Liegt eine Gefahr im Rock ’n’ Roll?
DIE schon seit einiger Zeit unter der heutigen Jugend populäre Musik ist als Rock ’n’ Roll bekannt. Das ist eine recht ungenaue Bezeichnung. Sie schließt nicht nur große Gegensätze in bezug auf Qualität ein, sondern auch die verschiedensten Formen und Stile. Die meisten Formen der „Rock“-Musik zeichnen sich durch den Rhythmus aus, „die Erregung des harten, stoßenden, unverkennbaren Beat“.
Was bedeutet ursprünglich die Bezeichnung „Rock ’n’ Roll“? Darüber konnte man in der Zeitschrift High Fidelity vom November 1967 folgendes lesen: „Der Ausdruck Rock and Roll hat eine erotische Nebenbedeutung — rockin’ and rollin’ bedeutete ursprünglich ‚huren‘. Das Wort Jazz, einst ein Tätigkeitswort, bedeutete das gleiche.“ „Rock“-Musik ist offenbar durch die Vereinigung von Negerrhythmen und „Blues“-Musik entstanden. Das erklärt unter anderem, warum Negerkünstler und Negermusik den „Rock“ so stark beeinflußt haben. Eine wichtige Entwicklungsstufe des „Rock“ begann mit dem populären Elvis Presley und seinen aufreizend gesungenen Liedern. Doch den größten Auftrieb hat der „Rock“ wohl durch die „Beatles“ bekommen.
Ferner haben die „Rock“-Gruppen die Jugendlichkeit miteinander gemein. Leonard Bernstein schrieb: „Der ‚Rock‘ gehört ganz der jungen Generation: Sänger, Musiker und Komponisten sind jung, und so ist auch das Publikum, und mit jung meine ich Personen im Alter von acht bis fünfundzwanzig Jahren.“ Wie wahr das ist, zeigt die Tatsache, daß eine der bekanntesten „Rock“-Gruppen aus drei Jugendlichen besteht: Eines der drei Mitglieder ist zwölfjährig, und die beiden andern sind vierzehnjährig. Eine statistische Erhebung hat ergeben, daß das Publikum der „Monkees“, einer der populären Gruppen, ein Durchschnittsalter von zehn Jahren hat.
Die heutige Jugend ist von den verschiedenen Arten des „Rock“ begeistert. Ein Beweis dafür ist die Tatsache, daß sie entweder solche Platten und Tonbänder kauft oder selbst „Rock“-Musik macht. Die Käufer der „Rock“-Platten, deren Verkauf allein in den Vereinigten Staaten jährlich zwei Milliarden Dollar einbringt, sind zum größten Teil Jugendliche. Ist es etwas Gutes, daß die Jugend vom „Rock“ so begeistert ist, oder birgt er gewisse Gefahren in sich? Es kommt viel darauf an, um was für eine Art „Rock“-Musik es sich handelt und wie groß die Begeisterung der Jugend dafür ist.
Ausgebeutet von der gewinnsüchtigen Industrie
Jugendliche und Eltern dürfen natürlich nicht erwarten, die Schallplattenindustrie sorge dafür, daß jegliche Gefahr aus dem Rock ’n’ Roll verbannt werde. Der Profit aus solchen Platten ist zu groß. Für die geschäftstüchtige Plattenindustrie ist es leicht, die heutige Jugend auszubeuten, indem sie an ihre Schwächen, Vorurteile und Leidenschaften appelliert — ein Beispiel dafür ist auch die Filmindustrie. Über die Schallplattenindustrie konnte man in der Zeitschrift High Fidelity vom November 1968 folgendes lesen: „Die Plattenindustrie ist eine Hure. Sie erzeugt und verkauft alles, was ihr gewinnbringend erscheint; ein Beweis dafür sind die Platten, die zum Gebrauch von Rauschgiften anreizen. Sie tut sehr wenig um der Ehre willen. Sie tut das, was das Publikum, besonders das jugendliche Publikum, von ihr verlangt.“
Heute ist die Vergnügungsindustrie ein Großgeschäft, und das Großgeschäft beutet um des Profites willen die Jugend skrupellos aus. Das geschieht unter anderem dadurch, daß Rock-’n’-Roll-Gruppen gebildet werden. Die heutige Jugend kann viel Geld ausgeben, sei es Geld, das sie von den Eltern bekommt, sei es Geld, das sie selbst verdient. Um dieses Geldes habhaft zu werden, tritt das Großgeschäft mit Schmeichelei an die Jugend heran, indem ihr das angeboten wird, was sie wünscht, sei es aus eigenem Antrieb, sei es, daß der Wunsch zuerst in ihr geweckt wird. Der Schriftsteller Gene Lees drückte das treffend aus, als er schrieb: „Keine Industrie manipuliert die Jugend so kalt und berechnend wie das Pop-Musik-Geschäft.“ Das heißt nicht, daß alle Rock-’n’-Roll-Musik vom Großgeschäft beherrscht wird. Da man dadurch schnell und leicht zu Geld kommen kann, hat sie auch viele Kleine angelockt, die hoffen, davon zu profitieren. Die Jugend wird eine leichte Beute der Rock-’n’-Roll-Produzenten, weil sie die Neigung hat, sich ihresgleichen anzupassen.
Protest und Auflehnung
Eine Seite der „Rock“-Musik ist der Protest. Zweifellos hat die junge Generation Grund, gegen manches, was heute in der Welt vorgeht, zu protestieren. Eine bekannte Musikzeitschrift wies darauf hin, daß es sowohl unter den Künstlern als auch unter ihren Fans solche gibt, die sich „ernste Sorgen über das Abgleiten der heutigen amerikanischen Gesellschaft machen − über ihren Materialismus, ihre offenkundige Selbstsucht, die wilde Jagd nach trügerischen Leistungen, den Schmutz und die Stagnation der amerikanischen Städte, die Lethargie des Kongresses und über die furchtbare Frage nach der moralischen Berechtigung des Vietnamkrieges“. Und diese Sorgen finden ihren Ausdruck in den Texten einiger Rock-’n’-Roll-Lieder.
Aber wie zugegeben wird, handelt es sich nur bei wenigen Liedern um solche Protestsongs. Im großen und ganzen drücken die Rock-’n’-Roll-Texte versteckt oder offen die Auflehnung der Jugend gegen die Maßstäbe und Grundsätze der älteren Generation aus; diesen Protest bringen viele Jugendliche ja auch durch ihre Erscheinung und ihre Sprache zum Ausdruck. Der Schriftsteller Gene Lees schreibt, da die Jugend schon immer zur Auflehnung geneigt habe und die heutige Jugend mehr denn je dazu neige, verkaufe „ihr die schlaue Industrie Auflehnung — auf Kunststoff, portionenweise in Hüllen verpackt“.
Ähnlich äußerte sich Daniel Greene in einem Artikel, der im National Observer vom 15. Januar 1968 veröffentlicht wurde. Er schrieb: „Wahrscheinlich bringt nichts den Generationenkonflikt deutlicher zum Ausdruck als die neue Musik. In ihr widerhallen auch alle anderen Äußerungen jugendlicher Auflehnung gegen die alte Ordnung — die Hippiebewegung, der Gebrauch von Rauschgift, Proteste gegen soziale Mißstände, aggressiver Pazifismus, schlampige Kleidung, weitverbreitete Ablehnung der Religion und der herkömmlichen Sitten sowie die chronische Abneigung gegen Kämme und Friseur.“ In einem Song werden die Eltern verspottet, weil sie vor dem Fernseher sitzen; doch die Jugend verbringt weit mehr Stunden vor dem Bildschirm als die Erwachsenen. In einem anderen Lied, „She’s Leaving Home“ (Sie verläßt das Elternhaus), wird den Eltern die Schuld dafür, daß die Tochter das Elternhaus verläßt, in die Schuhe geschoben.
Diese Liedertexte verleihen der Äußerung: „Die aufrührerische Vitalität, die bereits im ‚Rock‘ vorhanden ist ...“ nur noch größere Bedeutung. Die Zensoren können zwar die Texte anstößiger Lieder zensieren, aber sie können die Auflehnung nicht aus dem „Rock“ verbannen, denn sie ist ein Bestandteil der Musik, der Rhythmus. Es ist so, wie D. Greene schrieb: „Die Texte mögen ein höheres Niveau erreichen, doch der Beat bleibt das Wichtige an der Rock-Musik. ... Meistens ist es sowieso schwierig, die Worte zu verstehen ... Der Klang der Pop-Musik ist immer das Anziehende daran gewesen.“ Und N. Diamond, ein „Rock“-Liederdichter, schreibt: „Die meisten Platten werden nicht wegen des Textes gekauft, sondern wegen der Melodie. Wenn mir die Melodie gefällt, achte ich auch auf die Worte. Wenn mir ein Lied nicht ins Ohr geht, sind mir auch die Worte egal.“
Das wird durch die Bemerkungen von Richard Goldstein bestätigt, einem bekannten Kommentator auf dem Gebiet der modernen Musik. In der New York Times vom 24. November 1968 schrieb er unter dem Titel „Warum ist die Jugend so begeistert für Rock?“: „Wollte man das Revolutionäre im Rock aus der Welt schaffen, dann müßte man die Musik selbst verbieten, denn der Rock ist eine Musik der Auflehnung, da er eine aggressivere Version des Blues ist ... Man vergißt leicht ..., daß Rock ’n’ Roll als Musik der jugendlichen Delinquenten begann ... Zu den ersten Tumulten kam es ... durch Pop-Musik und die plötzliche Entladung aufgestauter Energie, zu der diese Musik einlädt. Ihre niedrige Wildheit rief die Zwillingsdämonen Gewalttat und Vitalität auf den Plan. Ihre stampfende Intensität dient als Tonspur der Revolte.“
Das alles unterstreicht die potentielle Gefahr, die in einem großen Teil der „Rock“-Musik liegt. Es läßt erkennen, daß die Jugend bei ihrer Vorliebe für „Rock“-Musik sowohl maßhalten als auch äußerst wählerisch sein sollte.
Lärm und Gewalttätigkeit
Der Rock ’n’ Roll birgt auch Gefahren in sich, wenn Gedröhn und Gewalttätigkeit damit verbunden sind. Das Gedröhn ist entweder die Folge reiner körperlicher Kraft oder elektronischer Verstärkung. Ein jugendliches Band-Mitglied sagte: „Ich als Jugendlicher sollte sagen, er gefalle mir, weil er laut ist. Das ist auch so. Ich weiß das von den Tanzlokalen her, die ich zu besuchen pflegte. Ich trat durch die Tür, und das erste, was mir entgegenkam, war Lautstärke. Es war wirklich faszinierend — wenigstens für etwa fünf Minuten.“ Wie die Zeitschrift Electronics Illustrated, Ausgabe von Januar 1969, und die New York Times vom 20. August 1968 schrieben, kann der „harte Rock“ das Gehör schädigen. Wenn die Musik sehr laut ist und man sie lange Zeit hört, kann das Gehör ernstlich und für dauernd geschädigt werden.
Noch mehr abzulehnen ist die Gewalttätigkeit, die gewisse „Rock“-Gruppen auf offener Bühne bekunden. Ein führender Spieler einer sehr populären „Rock“-Gruppe warf im Laufe eines Konzerts ein Mikrophon von der Bühne hinunter, bespuckte die Zuhörer in der ersten Reihe und steckte schließlich mit Feuerzeugbenzin seine Gitarre an. Eine ähnliche „Rock“-Gruppe demoliert während ihrer Darbietungen auf der Bühne ein Auto. Die drittpopulärste „Rock“-Gruppe in England „muß auf der Bühne gewalttätig werden, Trommeln herumstoßen, Mikrophone umwerfen, Verstärker zerschmettern und Gitarren in Stücke schlagen“ (Life, 28. Juni 1968). Und der Schlagzeuger einer Gruppe „trommelt so wild auf seine Instrumente, als würde es ihn drängen, unerreichbare Höhen einer Schlagzeugraserei zu erreichen. Die Instrumente sind diesen Anforderungen jedoch nicht gewachsen. Eine Trommel stürzt vom Halter herunter; ein Becken fliegt davon. Der Schlagzeuger springt auf und wirft Instrumente in alle Richtungen, während die übrigen Band-Mitglieder ruhig weiterspielen, als würde nichts geschehen, außer daß sie den durch die Luft fliegenden Gegenständen ausweichen!“
Kann man solche Darbietungen wirklich als musikalische Unterhaltung bezeichnen, oder sind sie lediglich zur Schau gestellte Raserei? Sensibilisiert das die Zuschauer nicht für gesetzloses Handeln und Gewalttätigkeiten? Diese Live-Darbietungen einiger „Rock“-Gruppen gehören zu dem Anstößigsten am Rock. „Wollüstig“, „satanisch“ und „böse“ lauten einige der Eigenschaftswörter, die die Presse gebrauchte, um diese Darbietungen zu schildern.
Gotteslästerlich und unmoralisch
Aber solche Darbietungen verwundern nicht, wenn man weiß, welche gotteslästerliche und unmoralische Einstellung in den Texten vieler Rock-’n’-Roll-Lieder zum Ausdruck kommt. Und die Musik entspricht immer den Worten. Eine bekannte Sängerin, die sich während der Darbietungen nach jedem Lied an der Schnapsflasche stärken muß und gegen jegliche Heuchelei der Erwachsenen eifert, singt: „Wir brauchen keinen Gott, jeder von uns ist sein eigener.“ Eine der besseren „Rock“-Gruppen gibt Lieder mit gotteslästerlichen Texten zum besten, die beliebte Bibeltexte wie „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden ...“ parodieren.
Unter den neuen „Rock“-Gruppen gibt es eine, deren Mitglieder „mit den Hüften, den Armen und den Lenden und gelegentlich mit der Stimme Songs zum besten geben“ sollen. Ihre Botschaft an die Jugend ist zusammengefaßt in dem Titel eines ihrer Songs „Kick Out the Jams, Brothers and Sisters“. Und was bedeutet „kick out the jams“? Es bedeutet, völlig hemmungslos zu werden.
Eine der neuesten Platten eines der Beatles trägt den Titel „Two Virgins“ (Zwei Jungfrauen). Sie enthält Darbietungen von ihm und von seiner Freundin (im Augenblick jetzt seine Frau). Die Platte wird in einer Hülle verkauft, auf der die beiden nackt zu sehen sind. Auf der Vorderseite der Hülle ihre Vorderansicht und auf der Rückseite ihre Hinteransicht. Eine Reihe englischer Plattenfirmen weigerten sich, die Platte herauszubringen. In den Vereinigten Staaten wurde eine neue Plattenfirma gegründet, um die Platte herauszubringen. Und ihr Name? Tetragrammaton, das ist die Bezeichnung für die vier hebräischen Konsonanten des Namens Jehovas, des Schöpfers, des Gottes der Bibel und des Universums!
Es ist so, wie Richard Goldstein in der Zeitschrift Life schreibt: „Der Rock ist zerstörend, nicht [nur] weil er das Recht auf freie Liebe, Rauschgift und billigen Nervenkitzel einzuräumen scheint, sondern auch weil er die Zuhörer anreizt, in bezug auf gesellschaftliche Tabus selbst zu entscheiden.“ In anderen Worten, er ermutigt die Jugend, zu tun und zu lassen, was ihr gefällt, ohne Rücksicht auf gute Grundsätze. Das verraten deutlich viele Songtitel und -texte wie „Let’s Spend the Night Together“ (Wir wollen die Nacht gemeinsam verbringen), „Live for Today, Buddy, Because Tomorrow May Never Happen“ (Für das Heute mußt du leben, Kamerad, denn das Morgen wirst du vielleicht nie erleben), „I Wanna See and Hear Everything“ (Ich will alles sehen und hören).
Manchen Personen gefallen viele Melodien der „Rock“-Künstler, eine ganze Reihe ihrer Texte sind sentimental, doch nicht unanständig. Aber wenn man das, was bisher besprochen worden ist, in Erwägung zieht, muß man doch zu dem Schluß kommen, daß alle Jugendlichen, die das Rechte tun möchten, unbedingt bei ihrem Genuß von „Rock“-Musik wählerisch sein und maßhalten sollten.
Besonders Jugendliche, die sich als christliche Prediger betätigen, sollten wählerisch sein. Sie wissen, wie sich der Christ gegenüber dem Singen von Liedern, durch die der Staat verherrlicht wird, oder von Liedern, die zur Feier eines heidnischen Festes gesungen werden, verhält. Sollten sie nicht ebenso darauf achten, populäre Songs zu meiden, deren Texte Gott oder die Bibel lästern? Sollten sie nicht sorgfältig darauf achten, Musik zu meiden, in der Auflehnung gegen die Eltern zum Ausdruck kommt, Musik, die zu Unsittlichkeit wie zu Hurerei oder zum Gebrauch von Rauschmitteln anspornt?
Christliche Jugendliche, die wirklich nach der Bibel leben, wissen, daß die Weisheit von oben „vor allem keusch [ist], dann friedsam, vernünftig, zum Gehorchen bereit“. Ist jedoch nicht ein großer Teil der heutigen „Rock“-Musik gerade das Gegenteil? Verbreitet sie nicht den Geist dieser Welt? Der Geist dieser Welt aber ist ‘irdisch, animalisch, dämonisch’. Für die Jugend kann der „Rock“ eine Gefahr sein, es sei denn, daß sie wählerisch ist und maßhält. — Jak. 3:15, 17.