Wie wir uns auf die Geburt unseres Kindes vorbereiteten
Siehst du Mutterfreuden entgegen? Was wißt ihr, du und dein Mann, über das bevorstehende Ereignis der Geburt? Viele Ehepaare kennen die Geburtsvorgänge nicht genau und haben falsche Vorstellungen davon, was unbegründete Angst, ja sogar Panik zur Folge hat.
ALS ich mich schwanger fühlte, beschlossen mein Mann und ich, alles zu tun, was in unserer Macht lag, um uns auf die Geburt unseres Kindes vorzubereiten. Wir besuchten einen Kursus mit acht Unterrichtsstunden, in dem gelehrt wurde, wie sich das Kind im Mutterleib entwickelt und welche Vorgänge zur Geburt führen. Man zeigte uns Filme und führte sachbezogene Gespräche durch. Wir beide wünschten, daß mein Mann bei der Geburt zugegen sein sollte.
Ich möchte nun einiges von dem, was wir in dem Kursus gelernt haben, berichten.
Ziemlich am Anfang wurde besprochen, wie außerordentlich wichtig eine gesunde und nicht einseitige Ernährung während der Schwangerschaft ist. Eisen ist besonders wichtig, weil das Kind im Mutterleib so viel Eisen speichert, daß es ihm mindestens bis sechs Monate nach der Geburt reicht. Kursusteilnehmer brachten Rezepte mit für die Zubereitung eines Nahrungsmittels, das zwar sehr viel Eisen enthält, aber nur wenig Leute gern essen — Leber. Ich lernte auch, daß werdende Mütter mehr Milch trinken und mehr Käse essen müssen, weil das Kind sehr viel Kalzium für den Aufbau der Knochen benötigt. Und ich persönlich mußte mich mit Kohlenhydraten vorsehen, um eine zu große Gewichtszunahme zu vermeiden.
Mitarbeit bei der Wehentätigkeit
Mit Hilfe von Dias und Filmen führte man uns vor Augen, wie ein neuer Mensch im Mutterleib entsteht und schließlich geboren wird. Der Geburtsvorgang kann in drei Phasen unterteilt werden. Die erste Phase der Geburt besteht in einer Reihe von Zusammenziehungen des Hohlmuskels der Gebärmutter, die man „Wehen“ nennt. Sie erfolgen zunächst in längeren, dann in kürzeren Abständen. Die Wehen haben den Zweck, den Muttermund zu erweitern. Das geschieht ganz allmählich über dem Kopf des Kindes. Dann folgt die Austreibungsperiode, die Zeit zwischen der vollständigen Muttermunderöffnung und der vollständigen Geburt des Kindes. Die dritte Phase ist die Nachgeburtsperiode. Der Mutterkuchen, das Organ, das den gesamten Stoffwechselaustausch zwischen Mutter und Kind bewerkstelligt hat, wird ausgestoßen.
Am schwierigsten soll der letzte Teil der Eröffnungsperiode sein. Der Muttermund ist dann vollständig eröffnet und hat einen Durchmesser von 10—12 cm. Wenn die Mutter versteht, daß die Wehen den Zweck haben, das lang ersehnte Kind zur Welt zu bringen, wird sie sich bemühen mitzuarbeiten, indem sie sich zwischen den einzelnen Wehen entspannt. Durch Verkrampfung der willkürlichen Muskeln arbeitet man den Kontraktionen der unwillkürlichen Muskeln der Gebärmutter entgegen, wodurch die Wehenschmerzen noch größer werden mögen. Wir lernten daher, wie nützlich es ist, sich völlig zu entspannen und richtig zu atmen. So stehen dann die ganzen Kräfte der Mutter den Gebärmuttermuskeln zur Verfügung.
Die wichtige Aufgabe des Ehemanns besteht darin — insbesondere beim Übergang von der ersten zur zweiten Wehenperiode —, seine Frau immer wieder daran zu erinnern, sich zu entspannen und in der vorgeschriebenen Weise zu atmen. Dabei kann er sie massieren, was lindernd wirkt. Wir lernten, daß die Mutter während der Austreibungsperiode mitpressen und zwischen den einzelnen Wehen Luft holen muß, um zu vermeiden, daß das Kind zu schnell kommt und dabei der Damm reißt.
Betäubungsmittel — ja oder nein? In unserem Kursus wurde betont, daß jede Frau diesbezüglich selbst entscheiden müsse. Viele können ihr Kind ohne jegliche Betäubungsmittel zur Welt bringen. Doch Frauen, die während der Geburt Betäubungsmittel verlangen, gelten nicht als Versager. Wir fanden das recht tröstlich.
„Es ist ein Mädchen!“
Nun, da das Kind fast den ganzen Weg im Geburtskanal zurückgelegt hatte, preßte ich ein letztes Mal sanft. Jetzt wurde das Köpfchen des Kindes sichtbar. Man riet hin und her: „Es sieht aus wie der Kopf eines Jungen“, rief mein Mann aus. „Nein, er sieht aus wie der Kopf eines Mädchens“, entgegnete die Geburtshelferin. Dann kam der große Augenblick: „Es ist ein Mädchen!“ Welch ein erhebender, beglückender Augenblick das war!
Kurz danach sog unser kostbares Kindchen an meiner Brust und erhielt so seine erste Mahlzeit — die Vormilch, „Kolostrum“ genannt. Wie ich gelernt hatte, soll die Vormilch für das Neugeborene aus drei Gründen vorzüglich sein: 1. Sie ist arm an Fett und Kohlenhydraten und deshalb bekömmlich für das Neugeborene. 2. Sie enthält mehr Abwehrstoffe als die richtige Milch. 3. Sie wirkt leicht abführend und reinigt so den Darm des Kindes von dem sogenannten „Kindspech“, das sich vor der Geburt in seinem Darm angesammelt hat (es besteht aus Darmschleim, Darmhautzellen, Gallenfarbstoffen o. a.).
Ich wußte, daß in wenigen Tagen unser Kindchen die richtige Milch erhalten würde. Muttermilch ist jeder Ersatznahrung weit überlegen. Sie ist verträglicher für das Kind und schützt es vor gewissen Viruskrankheiten. Vom Stillen würde auch ich einen Nutzen haben. Das Saugen des Kindes fördert das Zusammenziehen der Gebärmuttermuskulatur, wodurch der Blutverlust eingedämmt wird. Studien haben auch ergeben, daß in einigen (allerdings nicht in allen) Fällen ausgiebiges Stillen die Eireifung verzögert — eine natürliche Methode der Geburtenregelung.
Während unseres Kursus wurden auch gewisse unbegründete Ansichten widerlegt. Zum Beispiel hatte jemand einer Kursusteilnehmerin gesagt, sie dürfe die Arme nicht höher heben als bis zum Kopf, denn sonst würde sich die Nabelschnur um den Hals des Kindes wickeln, und das Kind würde ersticken. Doch unser Lehrer wies darauf hin, daß die Bewegungen der Mutter keinen Einfluß auf die Lage des Fetus oder auf die Nabelschnur haben können. Bei meinem Kind hatte sich die Nabelschnur zweimal um den Hals gewickelt, doch bei der Geburt war es gesund und munter.
Einige behaupten, man könne aufgrund der Form des Leibes der Mutter vorhersagen, ob es ein Mädchen oder ein Junge sei. „Wenn die Mutter das Kind tief trägt und der Leib rund ist“, sagen sie, „ist es ein Mädchen.“ Aber auch diese Auffassungen sind unbegründet. Man kann nur im voraus feststellen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, indem man der Gebärmutter etwas Fruchtwasser entnimmt und die darin schwimmenden Zellen untersucht.
In den drei Tagen, die ich in einem „Entbindungsheim“ im Wochenbett verbrachte, waren mein Kind und ich nicht getrennt. Man brachte mir mein Töchterchen nicht nur zu bestimmten Zeiten und holte es dann wieder weg, was bedeutet hätte, daß Papa es nur gelegentlich kurz hätte sehen können, sondern es wurde mir gebracht, sooft ich es wünschte. Von Vorteil war das Bettchen auf Rädern, das leicht von einem Zimmer ins andere geschoben werden konnte. Schön war auch, daß Papi uns besuchen durfte, sooft er wollte. Für meinen Mann und mich hat es sich wirklich gelohnt, uns auf die Geburt unseres Kindes vorzubereiten. (Eingesandt.)