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  • Schwere Anklagen gegen die Religionen dieser Welt
    Erwachet! 1972 | 8. Oktober
    • Schwere Anklagen gegen die Religionen dieser Welt

      WOHIN führt die Religion die Menschheit? Die Antwort auf diese Frage wird dich vielleicht überraschen, oder du magst sogar darüber entsetzt sein.

      Doch wir nehmen an, daß eine offene, ehrliche Behandlung dieses Themas nach deinem Sinn ist.

      „Warum sollte mich das interessieren?“ magst du einwenden, weil du möglicherweise der Meinung bist, die Frage berühre dich eigentlich nicht.

      Bist du jedoch um dein Wohl und um das deiner Familie besorgt? Bestimmt. Dann betrifft dich diese Frage, denn die Religion übt, ganz gleich, ob du zur Kirche gehst oder nicht, einen Einfluß auf dein Leben und auf das deiner Angehörigen aus, der tragische Folgen haben könnte.

      Wieso? Ist das nicht übertrieben? Vielleicht denkst du, die Religion könne keinen solchen Einfluß ausüben. Beachte jedoch, daß Gott gegen die Religionen dieser Welt unter anderem die Anklage erhebt: ‘In ihnen wurde das Blut von all denen gefunden, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind.’ — Offb. 18:24.

      Nach Gottes Wort tragen die Religionen dieser Welt die Hauptschuld an allen Kriegen, die im Laufe der Geschichte geführt worden sind und in denen so viele Millionen Menschen ihr Leben lassen mußten.

      In der Bibel werden die Religionen dieser Welt sinnbildlich als Hure dargestellt, sie ist, wie darin gesagt wird, mit den Herrschern der Erde sozusagen „ins Bett gegangen“ und hat die Bewohner der Erde „mit dem Wein ihrer Hurerei trunken gemacht“. Diese Frau oder die Religionen dieser Welt werden als „Mutter der Huren und der abscheulichen Dinge der Erde“ bezeichnet. — Offb. 17:2, 5.a

      Bist du deswegen entsetzt? Nun, diese Erklärung gibt Gottes Wort darüber. Und wer wüßte über die Religionen besser Bescheid als Gott selbst?

      Können die Religionen wirklich für die Weltbedrängnis verantwortlich gemacht werden? Nun, in welcher Beziehung stehen sie zum Kommunismus? Und was haben sie mit der Bedrückung durch die Reichen zu tun, die viele Menschen veranlaßt hat, sich dem Kommunismus in die Arme zu werfen?

      Josef Hromadka, Dekan der Theologischen Fakultät Comenius in Prag, sagte: „Ich bin kein Kommunist, sondern ich bin Christ. Aber ich weiß, daß wir Christen, und zwar wir ganz allein, für das Aufkommen des Kommunismus verantwortlich sind. ... Wir redeten nur, aber handelten nicht danach. ... Man darf nicht vergessen, daß die Kommunisten einst Christen waren. Wessen Schuld ist es, wenn sie nicht mehr an einen gerechten Gott glauben?“1b

      Die heuchlerische Frömmigkeit ist nicht der einzige Grund dafür, daß Millionen Menschen kirchenfeindlich geworden sind, sondern dafür gibt es noch weitere Gründe. Wen haben die Religionen dieser Welt im allgemeinen unterstützt? Sind es nicht die bedrückenden Geldleute, die vermögenden Großgrundbesitzer und die mächtigen Wirtschaftsmagnaten gewesen? In dem Bestreben, sich das Los zu erleichtern, haben sich viele dem Kommunismus zugewandt.

      Und in welcher Beziehung steht die Religion zum heutigen Sittenverfall? Trifft sie auch dafür die Hauptschuld? Sind die Kirchen vielleicht für die Hurerei, den Ehebruch, die Homosexualität und die Geschlechtskrankheiten, die heute in der Christenheit so grassieren, weitgehend verantwortlich?

      Kriege, Kommunismus, Unsittlichkeit — manch einem wird es schwerfallen, zu glauben, daß diese Dinge auf den Einfluß der Religionen dieser Welt zurückzuführen sind. Doch denke man daran, daß Jesus Christus die religiösen Führer seiner Zeit „blinde Leiter“ nannte. Er sagte: „Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, so werden beide in eine Grube fallen.“ (Matth. 15:14) Die religiösen Führer leiteten das Volk in die Irre.

      Jesus zeigte sogar, daß die religiösen Führer direkt verantwortlich dafür wären, daß die Juden einer furchtbaren Katastrophe entgegengingen, die weniger als vierzig Jahre später über Jerusalem und Judäa hereinbrach. — Matth. 23:29-36.

      Gibt es heute eine Parallele dazu? Leitet die Religion heute die Menschheit ebenfalls auf einem Weg, der in die Vernichtung führt? Schon allein eine solche Vermutung mag deine Gefühle verletzen. Aber wenn Gottes Wort genau das sagt, was sollten wir dann tun? Sollten wir uns nicht mindestens die Zeit nehmen, zu erfahren, warum das geschieht und was wir in dieser Beziehung unternehmen können?

      So möchten wir denn untersuchen, wohin die Religion die Menschheit führt. Darauf wollen wir herausfinden, was Gott mit den Religionen vorhat. Du wirst dann auch verstehen, wie sich das alles auf dich und deine Angehörigen auswirken wird.

  • Wie werden die Völker von der Religion geführt?
    Erwachet! 1972 | 8. Oktober
    • Wie werden die Völker von der Religion geführt?

      DER flüchtige Beobachter erhält den Eindruck, daß die Religion dem Staat untergeordnet sei. In gewissen Fällen trifft das auch zu. Aber wieso ist es einigen Machthabern gelungen, die Zügel der Regierung zu ergreifen, besonders Diktatoren in sogenannt christlichen Ländern?

      Ist ihnen das nicht gelungen, weil die Religion das Denken der Völker beeinflußt hat? Die Religion hat tatsächlich einen solchen Einfluß auf die Menschen ausgeübt, daß Diktatoren zur Macht kommen und an der Macht bleiben können. Sie hat das Volk veranlaßt, zu erwarten, daß politische Herrscher die von ihm ersehnten sozialen Verhältnisse herbeiführen würden.

      Mit wenigen Ausnahmen haben die religiösen Führer sich zu den politischen Herrschern bekannt und sie unterstützt. Manchmal mischt sich die Geistlichkeit sogar in die Politik ein, indem sie dem Kirchenvolk sagt, wie es wählen soll.

      Kommt ein Diktator zur Macht und verspricht dem Volk das, was sich das Volk wünscht, folgen ihm viele. Aber was geschieht, wenn er Krieg anfängt? Das Volk ist von der Geistlichkeit so beeinflußt worden, daß es bereit ist, in den Krieg zu ziehen.

      Manchmal gehen gewisse Machthaber zu weit. Sie tun Dinge, die der Geistlichkeit mißfallen. Aber wer ist in erster Linie verantwortlich dafür, daß solche Diktatoren die Gewalt an sich reißen konnten? Wäre es zum Beispiel Hitler gelungen, eine so große Macht auszuüben, hätte die Mehrheit der Geistlichkeit das Kirchenvolk nicht aufgefordert oder ihm nicht erlaubt, Hitler Gefolgschaft zu leisten? Bedeutete das Konkordat, das zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich geschlossen wurde, nicht eine moralische Stärkung für das Hitler-Regime?

      Wäre in Rußland der Kommunismus zur Macht gekommen, wenn die Kirche dort nicht die reichen Großgrundbesitzer und andere Gruppen, die das Volk bedrückten, in einem Maß unterstützt hätten, daß es zu einer Reaktion kommen mußte? Hätte der Kommunismus in China Fuß fassen können, wenn die sogenannt christlichen Völker mit dem chinesischen Volk anders umgegangen wären?

      Einige radikale Geistliche treten jetzt sogar für die Revolution ein. Handeln sie aber wirklich so ganz anders als ihre Amtskollegen? Lenken sie dadurch nicht lediglich die Aufmerksamkeit des Volkes auf eine andere Herrschaftsform selbstsüchtiger Prägung, anstatt ihm zu zeigen, wie es gemäß Gottes Wort, der Bibel, wahre Befreiung erlangen kann?

      Und wie verhalten sich die Kirchen in Fragen der Sittlichkeit? Was wird gegen Gemeindeglieder unternommen, die Hurerei, Ehebruch und Homosexualität treiben? Werden sie nicht meistens weiter als Glieder der Kirche anerkannt? Ist nicht die alarmierende Überhandnahme von Geschlechtskrankheiten, der Anstieg unehelicher Geburten und der Zahl von Abtreibungen in der Christenheit hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß die Kirchen versäumt haben, Gemeindeglieder, die unsittlich handeln, zur Rechenschaft zu ziehen und in sittlichen Fragen klare Normen aufzustellen?

      Heute bestehen die gleichen Verhältnisse wie bei den Israeliten, bevor sie nach Babylon in Gefangenschaft kamen und ihre Hauptstadt, Jerusalem, zerstört wurde. Über jene Zeit lesen wir in der Bibel: „Sowohl der Prophet als der Priester selbst sind entweiht worden.“ — Jer. 23:11.

      Was für Verhältnisse hatte das zur Folge? Die Bibel antwortet: „Fluchen und Betrügen und Morden und Stehlen und Ehebrechen, das ist ausgebrochen, und Taten des Blutvergießens haben an andere Taten des Blutvergießens gereicht.“ — Hos. 4:2.

      Wie die Geistlichkeit der Israeliten zu jener Zeit, so hat auch die heutige Geistlichkeit Gott nicht die Treue gehalten. Sie hat ihre Gemeinden die Wahrheiten des Wortes Gottes nicht gelehrt, und sie selbst hält sich nicht daran. Sie ist mehr daran interessiert, nach ihrem eigenen Gutdünken zu handeln, als den Willen Gottes zu tun.

      Das heißt nicht, daß es keine Geistlichen gegeben hat, die die abscheulichen Dinge, welche im Namen Gottes verübt worden sind, nicht mißbilligt hätten. Auch haben ehrliche Staatsmänner sich bemüht, die Lage des Volkes zu bessern. Aber der Geist der Kompromißbereitschaft und Selbstsucht, der dominiert, sowie das System, das sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat und in dem gute Grundsätze mißachtet werden, wirken lähmend auf Personen, die sich bemühen, die Christenheit zu reformieren.

      Wahrscheinlich am tragischsten hat sich das Versagen der Religion in Verbindung mit den Kriegen ausgewirkt! Es ist aufschlußreich, einen Blick auf die Geschichte zu werfen. Wie haben sich die Kirchen zum Beispiel gegenüber dem Vietnamkrieg verhalten?

  • Die Religion und der Vietnamkrieg
    Erwachet! 1972 | 8. Oktober
    • Die Religion und der Vietnamkrieg

      TAUSENDE von jungen Katholiken, Protestanten und Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften haben in Vietnam gekämpft. Viele kämpfen noch. Auf den Schlachtfeldern werden die Soldaten von Geistlichen betreut. Hat die Religion dazu beigetragen, daß diese Männer in diesen Krieg gezogen sind?

      Welchen Standpunkt nehmen die protestantischen Religionsgemeinschaften jetzt gegenüber diesem Krieg ein? In seinem vor kurzem erschienenen Buch, betitelt Vietnam and Armageddon, weist der Jesuit Robert Drinan darauf hin, daß „fast alle protestantischen Theologen den Vietnamkrieg als moralisch nicht vertretbar ablehnen“.2 Verschiedene protestantische Denominationen haben in letzter Zeit Erklärungen gegen diesen Krieg abgegeben.

      Auch jüdische religiöse Organisationen haben begonnen, gegen diesen Krieg zu protestieren. Im vergangenen Dezember lautete eine Überschrift in der Zeitung Washington Post: „KENSINGTON-TEMPEL-ENTSCHLIESSUNG FORDERT, DASS VIETNAM-KRIEG BEENDET WERDE“. In der Entschließung wurde Präsident Nixon dringend ersucht, „Befehl zu geben, alle amerikanischen Truppen aus Vietnam, Laos und Kambodscha abzuziehen“.3

      Der katholische Standpunkt

      Welchen Standpunkt nimmt die katholische Kirche ein? Im vergangenen November fand eine nationale Bischofskonferenz statt; und in Verbindung damit brachte die New York Times auf der ersten Seite folgende Schlagzeile: „DIE KATHOLISCHEN BISCHÖFE AMERIKAS FORDERN, DASS DER INDOCHINAKRIEG BEENDET WERDE“.4

      In der von den Bischöfen angenommenen Entschließung wurde auf „die Vernichtung von Menschenleben und von moralischen Werten“ hingewiesen und gesagt: „Es ist daher unsere feste Überzeugung, daß die sofortige Beendigung dieses Krieges ein moralisches Erfordernis von größter Wichtigkeit ist.“5

      Hilfsbischof Thomas Gumbleton von Detroit erklärte, die Entschließung bedeute, „daß es sich um einen ungerechten Krieg“ handle.6 Er sagte, wer den katholischen Standpunkt teile, „dürfe sich an diesem Krieg nicht beteiligen“.7

      Diese Zeugnisse würden den Schluß zulassen, daß die Kirchen die Menschen dazu angeleitet hätten, den Krieg nicht zu unterstützen. Aber warum haben Hunderttausende von jungen Katholiken und Protestanten jahrelang in Vietnam gekämpft? Haben sie entgegen der Weisung gehandelt, die sie von ihrer Kirche erhalten haben?

      Unklare Weisung

      Der Widerstand der Kirchen gegen den Vietnamkrieg ist nicht so eindeutig, wie man aufgrund der erwähnten Zeugnisse annehmen könnte. So erklärte Erzbischof Philip Hannan von New Orleans, er gehöre zu „einer ziemlich großen Zahl von Bischöfen, die die Entschließung [die die amerikanischen Bischöfe vor kurzem angenommen haben] nicht voll und ganz unterstützt“ hätten.8 Man kann daher verstehen, daß die Katholiken auch über die Weisung, die jetzt gegeben wird, sich nicht im klaren sind!

      Ähnlich liegt der Fall bei den protestantischen Religionsgemeinschaften. Im Jahre 1968 billigte die lutherische Kirche in Amerika offiziell die Verweigerung der Teilnahme an bestimmten Kriegen. Seitdem haben sich jedoch auch lutherische Geistliche für die Teilnahme am Vietnamkrieg ausgesprochen. In der Ausgabe der lutherischen Schrift Springfielder, Ausgabe vom Frühjahr 1970, schreibt der Feldgeistliche Professor Martin Scharlemann:

      „Wir haben gehört, daß gesagt worden ist: ,Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.‘ Das ist natürlich richtig. Wer könnte sich deswegen streiten, da es ein Wort des Herrn ist? Aber es gibt Abstufungen. ... Ein nordvietnamesischer Soldat ist nicht immer ohne weiteres mein Nächster. Unsere Treue gehört nicht ein und demselben Land: Ich bin meinem Land treu, und er ist seinem treu. Ich habe meinem Land gegenüber eine Pflicht, die größer ist als mein Interesse an seinem Land; und das gilt auch für ihn. Wenn er aber verwundet ist und meiner Hilfe bedarf, wird er im ethischen Sinne des Neuen Testaments wieder mein Nächster. Dann trennt uns nichts mehr.“9

      Dieser Geistliche behauptet also, die Pflicht dem Vaterland gegenüber hebe das Gebot Christi, seinen Nächsten zu lieben, auf.

      Man könnte zu dem Schluß kommen, daß die Ansichten dieses lutherischen Geistlichen heute eine Ausnahme wären und daß die Kirchen dazu auffordern würden, im Vietnamkrieg nicht mitzukämpfen. War das aber auch vor fünf oder sechs Jahren so?

      Der Standpunkt gegenüber dem Krieg vor einigen Jahren

      Vor mehr als fünf Jahren führte die Katholische Meinungsforschung, Inc., unter den katholischen Priestern der Vereinigten Staaten eine Umfrage durch. Die Frage lautete: Sollten die Vereinigten Staaten einen harten Kurs verfolgen, um den Vietnamkrieg zu gewinnen?

      2 706 Priester beantworteten die Frage mit Ja und 371 mit Nein.10

      Vielfach unterstützten Geistliche den Krieg in Wort und Tat. Eine Zeitung berichtete zum Beispiel, daß ein katholischer Priester sowie die Vertreter von zwei anderen Religionsgemeinschaften versucht hätten, „eine Gruppe Brooklyner Studenten davon zu überzeugen, daß das biblische Gebot, das das Töten verbietet, nicht auf den Vietnamkrieg anzuwenden sei“. Der katholische Priester Robert J. McNamara erklärte: „Was wir dort tun, ist notwendig, um eine Oligarchie zu verhindern.“11

      Einige Priester unterstützten den Krieg noch aktiver. Auf einem Bild in der Zeitschrift Life, das über anderthalb Seiten ging, war ein Priester zu sehen, und die fettgedruckte Überschrift lautete: „Ein tapferer Priester kämpft allein“. In dem Artikel hieß es: „Die stahlhelmtragende, mit einem Gewehr bewaffnete Gestalt auf dem Bild ist eine merkwürdige, doch ermutigende Erscheinung in diesem Krieg — ein katholischer Priester, der persönlich gegen den Vietcong Krieg führt.“12

      Warum waren die Priester fast alle dafür, daß sich die Vereinigten Staaten bemühen sollten, in Vietnam einen Sieg zu erringen? Einen starken Einfluß übten ohne Zweifel die Weisungen ihrer Bischöfe aus. Im November 1966 hatten die amerikanischen Bischöfe in einer amtlichen Erklärung geäußert: „Der Standpunkt, daß unsere Anwesenheit in Vietnam gerechtfertigt sei, ist vernünftig. ... Wir loben den Heldenmut unserer Soldaten, und wir sprechen ihnen unseren innigsten Dank aus. ... wir können mit gutem Gewissen den Standpunkt unseres Landes unter den gegenwärtigen Umständen unterstützen.“13

      Einige Bischöfe sprachen fast so, als handelte es sich um einen heiligen Krieg. Der inzwischen verstorbene Kardinal Spellman sagte, daß die amerikanischen Truppen „Soldaten Christi“14 wären, die einen Kampf für die Zivilisation kämpften, und daß „nur ein Sieg denkbar“ sei.15 Personen, die die Richtigkeit des amerikanischen Vorgehens anzweifelten, antwortete Spellman: „Es ist mein Vaterland, sei es im Recht, sei es im Unrecht.“16

      George R. Davis, Pfarrer an der „National City Christian Church“ in Washington, D. C., sagte über die Forderung Spellmans, den „Sieg“ zu erringen: „Ich bin gleicher Meinung.“17 Andere protestantische Geistliche zeigten auf verschiedene Weise, daß auch sie gleicher Meinung waren.

      Robert Mummey, ein Vertreter der Christlichen Wissenschaft, setzte sich für den Vietnamkrieg ein, indem er zu einer Gruppe Studenten sagte: „Das Töten muß mit reinem Herzen geschehen, sonst ist es unmoralisch. Würde unseren Soldaten eingeprägt, sie sollten den Feind hassen, dann wäre das Töten unmoralisch.“18

      Die Geistlichen bekundeten auch ihre Unterstützung des Krieges, indem sie die Gefallenen ehrten. Martin Haerther, ein lutherischer Geistlicher von Des Moines (Iowa), sagte bei einem Begräbnis: „Wenn ein Soldat in einem gerechten Krieg [Vietnam] für das Vaterland fällt, stirbt er nicht nur den Heldentod, sondern er hat auch ein seliges Ende ... Ich bin sicher, daß die Engel zur Stelle waren, um seine Seele in den Himmel zu tragen, und jetzt hat er Frieden.“19.

      Wohin die Religion geführt hat

      Das zeigt, daß die Kirchen in den Vereinigten Staaten anfänglich den Vietnamkrieg unterstützt haben. Und wozu hat das geführt?

      Eine Folge davon ist, daß sich die Anhänger ein und derselben Religionsgemeinschaft auf dem Schlachtfeld gegenseitig umbringen. In Nord-Vietnam gibt es zum Beispiel schätzungsweise eine Million Katholiken. Welchen Standpunkt nehmen die Priester dort ein? Die New York Times berichtete: „Der Pastor der Kirche St. Antonius von Padua in Hanoi, Joseph Nguyen Van Que, ... sagte, er segne jeweils die jungen Katholiken, die in die [nordvietnamesischen] Streitkräfte eintreten würden.“20

      Somit haben sich Anhänger der gleichen Religionsgemeinschaft auf den Schlachtfeldern in Vietnam gegenseitig umgebracht — mit dem Segen der Geistlichkeit!

      Wie bereits erwähnt, hat es vor kurzem einen Meinungsumschwung gegeben. Es ist sogar ein interkonfessioneller „Aufruf zur Buße und Tat“ erlassen worden, in dem die Unterzeichner die Beendigung des Krieges fordern.21

      Aber warum haben die religiösen Führer ihren Standpunkt geändert? Die Antwort auf diese Frage wird es uns ermöglichen, zu erkennen, was vielfach entscheidet, welchen Standpunkt die Kirchen in gewissen Fragen einnehmen, und wohin die Religion die Menschheit somit führt.

      [Bild auf Seite 6]

      Einige Priester beteiligten sich an den Kämpfen, so auch dieser Priester, dessen Bild in der Zeitschrift „Life“ erschien.

  • Was entscheidet, welchen Kurs die Religionen einschlagen?
    Erwachet! 1972 | 8. Oktober
    • Was entscheidet, welchen Kurs die Religionen einschlagen?

      DADURCH, daß die Kirchen den Vietnamkrieg anfänglich entschuldigten, veranlaßten sie viele Personen, es als richtig zu erachten, in diesen Krieg zu ziehen. Aber jetzt wird dieser Krieg von einigen Religionsgemeinschaften und ihren Vertretern verurteilt. Sie erklären, die Teilnahme daran sei ein Unrecht.

      Warum dieser Meinungsumschwung? Leiten die Kirchen ihre Mitglieder jetzt an, in Einklang mit den Lehren der Bibel zu leben, oder geben andere Faktoren den Ausschlag dafür, welche Weisungen die Kirchen geben?

      Im Oregon Journal konnte man lesen: „Die Geistlichen heulen immer mit den Wölfen.“22 Als die Öffentlichkeit kaum gegen den Krieg protestierte, unterstützten ihn die Kirchen. Als aber die Öffentlichkeit die endlosen Kämpfe und das Blutvergießen langsam satt bekam, begannen die Geistlichen gegen den Krieg zu protestieren.

      Alden Munson, Herausgeber der Zeitschrift United Methodist, eines Organs der Methodistenkirche, schrieb:

      „Eine Häufung der Greuel wie My Lai und die beste Kriegsberichterstattung der Geschichte haben sich auf die ganze Nation ausgewirkt, und die Kirche kommt nun auch hinterher mit ihrem Protest gegen den Krieg. ... Seit 1965 hat es schätzungsweise unter der vietnamesischen Zivilbevölkerung ein bis vier Millionen Opfer gegeben, Männer, Frauen und Kinder, aber erst jetzt beginnen die Kirchen, ihre Abscheu zum Ausdruck zu bringen.“23

      Ja, erst als der Krieg „unpopulär“ wurde, ließen die Kirchen den Ruf nach „Frieden“ so laut erschallen, daß er allgemein gehört wurde. Man hat beobachtet, daß die Kirchen ermitteln, was gerade populär ist, und dann ihren Standpunkt danach ausrichten. Der New Yorker Geistliche Robert J. McCracken gestand: „Wir sind umsichtig genug, keinen festen Standpunkt einzunehmen, bevor wir nicht wissen, woher der Wind weht.“24

      Ein Versuch, klare Weisungen zu geben

      Die katholische Kirche ließ vor kurzem erkennen, daß sie ihren Standpunkt über den Krieg nicht geändert hat. Sie behauptet, der Episkopat habe den Vietnamkrieg noch nie unterstützt. Diese Behauptung wird in einem Dokument erhoben, das im vergangenen Jahr von der amerikanischen katholischen Konferenz (U.S. Catholic Conference), dem Sekretariat der Landeskonferenz katholischer Bischöfe, veröffentlicht wurde.

      Aber sogar prominente katholische Theologen sagen, die Bischöfe seien nicht gegen den Krieg gewesen, sondern sie hätten ihn unterstützt. Ungefähr zur gleichen Zeit, als das erwähnte Dokument der amerikanischen katholischen Konferenz (USCC) veröffentlicht wurde, schrieb der katholische Priester Peter J. Riga, Professor für Religion am La-Salle-College:

      „Da die amerikanischen katholischen Bischöfe, die diesen Krieg unterstützten (etwa 95 Prozent), in bezug auf die größte sittliche Frage unserer Zeit als Führer völlig versagt haben, sollten sie insgesamt von ihrem Amt zurücktreten, denn sie eignen sich nicht mehr dafür; ... wer Blut an den Händen hat, ist als Diener Gottes ungeeignet. Ich erkläre, daß das Blut von Menschen an den Händen der amerikanischen katholischen Bischöfe klebt, weil sie in dieser moralischen Frage versagt haben.“25

      Fragst du dich, wenn du solche Anklagen von Katholiken liest, ob die von den Bischöfen herausgegebene Erklärung der Wahrheit entspreche?

      Die Wahrheit verschleiern

      Die katholische Zeitschrift Commonweal befaßte sich mit dieser Frage. Der Verfasser des Artikels, Gordon Zahn, katholischer Professor der Soziologie, schrieb über das Dokument der USCC, nachdem er es studiert hatte:

      „Ich bin gezwungen, es anzufechten als bewußten Versuch, durch selektive Behandlung der Geschichte den falschen Eindruck zu erwecken, die Kirchenführung habe immer mit kluger Zurückhaltung den Krieg verurteilt.“26

      Ein Beispiel für die „selektive Behandlung der Geschichte“ ist das Fehlen von Äußerungen katholischer Führer, die für den Krieg eintraten. Die bezeichnendste Auslassung sind die entsprechenden Erklärungen des verstorbenen Kardinals Spellman.

      Die in diesem Dokument weggelassenen Erklärungen von Kirchenführern, durch die sie den Krieg unterstützten, sind so zahlreich, daß die Zeitschrift Commonweal schrieb: „Vermutlich hätten die Kompilatoren des USCC-Dokuments mindestens ebenso viele Äußerungen von Bischöfen zugunsten des Krieges allein aus dem Archiv der New Yorker Erzdiözese zusammentragen können.“27

      Aber alle diese Zeugnisse wurden absichtlich weggelassen! In dem Artikel in Comwonweal wurde erklärt, „schlichte Ehrlichkeit“ sollte es gebieten, daß man solche Erklärungen einfügt, „sie mögen jetzt, da jeder sehen kann, wie unmoralisch dieser Krieg ist, noch so peinlich sein“.28

      Zeigt das nicht deutlich, daß das Dokument der USCC ein offensichtlicher Versuch ist, die Tatsache zu vertuschen, daß die Kirche anfänglich den Krieg, der jetzt so unpopulär ist, unterstützt hat? Solche Unehrlichkeit mag dich überraschen.

      Was entscheidet, welchen Kurs die Kirchen einschlagen?

      Wohl predigen die Geistlichen aufgrund der Bibel vielfach über „Frieden auf Erden“ und „Nächstenliebe“. Deshalb magst du angenommen haben, die Kirchen würden die Menschen dazu anleiten, in Übereinstimmung mit den Lehren der Bibel zu leben und mit Krieg und Gewalttat nichts zu tun zu haben.

      Es ist jedoch ein Fehler, nur in Betracht zu ziehen, was die Kirchen lehren. Es ist notwendig, daß man auch prüft, was sie tun. Wie handeln die Kirchen, wenn die Regierung eines Landes beschließt, es sei im Interesse ihres Volkes, Krieg zu führen? Weisen die Kirchen dann auf die Worte Jesu hin: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“? (Joh. 13:35) Erklären sie ihren Gemeindegliedern, daß echte christliche Liebe durch Landesgrenzen nicht beeinflußt wird? Machen sie ihnen klar, daß alle wahren Nachfolger Christi einander lieben müssen, ganz gleich, in welchem Land sie wohnen oder welcher Rasse sie angehören?

      Schärfen die Kirchen ihren Gemeindegliedern auch die Worte ein, die Johannes, ein Apostel Jesu, schrieb: „Das ist die Botschaft ..., daß wir einander lieben sollten, nicht wie Kain, der aus dem stammte, der böse ist, und seinen Bruder hinschlachtete.“? (1. Joh. 3:10-12) Erklären sie ihnen, daß es kein Ausdruck der Liebe ist, wenn man seine Mitmenschen oder gar seinen Glaubensbruder auf dem Schlachtfeld tötet? Weisen sie darauf hin, daß jeder, der das tut, in Wirklichkeit dem dient, „der böse ist“, Satan, dem Teufel? Es ist offenbar, daß die Kirchen, wenn die Nationen zum Krieg rüsten, diese biblischen Lehren beiseite schieben. Harry Emerson Fosdick, ein bekannter protestantischer Geistlicher, gestand:

      „Die Geschichte der Westmächte weiß über viele Kriege zu berichten. Wir haben Männer für den Krieg gezüchtet und für den Krieg ausgebildet wir haben den Krieg verherrlicht; wir haben Krieger als Helden verehrt und unsere Kirchen mit Feldzeichen geschmückt ... Mit dem einen Mundwinkel haben wir den Fürsten des Friedens gepriesen, und mit dem anderen haben wir den Krieg verherrlicht.“29

      Entscheidend dafür, welchen Standpunkt die Kirchen einnehmen, ist somit nicht das, was die Bibel sagt, sondern das, was die Staatsführer sagen und was im Augenblick beim Volk populär ist. In einem Leitartikel der Vancouver Sun über den Vietnamkrieg konnte man lesen: „Es ist eine Schwäche der Kirchen, den Krieg zu unterstützen ... Ist jemals ein Krieg geführt worden, ohne daß von beiden Parteien behauptet worden wäre, Gott sei auf ihrer Seite?“30

      Werden nur „gerechte Kriege“ unterstützt?

      Die Kirchen, die den Krieg, den ihr Land führt, unterstützen, entschuldigen sich oft damit, daß es sich dabei um eine gerechte Sache handle — ihr Land führe nur „gerechte Kriege“. Es sei daher die Pflicht der Kirchen, Kriege, die ihr Land führe, zu unterstützen.

      Aber man überlege einen Augenblick. Behauptet nicht jedes Land, das in einen Krieg verwickelt wird, es handle sich dabei um eine „gerechte“ Sache? In einer vor kurzem erschienenen Enzyklopädie kann man lesen: „Die Ziele, die mit einem Krieg verfolgt werden, mögen selbstsüchtig, niederträchtig und schlecht sein, aber die Gründe, die dafür ins Feld geführt werden, sind gewöhnlich edel und vortrefflich. Beide kriegführenden Parteien mögen Gründe vorbringen, die sie berechtigen, Krieg zu führen.“31

      Jedes Land führt somit aus „berechtigten Gründen“, auch wenn das Volk anders denken mag, einen angeblich „gerechten Krieg“. Der Patriotismus blüht, und die Kirchen werden mitgerissen, so daß alle „der Fahne folgen“. Der bekannte evangelische Theologe Martin Niemöller sagte, daß es in der Christenheit seit der Zeit der römischen Kaiser so gewesen sei. „Die Kirche hat niemals einen ungerechten Krieg gekannt“, erklärte er, „sondern hat den Krieg ihres Landesherrn immer gerechtfertigt.“32

      Der katholische Historiker E. I. Watkin schrieb:

      „So schmerzlich das Geständnis sein muß, so können wir die historischen Tatsachen, daß die Bischöfe durchweg alle Kriege unterstützt haben, die die Regierung ihres Landes geführt hat, nicht im Interesse einer falschen moralischen Stärkung oder unehrlichen Vaterlandstreue leugnen oder ignorieren. Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem der Episkopat eines Landes einen Krieg als ungerecht verdammt hätte ... Ganz gleich, wie die Theorie der Kirche lautet, in der Praxis haben sich die katholischen Bischöfe in Kriegszeiten immer an den Grundsatz gehalten: ,Mein Land hat immer recht.‘ ... Wo es um einen Nationalismus ging, der zum Krieg trieb, sind sie die Wortführer des Staates gewesen.“33

      Stimmt es wirklich, daß die Kirchen „durchweg alle Kriege unterstützt haben, die die Regierung ihres Landes geführt hat“? Hat die Religion nur den Schein erweckt, eine Triebkraft zu rechtem Handeln zu sein, während sie die Menschen in Wirklichkeit zu Krieg und Gewalttat angetrieben hat? Was zeigen die geschichtlichen Tatsachen?

  • Die Rolle der Religion in den Kriegen vergangener Jahrhunderte
    Erwachet! 1972 | 8. Oktober
    • Die Rolle der Religion in den Kriegen vergangener Jahrhunderte

      DER englische Philosoph John Locke sagte einmal: „Die Geschichte weiß fast nur von Kämpfen und von Schlachten zu berichten.“34 Wie wir jedoch in einer Enzyklopädie lesen, war die „Religion eine der stärksten Triebkräfte in der Geschichte“.35

      Warum hat es fast während der ganzen Menschheitsgeschichte immer wieder furchtbare Kriege gegeben, obschon die Religion einen so großen Einfluß ausgeübt hat? Welche Rolle hat die Religion in den Kriegen der vergangenen Jahrhunderte gespielt?

      Die Azteken und der Krieg

      Die aztekische Religion lehrte, daß man sich das Wohlwollen der Götter durch Menschenopfer sichern müsse. Der Forscher Victor W. von Hagen schreibt:

      „Krieg und Religion waren, zumindest bei den Azteken, voneinander nicht zu trennen. Sie gehörten zusammen. ... Um Sakralopfer darbringen zu können, brauchte man Kriegsgefangene, und um diese zu machen, gab es beständig kleine Kriege.“36

      Im Jahre 1486 wurden bei der Einweihung der dem Huitzilopochtli zugedachten großen Tempelpyramide mehr als 20 000 Gefangene als Opfer dargebracht. Einem Gefangenen nach dem anderen wurde das Herz herausgeschnitten und dann dem Gott geopfert. Kannst du dir vorstellen, welche Schrecken diese von der Religion inspirierten Kriege unter den altamerikanischen Völkern verbreiteten?

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