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  • Müllhalden, die Zeitbomben sind
    Erwachet! 1981 | 22. Februar
    • Müllhalden, die Zeitbomben sind

      „BESSERE Errungenschaften für ein besseres Leben dank der Chemie!“ Durch Parolen dieser Art wurde in den 30er Jahren ein neues Zeitalter eingeläutet. Kaum jemand hegte den Verdacht, diese „besseren Errungenschaften“ würden einmal zu „Frankensteins Ungeheuer“ in Form von Umweltverschmutzung werden.

      Die Bevölkerung zeigte sich erfreut über die neuen Produkte, die durch die Chemie geschaffen wurden. In unseren Kleiderschränken, Wohnungen und Autos wimmelte es immer mehr von Nylon- und Reyonfasern, von Zellophan und anderen Kunststoffen. Neue „Wunder“pestizide und Kunstdünger erhöhten die Nahrungsmittelproduktion. Die Wissenschaftler, so frohlockte man, schufen „neue Errungenschaften, die die Natur vergaß“.

      Doch mit diesen „neuen Errungenschaften, die die Natur vergaß“, kamen Millionen Liter chemische Abfälle. Tragischerweise wurden diese Abfälle häufig ganz sorglos abgelagert. „Das Zeug wurde einfach beiseite geschafft“, sagte Steffen Plehn, Beamter der Environmental Protection Agency (EPA). „Aus den Augen, aus dem Sinn“ — vergessen, aber nicht sehr lange.

      Eine große Deponie befand sich im Staate New York in einem unbenutzten Wasserkanal in der Nähe der Niagarafälle. Der Wasserweg wurde nach William Love, seinem Erbauer, benannt, der im Jahre 1894 zwei Flüsse zu verbinden und eine Modellstadt zu schaffen versuchte. Sein Plan schlug fehl, und was davon übrigblieb, war der Love Canal — ein unvollendeter 1 1⁄2 Kilometer langer, 3 bis 12 Meter tiefer und durchschnittlich 15 Meter breiter Graben.

      Tonnenweise wurden chemische Abfälle, meist in 208-Liter-Fässern verpackt, in den Love Canal geworfen, der inzwischen seinen Besitzer gewechselt hatte. Die Firma Hooker Chemical gab zu, von den 20er Jahren an bis 1953 dort 20 000 Tonnen Chemikalien abgelagert zu haben. Die Stadt Niagara Falls lieferte ebenfalls ihren Beitrag; angeblich auch die US-Armee. Schließlich wurde dieses „Hexengebräu“ im Jahre 1953 mit Erde überdeckt, so daß es, während die Fässer verrotteten und sich die Chemikalien miteinander verbanden, in Ruhe „brodeln“ konnte.

      Hooker Chemical „verkaufte“ dieses Gebiet für 1 US-Dollar an die Schulbehörde von Niagara Falls. Man baute dort eine Schule und eine Wohnsiedlung. Bald war auf diesem riesigen Chemikalienfriedhof eine nette Siedlergemeinschaft entstanden.

      Die „Zeitbombe“ war gelegt und tickte jetzt. Sie sollte derart nachhaltig „explodieren“, daß dieses Gebiet Schlagzeilen machen und zum Gegenstand internationalen Interesses werden würde. Man könnte den Fall sehr gut, um einen Sonderbericht an den Gouverneur des Staates New York zu zitieren, als „den ersten Fall einer neuen und unheilvollen Serie von Umweltkatastrophen“ bezeichnen.

      Liefert dieser Vorfall nicht einen stichhaltigen Beweis dafür, daß die Menschen wie nie zuvor in der Geschichte „die Erde verderben“? Zeigt er vielleicht an, daß Gott bald durch einen Eingriff ‘die verderben wird, die die Erde verderben’? Das sind bedeutende Fragen, die du im Sinn behalten solltest, während du etwas über die Folgen des Ablagerns chemischer Abfälle liest (Offb. 11:18).

      Doch welches Unheil stiftete nun dieser Sprößling der „neuen Errungenschaften, die die Natur vergaß“? Wie wirkte er sich auf die Siedler aus, die auf dieser Deponie lebten? Das folgende Exklusivinterview mit einer Familie, die auf dieser Zeitbombe lebte, offenbart einige alarmierende Einzelheiten.

  • „Wir lebten auf einer Zeitbombe“
    Erwachet! 1981 | 22. Februar
    • „Wir lebten auf einer Zeitbombe“

      Eine Familie berichtet von den Gefahren, denen sie ausgesetzt war, als sie am berüchtigten „Love Canal“ wohnte

      BEI drückender Hitze standen Hunderte von Leuten aufgeregt Schlange. Kein Lüftchen wehte in dem muffigen Schulhaus, das jetzt als Untersuchungszentrum diente. Man befürchtete das Schlimmste.

      Frauen weinten. Kinder schrien, als ihnen mit einer Nadel die Haut durchstochen wurde und Blutproben entnommen wurden. Alle fürchteten sich vor den Ergebnissen. Würde man in ihrem Blut Anzeichen chemischer Verseuchung feststellen?

      In der Reihe standen auch Jean Guagliano und ihre vier Kinder. Ihr Mann lag schwer krank in einem Krankenhaus; er hatte sich einer größeren Operation unterziehen müssen. Zwei ihrer Kinder weinten. Der fünfjährige Frankie winselte ständig: „Ich hab’ Angst, Mama, ich hab’ Angst!“ Am Tag zuvor war die Deponie „Love Canal“, die ganz dicht an ihrem Haus lag, zu einer „großen und unmittelbaren Gefahr für ... [ihre] Gesundheit“ erklärt worden.

      „Es war wie ein Traum — ein schrecklicher Alptraum“, sagte Jean.

      Als sie fünf Stunden lang in der Hitze Schlange stand, kamen ihr noch einmal all die merkwürdigen Ereignisse der vergangenen acht Jahre in den Sinn, während sie am Love Canal gewohnt hatten.

      Merkwürdige Erscheinungen

      Die Kinder spielten nur zu gern auf der Mülldeponie. „Erinnerst du dich an diese ,feurigen Steine‘?“ fragt die Mutter. „Ja, natürlich“, erwidert Michael. „Wir warfen sie immer gegen Beton, und sie leuchteten dann ganz hell auf. Das machte Spaß. Am tollsten waren aber die Schmutzbrocken, die ständig ihre Farbe veränderten. Sie waren rosa, dann rot, lila, orange, grün und sogar blau.“

      Aber es gab ernsthaftere Kuriositäten: die erstickenden Dämpfe, die sie jedesmal einatmen mußte, wenn sie die Kinder über den Kanal zur Schule brachte; der unaufhaltsame schwarze Schimmel, der durch die Wände kam; der bemitleidenswerte Hund der Nachbarn, dessen schwarze Nase zu einem grünlichen Stummel zusammengeschrumpft war; die Füße der Kinder, an denen sich Blasen bildeten und die sich schälten, wenn sie barfuß über die Deponie gelaufen waren; und dann die ständigen rasenden Kopfschmerzen.

      Ihre achtjährige Tochter mußte laufend ins Krankenhaus — häufig auf die Intensivstation. Schließlich mußte sie operiert werden wegen erheblicher Nieren- und Blasenbeschwerden. Frankie hörte einmal, während er in der Nähe eines Heizungsschlitzes schlief, durch den Dämpfe aus dem Keller kamen, plötzlich auf zu atmen, und sein Herz stand still. Nur durch das schnelle Eingreifen eines Ärzteteams konnte er gerettet werden.

      Ihren Nachbarn ging es nicht besser. Fehlgeburten, Geburtsfehler, Asthma, chronische Hautausschläge, Krebs und Tumoren wurden zum Alltagsgespräch. Schließlich war das Stadium einer Krise erreicht.

      Zum Notstandsgebiet erklärt

      Am 2. August 1978 erklärte der Gesundheitsbeauftragte den Love Canal zum Notstandsgebiet. Dieser Entscheidung folgten die Blutproben. Nachdem Jean und ihre Kinder von dieser Untersuchung heimgekehrt waren, machten sie sich Gedanken über ihre Zukunft. Alle schwangeren Frauen und Frauen mit Kindern unter zwei Jahren sollten „so bald wie möglich ihr Haus verlassen“. Doch Frank, der Familienvater, lag immer noch im Krankenhaus.

      Durch Messungen der Luft, die die Familie täglich einatmen mußte, wurde die Gefahr bestätigt. In ihrem Haus wurden 9 vermutlich krebserzeugende Dämpfe ermittelt. „Doch in welcher Menge kommen diese Dämpfe vor?“ fragte Jean. Der Beamte erwiderte ganz nüchtern: „Bei Ihnen liegen die Werte über 300.“

      „Und was bedeutet das?“ fragte Jean, die jetzt so verängstigt war, daß sie kaum die Tränen zurückhalten konnte. „Nun, 0 ist sicher“, offenbarte der Beamte, „doch bei einigen Ihrer Nachbarn liegen die Werte über 1 000.“

      Die Familie erkannte das Unvermeidliche. Doch wie so viele andere wußte sie nicht, wohin sie ziehen sollte. Außerdem war es den meisten nicht möglich, irgendwo in Miete zu wohnen, da sie auf ihrem Haus eine Hypothek hatten. Das Haus zu verkaufen schien aussichtslos. Wer würde es schon kaufen wollen? Und doch wohnten sie über einer chemischen „Hexenküche“, die bereits von ihrem Haus und möglicherweise von ihrem Körper Besitz ergriffen hatte.

      Um einer Panik vorzubeugen, hielten Regierungsbeamte Zusammenkünfte mit den Siedlern ab. Frank, der aus dem Krankenhaus entlassen worden war, ging mit seiner Frau Jean dorthin.

      „Ihr laßt uns hier umkommen!“

      Man konnte die Spannung verspüren, die herrschte, als die Regierungsbeamten eintrafen. Viele Siedler waren aus lauter Angst ganz verwirrt und verstört. Ihre Augen waren von Tränen gerötet. Mütter, die ihre Kinder an der Hand hielten, weinten ungehemmt. Ein Mann rannte zu einem Beamten und bat ihn, dafür zu sorgen, daß seine Kinder anderswohin ziehen könnten. Als er keine Zusicherung erhielt, fiel er auf den Boden und schrie hysterisch.

      „Einige Leute schrien und drohten mit der Faust“, sagte Frank, „während andere flehentlich Bitten vortrugen.“ Die Beamten versuchten sie zu beruhigen, indem sie beteuerten, ihr Leben stehe nicht in unmittelbarer Gefahr. Eine Frau deutete in die Richtung des Kanals und kreischte: „Was da drin ist, ist jetzt in uns drin!“ Ein Beamter wurde tätlich angegriffen. Die Angreiferin hatte schon vier Fetusse verloren.

      „Ihr laßt uns hier umkommen!“ rief ein Mann. „Ihr steht da und schaut zu, wie wir alle sterben!“ Es wurden jedoch öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt, und schätzungsweise 240 Häuser sollten gekauft und evakuiert werden.

      Die Leute zogen zuerst vereinzelt und dann massenweise aus. Die Guaglianos gehörten zu den letzten, und sie sahen sich von einem drei Meter hohen Maschendrahtzaun umgeben, den die Regierung aufgestellt hatte, um ein Gebiet von sechs Häuserblocks zu isolieren. „Wir lebten zwei Monate hinter diesem grünen Zaun“, sagte Jean. „Es war ein unheimliches Gefühl, zu wissen, daß die Gefahren noch bestanden, aber daß man ihnen nicht entkommen konnte.“

      Nach und nach wurden die Nachbarhäuser mit Brettern vernagelt. „Früher war immer viel Lärm in der Siedlung“, sagte Frank, „spielende Kinder, Rasenmäher und Autos — aber plötzlich wurde es ruhig, zu ruhig. Die Straße war wie ausgestorben.“ Doch die grausamste Entdeckung sollte erst noch kommen.

      Was ist wirklich im Kanal?

      Man machte Probebohrungen — nicht nur, um die chemischen Stoffe zu untersuchen, sondern auch, um davon etwas in Gräben abzuleiten. Man entdeckte sofort über 80 verschiedene Chemikalien. Der dort ansässige Zeitungsreporter Michael Brown beschreibt in seinem Buch Laying Waste: The Poisoning of America by Toxic Chemicals (1980) die Gefährlichkeit dieser Stoffe:

      „Jetzt wissen wir, daß die im Kanal abgelagerten Fässer ein wahrhaftes Hexengebräu der Chemie enthielten, Verbindungen von außerordentlicher Giftigkeit. Da waren Stoffe, die Herz und Leber angreifen, und Rückstände von Pestiziden, die so gefährlich sind, daß die Regierung gleich darauf ihren Verkauf eingeschränkt oder gänzlich verboten hat; einige davon stehen in dem starken Verdacht, krebserregend zu sein.“

      Hooker Chemical gab zu, 200 Tonnen Trichlorphenol (TCP) — ein Abfallstoff, der bei der Herstellung bestimmter Pflanzenvernichtungsmittel anfällt — abgelagert zu haben. „Nur wieder eine Chemikalie“, magst du denken. „Aber wir sind bald zu ,Chemieexperten‘ geworden“, meinte Jean. „Wir erfuhren, daß bei der Herstellung von TCP häufig Dioxin als Nebenprodukt entsteht.“

      „Dioxin ist so giftig“, unterbrach Frank, „daß in der New Yorker Wasserversorgung 85 Gramm davon die gesamte Stadt auslöschen würden.“ Das unsichtbare, geruchlose Gas ruft bei Hautkontakt Wunden hervor und kann selbst in mikroskopischen Mengen Krebs und Geburtsfehler bewirken. Ein Gegenmittel ist nicht bekannt. Die Spannung stieg, als die Arbeiter Dränagegräben aushoben und sich immer mehr dem Kanal selbst näherten. Würden sie auf ein altes Faß stoßen, dem dann eine explosive Wolke giftiger Chemikalien entweichen würde?

      „Wir haben es gefunden!“ waren die aufregenden Worte von Dr. David Axelrod, einem der Gesundheitsexperten. „Das Dioxin — in einem Dränagegraben hinter der 97. Straße“ — die Straße, in der die Guaglianos wohnten. Besonders erschreckend war die Tatsache, daß ein Teil der Masse von schätzungsweise 60 kg aus der Deponie entwichen war. Denn die Chemikalien, einschließlich des Dioxins, hatten sich wie ein Riesenkrake über unterirdische Flüsse und Quellen bis in beträchtliche Entfernungen vom Kanal ausgebreitet, und an manchen Stellen waren sie in hoher Konzentration vorhanden. „Und wir lebten direkt über einer dieser ,nassen‘ Zonen“, sagte Jean.

      Panik!

      Massenhysterie loderte wieder in den Straßen auf, weil neue Beweise zeigten, daß bei den Siedlern, die in den „nassen“ Zonen außerhalb des Zaunes, also nach Auffassung der Regierungsbeamten in einem „sicheren“ Bereich, wohnten, zunehmend Geburtsfehler, Fehlgeburten und eine Unzahl verschiedener Krankheiten vorkamen. Die Gesundheitsbeamten rieten den Frauen dieses Bereiches, mindestens in den ersten sechs Monaten nach dem Auszug aus diesem Gebiet nicht schwanger zu werden.

      Teenager, denen das ganze Leben noch bevorstand, dachten mit Bangen daran, was für Kinder sie einmal zur Welt bringen würden. Würden sie so schrecklich mißgestaltet sein wie das am Love Canal geborene Mädchen, das ein Loch in seinem schwachen Herzen, eine Knochenverwachsung in der Nase, mißgestaltete Ohrmuscheln und einen gespaltenen Gaumen hat und geistig behindert und teilweise taub ist? Einige Siedler veranstalteten einen Protestmarsch.

      Woche um Woche verging. Es wurde offensichtlich, daß sich Hunderte von anderen Häusern auch in gefährlichen Zonen befanden, daß aber den Eigentümern sehr geringe wirtschaftliche Hilfe gewährt wurde. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit machte sich breit.

      „Nachdem manche Siedler so oft belogen und getäuscht worden sind, haben sie das Gefühl, sie könnten kein Vertrauen zur Regierung oder zu irgend etwas anderem haben“, berichtete ein Siedler. Davon war auch das Vertrauen zur Religion betroffen, wie dieser Siedler weiter ausführte. „Ich wende mich von der Kirche ab, und mir ist gleich, um welche Religion es sich dabei handelt.“ Sie wurden nicht unbedingt Atheisten, aber Jean erklärte: „Manche sagten, sie würden sich von Gott verlassen fühlen. Sie hätten gebetet, doch es sei keine Hilfe gekommen. Viele gingen nicht mehr in die Kirche. Andere waren in ihren Gedanken so sehr damit beschäftigt, von hier wegzukommen, daß sie die Religion einfach in den Hintergrund schoben.“ Die einzig wahre „Hoffnung“ vieler war, wie ein Siedler offen zugab, das Geld: „Geld ist Leben. Wenn man Geld hat, kommt man auch hier raus!“

      All das belastete das Familienleben. „Meine Ehe geht in die Brüche“, bekannte eine Siedlerin, „und hier gibt es überall Scheidungen. Mein Mann ist verzweifelt: Er hat keine Möglichkeit, uns hier herauszuholen, keine Möglichkeit, seine Familie zu schützen, und das macht ihm schwer zu schaffen. Es macht uns allen zu schaffen.“

      Selbstmorde und Nervenzusammenbrüche waren in diesem Gebiet 27mal häufiger als üblich. „Eine von denen, die den ,Weg des geringsten Widerstandes‘ wählten, wohnte acht Häuser weiter. Ihr brach das Herz, als sie erfuhr, daß sie ihr Haus verlieren würde“, sagte Jean. „Sie gab alle Hoffnung auf“, fügte Frank hinzu, „und ein paar Monate später sprang sie in die Schlucht bei den Niagarafällen.“

      Rückblickend auf ihre Erlebnisse, fuhr Jean sachlich fort: „Die quälende Ungewißheit war für jeden eine enorme emotionale Belastung, aber viele waren wie diese Frau — sie hatten keine echte Zukunftshoffnung. Nur die biblisch begründete Hoffnung, die wir als Zeugen Jehovas haben, die Gewißheit, daß Gott den Vorsatz hat, die zu ,verderben, die die Erde verderben‘, und unsere Erde zu einem schönen Paradies zu machen, half uns, das Ganze durchzustehen. Diese Hoffnung bewahrte uns davor, den Verstand zu verlieren“ (Offb. 11:18; Luk. 23:43).

      Wie konnte sie denn noch andere ermuntern?

      „Eine Nachbarin weinte sich jeden Tag bei mir aus“, berichtete Jean. „Wenn ich versuchte, sie aufzumuntern, sagte sie immer: ,Jean, du machst genau dasselbe durch. Ich verstehe nicht, daß du dastehen und noch andere ermuntern kannst.‘“ Jean erklärte dann, wie sie alles als ganze Familie bewältigten. „Ich erzählte ihr, daß mein Glaube an Jehova Gott der Grund dafür war. Wir als Familie stützten uns auf unseren Glauben und auf die Zusicherung, die Gott in der Bibel gibt, nämlich daß er diejenigen bewahren wird, die ihn anbeten und ihre Bürden — ganz gleich, wie schwer sie sind — auf ihn werfen“ (Ps. 55:22).

      „Unser Glaube bewahrte wirklich unsere Einheit als Familie“, betonte Frank. „Wir rückten immer mehr zusammen, wogegen es viele andere Familien gab, in denen jeder hysterisch war und die dann in die Brüche gingen. Der Ortsverein der Hauseigentümer sagte, daß vier von zehn Ehepaaren, die von hier wegzogen, auseinandergingen. Trotz allem war es nicht leicht, mit den Spannungen fertig zu werden.“

      Es war „zum Heulen“

      „Mir war oft zum Heulen zumute“, bekennt Jean, „aber je mehr ich andere, auch unsere Kinder, ermunterte, auf Gott zu vertrauen und zu ihm um Kraft zu beten, um so mehr Kraft bekam ich selbst. Ich hielt oft inne und dachte bei mir: ,Nun, ich verlasse mich ganz auf ihn.‘“

      „Als die Regierung uns anbot, unser Haus zu kaufen“, fügte Frank hinzu, „wir aber sahen, wie wenig Geld es war und daß jetzt das Ganze vorbei war, mußten wir alle heulen. Oh, welch große Hoffnungen man uns doch gemacht hatte! Aber die Regelung war für uns ein finanzieller Tiefschlag.“ Nach diesem Tränenausbruch bereitete die Familie schließlich den Umzug vor.

      Vertrauensvoll in die Zukunft blicken

      Viele Siedler waren durch ihre Erlebnisse zum seelischen Wrack geworden. Sie dachten, ihre Zukunft sei ruiniert. Man sandte Berater in die Siedlung, die der steigenden Zahl von Selbstmorden entgegenwirken sollten.

      Eine Beraterin, die von den Problemen der Guaglianos erfahren hatte, sprach Jean an und war über ihren Optimismus erstaunt. „Aber Ihre Probleme sind doch nicht zu leugnen“, meinte die Beraterin. „Ich weiß das“, antwortete Jean und erklärte ihr dann den Grund für ihre Hoffnung. Nach einer kurzen Unterhaltung brach die Beraterin in Tränen aus und sagte: „Eigentlich bin ich hier, um Sie zu ermuntern, aber in Wirklichkeit ermuntern Sie mich. Sie haben sich wirklich unter Kontrolle und haben eine innere Stärke.“

      Ja, von dieser inneren Stärke waren auch ihre Kinder durchdrungen, die viel zu ertragen hatten. Als Lisa die mögliche Ursache ihrer Nierenbeschwerden erkannte, fragte sie ganz aufgeregt ihre Mutter: „Wenn die Chemikalien in mir drin sind, wie werden sie dann wieder herauskommen?“ Doch dieses Mädchen konnte aus seinem persönlichen Bibelstudium und seinen Gebeten Kraft schöpfen und ermunterte eine Klassenkameradin, die auch ein Leiden hatte: „Mach dir keine Sorgen über den Love Canal, denn Jehova wird das alles auf der neuen Erde in Ordnung bringen.“

      Diese unschätzbare Hoffnung gab der Familie die Zuversicht, den Alptraum durchzustehen. Aber selbst heute ist das Drama vom Love Canal bei weitem noch nicht zu Ende. Im Mai 1980 wurde beschlossen, daß noch mehr als 700 andere Familien ausziehen sollten. Es wurden Beweise erbracht, daß bei einigen der unglücklichen Opfer Chromosomenschäden aufgetreten waren.

      Ist der Love Canal die einzige Deponie mit Giftstoffen, die unbemerkt in Wohnungen und in ahnungslose Opfer eindringen? Könnte die Siedlung, in der du wohnst, oder sogar dein eigenes Heim in Gefahr sein? Der folgende Artikel offenbart einige alarmierende Tatsachen.

      [Übersicht auf Seite 7]

      (Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

      DIE AUSWIRKUNGEN DES „LOVE CANAL“

      GEBURTSFEHLER FEHLGEBURTEN

      (bei 100 (bei 100

      Geburten) Schwangerschaften)

      21,1

      Ergebnisse aus der

      Krankengeschichte

      von 97 Familien, die

      am Kanal wohnten

      8,9

      8,1

      Gemäß einer

      Regierungsstudie

      aus dem Jahre 1978

      2,0

      Bevor sie Während sie Bevor sie Während sie

      am Kanal am Kanal am Kanal am Kanal

      wohnten wohnten wohnten wohnten

      [Bild auf Seite 8]

      DANGER KEEP OUT

      [Bild auf Seite 11]

      Die Guaglianos mit den beiden Kindern, die am „Love Canal“ zur Welt kamen. „Unsere biblische Hoffnung bewahrte uns davor, den Verstand zu verlieren.“

  • „Nur die Spitze des Eisbergs“
    Erwachet! 1981 | 22. Februar
    • „Nur die Spitze des Eisbergs“

      Wie viele „Love Canals“ sind noch im Werden?

      „IM GANZEN Land gibt es Tausende solcher Deponien. Der Love Canal könnte ein Vorbote vieler ähnlicher Fälle sein.“ So äußerte sich Dr. Clark Heath vom Federal Center for Disease Control. „Die Situation am Love Canal ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Übertreibung? Ziehe folgendes in Betracht:

      LOUISIANA — Todessümpfe. Der Devil’s Swamp, ein Sumpf, in dem es früher von Tieren wimmelte, wurde durch die Ablagerung von Millionen Liter tödlicher Chemikalien so gut wie zerstört. Das nahe gelegene Weideland wurde verseucht, so daß 149 Rinder starben. Mehr als 220 Hektar wurden völlig vergiftet. In einem Wohngebiet in der Nähe eines anderen Sumpfes wurden die Bewohner nachts wach, weil sie Erstickungsanfälle hatten. Hunden, die in den Wald gelaufen waren, fielen teilweise die Haare aus. An einer der offiziell bekannten 40 000 Deponien dieses Bundesstaates kam ein Lkw-Fahrer beim Abladen von Abfällen durch die giftigen Dämpfe ums Leben.

      IOWA — „Der Love Canal im Vergleich dazu wie ein Picknickplatz.“ In der Nähe von Charles City kippten die Salsbury Laboratories unzählige Tonnen chemischer Abfälle in eine ehemalige Sand- und Kiesgrube. Dazu gehörten fast 30 000 m3 Arsenabfälle. Die chemische Verseuchung ist schon im Grundwasser der Umgebung, in einem nahe gelegenen Fluß und in Quellen der 80 km entfernten Stadt Waterloo festgestellt worden. In dem Gebiet ist eine „überdurchschnittliche Häufigkeit an Blasenkrebs“ zu verzeichnen. Doch unmittelbar gefährdet ist jetzt die nahe gelegene Wasserader, die über 300 000 Menschen versorgt. „Wenn dieses Zeug in die Wasserader gelangt und sich ausbreitet, wird der Love Canal im Vergleich dazu wie ein Picknickplatz wirken“, sagte Charles Miller, ein Beamter des Ministeriums für Umweltschutz.

      TENNESSEE — 300 000 Fässer Gift. Soviel vergrub die Firma Velsicol Chemical in der County Hardeman in Gräben, die mit einem Meter Erde zugedeckt wurden. Verbotene Pestizide, die 40mal so stark sind wie DDT, gelangten ins Grundwasser. In der Nähe sperrte man Wasserquellen, weil die Bewohner über Schwindelanfälle, Haarausfall, Nierenschmerzen, Leberstörungen, Atembeschwerden, Übelkeit, Gliederlähmung und sogar über Geburtsfehler klagten.

      NEW JERSEY — „Eines der gefährlichsten Gebiete der Vereinigten Staaten“, so lautete die Beschreibung für eine Stelle bei Elizabeth, wo die Chemical Control Corporation 34 000 Fässer ablagerte, aus denen Chemikalien entwichen. Dadurch, daß man vor kurzem 10 000 dieser Fässer, die die gefährlichsten tödlichen Stoffe enthielten, beseitigte, konnte eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes verhindert werden. Am 22. April 1980 passierte das Unvorstellbare. Nur Minuten von der 8-Millionen-Stadt New York entfernt, ging die Deponie in Flammen auf. Die enorme Hitze bewirkte, daß einige Fässer bis 60 Meter hoch geschleudert wurden. Als sich eine schwarze Wolke bildete, befürchtete man eine chemische Verseuchung großen Ausmaßes. Durch günstige Winde wurde die Situation noch gerettet. „Wir waren nur um Haaresbreite von einer Katastrophe entfernt“, sagte der Direktor des Ressorts für Gesundheit, Fürsorge und Wohnungswesen in Elizabeth. Weniger als eine Woche später brach ein Feuer auf einer Deponie in Bayonne aus. Seither hat es auch noch an anderen Stellen gebrannt. Die Bewohner in der Umgebung haben eine der höchsten Krebsraten des Landes.

      In England, Mexiko, Japan und Kanada gibt es ebenfalls Probleme mit der Ablagerung und illegalen Deponierung giftiger Abfälle. Chemische Abfälle gelten derzeit als die schlimmsten Wasserverseucher, da sie den natürlichen Abbauvorgängen widerstehen und häufig im Körper von Menschen und Tieren Ansammlungen bilden.

      Doch „in vielen Städten enthält das Trinkwasser Hunderte von Chemikalien“, berichtet ein Beamter des amerikanischen Gesundheitsministeriums. „Wir wissen nicht, wie sie zusammenwirken. Summieren, multiplizieren sie sich, oder heben sie sich auf?“ Ihre Langzeitwirkung ist so allmählich, daß man sie schwer ausfindig machen kann, bevor die Schäden — Krebs, Geburtsfehler usw. — offensichtlich werden, und dann ist es gewöhnlich zu spät.

      Weltweit werden Tausende von Hektar verseucht. „Es ist wie ein Alptraum“, klagte David Evill, ein Einwohner von Louisiana. „Leider ist der Alptraum Wirklichkeit, und es ist unser eigenes Land, und es ist für immer ruiniert.“

      Gibt es denn keine Möglichkeiten für die Beseitigung chemischer Abfälle? Was könnte man tun? Gibt es einen befriedigenden Ausweg aus dieser kritischen Situation?

      [Bild auf Seite 13]

      Laut EPA gibt es in den USA 32 000 bis 51 000 Deponien mit chemischen Abfällen. In mehr als 2 000 Deponien sind bereits Fässer undicht. Das könnte zu einer „unmittelbaren Gesundheitsgefährdung“ führen.

      [Bild auf Seite 13]

      Könnte diese Müllhalde ein neuer „Love Canal“ werden? Sie ist eine von den 215 Deponien, die gemäß einer Liste der EPA in zwei Regierungsbezirken des Staates New York bestehen.

  • Diese schreckenerregenden chemischen Abfälle — gibt es eine Lösung?
    Erwachet! 1981 | 22. Februar
    • Diese schreckenerregenden chemischen Abfälle — gibt es eine Lösung?

      JEDE Minute werden allein von der amerikanischen Industrie 69 260 kg tödliche chemische Abfallstoffe produziert. Weniger als ein Zehntel davon wird auf geeignete Weise beseitigt. Somit besteht die Wahrscheinlichkeit, daß auch du einmal von dieser Flut an Giften betroffen sein wirst.

      Wodurch wird eine geeignete Beseitigung behindert?

      PROFITSTREBEN. Sichere Methoden sind kostspielig. Statt dessen entscheiden sich viele Firmen für billige, illegale Verfahren. Während in den USA die geeignete Beseitigung von einem Faß Abfall 20 bis 155 Dollar kostet, genügt in einigen Gebieten für die illegale Beseitigung 1.50 Dollar.

      WIRTSCHAFTSSYSTEM. Einige Firmen müßten bei einer geeigneten Beseitigung ihrer chemischen Abfälle die Preise ihrer Produkte anheben oder den Konkurs anmelden. Millionen von Arbeitsplätzen könnten verlorengehen. Das Wirtschaftssystem wäre ruiniert. Regierungen und einige Vertreter der Arbeiterschaft zögern daher, gegen illegales Deponieren allzu laut zu protestieren.

      Liegt die Lösung in der Hand des Menschen?

      Man hat in Schweden, Deutschland, Japan, in Kanada und in den Vereinigten Staaten in der Muttermilch tödliche Chemikalien gefunden. „Wenn Chemikalien wie Dioxin, PCB und PBB die Muttermilch vergiften können, dann ist etwas verkehrt“, hieß es in dem Buch The Poison That Fell from the Sky (Das Gift, das vom Himmel fiel).

      Wenn wir jedoch das Universum oder die Teile unseres Planeten betrachten, die vom Menschen noch nicht verdorben worden sind, sehen wir Anzeichen für Ordnung, Schönheit und hervorragende Konstruktion. „Zu behaupten, daß eine ausgeklügelte Welt wie die unsrige durch Zufall aus dem Chaos entstand, ist etwa genauso vernünftig wie die Behauptung, Shakespeares Dramen seien in einer Druckerei von randalierenden Affen verfaßt worden“, schrieb der Autor Merril C. Tenny. Diese „ausgeklügelte“ Welt stammt von Gott. Gewiß ist es nicht vernünftig, anzunehmen, Gott würde tatenlos zusehen, wenn der Mensch sie zerstört.

      Der Weltbestseller gibt die Antwort

      Da der Schöpfer der Erde weiß, daß das ganze Problem durch das System dieser Welt verursacht wird, kündigt er in seinem Wort, der Bibel, das Ende dieses Systems an. Dann wird sein Königreich unter Christus über eine gereinigte Erde herrschen, die von gerechten Menschen bewohnt

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