Wie man trotz Widerwärtigkeiten ausharren kann
„DURCH euer Ausharren werdet ihr eure Seele erwerben.“ Diese Worte sprach Jesus in Verbindung mit seiner Prophezeiung über die „Zeit des Endes“ (Lukas 21:19; Daniel 12:4). Dabei fallen zwei Punkte besonders auf: 1. Um uns unser Leben zu erhalten, müssen wir ausharren. 2. Es ist möglich auszuharren.
Aber wie kann man ausharren? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zunächst einmal wissen, warum Jehova überhaupt zuläßt, daß seine Diener leiden müssen und verfolgt werden.
Leiden und Verfolgung — Warum?
In erster Linie hängt damit die von Satan aufgeworfene Streitfrage zusammen — die Frage um die Rechtmäßigkeit der Souveränität Jehovas (1. Mose 3:1-19). Jehova nahm die Herausforderung an, und er ist entschlossen, die Streitfrage um seines Namens willen und zum Nutzen anderer zu klären.
Leiden, die mit Gottes Zulassung über seine Diener kommen mögen, können für sie sehr nutzbringend sein, sofern sie die richtige Einstellung dazu haben. Wenn wir zum Beispiel unter Prüfungen ausharren, ohne einen heimlichen Groll zu hegen, beweisen wir, daß unser Glaube echt ist, von der Art, die Gott gefällt (1. Petrus 1:6, 7; Hebräer 11:6). Leiden können jedoch auch persönliche Schwächen offenbaren, wie Stolz, Ungeduld oder Liebe zur Bequemlichkeit. Mit der Hilfe des Geistes Gottes können wir an uns arbeiten, um solche Charakterzüge auszumerzen, und uns noch mehr bemühen, uns ‘mit der neuen Persönlichkeit zu kleiden’ (Kolosser 3:9-14).
Der Psalmist verdeutlicht uns diesen Gedanken treffend mit folgenden Worten: „Es ist gut für mich, daß ich niedergebeugt worden bin, damit ich deine Bestimmungen lerne“ (Psalm 119:71). Welch eine ausgezeichnete Ansicht über Prüfungen! Kein Klagen und kein Murren! Kein Selbstmitleid wegen persönlicher Verluste, die dadurch vielleicht verursacht wurden. Der Psalmist war sich vielmehr bewußt, daß das, was Jehova zuließ, ihm helfen konnte, die Bestimmungen Jehovas noch mehr zu schätzen. Wirken sich schmerzliche Erfahrungen genauso auf uns aus?
Der Apostel Paulus zog Nutzen aus der Drangsal, die ihm im Bezirk Asien widerfuhr. Zum einen bewirkten diese Widerwärtigkeiten, daß er sich noch mehr auf Jehova verließ. Zum anderen wurde dadurch sein Glaube an die Auferstehung deutlich erkennbar, denn er erduldete diese Schwierigkeiten im völligen Vertrauen auf den „Gott, der die Toten auferweckt“ (2. Korinther 1:8-10). Ja, Paulus zog Nutzen daraus, daß er unter Leiden ausharrte.
Das trifft auch heute auf Christen zu, die die richtige Einstellung zu schweren Prüfungen haben. In Simbabwe, wo bis vor wenigen Jahren ein Guerillakrieg tobte, wurde eine Versammlung des Volkes Jehovas in ein sogenanntes geschütztes Dorf umgesiedelt. Alle drei Ältesten der Versammlung hatten, bedingt durch die Kriegsverhältnisse, je ein Kind verloren. Die Einheimischen wollten sie unbedingt dazu zwingen, ihren Glauben aufzugeben, um die Geister zu besänftigen, die sie angeblich verärgert hatten. Wie dachten die Ältesten darüber? Einer von ihnen sagte im Namen aller: „Nicht nur die Nation führt Krieg, sondern auch wir führen Krieg, und zwar einen Krieg mit den bösen Geistern. Wir sind aber dem Feind gegenüber im Vorteil, da wir eine Hoffnung, ja eine lebendige Hoffnung haben. Selbst wenn wir in diesem Kampf sterben, werden wir auferweckt werden, sofern wir unsere Treue zu Jehova bis in den Tod bewahren. Wir werden dann den Feind besiegt haben.“ Diese drei treuen Männer vergaßen nie, daß Jehova die Macht hat zu befreien. In Anbetracht ihrer unerschütterlichen Haltung sollten auch wir überzeugt sein, daß wir ausharren können.
Wenn es zu brutaler Verfolgung kommt
„Was aber, wenn es zu brutaler Verfolgung kommt, wenn grausame Foltermethoden angewandt werden?“ fragst du dich vielleicht. „Ist es möglich, selbst unter solchen Umständen auszuharren, ohne den Glauben aufzugeben?“ Die ersten Christen konnten grausame Mißhandlungen ertragen, ohne von ihrem Glauben abzuweichen.
Einen ähnlichen Glauben an Jehova bewies vor einiger Zeit ein Christ, der in einem abgelegenen Landgebiet in Simbabwe wohnt. Als er einmal allein zu Hause war, weil seine Frau bei ihrer verheirateten Tochter einen Besuch machte, kamen auf einmal einige bewaffnete Männer zu ihm und erhoben wegen seiner christlichen Haltung falsche Anklagen gegen ihn. Nachdem die Männer ihn brutal geschlagen hatten, banden sie ihm glühendheiße Ziegelsteine zwischen die Beine und zwangen ihn auch, auf solchen Steinen zu laufen. Dann ließen sie von ihm ab in der Meinung, er werde sterben. Da wegen einer plötzlichen Änderung der Verhältnisse in der Gegend das Reisen unmöglich geworden war, erfuhr seine Frau nichts von seiner Notlage. Den Nachbarn war bei Todesstrafe verboten worden, ihm zu helfen. Er blieb daher drei Monate sich selbst überlassen und rechnete täglich mit dem Tod.
Es gelang ihm, sich mit Hilfe der Vorräte an Wasser und Maismehl, die sich in seinem Haus befanden, am Leben zu erhalten. Zufolge der Mißhandlungen konnte er nicht mehr gehen. Als ihm daher der Holzvorrat ausging, sah er sich gezwungen, sein Mobiliar zu zerschlagen und es als Brennholz zum Kochen zu verwenden. Das Wasser wurde faulig und wimmelte von Ungeziefer. Die Brandwunden eiterten fortwährend.
In diesem Zustand fand die Frau ihren Mann vor, als sie nach drei Monaten endlich zurückkehren konnte. Stell dir einmal vor, was sie bei seinem Anblick empfunden haben muß! Sofort schickte sie sich an, ihn in ein Krankenhaus zu bringen. Sie fuhr ihn auf einer Schubkarre zur nächsten Bushaltestelle und brachte ihn dann in die Stadt, in der sich ein Krankenhaus befand. Drei Wochen später wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Er begab sich in die Wohnung seiner Tochter, wo er von Gliedern der dortigen Versammlung der Zeugen Jehovas ermuntert und im Glauben gestärkt wurde.
Was half diesem loyalen Unterstützer des Königreiches Gottes, eine solch brutale Behandlung zu ertragen? Drei Monate lang war er völlig sich selbst überlassen. Er rechnete damit, sterben zu müssen. Aber als man ihn fragte, was er angesichts dieser schweren Prüfung empfunden habe, antwortete er: „Ich spürte, daß Jehova die ganze Zeit mit mir war.“ Keine Anschuldigungen gegen seine Verfolger, keine Klagen über das, was ihm widerfahren war! Er hatte die feste Überzeugung, daß Jehova seine loyalen Diener nie im Stich läßt (Psalm 37:28).
Ja, Christen können ausharren. Sie wissen, daß es einem guten Zweck dient, wenn Jehova Widerwärtiges zuläßt, und daß es möglich ist auszuharren. Gottes Wort und die Erfahrungen anderer sind eine Bestätigung dafür (Matthäus 24:13). Ist es aber nicht so, daß wir, um in Prüfungen ausharren zu können, oft des Trostes bedürfen? Doch wo finden wir diesen Trost?