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Fragen, die dich beunruhigen — Was solltest du tun?Der Wachtturm 1972 | 15. November
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kein Leben, in dem sie den ‘Werken des Fleisches’ nachgehen würden. — Röm. 7:5; 8:5-8; Gal. 5:19-21; vergleiche 1. Korinther 2:14.
Zur weiteren Veranschaulichung dieses Grundsatzes wollen wir den Text aus 2. Timotheus 4:2 betrachten: „Predige das Wort, halte dringend darauf in günstiger Zeit, in unruhvoller Zeit.“ Im Wachtturm vom 15. Februar 1972 wurde auf Seite 125 bis 127 erklärt, daß Paulus hier Timotheus, einem Aufseher in der Versammlung, Anweisungen hinsichtlich seiner Lehrtätigkeit innerhalb der Versammlung in Ephesus gab, die sich in einer ‘unruhvollen Zeit’ befand, in der einige versuchten, den Glauben anderer zu untergraben, indem sie falsche Lehren verbreiteten, törichte Fragen erörterten usw. Timotheus sollte sich an Gottes Wort halten, nicht an irgendeine eigene Philosophie oder an eigene Vorstellungen. — 2. Tim. 2:14-26; 3:1-17; 4:1-5.
Im Wachtturm vom 1. Juni 1972, Seite 328 wird der Text aus 2. Timotheus 4:2 jedoch als Stütze dafür angegeben, daß die gute Botschaft den Menschen in der Welt trotz Verfolgung gepredigt wird. Warum dieser Unterschied?
Die erste Anwendung ist die Anwendung nach dem Zusammenhang, und sie bringt die Bedeutung dessen zum Ausdruck, was Paulus Timotheus wirklich mitteilte. Die letztere Anwendung stützt sich auf den Grundsatz, daß wir die Predigttätigkeit, die wir innerhalb der Versammlung verrichten, auch nach außen hin ausdehnen. Wenn wir uns in der Versammlung an Gottes Wort halten, und zwar auch dann, wenn ungünstige Situationen entstehen, dann halten wir uns auch an Gottes Wort, während wir Außenstehenden predigen, und wir sorgen dafür, daß Außenstehende die Gelegenheit erhalten zu hören, ob wir dabei Schwierigkeiten begegnen oder nicht. — 1. Thess. 1:6.
Wir sollten Bibeltexte jedoch nicht wahllos und unbedacht anwenden, sondern vielmehr daran denken, daß die Anwendung nach dem Zusammenhang die hauptsächliche und grundlegende Anwendung ist. Wenn es möglich ist, den Text dem Grundsatz nach in einer zweitrangigen oder erweiterten Anwendung zu gebrauchen, so können wir unsere Darlegung dadurch überzeugender gestalten, daß wir unsere Zuhörer auf den grundlegenden Sinn nach dem Zusammenhang hinweisen und erklären, daß wir den Text in seiner zweitrangigen Anwendung gebrauchen, indem wir ihn nur dem Grundsatz nach anwenden.
PROPHEZEIUNGEN MIT MEHR ALS NUR EINER ERFÜLLUNG
Prophezeiungen mögen mehr als eine Erfüllung haben. Prophezeiungen, die in alter Zeit geäußert wurden, hatten in allen Fällen eine Bedeutung für die Menschen, die sie hörten; sie dienten sowohl zu ihrer als auch zu unserer Belehrung. Meistens hatten sie eine Erfüllung zu jener Zeit, in vielen Fällen zu Lebzeiten der betreffenden Generation. Häufig gab es eine zweite Erfüllung, als Christus auf Erden war oder in der Geschichte der Versammlung der ersten Christen. Und in sehr zahlreichen Fällen gibt es in unserer Zeit oder in der Zukunft eine größere geistige oder buchstäbliche Erfüllung.
Folglich ist es bei der Anwendung einer Stelle, die eine prophetische Bedeutung hat, gut, diese Tatsache zu erkennen. Zum Beispiel erklärte David in Psalm 37:10: „Nur noch eine kleine Weile, und der Böse wird nicht mehr sein; und du wirst dich sicherlich umsehen nach seiner Stätte, und er wird nicht dasein.“ Zu wessen Nutzen wurde dies geschrieben? Hat es nur in dieser „Zeit des Endes“ Anwendung, in der das Böse für immer vernichtet werden wird? Das wäre etwa dreitausend Jahre nachdem der Psalm geschrieben und vom Volk Israel gelesen wurde. Bedeuteten diese Worte für diejenigen, die sie lasen, nur eine Verheißung für die ferne Zukunft?
Nein. Diese Worte über die Bösen hatten für die damals lebenden Menschen eine Bedeutung und waren eine Botschaft für sie. Ja, sie fanden schon zur Zeit Davids eine Erfüllung. David beobachtete und erlebte, daß die Bösen, obwohl sie eine Zeitlang zu gedeihen schienen, nicht lange bestehenblieben (Vers 35, 36). Gerade aus diesem Grunde gab er in Vers eins und zwei den Rat, sich nicht über die Übeltäter zu erhitzen. Er nannte also eine Lebensregel. Zur Zeit Davids wurde die „Erde“, das heißt der Teil der Erde, den Gott Israel zugewiesen hatte, unter die friedliche Herrschaft Davids gebracht, und während der Herrschaft seines Sohnes Salomo hatte das Volk Ruhe vor bösen Feinden. — Ps. 37:11; 1. Kö. 4:20, 25.
Diese prophetische Wahrheit, dieser Grundsatz, findet auch eine größere Erfüllung in diesen „letzten Tagen“ des bösen Systems der Dinge, in denen Aussicht auf eine weit ausgedehntere Reinigung der Erde besteht, da Gott sein Vorhaben zum Ausdruck gebracht hat, durch die von Christus ausgeübte Königsherrschaft alles Böse auf der ganzen Erde für immer zu beseitigen. — Offb. 11:18; 19:19-21.
Eine andere Prophezeiung, und zwar die aus Jesaja 65:17, die davon handelt, daß Gott „neue Himmel und eine neue Erde“ schaffen würde, verkündigte Jesaja den Juden nicht nur, damit sie etwas hörten, was sich etwa 2 700 Jahre später erfüllen sollte. Sie hatte vielmehr eine erste Erfüllung etwa 200 Jahre nachdem sie aufgezeichnet worden war, nämlich als die Israeliten, die sich im Exil befanden, nach Jerusalem zurückgeführt wurden. Ein neues Herrschaftssystem, für das Jehova sorgte und in dem Serubbabel Statthalter und Josua Hoherpriester war, bildete „neue Himmel“, und das Land Juda wurde mit einem organisierten Volk, das eine „neue Erde“ bildete, wieder bevölkert. Während dieser Wiederherstellung kam kein Feind wie Nebukadnezar herbei, um Säuglinge und kleine Kinder zu töten, und die Menschen lebten ihre normale Lebensdauer. In Sicherheit bauten sie Häuser und pflanzten sie Weingärten, ohne Furcht, daß der Feind wieder herbeikommen und ihr Land verwüsten würde, wie es die Babylonier im Jahre 607 v. u. Z. getan hatten. (Jes. 65:20-22) Dies war damals für jene Israeliten eine bedeutungsvolle Erfüllung. Sie konnten im Glauben an Jesajas Prophezeiung zu ihrem eigenen Guten handeln.
Gott liebte sein Volk damals und gedachte der Angehörigen seines Volkes, die in Babylon gefangen waren. Er handelte, um sie aus der Gefangenschaft herauszuführen und sie in ihrem eigenen Land zu segnen. Was mit jenem Volk geschah, diente gemäß dem Apostel Paulus als Vorbild größerer Dinge. (1. Kor. 10:11) Deshalb wissen wir, daß Gott in seiner großen Liebe zur Christenversammlung, zum ‘geistigen Israel’, dessen Glieder von ihren Feinden befreien würde. Im ersten Jahrhundert befreite er einen Überrest treuer Juden, indem er diese in die Christenversammlung brachte, die zu Pfingsten gegründet wurde. (Joh. 8:31-36; Apg. 2:41, 47) Ebenso hat Gott in diesen „letzten Tagen“ dieselbe Liebe bekundet, indem er das geistige Israel aus der Gefangenschaft herausführte, in der Babylon die Große, das Weltreich der falschen Religion, es gehalten hatte. Er hat im geistigen Israel allmählich wieder die Wahrheiten und Bräuche der Versammlung der ersten Christen eingeführt und hat es gesegnet, indem er weitere Menschen aus religiöser Knechtschaft befreit hat. Somit hat es eine dreifache Erfüllung der biblischen Prophezeiung über die Befreiung des Volkes Jehovas aus Babylon gegeben.
Der Apostel Petrus bestätigt dieses Verständnis, wonach es mehr als eine Erfüllung gibt, indem er eine künftige Anwendung der Prophezeiung aus Jesaja 65:17 in Verbindung mit der Herrschaft Christi zeigt. Petrus schreibt an das geistige Israel seiner Tage wie folgt: „Doch gibt es neue Himmel und eine neue Erde, die wir gemäß seiner Verheißung erwarten, und in diesen wird Gerechtigkeit wohnen.“ (2. Petr. 3:13) Auch im Buch der Offenbarung, das etwa im Jahre 96 u. Z. für das geistige Israel geschrieben wurde, findet sich das Bild ‘eines neuen Himmels und einer neuen Erde’ zum Nutzen, zur Sicherheit und zum Segen der Menschheit in Gottes neuer Ordnung unter der Königreichsherrschaft Christi. — Offb. 21:1-4.
Wenn wir daher Schwierigkeiten haben, eine Erklärung einer Prophezeiung zu verstehen, wie sie in den Veröffentlichungen der Watch Tower Society dargelegt wird, ist es angebracht, tiefer nachzudenken. Denke an die Möglichkeit, daß es mehr als eine Erfüllung geben mag. Oft stärkt es unseren Glauben sehr, wenn wir lesen, daß Gott eine Prophezeiung in alter Zeit an seinem Volk erfüllte. Noch sicherer ist für uns die Gewißheit, daß er die größere Erfüllung an seinem Volk heute durchführen kann und wird.
Auch sollte man, wenn man über die Anwendung eines Schrifttextes im ungewissen ist, den Zusammenhang dieser Schriftstelle betrachten und sich fragen: „Handelt es sich hier lediglich um eine Anwendung des in dem Schrifttext enthaltenen Grundsatzes, der über die Anwendung nach dem unmittelbaren Zusammenhang hinausgeht?“
Doch wie steht es mit veränderten Ansichten, zu denen es gelegentlich kommen mag? Dieser Punkt wird im nächsten Artikel behandelt.
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Gott bringt das Denken seines Volkes zurechtDer Wachtturm 1972 | 15. November
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Gott bringt das Denken seines Volkes zurecht
JEHOVA ist unfehlbar, und er ist der große Lehrer und Führer seines Volkes. (Ps. 143:10) Sein Volk ist fehlbar, und in keinem Punkt versteht es alles. Gott führt die Glieder seines Volkes schrittweise, so daß die Wahrheit immer heller wird und sie in immer vollerem Maße Gottes Herrlichkeit widerstrahlen und immer mehr in sein Bild umgewandelt werden. (2. Kor. 3:18) Sie lernen ihn immer näher kennen. Ihre Bedürfnisse werden völlig befriedigt, indem alles für ihr geistiges Wohlergehen beschafft wird. (Phil. 4:19) Ein solcher Fortschritt hat Änderungen, ein Zurechtbringen ihres Denkens, zur Folge.
Einige haben jedoch etwas gegen veränderte Ansichten, Änderungen im Verständnis gewisser Schriftstellen oder einer gewissen Verfahrensweise. Zum Beispiel weigern sich Jehovas Zeugen seit den 1940er Jahren, Blut zu spenden oder sich Blut übertragen zu lassen, während sie diesen Standpunkt vor jener Zeit nicht einnahmen. Seit 1962 verstehen sie unter den „obrigkeitlichen Gewalten“ aus Römer 13:1 die Herrscher weltlicher Regierungen, während sie bis zu jener Zeit, und zwar von 1929 an, einen anderen Standpunkt vertraten. Es könnten noch weitere Beispiele angeführt werden. Zeigt dies, daß Jehovas Zeugen nicht die Wahrheit haben? Werden dadurch die wichtigsten Grundsätze ihrer Lehren in Frage gestellt?
Keineswegs. Jehovas Zeugen beanspruchen keine Unfehlbarkeit. Sie werden von Gott belehrt. (Jes. 54:13) Niemals werden sie alles wissen, sondern sie werden ständig von der unerschöpflichen Weisheit Gottes lernen, während sie in seiner Wahrheit wandeln.
BEISPIEL DER VERSAMMLUNG DER ERSTEN CHRISTEN
Als Jesus auf Erden war, sagte er zu seinen Jüngern: „Ich habe euch noch vieles zu sagen, aber ihr vermögt es jetzt nicht zu tragen.“ (Joh. 16:12) Hätte er ihnen all diese Dinge auf einmal gesagt, so wäre das für sie zuviel gewesen. Es wäre ihnen unmöglich gewesen, all diese Dinge zu erfassen und sie in ihrem Leben auszuführen. Daher belehrte er sie schrittweise.
Betrachte die Geschichte der Versammlung der ersten Christen gemäß den Aufzeichnungen in der Apostelgeschichte. Als Jesus bei ihnen war, kurz bevor er in den Himmel auffuhr,
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