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Haltet eure Augen auf den Preis gerichtetDer Wachtturm 1959 | 1. Februar
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Haltet eure Augen auf den Preis gerichtet
„Wißt ihr nicht, daß die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis empfängt? Lauft auf eine Weise, daß ihr ihn erlangt.“ — 1. Kor. 9:24, NW.
1. Weshalb braucht die Bibel oft Wörter, die sich auf einen Wettlauf beziehen?
LAUFEN, Rennen, Rennbahn — das sind Worte, denen ihr wahrscheinlich beim Lesen der Bibel schon öfter begegnet seid, besonders in den Briefen des Apostels Paulus. Warum benutzt er denn häufig Wörter, die sich auf einen Wettlauf beziehen? Weil durch einen Wettlauf treffend der Lauf veranschaulicht wird, der einem Christen in Aussicht gestellt ist; denn Laufen bedeutet Bewegung, Tätigkeit, Vorwärtsschreiten und ist eines der kraftvollsten, treffendsten Wörter, das der Apostel wählen konnte, um die Anstrengungen zu beschreiben, die ein Christ machen muß, damit er den Preis des ewigen Lebens in Gottes neuer Welt gewinnt.
2, 3. Welche Kenntnis eines Wettlaufs besaßen die alten Korinther, und welchen Rat gab also der Apostel den Christen von Korinth?
2 Um die Christen von Korinth zu einem Laufe zu ermuntern, durch den sie den Preis gewinnen konnten, bediente sich Paulus der Bildersprache bezüglich der früheren Wettkämpfe. Von den vier berühmtesten Spielen der alten Welt fand eines in der Nähe von Korinth statt, nämlich im Stadion auf dem Isthmus von Korinth. Eine der geschätztesten Sportarten der Isthmischen Spiele war der Wettlauf. Fast jeder Korinther hatte schon dann oder wann einem der Spiele beigewohnt und war Zeuge eines Wettlaufs gewesen. Für den nichtchristlichen Korinther war das selbstverständlich; es war ein nationaler Zeitvertreib oder Sport; nur waren jene Wettkämpfe wichtiger als der Sport, wie wir ihn heute kennen, denn sie waren eng mit der alten Religion der Griechen verknüpft. Da Paulus wußte, daß jene, denen er schrieb, mit Wettläufen vertraut waren, konnte er passenderweise fragen:
3 „Wißt ihr nicht, daß die, die in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis empfängt?“ Sie wußten es. Die Christen in Korinth wußten, daß bei einem Rennen viele liefen, aber nur einer den Preis empfing. Sie wußten, daß jeder Läufer die größten Anstrengungen machte, diesen Preis zu gewinnen; sie wußten, daß die Wettläufer durch ihren Lauf den Preis zu gewinnen suchten. Paulus zeigt, daß Christen in ähnlicher Weise laufen müssen. „Lauft auf eine Weise, daß ihr ihn erlangt.“ Jawohl, lauft, um zu gewinnen! Im Gegensatz zum ehemaligen Wettlauf, in dem nur e i n e r den Preis empfing, steht allen Christen, die gut laufen, allen, die das Endziel erreichen, ein Preis in Aussicht. — 1. Kor. 9:24, NW.
4. Was war beim Wettlauf in alter Zeit hinsichtlich des Preises Brauch, und wie berührte dies den Laufenden?
4 Es besteht darüber kein Zweifel: in alter Zeit liefen die griechischen Läufer, um den Preis zu gewinnen; sie rannten nicht einfach nur, um bei dem Rennen dabei zu sein. Und wie begierig waren sie nach dem Preis! Mit welcher Anspannung ihre Kräfte liefen sie! Und wie sie ihren Blick geradeaus gerichtet hielten! Es war Brauch, am Ziel gut sichtbar den Siegespreis zu befestigen. Sein Anblick spornte die Wettkämpfer an, jeden Nerv anzuspannen und alles — außer dem einen Ziel — zu vergessen, damit sie den Preis gewännen. Sie liefen mit der Aussicht auf den Preis. Wieviel mehr sollte der Christ das tun!
5. Für welchen Preis lief man in alter Zeit?
5 Denn welchen Preis begehrten diese Wettläufer so sehr, verglichen mit dem Preis, den Christen empfangen sollen? „Sie nun“ — so sagte der Apostel —, „damit sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche.“ Der Preis für den Läufer bestand in alter Zeit aus einer Krone oder einem Kranz von Olivenblättern, Lorbeer oder Fichtenzweigen. Bei den Isthmischen Spielen bestand der Kranz aus Fichtenzweigen. Um diese Krone, diesen Kranz, und um die daraus erwachsende Ehre liefen die Läufer in alter Zeit mit äußerster Kraft, obwohl mit der Zeit der Kranz verwelkte und verdorrte. Ihr Preis welkte also und verging. Ein welkender Kranz, und doch — welche Anstrengungen machten sie, um ihn zu gewinnen, wobei sie ihre Augen auf den Preis gerichtet hielten! — 1. Kor. 9:25, NW.
DEN PREIS EINSCHÄTZEN
6. Welchen Lohn gibt Gott in seiner Liebe denen, die gut laufen, im Gegensatz zu dem Preis, den heidnische Wettläufer erhielten?
6 Der Apostel sagte, daß im Gegensatz zu der welkenden Krone, die die Spiele in alter Zeit einbrachten, solcher Personen ein unvergänglicher Preis wartet, die den christlichen Wettlauf bis zu Ende laufen. Von dieser Krone oder diesem Kranze sprechend, schrieb der Apostel Petrus: „Wenn der Oberhirte geoffenbart worden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ — oder, wie die Fußnote zeigt, „den Preis davontragen“, die unverwelkliche Krone. Welch ein Preis für die gesalbten Christen, jene, die zum himmlischen Königreich berufen sind! Könnte ein Preis, den diese Welt bietet, mit dem Preis verglichen werden, den Gott bietet — dem Preis der Unvergänglichkeit, des ewigen Lebens in himmlischer Herrlichkeit in Einheit mit Christus, dem König? Heute gibt es Hunderttausende christlicher Wettläufer, die Gott nicht zu geistigen Söhnen des himmlischen Königreiches gesalbt hat, doch bietet Gott auch ihnen einen unvergänglichen Preis, nämlich ewiges Leben in Vollkommenheit auf Erden unter dem Königreich des Himmels. Auf welchen Preis auch immer der christliche Läufer seine Augen gerichtet hält, ist er es doch wert, daß dieser ebensoviel Kraft und Energie dafür aufwendet, wie die Läufer sie in den Spielen in alter Zeit aufwandten, ja der Christ sollte mit noch größerer Entschlossenheit und Kraft laufen, denn der Preis, den Gott in seiner Liebe verheißt, wird nie vergehen. „Was er selbst verheißen hat, ist dies: das ewige Leben.“ — 1. Pet. 5:4; 1. Joh. 2:25, NW.
7, 8. Wie sollte der christliche Wettläufer auf Grund des Beispiels des Apostels Paulus den Preis ansehen, den Gott ihm bietet?
7 Wie sollte der christliche Wettläufer, wenn er einen solch unvergleichlichen Preis vor Augen hat, die Preise betrachten, die diese Welt austeilt? Er sollte sie so betrachten wie Paulus, der sagte: „Ja, ich sehe auch alle Dinge als Verlust an wegen des vorzüglichen Wertes der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen habe ich den Verlust aller Dinge auf mich genommen, und ich sehe sie geradezu als Abfall an.“ Wie also lief Paulus? „Brüder, ich halte mich selbst noch nicht für so weit, es ergriffen zu haben; e i n e s aber ist zu sagen: Vergessend, was hinter mir liegt, und mich nach dem ausstreckend, was vor mir liegt, jage ich dem Ziel entgegen, dem Preis.“ — Phil. 3:8, 13, 14, NW.
8 So wie die Läufer bei den alten Wettspielen während des Laufens ihre Augen auf den Preis gerichtet hielten und dabei alle anderen Preise außer acht ließen und auch an gar nichts mehr dachten, was in der Vergangenheit lag, sondern sich nach den vor ihnen liegenden Dingen ausstreckten, so lief Paulus. Man könnte die Worte des Apostels etwa wie folgt umschreiben: ‚Glaubt mir, es gibt nur e i n e s in der ganzen Welt, was sich wirklich lohnt — der Preis, auf den meine Augen fest gerichtet sind. Nichts ist mit ihm zu vergleichen, gar nichts. Alles, was diese Welt bietet, ungeachtet, wie wunderbar ein Wagen sein mag, wie geräumig ein schönes Haus, wie herrlich ein Kleid oder wie köstlich Vergnügungen sein mögen, erachte ich als Abfall, als Kehricht, der weggeworfen werden soll, damit ich mich beim Laufen auf den Preis konzentrieren kann. Daher laufe ich nicht mit unregelmäßigem Tempo, nicht gleichgültig, so, als ob mein Ziel in Frage gestellt wäre. Ich laufe mit dem Ziel vor Augen, das ich von ganzem Herzen zu erreichen wünsche, und nur auf dieses Ziel sind meine Augen gerichtet. Ich halte es mir immer vor Augen. Warum sollte ich davon wegblicken? Somit lebe und laufe ich, indem ich meinen Blick auf den Preis gerichtet halte.‘
9. Welcher Gefahr sieht sich der christliche Wettläufer gegenüber, wodurch die richtige geistige Einstellung für ihn lebenswichtig wird?
9 Paulus betrachtete den Preis auf realistische Weise. Er schätzte seinen Wert richtig ein. Auch hatte er von den Preisen, die die Welt zu bieten vermag, die richtige Auffassung. Und er heißt den christlichen Läufer, dasselbe zu tun: „So laßt uns denn, so viele von uns reif sind, diese geistige Einstellung haben.“ Wie unbedingt notwendig ist dies doch in dieser „Zeit des Endes“, wenn in dieser Welt mehr und mehr Preise angeboten werden, Preise oder Dinge von Wert, die eine Karriere, Vergnügungen oder Besitztümer betreffen. Wir erkennen daher die große Gefahr für den christlichen Läufer, wenn er seinen Wettlauf wohl mit Freude und Kraft beginnen mag, sich aber später durch die Preise, die diese Welt bietet, vom Preis des Lebens ablenken läßt. Und was dann? Der Wettläufer verlangsamt seinen Lauf und wird ein sorgloser Schlenderer. Wie unsicher läuft er nun! Er läuft nicht mehr wie einer, der den Preis des Lebens zu gewinnen sucht. Die Dinge, die hinter ihm liegen, die Preise der alten Welt, haben ihn abgelenkt und veranlaßt, den Ansporn und die Triebkraft zum Laufen zu verlieren, die jemand nur dadurch erhält, daß er seine Augen auf die vor ihm liegenden Dinge gerichtet hält, auf den Preis, den Gott bietet. Demas, der mit Paulus zusammen um den Preis gelaufen war, ließ seine Blicke von dem Preis abschweifen; die Preise dieser Welt lenkten ihn ab, und er hielt in seinem Lauf inne. Wir müssen die richtige Geisteshaltung gegenüber den Preisen dieser Welt erlangen, „denn alles, was in der Welt ist — die Begierde des Fleisches und die Begierde der Augen und die augenfällige Zurschaustellung der Mittel, die jemand zum Leben besitzt —, stammt nicht vom Vater, sondern stammt von der Welt. Überdies: die Welt vergeht und auch ihre Begierde, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt für immer.“ — Phil. 3:15; 2. Tim. 4:10; 1. Joh. 2:16, 17, NW.
10, 11. (a) Warum ist kein Preis, den die Welt bieten mag, es wert, daß jemand seinen Blick von dem Preis abschweifen läßt, den Gott bietet? (b) Wie denken Personen, die in ihrem Leben nach Reichtum gestrebt haben, oft am Ende ihres Lebens, im Gegensatz zu dem Apostel, der sich über sein Leben äußert?
10 Von welchem Wert sind also die Preise, die diese Welt bietet, die Preise, die ebenso sicher verwelken und vergehen werden wie der grüne Kranz der Läufer in alter Zeit? Ist selbst der größte Preis, den diese Welt bietet — das Lebensziel so vieler Menschen der Gegenwart: die sogenannte wirtschaftliche Sicherheit —, es wirklich wert, daß wir unsere Blicke ablenken und vom Preise des Lebens abschweifen lassen? Nein, nicht für eine Minute! Der christliche Wettläufer muß für die Lebensnotwendigkeiten sorgen, darf aber gleichzeitig nie den Preis aus den Augen verlieren. Paulus stellte Zelte her, um sich einige Dinge, die er benötigte, beschaffen zu können, doch ließ er nie zu, daß seine Beschäftigung, das Zeltemachen, seine Blicke vom Preise ablenkte. Paulus verfolgte also kein fruchtloses Ziel, das heißt wirtschaftliche Sicherheit; er wußte, daß Geld, Wohlstand und Besitztümer ohne Leben wertlos sind. Selbst Personen, die das erreichen, was sie als wirtschaftliche Sicherheit betrachten, indem sie Millionenwerte anhäufen, gelangen oftmals zu der Erkenntnis, daß das, zu dessen Gewinn sie ihr ganzes Leben verwandt haben, ein vergänglicher Preis ist. In dem Buche Treasury of the Christian World [Schatzkammer der christlichen Welt] erscheinen folgende Äußerungen: „Mr. T. P. O’Connor berichtet über ein Interview, das er mit Mr. Andrew Carnegie hatte: ‚Während wir dem Bahnhof zufuhren, bemerkte ich, wie ich ihn um seinen Reichtum beneidete. Er erwiderte: „Ich bin nicht zu beneiden. Was kann mein Reichtum mir helfen? Ich bin sechzig Jahre alt und kann das, was ich zu mir nehme, nicht verdauen. Ich würde alle meine Millionen für Jugend und Gesundheit hingeben.“ Auch werde ich nie seine darauffolgende Bemerkung vergessen. Schweigend waren wir ein Stück weitergefahren, als sich Mr. Carnegie mir plötzlich zuwandte und mit verhaltener Stimme und mit Bitterkeit und mit einer ganz unbeschreiblichen Tiefe des Gefühls sagte: „Wenn ich Fausts Handel abschließen könnte, täte ich es. Gern wollte ich alles verkaufen, um mein Leben nochmals zu leben.“ Und während er das sagte, sah ich, wie er seine Hand zur Faust ballte.‘“
11 Wie anders lauteten die Worte des Apostels Paulus, der, nachdem er in seinem Leben nur nach dem himmlischen Preis gestrebt hatte, sagen konnte: „Ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt. Fortan wird für mich die Krone der Gerechtigkeit aufbewahrt, die der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem Tage als Lohn geben wird.“ — 2. Tim. 4:7, 8, NW.
AUSHARREN DURCH EINFALT DER AUGEN
12. Welcher Tatsache verdankte Paulus weitgehend seine Kraft zum Ausharren?
12 Paulus verdankte seine außergewöhnliche Kraft, durch die er ausharren konnte, dem Umstand, daß er nur e i n Ziel im Auge behielt. Und er gewann diese Einfalt des Vorhabens oder diese Geradlinigkeit des Strebens dadurch, daß er seinen Blick auf den Preis gerichtet hielt. Dadurch, daß wir unsere Augen auf den Preis richten, wird also unser Ausharren sehr gestärkt. Irret euch nicht: Ausharren ist notwendig. „Laßt uns in dem vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren laufen.“ Der Wettlauf des Christen ist kein kurzer Sprung; er ist lang und schwierig. Weil der Preis nicht errungen ist, ehe man die Ziellinie überquert hat, darf man in seinen Bemühungen auf dem Wege nie nachlassen. Von den Gleichnissen Jesu zählen jene zu den eindringlichsten, in denen er davon sprach, daß einige Personen wohl einen guten Anfang machten, aber nicht bis zum Ende durchhalten konnten. — Heb. 12:1.
13. Was kann einen Wettläufer zum Straucheln und um den Preis bringen, wie das Jesus in seinem Gleichnis vom Sämann zeigte, und welchen Rat gab er in bezug auf Besitztümer?
13 In seinem Gleichnis vom Sämann sagte Jesus, als er den Sinn des Samens erklärte, der auf felsigen Boden und unter die Dornen fiel, folgendes: „Der auf den felsigen Boden gesät wurde, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden annimmt. Doch in sich selbst hat er keine Wurzel, aber verbleibt eine Zeitlang so, und nachdem sich Drangsal oder Verfolgung wegen des Wortes eingestellt haben, wird er sogleich zum Straucheln gebracht. Den man unter die Dornen gesät hat, ist jener, der das Wort hört, aber die Sorgen dieses Systems der Dinge und die trügerische Macht des Reichtums ersticken das Wort, und er wird unfruchtbar.“ Somit scheiden einige Läufer aus der Bahn aus, indem sie zufolge von „Drangsal oder Verfolgung“ zu Fall kommen. Andere verlieren ihre Kraft zum Ausharren, indem sie sich von den „Sorgen dieses Systems der Dinge“ umstricken lassen. Nachdem Jesus das Gleichnis über den Bau eines Turms und über einen König, der in den Krieg zog, gesprochen hatte, fügte er hinzu: „Somit kann bestimmt keiner von euch mein Jünger sein, der sich nicht von allem trennt, was ihm gehört.“ — Matth. 13:20-22; Luk. 14:33, NW.
14. Wie sollte ein Christ materielle Besitztümer ansehen?
14 Der christliche Wettläufer steht unter keiner Verpflichtung, seine materielle Habe wegzugeben, doch muß er sich nach dem Grundsatz richten, den Jesus niedergelegt hat: Wenn er sieht, daß seine Besitztümer seinen Blick vom Preise des Lebens ablenken, dann täte er besser, sich von diesen Dingen, die ihn ablenken, zu trennen als sie zu behalten und zu riskieren, daß er den Wettlauf verliert. Er sollte nicht zulassen, daß Hab und Gut, also materielle Besitztümer, für ihn jemals so groß und so wichtig werden, daß sie seinen Blick vom Preise abziehen. Es ist jedoch in der heutigen Welt nicht wahrscheinlich, daß e i n Ding allein, das er besitzen mag, seine Augen vom Preise ablenken würde, nein, aber die vielen verschiedenen Besitztümer, Vergnügungen, Liebhabereien, Sorgen des Lebens und andere Ablenkungen ziehen seinen Blick auf sich. Die verschiedenen Ablenkungen üben im gesamten eine starke Macht aus und erschweren es dem Christen, dem biblischen Gebot zu gehorchen und für den Preis zu laufen, während dies doch lebensnotwendiger wäre denn je. „Deine Augen sollten geradeaus schauen, ja, deine eigenen strahlenden Augen stracks vor sich hinblicken. — Ebne die Bahn deines Fußes, und alle deine Wege seien festgelegt. Biege weder nach rechts noch nach links ab.“ Wie man diese Einfalt der Augen, die so sehr dazu beiträgt, daß wir die Kraft zum Ausharren haben, erlangen können, das ist das Problem, das jeder „Laufende“ lösen muß. — Spr. 4:25-27, NW.
DAS ZEITALTER DER ABLENKUNG
15. Was hat ein weltlicher Redner über „die Sorgen dieses Systems der Dinge“ gesagt?
15 Ein Kommentar über die „Sorgen dieses Systems der Dinge“ stammt von Bernard M. Baruch. Zu einigen Universitätsstudenten im City-College, New York, sprechend, sagte er: „Niemals in der Geschichte hat sich die Menschheit dieser gesteigerten Formen der Nachrichtenübermittlung rühmen können, der Schnellpressen, der reichillustrierten Zeitschriften, des Radios und Filmwesens, der Television. Doch scheinen alle diese wunderbaren Formen der Nachrichtenvermittlung das Denken weniger zu fördern als ein Klotz im Walde. Fast scheinen diese stromlinienförmigen ‚Nachrichtenmittel mit Düsenantrieb‘ gar die Feinde des Denkens zu sein. Durch sie erwachsen uns täglich neue Ablenkungen … Unsere Kräfte … werden durch Nebensächliches verzettelt … Vor nicht allzulanger Zeit liebte man es, anzunehmen, daß wir im ‚Zeitalter der Erleuchtung‘ leben. Mehr und mehr wird es zum ‚Zeitalter der Ablenkungen‘.“ — Vital Speeches of the Day [Wichtige Reden des Tages], Juni 1953.
16, 17. Welchen Rat Jesu sollten jene annehmen, die sich durch viele Dinge ablenken lassen? (b) Was sagte eine Schriftstellerin über die Ablenkungen durch die moderne Zivilisation?
16 Je mehr Ablenkung es gibt, um so schwieriger fällt es einem Christen, den Blick nur auf das gerichtet zu halten, was in bezug auf seinen Wettlauf nötig ist. Offensichtlich gibt es heute mehr Ablenkungen als in den Tagen Jesu, und doch ließen sich die Menschen auch zu seiner Zeit durch manches ablenken. Einst ging Jesus in ein Dorf, und „eine gewisse Frau namens Martha nahm ihn als Gast in ihr Haus auf. Diese Frau hatte auch eine Schwester, Maria genannt, die sich zu den Füßen des Meisters niedersetzte und unablässig seinen Worten lauschte. Martha dagegen wurde dadurch abgelenkt, daß sie sich vieler Pflichten annahm. So trat sie denn hinzu und sprach: ‚Meister, machst du dir nichts daraus, daß meine Schwester mich die Dinge allein besorgen läßt? Sage ihr doch, sie solle mir helfen!‘ Als Antwort sagte der Meister zu ihr: ‚Martha, Martha, du bist besorgt und beunruhigt wegen vieler Dinge. Wenige aber sind nötig oder nur eins. Maria ihrerseits hat das gute Teil erwählt, und es wird nicht von ihr genommen werden.‘“ Maria mied Ablenkungen, um ihr geistiges Sehvermögen zu schärfen. Martha ließ sich durch viele Dinge ablenken, so daß sie sich nicht zu den Füßen des Meisters niedersetzte und die Erkenntnis in sich aufnahm, das eine, was sie doch in Wirklichkeit benötigte. — Luk. 10:38-42.
17 In der heutigen Welt gibt es mehr Marthas als Marias. Zerstreuungen und Ablenkungen sind der Grund dafür. Anne Morrow Lindbergh schreibt über einige Ablenkungen, denen sich eine Hausfrau heute gegenübersieht, in ihrem Buch Gift from the Sea [in Deutsch: Muscheln in meiner Hand]: „Ich wünsche mir ein einfaches Leben … Aber soweit bin ich noch nicht … Als Frau und Mutter sehe ich mich in eine ganze Karawane von Komplikationen hineingezogen. Dazu gehört der Haushalt; entweder muß man sich selber damit abplacken oder dauernd eine Hilfe suchen … Dazu gehören Wohnung und Essen; den Tag einteilen, einkaufen, kochen, rechnen, mit dem Wirtschaftsgeld auskommen. Dazu gehören Metzger, Bäcker, Milchmann und die zahllosen Fachleute, von denen es abhängt, ob mein moderner Haushalt mit seiner modernen „Vereinfachung“ reibungslos läuft, ob das Licht funktioniert, der Gasherd, die Wasserleitung, der Kühlschrank, die Ölheizung, die Waschmaschine, der Radioapparat, das Auto — alles, was auf der Linie „zeitsparender“ Erfindungen liegt. Ferner gehört die Gesundheit dazu: Arzt und Zahnarzt, Anmeldungen, Medizin, Lebertran, Vitamine, Apotheke. Und die Erziehung der Kinder gehört dazu, die Schule, der Lehrer … die Vorbereitung fürs Zeltlager und für Reisen. Und auch die Kleidung gehört dazu, auswählen und kaufen, entflecken und waschen, bügeln und stopfen, Knöpfe annähen und Säume auslassen oder jemanden finden, der es einem abnimmt. Unsere Bekannten gehören dazu, die Freunde meines Mannes, die Schulkameraden der Kinder, meine eigenen Freundinnen, Verabredungen, Briefe, Einladungen, Anrufe und Reisen, hierhin und dorthin … Gewiß verfolgt das Problem der Vielseitigkeit und Zersplitterung nicht nur die Frau, sondern auch den Mann, ja es tritt uns überall in der modernen Zivilisation entgegen.“
DIE NOTWENDIGKEIT, ABLENKUNGEN ZU MEIDEN
18. Weshalb sind das Beispiel und der Rat des Apostels Paulus für uns wertvoll, und was muß der christliche Wettläufer lernen?
18 Inmitten der Sorgen und Ablenkungen des heutigen Lebens darf der Christ, der sich am Wettlauf beteiligt, nur e i n Ziel verfolgen, und er muß sich vergewissern, daß er im Hinblick auf sein Ziel Fortschritte macht. Nie ließ sich der Apostel Paulus durch die „Sorgen dieses Systems der Dinge“ von dem Preise weglocken. „Ich laufe auf eine Weise“, sagte er, „die nicht ungewiß ist.“ Paulus behielt sein Ziel im Auge und ließ nie Zweifel darüber aufkommen. Wir müssen mit der gleichen Entschlossenheit und mit derselben ‚Einfalt der Augen‘ laufen, um den Preis zu gewinnen. Wie aber kann dies geschehen, wenn von jeder Seite her Ablenkungen auf uns einstürmen und wir nicht ausweichen können? Man kann den Grundsatz anwenden, den Paulus den christlichen Wettläufern in seinen Ratschlägen gegeben hat: „Laßt uns ebenfalls alles Beschwerende sowie die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und laßt uns in dem vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren laufen.“ Um des Ausharrens willen muß also der christliche Läufer die Kunst erlernen, sich von Ablenkungen fernzuhalten, die Kunst, Lasten abzulegen — also alles, was dazu dient, die Augen einer Person von dem Preise abzulenken und sie vom Wettlauf um das Leben zurückzuhalten. — 1. Kor. 9:26; Heb. 12:1, NW.
19. Wie beeinflußte dieser Punkt hinsichtlich Ablenkungen den Rat, den Paulus über das Heiraten gab? Was also ist ein grundlegendes Erfordernis im Leben eines Christen?
19 Wenn wir Ablenkungen meiden, erobern wir uns Zeit zur Konzentration auf den Wettlauf und damit zum Erlangen des Preises. Gerade dieser Punkt, Ablenkungen auf ein Minimum zu beschränken, ist schwerwiegend bei vielen Dingen im Leben eines Christen. Der Apostel Paulus wußte, daß der Ehestand viele Ablenkungen mit sich bringt. Daher empfahl er den ledigen Stand als den besseren Lauf, weil dieser gestattet, „sich ohne Ablenkung ständig dienend dem Herrn hinzugeben“. Andererseits wußte Paulus, daß Leidenschaft eine Ablenkung sein kann und daß sie zu einer Gefahr werden könnte. Er schrieb daher: „Es ist besser, zu heiraten als von Leidenschaft entflammt zu sein.“ Das Bemühen, Ablenkungen zu meiden, ist ein Grunderfordernis im Leben eines Christen. — 1. Kor. 7:35, 9, NW.
20. Was sollte ein Christ zu tun bereit sein, um die Zeit auszukaufen, und was in bezug auf Besitztümer, die nicht unbedingt notwendig sind?
20 Damit der christliche Wettläufer seine Augen auf den Preis gerichtet halten kann, sollte er bereit sein, festzustellen, welche Ablenkungen richtigerweise und nutzbringend ausgeschaltet werden sollen. Indem er solche beseitigt, kauft er seine Zeit aus, und dies in Übereinstimmung mit dem Gebot: „Achtet streng darauf, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, für euch selbst die gelegene Zeit auskaufend, weil die Tage böse sind.“ Wir sollten unsere Zeit mit allem Ernst auskaufen und stets auf der Wacht bleiben, um Ablenkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Welche Ablenkung kann sich der Mensch allein, was Besitztümer betrifft, schaffen, da er von Natur den Erwerbstrieb in sich hat! Wie viele Dinge und Gegenstände, Zeitschriften, Bücher, Kleider sowie Sachen, die Liebhabereien dienen, und andere schwer beschreibbare Effekten kann er doch anhäufen! Es ist oft erstaunlich, wie viele Dinge man anzuhäufen geneigt ist, die in Wirklichkeit nicht von Nutzen sind. Selbst wenn sie in einem Schrank aufgespeichert sind, werden Dinge, die man in Wirklichkeit nicht braucht, zu einer Ablenkung, denn sie erfordern nicht nur Platz, sondern auch Zeit — man muß sie abstauben, reinigen, wieder ordnen usw. Indem wir Dinge, die uns vom Hauptziel ablenken, beseitigen und nur das behalten, was wir benötigen, fühlen wir uns glücklicher und können vor allem unsere Augen besser auf den Preis gerichtet halten. — Eph. 5:15, 16, NW.
21. Wie können wir uns selbst nützen, indem wir Ablenkungen auf ein Minimum beschränken?
21 Eine Auslese zu treffen ist uns ebenfalls eine Hilfe, um Ablenkungen auf ein Minimum zu beschränken. Die Geschäftsleute der Welt wünschen nicht, daß man bei Einkäufen wählerisch vorgeht. Sie tun ihr Äußerstes, die Leute zu verlocken, sich eine Menge Dinge anzuschaffen, ob sie sie nun brauchen oder nicht. Wir aber sollen wählerisch sein bei Einkäufen, wählerisch in der Lektüre und auch wählerisch in der Art und Weise, wie wir unsere Zeit verbringen. Denkt daran, daß Jesus sagte: ‚Wenige Dinge sind nötig.‘
ENTSCHLOSSENHEIT UND SCHULUNG
22. Was sagte ein Wettläufer der Neuzeit über das Wettlaufen und das Training, und warum ist derselbe Grundsatz auf den Wettlauf des Christen anwendbar?
22 Wenn wir die Zeit auskaufen, indem wir Ablenkungen aus dem Wege gehen, können wir uns auf den Wettlauf konzentrieren. Da das Wort „Wettlauf“ unsere ganze christliche Lebensweise mit einbezieht, besonders unsere tatkräftigen Bemühungen, die gute Botschaft zu predigen, ist es unbedingt notwendig, daß wir uns für den Wettlauf trainieren. Ohne Training läuft kein Wettläufer gut. Im Jahre 1954 äußerte Roger Bannister, der erste, der eine abgesteckte Meile (1,6 km) in weniger als vier Minuten durchlief, nach seinem Sieg einem Zeitungsreporter gegenüber: „Es hat keinen Sinn, sich auf einen Wettlauf einzulassen, wenn man nicht entschlossen ist, ihn zu gewinnen. Dazu ist aber Training erforderlich. Wer keine Zeit hat, zu trainieren, sollte sich auf keinen Wettlauf einlassen.“ Ist der Wettlauf eines Christen wirklich anders? ‚Laufe auf eine Weise, daß du ihn [den Preis] erlangst‘, sagt Paulus. Auch gab er den Rat: „Übe dich zum Zwecke der Gottergebenheit.“ Warum also den christlichen Wettlauf beginnen, wenn du nicht entschlossen bist, den Preis zu gewinnen? Und wenn du entschlossen bist, ihn zu gewinnen, warum dann ohne Training laufen? Dennoch ist es vorgekommen, daß Personen versucht haben, ohne Training zu laufen. Sie vernachlässigten das geistige Training, das wir in den Zusammenkünften der Versammlungen der Neuen-Welt-Gesellschaft erhalten. Diese Zusammenkünfte haben eine lebenswichtige Aufgabe zu erfüllen: sie helfen uns, unsere Augen auf den Preis gerichtet zu halten. Kein Wunder, daß die Personen, die den Versammlungen regelmäßig fernbleiben, oft aus den Rennen ausscheiden; sie verlieren die klare Sicht auf den Preis, und ihre Kraft, durch die sie ausharren können, nimmt ab. — 1. Kor. 9:24; 1. Tim. 4:7.
23. Welche Beispiele dafür, daß jemand sein Augenmerk auf nur eines gerichtet hielt, sollten wir zu unserer Ermunterung betrachten?
23 Wenn wir für den Wettlauf trainieren, müssen wir über die Vorbilder nachsinnen, die uns jene gaben, die gut liefen, zum Beispiel über Abraham und Mose. Abraham „wartete auf die Stadt, die wahre Grundlagen hat“, und Mose „blickte unverwandt dem Lohn der Vergeltung entgegen“. Sie hielten Ihre Augen auf den Preis gerichtet. Besonders notwendig ist es, über das Vorbild eines vollkommenen Wettläufers, nämlich über Christus Jesus, nachzusinnen. „Laßt uns in dem vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren laufen, indem wir unverwandt auf Jesus schauen, den Anführer und Vervollkommner unseres Glaubens. Für die ihm in Aussicht gestellte Freude erduldete er einen Marterpfahl, ohne auf die Schande zu achten, und hat sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt.“ Laß dir durch Jesus deine Schritte bestimmen! — Heb. 11:10, 26; 12:1, 2, NW.
24. Weshalb sollte jetzt im Wettlauf keine Verzögerung eintreten, und wie sollten wir laufen?
24 Jesus, Paulus und die treuen Zeugen der frühen Zeiten hielten in ihrem Lauf alle den Blick auf den Preis gerichtet. Laufe so wie sie. Nimm dir Zeit, jetzt so zu laufen. Wir haben keine Zusicherung, daß die Umstände uns morgen weniger Ablenkungen bringen werden. Die Ablenkungen werden wahrscheinlich noch zunehmen, während sich diese Welt ihrem Untergang nähert. Kaufe die Zeit für den Wettlauf aus, während es noch „heute“ heißt. Schätze den Preis richtig ein. Trainiere regelmäßig. Wirf alle Lasten ab und meide Ablenkungen. Beschränke dich auf das rein Notwendige. Laufe, um zu gewinnen! Halte beim Laufen deine Augen auf den Preis gerichtet!
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Wettlaufen, ohne zu strauchelnDer Wachtturm 1959 | 1. Februar
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Wettlaufen, ohne zu straucheln
„Jeder, der in seinem Herzen stolz ist, ist für Jehova ein Abscheu … Stolz geht einem Zusammenbruch voraus und ein hochmütiger Geist dem Fallen (Straucheln).“ — Spr. 16:5, 18, NW.
1. Warum legt Jehova gewisse Regeln in seinem Worte fest, und welche Regel erscheint wiederholt darin?
Jehova hat in seinem Wort die Regeln für den Wettlauf bekanntgegeben. „Über den Weg der Weisheit will ich dich belehren, will dich auf rechten Bahnen einhergehen lassen; wenn du wandelst, wird dein Schritt nicht gehemmt sein, und wenn du läufst, wirst du nicht straucheln.“ Um Christen Hilfe zu bieten, damit sie nicht straucheln, hat er in der Bibel wiederholt Regeln oder Vorschriften niederlegen lassen. Eine davon betrifft die Vorschrift, den Stolz abzulegen, da er zum Straucheln Anlaß gibt, ja ihn abzulegen, wie man eine drückende Last abwirft, etwas, das den Fortschritt im christlichen Wettlauf erschwert oder unmöglich macht. „Laßt uns“, so sagte Paulus, „alles Beschwerende ablegen.“ — Spr. 4:11, 12; Heb. 12:1, NW.
2, 3. (a) Weshalb ist es heute an der Zeit, zu erkennen, warum Jehova Personen verabscheut, die Stolz im Herzen hegen? (b) Was ist dieser Stolz, den die Bibel verurteilt, und wie beeinträchtigt Stolz den Wettlauf eines Christen?
2 Es ist in dieser „Zeit des Endes“ angebracht, daß wir zu verstehen suchen, weshalb der Stolz für Jehova so abscheulich und warum er im Wettlauf, das heißt „im rechten Kampf des Glaubens“, ein Stein des Strauchelns ist. Ja gerade in dieser „Zeit des Endes“ gibt es eine Menge Leute, die „selbstliebend“, „hochmütig“ und „durch Einbildung aufgeblasen“ sind. — 1. Tim. 6:12; 2. Tim. 3:1-4, NW.
3 Was ist der Grund für Stolz, der jemanden zum Straucheln veranlaßt? Der Betreffende denkt von sich zu hoch und läuft in einer Richtung, die derjenigen entgegengesetzt ist, die der Apostel vorschreibt: „Ich sage … jedem, der unter euch ist, nicht höher von sich zu denken, als zu denken notwendig ist.“ „Werdet nicht klug in den eigenen Augen.“ Der Gedanke, er sei selbst sehr wichtig, steigt ihm in den Kopf und berauscht ihn irgendwie. Ein stolzer Mensch ist trunken vor Eigenlob und Eigendünkel. Einer solchen Person fällt der christliche Wettlauf „nach den Regeln“ ebenso schwer, wie es einem Betrunkenen schwerfällt, geradeaus zu laufen, ohne zu straucheln, denn „vor einem Zusammenbruch wird des Menschen Herz hochmütig“. — Röm. 12:3, 16; 2. Tim. 2:5; Spr. 18:12, NW.
4. Wie sehen Jehova und Christus eine stolze Person an? mit welchem Ergebnis?
4 „Stolz geht einem Zusammenbruch voraus“, weil Jehova einen Stolzen haßt. Er verabscheut ihn und widersteht ihm. „Gott widersteht den Hochmütigen.“ Zu den sieben Dingen, von denen gesagt wird, sie seien Jehovas Seele ein Abscheu, gehören auch „hochmütige Augen“. Christus Jesus, die personifizierte Weisheit, sagt: „Selbsterhöhung und Stolz, den schlechten Weg und den verkehrten Mund habe ich gehaßt.“ Als Christus auf Erden war, gab er die unbiegsame Regel bekannt: „Wer auch immer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden.“ Personen, die sich im Stolz selbst erhöhen, müssen als Folge dieses Stolzes Widerstand von seiten Jehovas und Christi und schließliche Erniedrigung erwarten. — Jak. 4:6; Spr. 6:16, 17; 8:13; Matth. 23:12, NW.
WARUM FÜR JEHOVA EIN ABSCHEU
5, 6. Weshalb ist die Person, die Stolz im Herzen hegt, für Jehova ein Abscheu?
5 Es ist leicht verständlich, weshalb Personen, in deren Herz Stolz wohnt, „für Jehova ein Abscheu“ sind. Sie suchen weder Gott noch die Wahrheit, die von ihm kommt. „Gemäß seinem Hochmut stellt der Gesetzlose keine Nachforschungen an. Alle seine Gedanken sind: ‚Es gibt keinen Gott.‘“ Die Gedanken solcher Menschen sind darauf gerichtet, Wege zu finden, auf denen sie sich selbst erhöhen können. Sie bringen Jehova nicht Lobpreis und Ruhm dar. — Ps. 10:4, NW.
6 Stolz, Arroganz und Hochmut — sie alle sind Charakterzüge der Gesetzlosen. „Hochmut hat ihnen als Halsgeschmeide gedient.“ „Hochmütige Augen und ein arrogantes Herz, die Leuchte der Gesetzlosen — all dies ist Sünde.“ Die Personen, die im Herzen stolz sind, verfehlen nicht nur, Gott zu suchen, sondern sie widerstehen Gott und seinen Dienern. Dieser Widerstand erzeugt einen Verfolgergeist. „In seinem Hochmut verfolgt der Gesetzlose den Bedrängten hitzig.“ Der stolze Pharao verfolgte die Israeliten hitzig und mußte dann unter den Folgen seines hochmütigen Vorgehens leiden. Stolz ist die Grundlage für Bosheit von aller Art, auch für die verwerfliche Schlechtigkeit, eine falsche Religion zu lehren. „Wenn jemand eine andere Lehre lehrt und nicht beistimmt den gesunden Worten, jenen unseres Herrn Jesus Christus, noch den Lehren, die mit der Gottergebenheit übereinstimmen, der ist vor Stolz aufgeblasen und versteht nichts, sondern ist infolge von Streitfragen und Wortzänkereien geistig krank. Daraus entspringen Neid, Streit, Lästerreden, böse Verdächtigungen, heftige Zänkereien auf Grund von Nichtigkeiten.“ Kein Wunder, daß stolze, durch Einbildung aufgeblasene Menschen für Jehova ein Abscheu sind. Die Einstellung solcher Personen ist selbst für Menschen anstößig, wieviel mehr also für Gott! — Ps. 73:6; Spr. 21:4; Ps. 10:2; 1. Tim. 6:3-5, NW.
7. Warum sollten die Warnungen, die wir in der Bibel in bezug auf Stolz finden, den christlichen Wettläufer interessieren, und wer veranschaulicht treffend die Tatsache, daß Stolz einem Zusammenbruch vorausgeht?
7 Weshalb aber so viele Warnungen vor Stolz, wenn er doch ein Charakterzug der Bösen ist? Was geht dies den christlichen Wettläufer an? Die Antwort ist, daß selbst in einem Christen Stolz aufkommen und dies sich als unheilvoll erweisen kann, weil Stolz ein Teil der „alten Persönlichkeit“ ist. Er muß vom christlichen Wettläufer abgelegt werden, wenn dieser „nach den Regeln“ laufen will. Auch darf ein Neubekehrter für das Amt eines Aufsehers nicht empfohlen werden, damit er sich nicht — wie der Apostel sagt — „vor Stolz aufbläht und unter das Gerichtsurteil kommt, das über den Teufel gefällt ist“. Allerdings nahm das Geistgeschöpf, das jetzt der Teufel ist, einen guten Anfang, aber Stolz führte zu seinem Sturz; ein demütigender Zusammenbruch wartet seiner in Harmagedon. „Dein Herz hat sich erhoben ob deiner Schönheit, du hast deine Weisheit zunichte gemacht wegen deines Glanzes; ich habe dich zu Boden geworfen, habe dich vor Königen dahingegeben, damit sie ihre Lust an dir sehen.“ — 1. Tim. 3:6, NW; Hes. 28:17.
8. Was mag eine Person für Stolz anfällig machen, und wie bestätigt das die Geschichte?
8 Das Beispiel Satans, des Teufels, und die Warnung, einen Neubekehrten nicht als Aufseher einzusetzen, zeigen uns, daß jemand durch Autorität und Verantwortung für Stolz empfänglich werden kann. Der stolze, mächtige Haman kam durch seinen Stolz zu Fall. (Esther 3:5; 7:9) Und der stolze Nebukadnezar verlor seine Vernunft, als er, glühend vor Stolz, sagte: „Ist das nicht das große Babel, welches ich zum königlichen Wohnsitz erbaut habe durch die Stärke meiner Macht und zu Ehren meiner Herrlichkeit?“ (Dan. 4:30) Zum stolzen König Belsazar sagte Daniel: „Und du, Belsazar, sein Sohn, hast dein Herz nicht gedemütigt.“ (Dan. 5:22) Belsazar verlor ein Königreich und sein Leben. Ferner denke man an den Stolz eines Herodes. Er maßte sich selbst Ruhm und Ehre an, statt sie Gott zu zollen, und wurde dann „von Würmern zerfressen“. (Apg. 12:21-23, AB) In der Tat, die Geschichte ist ein langer Bericht über den Zusammenbruch mächtiger Menschen und Nationen und bezeugt die Tatsache, daß „Stolz einem Zusammenbruch vorausgeht“.
VERMESSENHEIT GEHT DER SCHANDE VORAUS
9. Welche untreue Tat beging König Ussia, und was bewog ihn, diese Torheit zu begehen?
9 Wenn ein Mensch Reichtümer besitzt, so wird er für Stolz anfälliger. „Ein Reicher ist in den eigenen Augen weise“, erklärt Gottes Wort. Betrachte, was dem König Ussia von Juda zustieß. Er war ein treuer Anbeter Jehovas gewesen, kam aber zu Fall, als Stolz in seinem Leben Einzug hielt. In seinen späteren Jahren wurde er stark und hatte Gelingen. „Und sobald er stark geworden war, wurde er in seinem Herzen hochmütig, bis zu dem Punkt, da er Verderben anrichtete, so daß er gegen Jehova, seinen Gott, treulos handelte und in den Tempel Jehovas trat, um auf dem Räucheraltar zu räuchern.“ Der von Stolz aufgeblasene König Ussia hatte keinen Auftrag, dies zu tun. Deshalb tadelten ihn die Priester mit den Worten: „Gehe aus dem Heiligtum hinaus; denn du hast treulos gehandelt, und es wird dir vor Jehova Gott nicht zur Ehre gereichen.“ Zog König Ussia Nutzen aus diesem Tadel? Nein. „Ussia wurde zornig, während er in seiner Hand ein Räucherfaß hielt, um zu räuchern, und als er seinen Zorn an den Priestern ausließ, kam der Aussatz an seiner Stirn zum Ausbruch, vor den Priestern im Hause Jehovas.“ Der Aussatz erschien an seiner Stirn! Und er blieb aussätzig bis zum Tage seines Todes und durfte seinen königlichen Pflichten nicht mehr nachkommen, und sein Sohn regierte an seiner Statt. Welch trauriger Zusammenbruch! Und das widerfuhr einem Manne, der Jehova viele Jahre lang treu gedient hatte. Ja, es gibt eine sichere Regel; sie lautet: „Kommt Vermessenheit, so kommt auch Schande.“ — Spr. 28:11; 2. Chron. 26:16-21; Spr. 11:2, NW.
10. Wie können wir aus der Erfahrung Ussias Nutzen ziehen?
10 Jehovas Diener von heute, auch Personen, die keine Stellung von Verantwortung einnehmen, können aus der Erfahrung Ussias Nutzen ziehen. Pflege nicht Umgang mit Personen, die sich nie von etwas überzeugen lassen, es sei denn, sie hätten es selbst erfahren. Es besteht kein Grund, selbst einen Zusammenbruch zu erfahren, der als Folge des Stolzes kommt. Wie kann jemand aus jenen Erfahrungen Nutzen ziehen? Indem er sich vor vermessenen Taten hütet, indem er es vermeidet, Dinge zu sagen oder zu tun, die die Wichtigkeit seines Ichs betonen und die zu sagen nicht seine Sache ist. Bleibe in der theokratischen Organisation an deinem Platz und laß nie zu, daß Stolz dich veranlaßt, einen falschen Weg zu verfolgen, der zu deinem Zusammenbruch führt.
STOLZ BRINGT JEMANDEN UM DEN SEGEN EINER ZURECHTWEISUNG
11, 12. Woraus zog König Ussia zufolge von Stolz keinen Nutzen, und welche Lektion sollten wir daraus lernen?
11 Sei nicht wie Ussia. Er zog aus einem Tadel und einer Zurechtweisung keinen Nutzen. Er hätte den Tadel der Priester annehmen und das Heiligtum sogleich verlassen können. Dadurch hätte er sich zweifellos seinen demütigenden Zusammenbruch erspart. Aber er ließ sich durch Stolz daran hindern, einen Tadel anzunehmen. „Hast du jemand gesehen, der in den eigenen Augen weise ist? Für einen einfältigen Menschen gibt es mehr Hoffnung als für ihn.“ In seiner Aufgeblasenheit achtete Ussia den Tadel gering, ja wurde zornig darüber. Stolz verblendete ihn, so daß er den Segen der Zurechtweisung nicht erkannte. — Spr. 26:12, NW.
12 Da allen Dienern Jehovas Zurechtweisung und Zucht zuteil werden, müssen wir uns an die Worte des Paulus erinnern, die er an die Hebräer richtete: „Ihr habt die Ermahnung gänzlich vergessen, die zu euch als zu Söhnen spricht: ‚Mein Sohn, achte die Zucht von Jehova nicht gering, noch gib es auf, wenn du von ihm zurechtgewiesen wirst; denn wen Jehova liebt, nimmt er in Zucht, ja, er geißelt einen jeden, den er als Sohn aufnimmt.‘“ Wenn ein Christ die Zucht, die ihm von Jehova durch seine Organisation zukommt, geringachtet und wenn er den Tadel, der mit Gottes Wort in Einklang ist, zurückweist, dann gleicht er Ussia; er läßt zu, daß Stolz ihn um den Segen der Zurechtweisung bringt. „Allerdings“, erklärt der Apostel, „scheint keine Zucht für die Gegenwart erfreulich zu sein, sondern betrüblich; nachher aber bringt sie für jene, die durch sie geschult worden sind, eine friedsame Frucht hervor, nämlich Gerechtigkeit.“ Wenn jemand also durch Jehovas Organisation zurechtgewiesen wird, so suche er daraus Nutzen zu ziehen. Laß nicht zu, daß dir der Stolz gleich einem Koloß im Wege steht! Wenn Züchtigung auch zuerst betrüblich ist, zeitigt sie doch die friedsamen Früchte: Gerechtigkeit und Leben. „Halte an der Zucht fest, laß nicht von ihr ab, bewahre sie, denn sie selbst ist dein Leben.“ „Die Zurechtweisungen der Zucht sind der Weg zum Leben.“ — Heb. 12:5, 6, 11; Spr. 4:13; 6:23, NW.
13. Wie kann Stolz zu Mißverständnissen und zum Straucheln führen?
13 Es ist nicht überraschend, daß Stolz zuweilen Mißverständnisse in einer christlichen Versammlung verursacht. Wo Stolz vorhanden ist, sind wahrscheinlich auch die Schößlinge des Stolzes da: Zorn, Streitsucht, Empfindlichkeit, Neid usw. „Wer in (seiner) Seele arrogant ist, erregt Streit.“ Stolz bildet eine Sperre gegen Frieden und Einheit. Mißverständnisse sind leicht zu beseitigen, wenn dem Stolz nicht freie Bahn gelassen wird. Es ist so leicht möglich, durch Stolz überempfindlich zu werden. Wenn eine überempfindliche Person das Gefühl hat, ihr Stolz sei verletzt worden, ist es möglich, daß sie Dinge tut, die sie zu Fall bringen, also ihren Zusammenbruch herbeiführen. Zum Beispiel kommt es vor, daß jemand, der sich als ein Diener Gottes ausgibt, seine so notwendige Verbindung mit Gottes Organisation dadurch löst, daß er aufhört, die Versammlungen zu besuchen. Und weshalb? Oft geschieht das, weil sich jemand durch eine ungehörige Tat eines anderen in seinem Stolz verletzt fühlt. Es mag in Wirklichkeit nur ein eingebildetes Unrecht sein, aber Stolz wird die ganze Sache zu einem Schwulst von Mißverständnissen aufblähen. Aber wenn auch ein anderer Diener Jehovas nicht „nach den Regeln“ gelaufen ist, selbst wenn er in der Versammlung ein Diener sein sollte, so laßt euch nie durch Stolz aus dem Wettlauf hinausdrängen. Ist der Preis, das ewige Leben, denn weniger wert als der Stolz des Ichs? Sinne ein wenig über diese Frage nach. Wann immer wir zulassen, daß Stolz uns am Laufen hindert, stehen wir vor dem Sturz. „Stolz geht einem Zusammenbruch voraus und ein hochmütiger Geist dem Fallen (Straucheln).“ — Spr. 28:25; 16:18, NW.
14, 15. Wieso kann Stolz zu „Fäulnis in den Gebeinen“ führen, und was sollten wir in Anbetracht der Folgen des Stolzes tun?
14 Stolz mag zu einem gefährlichen Konkurrenzgeiste führen und mag der Grund sein, daß wir andere beneiden, die höhere Gaben haben mögen als wir. Neid wiederum führt zu Kälte und zur Störung der Eintracht. So „laßt uns nicht ichsüchtig werden, indem wir uns gegenseitig zu Wettbewerbsleistungen antreiben und einander beneiden“. Wenn wir uns daran erinnern, daß Eifersucht wie ‚Knochenfraß‘ (Zunz) ist, werden wir nicht zulassen, daß Stolz unser starkes geistiges Knochengerüst zerfresse, so daß wir den christlichen Wettlauf, der uns vorgeschrieben ist, nicht beenden können. Und wer könnte mit Fäulnis in den Gebeinen gut laufen? — Gal. 5:26; Spr. 14:30, NW.
15 Wenn du nun siehst, welche bösen Schößlinge der Stolz treibt, wie gefährlich er für den christlichen Wettläufer ist und wie Jehova stolze Menschen verabscheut, so hüte dich vor Stolz. Wie aber kann man sich vor Stolz hüten? Gottes Wort weist den Weg.
DEN STOLZ DURCH LIEBE UND DEMUT AUSTREIBEN
16. Weshalb ist Liebe stark genug, Stolz zu überwinden, und was für eine Liebe braucht jemand, um demütig zu bleiben?
16 Die Liebe ist mächtig genug, den Stolz samt all seinen üblen Schößlingen zu beseitigen. „Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht, bläht sich nicht auf, benimmt sich nicht unanständig, ist nicht auf ihre eigenen Interessen bedacht, läßt sich nicht (zum Zorn) reizen. Sie trägt eine Beleidigung nicht nach.“ Liebe wird den Stolz besiegen, wenn wir jene Liebe in uns haben, auf die Jesus hinwies, als er die Frage: „Welches ist das größte Gebot im Gesetz?“ Wie folgt beantwortete: „‚Du sollst Jehova, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Sinn.‘ Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite, ihm gleiche, ist dieses: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘“ Liebe von dieser Art wird bestimmt den Stolz besiegen, weil sie zu wahrer Demut führt. — 1. Kor. 13:4, 5; Matth. 22:36-39, NW.
17. Was für ein Kleidungsstück benötigen wir für den Wettlauf, um den Preis zu gewinnen, und warum?
17 In welchem Gegensatz zueinander stehen doch Demut und Stolz! „Vor einem Zusammenbruch wird des Menschen Herz hochmütig, und der Ehre geht Demut voraus.“ Stolz führt zu einem Zusammenbruch, Demut zur Ehre. Um den herrlichen Preis, das Leben, zu gewinnen, müssen wir demütig sein, Wir brauchen diese Eigenschaft, um gut laufen zu können. Demut ist also das Kleidungsstück, das christliche Wettläufer tragen sollen. „Gürtet euch aber alle mit der Demut des Sinnes, einer dem anderen gegenüber, denn Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber erweist er unverdiente Güte. Demütigt euch daher unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zur fälligen Zeit.“ — Spr. 18:12; 1. Pet. 5:5, 6, NW.
18. Was verstehen viele Weltmenschen unter „Demut“?
18 Was ist denn diese Demut, die der Ehre und der Erhöhung vorausgeht? In der heutigen Welt weiß man kaum noch, was Demut ist, und man findet auch selten Beispiele dafür. Viele Weltmenschen halten nicht viel von Demut. Sie verwechseln diese Eigenschaft mit Feigheit und Schwäche und sagen, sie sei eine Tugend der Schwachen und Feiglinge. Auch denkt man, Demut sei ein Deckmantel, unter dem jemand seinen Mangel an Energie oder Fähigkeiten verberge.
19. Wofür hielten gewisse Heiden in alter Zeit den Stolz, und wie ließen sich einige Christen unter den Kolossern offenbar durch Scheindemut täuschen?
19 Es ist nichts Neues, wenn der Begriff Demut heute falsch verstanden wird und unpopulär ist. Schon in den Tagen des Paulus wurde wahre Demut von Weltmenschen weder verstanden noch gepflegt. Man verherrlichte entweder Stolz oder eine Scheindemut. Unter den Tugenden, die von Aristoteles aufgezählt werden, sind Stolz und Hochmut als „die Krone der Tugenden“ bezeichnet worden. Andere lehrten, materielle Dinge seien an sich schlecht. Es scheint, daß sich Christen in Kolossä durch eine Form der Scheindemut hatten täuschen lassen, durch ein Asketentum, das eine schwere Last bedeutete. Das brachte sie in doppelte Gefahr: fürs erste bewirkte es, daß man glaubte, der Preis des Lebens werde denen gewährt, die den rein negativen Brauch pflegten, auf materielle Dinge zu verzichten. Zweitens erzeugte es eine raffinierte Form des Materialismus, da durch die Verbote, die ein Asket sich stellt, sein Interesse und seine Aufmerksamkeit auf materielle Dinge gelenkt werden. Folglich wurde durch die asketische Lebensauffassung gerade der Zweck vereitelt, dem sie dienen soll, indem sie veranlaßte, daß man sich in erster Linie auf das konzentrierte, was man angeblicherweise verachtete, auf „Dinge, die alle durch die Benutzung zur Vernichtung bestimmt sind“. Um die Kolosser vor dieser Art von Demut zu warnen, da sie dadurch zu Fall kommen und des Preises, nämlich des Lebens, verlustig gehen konnten, schrieb Paulus: „Laßt euch nicht um den Siegerpreis bringen von jemandem, der an einer Scheindemut Gefallen hat, an einer strengen Behandlung des Leibes.“ Nein, wahre Demut bedingt kein Asketentum. — Kol. 2:18-23, NW.
20. Was ist Demut, und zu welchem Ergebnis führt eine falsche Ansicht darüber?
20 Das Wort „Demut“ kommt vom Althochdeutschen diomuotī und bezeichnet die „Gesinnung eines Dienenden“, also Dienstwilligkeit. (Das entsprechende englische Wort humility ist entfernt verwandt mit dem lateinischen Wort humus, was „Boden“ oder „Erde“ bedeutet. Humility bedeutet buchstäblich „Niedriggesinntsein“.) Das Wort Demut bezeichnet also eine Eigenschaft, die Christen gleich einem Kleidungsstück tragen müssen. „Als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte kleidet euch mit der zarten Zuneigung des Mitleids, mit Freundlichkeit, Demut des Sinns.“ Demut ist also das Gegenteil von Hochmut. Doch hat „Demut“ (oder „Niedriggesinntsein“) nichts mit Kriecherei, knechtischer Gesinnung, Feigheit oder Mangel an Energie gemein. Der falsche Gedanke, Demut sei Schwäche, beraubt den so Denkenden des reichen Segens der wahren Demut. Laßt uns nun sehen, wie wahre Demut gepflegt wird. — Kol. 3:12, NW.
DIE GRUNDLAGE DER DEMUT
21. Womit beginnt Demut, und worauf beruht sie?
21 Demut gründet sich auf Erkenntnis, Liebe und Gottesfurcht. Sie wird aus der Erkenntnis heraus geboren, daß wir winzig klein sind im Vergleich zu der Größe Gottes. Demut schlägt dann Wurzeln, wenn ein Geschöpf erkennt, daß es nur der glimmende Docht einer Kerze ist, während Gott, „der ewige König“, an Herrlichkeit strahlender als die Sonne im Mittagsglanze ist. (Jer. 10:10) Ja, Demut fußt darauf, daß man sich der eigenen Nichtigkeit bewußt wird. Ein solches Bewußtsein erwächst aus Erkenntnis, und zwar aus Erkenntnis von der Art, wie sie Jehova Hiob verlieh und worüber wir im Buche Hiob, in den Kapiteln 38 bis 41, lesen können. Diese Erkenntnis half Hiob, sich „unter die mächtige Hand Gottes“ zu demütigen. Wir brauchen Erkenntnis von dieser Art. Sie befähigt uns, uns in das richtige Verhältnis mit Gott zu bringen und den Worten zu gehorchen, die in Jakobus 4:10 (NW) aufgezeichnet sind: „Demütigt euch vor den Augen Jehovas, und er wird euch erhöhen.“
22. Auf welcher Grundlage beruht die demütige Einstellung gegeneinander, und wie wird diese Demut dem Christen in seinem Wettlauf eine Hilfe sein?
22 Wenn wir uns vor den Augen Jehovas demütigen, legen wir damit auch die Grundlage für Demut gegenüber unseren Mitmenschen, denn wahre Demut gegenüber den Menschen beruht letzten Endes auf der wahren Demut vor Gott. Durch die wahre Demut erlangt man die Fähigkeit, sich so zu sehen, wie man wirklich ist, und auch zu sehen wie andere wirklich sind. Da man es nicht nötig hat, ihre Fähigkeiten und Erfolge geringzuachten, kann man das, was sie sind und tun, von Herzen wertschätzen. Auf Grund der Demut denkt man dann auch nicht höher von sich als sich zu denken gebührt. Obwohl „Erkenntnis aufbläht“, wird doch wahre Demut selbst Personen mit höherer Bildung davor bewahren, aufgeblasen zu werden und zufolge von Stolz zu straucheln. Der Christ, der wahrhaft demütig ist, kann den Wettlauf gemäß den Regeln laufen, „indem ihr nichts aus Streitsucht oder Ichsucht tut, sondern in Demut (des Sinns) die anderen höher achtet als euch selbst“. — 1. Kor. 8:1; Phil. 2:3, NW.
DIE ANSICHTEN DER WELT ÜBER DEMUT SIND FALSCH
23, 24. Wie stellt Christus die falsche Ansicht der Welt über Demut bloß, und welche Ansicht sollten also wir haben?
23 Wie verzerrt ist doch die Ansicht der Welt über Demut, wenn sie denkt, Demut sei Schwäche oder ein Deckmantel zur Verhüllung von Schwäche! In Wirklichkeit macht Stolz schwach, und Demut macht stark. Christus Jesus war der demütigste Mensch, der je auf Erden wandelte. Dennoch war er der stärkste der Starken, der mutigste der Mutigen, der weiseste der Weisen, der einzige Mann, der keine Schwachheit oder Sünde an sich kannte. Welch große Werke tat er doch, und doch gab er sich dafür nicht selbst die Ehre! (Joh. 5:19) Gab es denn je einen Führer, der so groß gewesen wäre wie er und der dennoch die Füße seiner Jünger wusch und sagen konnte: „Ich habe euch das Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“? Und welche Autorität besaß er doch, wenn er sagte: „Alle Dinge sind mir von meinem Vater übergeben worden.“ Aber wie demütig war er. „Denn ich bin mildgesinnt und von Herzen demütig.“ — Joh. 13:15; Matth. 11:27, 29, NW.
24 Weit davon entfernt, ein Deckmantel für einen Mangel an Intelligenz oder Energie zu sein, macht Demut wahrhaft stark und gesund. Sie ist das Trittbrett zur Ehre. „Jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden; wer sich aber erniedrigt, wird erhöht werden.“ „Hochmut wird einen Menschen erniedrigen; wer aber demütigen Geistes ist, wird Ehre erlangen.“ — Luk. 18:14: Spr. 29:23, NW.
25. Welche geistige Einstellung hatte Christus, was war die Folge, und was sollten wir daher tun?
25 Alles, was die Bibel über Demut sagt, wird durch das eine große Beispiel, durch Christus Jesus, veranschaulicht und bestätigt. Nach ihm müssen wir unseren Sinn und unser Leben ausrichten. Dies ist von solcher Wichtigkeit, daß der Apostel gebietet: „Bewahrt euch diese geistige Einstellung, die auch in Christus Jesus war.“ Welche Einstellung? „Er demütigte sich selbst und wurde gehorsam, selbst bis zum Tode, ja bis zum Tode an einem Marterpfahl. Eben darum hat ihn Gott in eine übergeordnete Stellung erhoben.“ Eben „darum“, nämlich weil sich Christus demütigte und diese Demut bekundete, indem er Gott untertan war und ihm Gehorsam darbrachte, ist er auf den höchsten Platz erhoben worden, den ein Geschöpf im Universum einnehmen kann. Wie zutreffend sind doch die Worte, daß „der Ehre Demut vorausgeht“! — Phil. 2:5, 8, 9; Spr. 15:33, NW.
26. Wie belohnt Gott den demütiggesinnten Menschen, und was verliert der Stolze?
26 Jawohl, Demut macht stark. Sie verleiht Kraft von der Art, wie wir sie für den uns vorgeschriebenen Wettlauf brauchen. Gott verleiht nur dem Demütigen Kraft. „Doch auf diesen Menschen will ich blicken: auf den Demütigen und den, der zerknirschten Geistes ist und der vor meinem Worte zittert.“ „Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der ewig Thronende, dessen Name Heiliger ist: In der Höhe und als Heiliger wohne ich, und die, die zerknirscht und demütigen Geistes sind — neu beleben will ich den Geist Demütiger.“ Wie töricht also, wenn sich ein Wettläufer durch Stolz der belebenden Kraft Gottes beraubt! Wie kann der Stolze von Gottes Kraft empfangen? Selbst wenn er betet, sind seine Gebete behindert, wie Jesus es im Falle des Pharisäers zeigte, dessen Gebet den Stolz widerspiegelte, der aus seiner Selbstgerechtigkeit kam. — Jes. 66:2, NW; 57:15, Kautzsch; Luk. 18:10-14.
27. Was zu tun, wird Demut uns befähigen, und woran sollten diejenigen denken, die nach einem Aufseheramt trachten?
27 Der Wettlauf gemäß den Regeln ist keine Last, wenn jemand wahrhaft demütig ist. Der wahrhaft Demütige ist lernbereit; er zieht Nutzen aus einem Tadel. Er erkennt, daß von den Laufenden keine Wettbewerbsleistungen gefordert werden, sondern daß alle gemeinsam laufen sollen, um den Lohn zu erlangen, den ihnen Gottes Liebe bietet. So helfen und ermuntern sie denn einander. Demut befähigt sie, ‚das Wort zu predigen‘, und zwar allen Menschen und unter allen Umständen. Es befähigt sie, sich für den Königreichsdienst zu schulen, aus den Ratschlägen, die in der Predigtdienstschule gegeben werden, Nutzen zu ziehen und zu lernen, wie sie die gute Botschaft von Haus zu Haus verkündigen können. Demut befähigt jene, die Stellungen von Verantwortung einnehmen, sich so wie Jesus zu verhalten, demütig und stets zugänglich. Wenn jemand nach dem Amt eines Aufsehers trachtet, so denke er daran, daß Stolz ihn daran hindert, für größere Dienstvorrechte in Gottes Organisation geeignet und brauchbar zu sein, denn Gott verabscheut die Stolzen und widersteht ihnen. Er denke daran, daß ‚der Ehre Demut vorausgeht‘. Er erinnere sich der Worte Jesu: „Wer von euch auch immer groß werden will, soll euer Diener sein, und wer immer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein.“ — Matth. 20:26, 27, NW.
28. Wie kleidet sich der christliche Läufer für den Wettlauf, und wie wird der Ausgang sein?
28 Fort also mit dem Stolz, mit der Last, die jemanden zu Fall bringt! Kleidet euch so, wie es für den Wettlauf angebracht ist. „Gürtet euch mit Demut des Sinns gegeneinander.“ „Kleidet euch“, gebietet Paulus, mit „Demut des Sinns“. In diesem Kleide wird man im Wettlauf nicht straucheln, denn „der Demut [und] der Furcht Jehovas folgen Reichtum, Ehre und Leben“. — Spr. 22:4, NW.
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Ein Teil des Weges des Auszuges entdecktDer Wachtturm 1959 | 1. Februar
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Ein Teil des Weges des Auszuges entdeckt
Nach sechsjähriger Forschungsarbeit behauptet ein namhafter Archäologe, etwa 240 Kilometer der Strecke entdeckt zu haben die die Israeliten auf ihrer Wanderung von Ägypten nach dem Verheißenen Land zurückgelegt haben. Der erwähnte Archäologe ist Dr. Nelson Glueck, Präsident des Hebrew Union College und des Jewish Institute of Religion. In einem Bericht über Dr. Gluecks Entdeckung sagte das New York Mirror Magazine vom 6. April 1958 folgendes: „Das Gebiet erstreckt sich von Kades-Barnea nach Hormath, östlich von Beerseba. ‚Die Israeliten mußten diesen Weg kommen‘, sagt Dr. Glueck. ‚Das Gebiet westlich davon ist gebirgig, von tiefen Tälern durchzogen und sehr wasserarm. Im Osten sind nichts als Sanddünen und Wüste, wo ebenfalls kein Wasser ist. Der einzige Weg, auf dem sie genügend Wasser und Weideland finden konnten, war dieser.‘ … Werden durch diese Entdeckung die Angaben der Bibel bestätigt? ‚Wenn Sie an die Bibel glauben‘, antwortete Dr. Glueck, ‚dann benötigen Sie keine Beweise der Archäologie. Die Archäologie hat jedoch gezeigt, daß man der Bibel glauben kann.‘“
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