb, war demnach am Freitagnachmittag, etwa um 15 Uhr (Mark. 15:34-37) Der Tag nach dem Passah, der 15. Nisan, war stets ein Sabbattag, ganz gleich, auf welchen Wochentag er fiel. (3. Mose 23:6, 7) Fiel der 15. Nisan auf einen üblichen wöchentlichen Sabbat, dann wurde er ein „großer Sabbat“ genannt, wie das der Fall war, als Jesus starb. (Joh. 19:31) Astronomische Tabellenc zeigen, daß im Jahr 33 u. Z. der Passah-Vollmond auf einen Donnerstag, 31. März (Gregorianischer Kalender), fiel. Das einzige andere Jahr während der Dienstzeit Jesu, in dem der Vollmond im Monat Nisan auf einen Donnerstag fiel, war das Jahr 30 u. Z.; doch dieses Jahr kommt nicht in Frage, denn wäre der Messias in diesem Jahr gestorben, dann hätte er nur sechs Monate gewirkt. Es spricht daher alles dafür, daß Jesus am Freitagnachmittag, dem 1. April 33 u. Z., starb.
EREIGNISSE DER ZEIT ZWISCHEN DEN JAHREN 36 U. Z. UND 49 U. Z. DATIEREN
17. Was geschah während der übrigen Jahre der „siebzigsten Woche“, und wann endete diese Woche?
17 Die dreieinhalb Jahre, die von der siebzigsten Woche noch verblieben, nachdem der Messias am Marterpfahl umgebracht worden war, liefen im Herbst 36 u. Z. ab. Während dieser Zeit gab Jehova weiterhin ausschließlich Juden und jüdischen Proselyten die Gelegenheit, Glieder der himmlischen Königreichsklasse zu werden, wie dies durch die Prophezeiung angekündigt worden war: „Er soll den [abrahamischen] Bund für die vielen eine Woche lang in Kraft sein lassen.“ (Dan. 9:27, NW) Aus diesem Grunde wurde die gute Botschaft der Rettung den Heiden erst vom Herbst des Jahres 36 u. Z. an verkündet, das heißt von der Zeit an, da der Apostel Petrus das Vorrecht hatte, Kornelius und seine Hausgenossen zu taufen. — Apg. 10:1 bis 11:18.
18. Was sollte vom Herbst 36 u. Z. an geschehen?
18 Vom Herbst des Jahres 36 u. Z. an sollte die Botschaft über den Christus unter den heidnischen Nationen weit und breit verkündet werden. Jehova, der große Gott, der seine Zeit einhält und der dafür sorgt, daß jeder neue Abschnitt seines Werkes genau zur bestimmten Zeit durchgeführt wird, hatte auch einen Mann zur Verfügung, der schon gut darauf vorbereitet war, der „Apostel für die Nationen“ zu werden. Dieser Mann war Saulus von Tarsus, der der Apostel Paulus wurde. — Röm. 11:13; Gal. 2:8, 9.
19. War Paulus im Jahr 36 auf die Aufgabe, die ihm damals übertragen wurde, vorbereitet?
19 Paulus war im Jahr 36 kein Neubekehrter mehr. Da er ein Jude war, stand seiner Bekehrung vor dem Jahr 36 nichts im Wege. Das Licht der Wahrheit erleuchtete ihn offenbar im ersten Jahr nachdem Jesus im Frühjahr 33 aus dem Dasein geschieden war. Die folgenden zwei oder zweieinhalb Jahre wirkte Paulus in Damaskus, bis er schließlich gezwungen war, die Stadt heimlich zu verlassen, indem er sich durch eine Lücke in der Stadtmauer hinunterließ. Danach begab er sich nach Arabien, wo er eine Zeitlang blieb. Dann kehrte er, kurz bevor er nach Jerusalem hinaufging, nach Damaskus zurück. Paulus berichtet, daß er drei Jahre nach seiner Bekehrung, das wäre also im Jahre 36 u. Z. gewesen, zum erstenmal Petrus und Jakobus in Jerusalem besucht habe. Er schreibt: „Danach begab ich mich in die Gegenden von Syrien und Zilizien.“ — Apg. 9:23-25; Gal. 1:15-21.
20. Wann wurde die Frage der Beschneidung durch die leitende Körperschaft in Jerusalem entschieden?
20 Paulus schreibt in diesem Brief an die Galater weiter: „Dann, nach vierzehn Jahren, ging ich wieder nach Jerusalem hinauf.“ (Gal. 2:1) Das vierzehnte Jahr nach dem Jahr 36 wäre, dem damaligen Gebrauch der Ordnungszahlen entsprechend, das Jahr 49 u. Z. Bei diesem Besuch in Jerusalem wurde der leitenden Körperschaft die Frage der Beschneidung unterbreitet und wurde von ihr entschieden. — Apg. 15:2-19; Gal. 2:3-9.
21, 22. Welche in der Bibel erwähnten Ereignisse spielten sich in der Zeit zwischen den Jahren 41 und 49 u. Z. ab?
21 Die Bibel berichtet noch von einigen weiteren interessanten Ereignissen, die sich in der Zeit zwischen den Jahren 36 und 49 u. Z. abspielten. Zum Beispiel während der Regierungszeit des Kaisers Claudius und kurz vor dem Tod des Herodes Agrippa I. sagte der Prophet Agabus durch den Geist Jehovas eine Hungersnot voraus, wurde der Apostel Jakobus von Herodes umgebracht und Petrus durch das Eingreifen des Engels Jehovas vor einem ähnlichen Geschick bewahrt. — Apg. 11:27 bis 12:11.
22 Weltliche Geschichtsschreiber stimmen darin überein, daß sich diese Dinge im Jahre 44 u. Z. ereigneten, weil Claudius im Jahr 41 zum Kaiser ausgerufen und Herodes Agrippa I. nach dem Passah des Jahres 44 u. Z. von Würmern zerfressen wurde. (Apg. 12:21-23) Die vorausgesagte Hungersnot trat jedoch erst im Jahre 46 ein, als Tiberius Alexander der römische Prokurator von Judäa war. Die Christen hatten also genügend Zeit, nämlich zwei volle Jahre, um sich auf die Notzeit vorzubereiten und die im Bericht erwähnten Hilfsvorkehrungen zu treffen. Nach diesen Ereignissen berichtet die Bibel (Apostelgeschichte, Kapitel 13 und 14) über die erste Missionsreise des Paulus. Zusammen mit Barnabas besuchte Paulus die Insel Zypern und viele Städte in Kleinasien und kehrte dann nach Antiochia in Syrien zurück. Diese erste Reise beanspruchte wahrscheinlich den größten Teil der Jahre 47 und 48; dennoch blieb ihm aber genügend Zeit, um nach Antiochia heimzukehren, bevor er im Frühjahr 49 die erwähnte Reise nach Jerusalem unternahm.
ANDERE EREIGNISSE AUS DEM LEBEN DES APOSTELS PAULUS DATIEREN
23, 24. Wann brach Paulus zu seiner ereignisreichen zweiten Missionsreise auf, und wie lange dauerte es, bis er nach Korinth (Griechenland) kam?
23 Der erstaunliche Bericht der Bibel hilft uns auch, wie wir noch sehen werden, die Zeit für die zweite Missionsreise des Paulus (zwischen den Jahren 49 und 52 u. Z.) nach unserem Kalender zu datieren. Paulus kehrte im Frühjahr 49 mit dem besonderen Brief, den die leitende Körperschaft in Jerusalem abgefaßt hatte und von dem eine Abschrift für uns aufbewahrt wurde, nach Antiochia zurück. (Apg. 15:23-29) Dem Bericht gemäß kehrte Barnabas „nach einigen Tagen“, wahrscheinlich im Sommer jenes Jahres (49), nach Zypern zurück, während Paulus und Silas nach Syrien und dem angrenzenden Zilizien reisten, um dort den Versammlungen zu dienen. — Apg. 15:36-41.
24 Demnach müssen Paulus und Silas im Frühling des Jahres 50 u. Z., nach ihrer Reise durch Kleinasien, zum erstenmal nach Europa übergesetzt haben. (Apg. 16:1-12) In den folgenden sechs Monaten waren diese Pioniere eifrig bemüht, neue Gebiete zu erschließen und in Philippi, Thessalonich, Beröa und Athen neue Versammlungen zu gründen. Im Herbst 50 kamen sie dann nach Korinth. Welch ein Dienstjahr! Stellen wir uns vor: In nur etwa fünfzehn Monaten hatten diese Missionare des ersten Jahrhunderts auf ihrer Reise eine Strecke von ungefähr 2 100 Kilometern zurückgelegt (wahrscheinlich einen großen Teil davon zu Fuß) und viele neue Versammlungen, bestehend aus Juden und Heiden, gegründet.
25. Welches geschichtliche Zeugnis beweist, daß Paulus erst in der zweiten Hälfte des Jahres 50 u. Z. nach Korinth kam?
25 Daß Paulus gegen Ende des Jahres 50 in Korinth eintraf, wird durch die Weltgeschichte bestätigt. Paulus Orosius, ein Geschichtsschreiber, der zu Anfang des 5. Jahrhunderts lebte, berichtet, daß Kaiser Claudius am 25. Januar 50 befohlen habe, alle Juden müßten Rom verlassen. Das ließ Aquila und Priscilla Zeit, ihre Sachen zu packen, sich Schiffsplätze zu besorgen, nach Korinth zu fahren und sich nach ihrer Ankunft in dieser Stadt, die für anderthalb Jahre ihre neue Heimat sein sollte, als Zeltmacher niederzulassen, bevor Paulus im Herbst jenes Jahres nach Korinth kam. Wir lesen: „Er [Paulus] fand einen gewissen Juden namens Aquila ..., der erst kurz zuvor aus Italien gekommen war, und dessen Frau Priscilla; Claudius hatte nämlich befohlen, daß alle Juden aus Rom wegziehen sollten.“ — Apg. 18:2.
26. Welcher archäologische Fund bestätigt, daß sich Paulus vom Herbst 50 bis zum Frühjahr 52 in Korinth aufhielt?
26 Auch der Vers 12 des 18. Kapitels der Apostelgeschichte ist ein Beweis für die historische Zuverlässigkeit der Bibel. „Als nun Gallio Prokonsul von Achaja war, erhoben sich die Juden einmütig gegen Paulus und führten ihn vor den Richterstuhl.“ Archäologen haben ein Fragment eines Schriftstückes, eines Erlasses des Kaisers Claudius, gefunden, aus dem hervorgeht, daß Gallio vom Sommer 51 bis zum Sommer 52 Prokonsul von Achaja war. Nachdem Gallio diesen Fall abgewiesen hatte, blieb Paulus „noch mehrere Tage“ in Korinth, bevor er nach Antiochia (Syrien) abreiste. (Apg. 18:18) Demnach wäre Paulus im Herbst 50 in Korinth angekommen, wäre etwa ein Jahr später vor Gallio geschleppt worden und hätte Korinth, wie die Bibel sagt, nach einem Aufenthalt von insgesamt achtzehn Monaten im Frühjahr 52 wieder verlassen. (Apg. 18:11) Er konnte daher gut im Hochsommer 52 u. Z. in Antiochia eintreffen.
27. Zog sich Paulus, als er wieder in Antiochia war, in den Ruhestand zurück?
27 Man könnte nun ohne weiteres annehmen, Paulus hätte sich nach so vielen Jahren angestrengten Missionardienstes und nachdem er die vielen Risiken und Gefahren, die das Reisen im ersten Jahrhundert mit sich brachte, auf sich genommen hatte, in Antiochia niedergelassen, um seine wohlverdiente Ruhe zu genießen. (2. Kor. 11:26, 27) Doch nein! Paulus dachte nicht im geringsten daran, in den Ruhestand zu treten. Seine Schriften und seine Tätigkeit lassen erkennen, daß er sich ständig dazu gedrängt fühlte, das Werk noch schneller und noch besser durchzuführen.
28. Welche Orte besuchte Paulus auf seiner dritten Missionsreise, und wie lange dauerte sie?
28 Es überrascht uns daher nicht, zu erfahren, daß sich dieser tatkräftige Missionar nach einem kurzen Aufenthalt in Antiochia wieder auf die Reise begab. „Als er einige Zeit dort [in Antiochia] zugebracht hatte“, brach er, wahrscheinlich im Herbst 52, zu seiner dritten Reise auf. Bei dieser Reise über Land „ging [er] von Ort zu Ort durch das Land Galatien und Phrygien und stärkte alle Jünger“. Dann kam er nach Ephesus, wo er wahrscheinlich die folgenden zweieinhalb Jahre zubrachte. (Apg. 18:23; 19:1-10) Wie er selbst berichtet, verließ er Ephesus nach dem Pfingstfest (55 u. Z.), reiste durch Mazedonien nach Korinth hinab, verbrachte dort den Winter und kehrte im darauffolgenden Frühjahr, zur Passahzeit, denselben Weg zurück bis nach Philippi. Das ließ Paulus genügend Zeit, um zu Pfingsten 56 u. Z. in Jerusalem einzutreffen. — 1. Kor. 16:5-8; Apg. 20:1-3, 6, 15, 16; 21:8, 15-17.
29. In welchen Jahren spielte sich das ab, was Paulus von seiner Gefangennahme in Jerusalem bis zu seinem Tod in Rom erlebte?
29 Paulus war kaum in Jerusalem angekommen, als seine religiösen Gegner über ihn herfielen. Um seiner Sicherheit willen wurde er von römischen Soldaten heimlich nach Cäsarea gebracht. Dort blieb er zwei Jahre im Gefängnis, bis der schlaue, auf Bestechung ausgehende Statthalter Felix durch Festus ersetzt wurde. (Apg. 21:27-33; 23:23-35; 24:27) Über das Jahr, in dem Festus Statthalter wurde, heißt es in der Encyclopædia Britannica über die Ansichten der Kritiker, von denen die einen für das Jahr 55 und die anderen für das Jahr 60/61 eintreten: „Es kann voll Vertrauen gesagt werden, daß die Wahrheit zwischen diesen beiden Extremen liegt, denn die in jedem Fall vorgebrachten Argumente scheinen weniger das eine Extrem zu beweisen als das andere zu widerlegen.“d Im Hinblick auf die bereits erwähnten Tatsachen glauben wir daher, daß Paulus die Bitte, seinen Fall vor den Cäsaren zu bringen, im Jahre 58 gewährt wurde und daß er in jenem Jahr nach Rom gesandt wurde. Nachdem er den berühmtesten Schiffbruch der Geschichte überlebt und auf der Insel Malta überwintert hatte, kam er im Frühjahr 59 in Rom an, wo er dann zwei Jahre oder bis zum Jahre 61 als Gefangener blieb und predigte und lehrte. (Apg. 27:1; 28:1, 11, 16, 30, 31) Seine zweite Gefängniszeit in Rom, die mit seiner Hinrichtung endete, fiel wahrscheinlich in die Jahre 64/65 u. Z. — 2. Tim. 1:16; 4:6, 7.
30. Welchen Nutzen haben wir aus dieser Betrachtung von Ereignissen aus dem ersten Jahrhundert gezogen?
30 Die Betrachtung dieser Ereignisse aus dem ersten Jahrhundert ist bestimmt interessant und glaubensstärkend gewesen. Die Bibelschreiber haben nichts von unseren heutigen Kalendern gewußt. Doch die Sorgfalt und Genauigkeit, mit der sie ihre Berichte abfaßten, und die Methode, nach der sie Ereignisse zeitlich festlegten, ermöglichen es uns weitgehend, Geschehnisse aus der fernen Vergangenheit zu datieren. Daß die biblische Chronologie in allen Einzelheiten genau den Tatsachen entspricht, stärkt unser Vertrauen zur Heiligen Schrift und festigt unseren Glauben, daß sie wirklich Jehovas Wort der Wahrheit ist.
[Fußnoten]
a Bei dieser Berechnung muß berücksichtigt werden, daß es zwischen v. u. Z. und u. Z. kein Jahr „null“ gab.
c Babylonian Chronology 626 B.C.—A.D. 45, 1942 von Parker und Dubberstein, S. 46; ferner Canon der Mondfinsternisse, 1887, von Oppolzer, Bd. 2, S. 344.
d The Encyclopædia Britannica, Ausgabe 1946, Bd. 3, S. 528; ferner Youngs Analytical Concordance to the Bible, S. 342, unter „Festus“.