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  • Weshalb ein Gott der Liebe Zurechtweisung erteilt
    Der Wachtturm 1977 | 1. März
    • Seine ermutigende Haltung gegenüber reumütigen Sündern ist in dem Gleichnis von dem Menschen zu erkennen, der eines von hundert Schafen verliert und die neunundneunzig zurückläßt, um das verlorene zu suchen. Wenn er es gefunden hat, schreit er es nicht an und versetzt ihm keinen Fußtritt, weil es in die Irre gegangen war, sondern Jesus sagte: „Er [legt] es auf seine Schultern und freut sich. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und seine Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: ,Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.‘“ Jesus fügte hinzu, „daß so im Himmel mehr Freude über einen einzigen Sünder sein wird, der bereut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Reue nicht bedürfen“ (Luk. 15:1-7).

      Wie der Apostel Paulus sagte, muß jeder christliche Älteste ‘am zuverlässigen Wort festhalten, was seine Kunst des Lehrens betrifft, damit er imstande sei, durch die gesunde Lehre sowohl zu ermahnen als auch die Widersprechenden zurechtzuweisen’ (Tit. 1:9). Ja, mitunter müssen Älteste vielleicht jemand in der Versammlung, der sie dienen, zurechtweisen. Das ist für die Ältesten nichts Erfreuliches; es fällt ihnen nicht leicht. Aber sie wissen, daß ‘Zurechtweisungen der Zucht der Weg des Lebens sind’ und daß ‘Jehova diejenigen in Zucht nimmt, die er liebt’ — auch sie selbst (Spr. 6:23; 3:11, 12; Hebr. 12:6). Sie stellen fest, daß die Worte zutreffen: „Wer einen Menschen zurechtweist, wird hinterher mehr Gunst finden, als wer mit seiner Zunge schmeichelt“ (Spr. 28:23). Wenn es somit die Umstände erfordern, halten sie sich nicht davon zurück, Irrenden unumwunden zu zeigen, inwiefern sie ihr Verhalten ändern sollten (Spr. 27:5). Wie Gott verfolgen auch sie einen positiven Zweck.

      Mit welcher Einstellung sollte sich ein Ältester an jemand wenden, der verkehrt handelt? Wenn der Älteste eine Haltung einnimmt wie ein Polizist, der mit einem Straffälligen zu tun hat, oder wie ein Staatsanwalt, der einen Verdächtigen verhört, wird der Betreffende bestimmt nicht günstig reagieren (1. Petr. 5:2, 3, 5). Wenn aber der Älteste mitfühlend ist in dem Bewußtsein, daß er selbst unvollkommen und nicht davor gefeit ist, einen Fehler zu begehen, kann er einen Geist der Brüderlichkeit zeigen (Gal. 6:1). Er ist nicht in erster Linie da, um zu verurteilen, sondern um zu helfen, und wenn der Irrende so angesprochen wird, wird er sehr wahrscheinlich günstig reagieren (1. Petr. 3:8). Jeder Fall liegt anders, und es ist daher vernünftig, zunächst die Umstände näher kennenzulernen, statt voreilige Schlüsse zu ziehen (Spr. 18:15; 21:11).

      Der Irrende mag sich zwar widerwillig oder sogar ausweichend äußern, doch Geduld und Freundlichkeit können in einem solchen Fall viel bewirken (Spr. 25:15; 2. Tim. 2:24-26). Er sollte davon überzeugt sein, daß den Ältesten wirklich sein Wohl am Herzen liegt; sie sind seine Brüder. Selbst wenn die Umstände einen nachdrücklichen Rat erfordern, vielleicht sogar eine strenge Zurechtweisung, sollte ein Ältester stets daran denken, daß nicht die Person, sondern die Sünde gehaßt und verurteilt wird (Jud. 23). Personen, die alle Versuche, ihnen zu helfen, zurückweisen, sich trotzig verhalten und eine schwerwiegende Sünde nicht bereuen, erweisen sich dadurch natürlich als eine Gefahr für die Versammlung und müßten in deren Interesse ausgeschlossen werden. Und selbst dann kann und sollte biblischer Rat erteilt werden, damit diese Personen erkennen, daß sie später wieder in die Versammlung aufgenommen werden können, wenn sie aufrichtig bereuen.

      Was bedeutet es aber, jemand „zurechtzuweisen“? Erfolgt eine Zurechtweisung in der Christenversammlung hauptsächlich zu dem Zweck, jemand zu beschämen oder zu maßregeln? Wäre es eine „Zurechtweisung“, wenn lediglich bekanntgegeben würde, daß sich eine bestimmte Person eines verkehrten Wandels schuldig gemacht hat, und wenn ein solcher verkehrter Wandel verurteilt würde? Wir werden nun sehen, was die Bibel dazu zu sagen hat.

  • Wie ‘weise Zurechtweiser’ Irrenden helfen
    Der Wachtturm 1977 | 1. März
    • Wie ‘weise Zurechtweiser’ Irrenden helfen

      „Ein goldener Ohrring ... ist ein weiser Zurechtweiser am hörenden Ohr“ (Spr. 25:12).

      1, 2. Was ist die Folge, wenn man Gottes Zurechtweisung annimmt beziehungsweise sie nicht annimmt, und was ist die Voraussetzung, damit Älteste ‘weise Zurechtweiser’ sein können?

      VOR langer Zeit sagte der treue Elihu von Jehova Gott: „Er wird ihr Ohr zur Ermahnung entblößen, und er wird sagen, daß sie von Schädlichem umkehren sollten. Wenn sie gehorchen und dienen, werden sie ihre Tage im Guten beenden und ihre Jahre in Wonne. Wenn sie aber nicht gehorchen, werden sie dahinschwinden, ja durch ein Wurfgeschoß, und sie werden ohne Erkenntnis verscheiden. Und die im Herzen Abtrünnigen werden selbst Zorn anhäufen. Sie sollten nicht um Hilfe rufen, weil er sie gebunden hat“ (Hiob 36:10-13).

      2 Christliche Älteste sind zu Recht bestrebt, ‘weise Zurechtweiser’ zu sein, um Irrende veranlassen zu können, ‘von Schädlichem umzukehren’. Deshalb sollten sie offensichtlich verstehen, was in der Bibel mit „Zurechtweisung“ gemeint ist.

      DER UNTERSCHIED ZWISCHEN „ZURECHTWEISUNG“ UND „SCHELTE“

      3. Was ist Schelte (oder ein Verweis), und welchen Zweck verfolgt man im allgemeinen damit?

      3 In den Sprachen, in denen die Bibel ursprünglich geschrieben worden ist, werden bestimmte Wörter für „zurechtweisen“ und andere für „schelten“ oder „verweisen“ gebraucht. Worin unterscheiden sich diese Begriffe? Schelte kann lediglich der Ausdruck starker Mißbilligung sein, und sie erfolgt oft hauptsächlich deshalb, weil man jemand von anstößigem oder unerwünschtem Tun oder Reden abbringen möchte. (Vergleiche 1. Mose 37:10; Hiob 11:3.) Als zum Beispiel Jesus auf dem Wege nach Jerusalem war und seine Jünger ihm zujubelten, sagten die Pharisäer zu ihm: „Lehrer, verweise es deinen Jüngern“, was praktisch hieß: „Gebiete ihnen, damit aufzuhören.“ Jesus antwortete darauf: „Wenn diese stumm blieben, würden die Steine schreien“ (Luk. 19:39, 40).

      4. Zeigt ein Vergleich von Matthäus 18:15 und Lukas 17:3, daß die Wörter „verweisen“ und „zurechtweisen“ austauschbare Begriffe sind?

      4 Für „verweisen“ gebrauchte der inspirierte Evangelist an dieser Stelle das griechische Wort epitimáo. Das griechische Wort für „zurechtweisen“ ist eléncho. Dieses Wort erscheint in Matthäus 18:15, wo Jesus sagt: „Wenn dein Bruder eine Sünde begeht, so gehe hin, lege seinen Fehler zwischen dir und ihm allein offen dar [griechisch: eléncho; „weise zurecht“, Kingdom Interlinear Translation].“ (Vergleiche 3. Mose 19:17.) Gemäß Lukas 17:3, einer Parallelstelle, sagte Jesus: „Wenn dein Bruder eine Sünde begeht, so erteile ihm einen Verweis [griechisch: epitimáo], und wenn er bereut, so vergib ihm.“ Zeigt das, daß die biblischen Begriffe „verweisen“ (oder „schelten“) und „zurechtweisen“ austauschbar sind und im wesentlichen dieselbe Bedeutung haben? Aufgrund dieses einzigen Beispiels so zu schlußfolgern wäre nicht vernünftig. Man erkennt indes den Unterschied, wenn man beachtet, wie diese beiden Wörter in der Bibel gebraucht werden.

      5, 6. Welche Beispiele zeigen, daß diese beiden Begriffe eine unterschiedliche Bedeutung haben, und was läßt daher der Gebrauch dieser Begriffe in den beiden erwähnten Texten erkennen?

      5 In den Christlichen Griechischen Schriften lesen wir beispielsweise, daß Jesus Dämonen „schalt“ (epitimáo) und ihnen gebot, zu ‘verstummen’ und aus Personen, von denen sie Besitz ergriffen hatten, ‘auszufahren’ (Matth. 17:18; Mark. 1:25; 9:25; Luk. 4:35, 41; 9:42). An keiner Stelle sprechen Bibelschreiber davon, daß Dämonen von Jesus zurechtgewiesen (eléncho) wurden. Jesus „schalt“ auch das Fieber der Schwiegermutter des Petrus, so daß es verschwand; auf dem Galiläischen Meer „schalt“ er den Sturm und die aufgewühlte See, so daß sie das Boot, in dem er und seine Jünger sich befanden, nicht mehr zum Kentern zu bringen drohten (Luk. 4:39; Matth. 8:26; Mark. 4:39; Luk. 8:24).

      6 In den erwähnten Fällen wäre es höchst unpassend, ersatzweise das Wort „zurechtweisen“ (eléncho) einzusetzen. Man kann ein Tier schelten (Ps. 68:30). Doch wie wir sehen werden, kann man eine Zurechtweisung nur Menschen erteilen, denn nur sie haben Verstand, Herz und ein Gewissen. Der Gebrauch des Wortes „verweisen“ in Lukas 17:3, der bereits erwähnten Stelle, scheint lediglich zu zeigen, daß eine Zurechtweisung mit einem Verweis oder mit Schelten verbunden sein kann.

      7. In welcher Bedeutung wurde das griechische Wort für „zurechtweisen“ von den inspirierten Bibelschreibern und von ihren Zeitgenossen gebraucht?

      7 Was bedeutet also das griechische Wort eléncho (zurechtweisen)? Es stimmt, daß dieses Wort im klassischen Griechisch einst im Sinne von „verschmähen“ und „Schande bereiten“ gebraucht wurde. Aber griechische Lexika zeigen, daß dieses Wort allgemein nicht in diesem Sinne gebraucht wurde.a Sie zeigen auch, daß dies in den Christlichen Griechischen Schriften mit Sicherheit nicht die Hauptbedeutung des Wortes ist. Beachten wir folgende dem griechisch-englischen Lexikon von Liddell und Scott entnommenen Definitionen:

      „Ins Kreuzverhör nehmen, befragen, ... jemand einer Tat beschuldigen, ... überführt werden. ... 2. prüfen, einer Prüfung unterziehen. ... 3. beweisen ... einen überzeugenden Beweis erbringen. ... 4. widerlegen, ... b. richtigstellen, korrigieren. ... 5. die Oberhand gewinnen. ... 6. aufdecken, enthüllen.“

      8. Weshalb ist also eine Zurechtweisung hauptsächlich erforderlich?

      8 Diese Definitionen stützen sich größtenteils auf den Gebrauch des Wortes in nichtbiblischen griechischen Schriftstücken. Doch eines ist aus diesen Definitionen ganz deutlich zu erkennen: Der Zurechtgewiesene erkennt entweder die gegen ihn erhobene Beschuldigung überhaupt nicht an oder offenbart zumindest eine gewisse Unwilligkeit, den Fehler zuzugeben, oder er erkennt in gewisser Hinsicht nicht, worin die Übertretung besteht und daß er sie bereuen sollte. Dem Betreffenden muß ein „überzeugender Beweis“ erbracht werden, oder er muß des Fehlers „überführt werden“. Wir werden sehen, weshalb es wichtig ist, diesen Gedanken im Sinn zu behalten.

      9, 10. Wie zeigt auch die Bibel, daß eine Zurechtweisung deshalb erteilt werden muß, weil der Betreffende seine Sünde nicht einsieht oder nicht zugibt?

      9 Auch die Bibel gebraucht das griechische Wort in diesem Sinne. Wie bereits erwähnt, sagte Jesus gemäß Matthäus 18:15: „Wenn dein Bruder eine Sünde begeht, so gehe hin, lege seinen Fehler zwischen dir und ihm allein offen dar [eléncho; „weise zurecht“, Int].“ Der eigentliche Grund, weshalb der Übertreter zurechtgewiesen werden muß, indem sein Fehler offen dargelegt wird, besteht also darin, daß er seine Sünde nicht einsieht oder nicht zugibt und sie nicht bereut.

      10 Andere Schriftstellen, in denen dieses Wort (eléncho) gebraucht wird, sprechen auch davon, daß Personen zurechtgewiesen wurden, die bis dahin keinen Rat angenommen hatten und dies dadurch zeigten, daß sie an ihrer verkehrten Handlungsweise festhielten. (Vergleiche Lukas 3:19; Johannes 3:20; Epheser 5:6, 7, 11-14; 2. Timotheus 4:2-4; Titus 1:9-13; 2. Petrus 2:15, 16.)

      11, 12. (a) Was ist bei einer biblischen Zurechtweisung daher unerläßlich, und was soll damit bewirkt werden? (b) Wie läßt sich der Unterschied zwischen „schelten“ und „zurechtweisen“ am Beispiel der Kindererziehung veranschaulichen?

      11 Wodurch aber wird jemand zurechtgewiesen? Eine Zurechtweisung schließt mehr ein als nur eine Anklage oder eine Verurteilung dessen, was jemand getan hat (wie im Falle eines Verweises). Es ist daher nicht lediglich mit der Bekanntmachung getan, daß sich der Betreffende eines verkehrten Wandels schuldig gemacht hat. Die Bibel zeigt, daß sich eine Zurechtweisung aus dem Darlegen der Beweise oder Argumente ergibt. (Vergleiche Hebräer 11:1, wo das Hauptwort élenchos mit „der offenkundige Erweis von Wirklichkeiten“ wiedergegeben wird.) Deshalb macht der Gräzist Trench in seinem Werk Synonyms of the New Testament auf den Unterschied zwischen den biblischen Ausdrücken „verweisen“ oder „schelten“ und „zurechtweisen“ aufmerksam, indem er sagt:

      „Man mag einen anderen ,schelten‘, ohne den Gescholtenen davon zu überzeugen, daß er einen Fehler begangen hat; entweder deshalb, weil er keinen Fehler begangen hat und die Schelte daher unnötig oder ungerechtfertigt war [vergleiche Matthäus 16:22; 19:13; 20:31], oder weil der Fehler zwar begangen worden ist, die Schelte aber nicht dazu führte, daß der Übertreter es zugab; und in dieser Möglichkeit, daß jemand einer Sünde wegen ,gescholten‘ wird, ohne ,überzeugt‘ zu werden, eine Sünde begangen zu haben, liegt der Unterschied zwischen diesen beiden Wörtern. ... élenchos [Zurechtweisung] beinhaltet nicht nur die Anklage, sondern die Echtheit der Anklage und den Beweis der Echtheit der Anklage; ja mehr als das: sehr oft auch das Eingeständnis der Echtheit seitens der angeklagten Partei, wenn auch nicht anderen gegenüber, so doch sich selbst. ...“

      12 Man könnte diesen Unterschied auch durch zwei Väter veranschaulichen. Der eine schilt sein Kind, damit es aufhört, etwas Bestimmtes zu tun, und läßt es dabei bewenden; der andere nimmt sich die Zeit, dem Kind zu erklären, weshalb die verkehrte Handlung eigentlich schlecht ist und weshalb das Kind den Wunsch haben sollte, es nicht zu tun. Schelte ist mitunter angebracht, doch häufiger ist Zurechtweisung erforderlich.

      13. Welchem doppelten Zweck dienen die bei einer Zurechtweisung angeführten Beweise?

      13 Die bei einer Zurechtweisung angeführten Beweise mögen somit einem doppelten Zweck dienen: Man kann beweisen, daß der Betreffende den Fehler oder die Fehler, deren er beschuldigt wird, wirklich begangen hat, und man kann ihm nötigenfalls zeigen oder vor Augen führen, wie verkehrt seine Handlungsweise war. Gemäß Johannes 16:8, 9 sagte Jesus, daß Gottes heiliger Geist „der Welt überzeugende Beweise [eléncho; „zurechtweisen“, Int] hinsichtlich Sünde ... geben [wird] ..., weil man nicht Glauben an mich ausübt“. Doch sich selbst betreffend wußte Jesus, daß seine Gegner, wiewohl sie ihn ungerechterweise schalten, keine „überzeugenden Beweise“ dafür anführen konnten, daß er gesündigt habe. Daher sagte er zu ihnen: „Wer von euch überführt [eléncho; „weist zurecht“, Int] mich einer Sünde?“ (Joh. 8:46).

      DER BEWEGGRUND HINTER EINER CHRISTLICHEN ZURECHTWEISUNG

      14, 15. Was ist jedoch der Endzweck einer christlichen Zurechtweisung und der damit verbundenen überzeugenden Beweise?

      14 Das ist aber nicht alles. Für Gottes Diener bedeutet zurechtweisen mehr, als nur zu zeigen und nachzuweisen, daß ein Fehler begangen worden ist. (Dies ist oft die Bedeutung des Ausdrucks in weltlichen griechischen Schriftstücken.) Die biblische Anwendung des Wortes unterscheidet sich von der weltlichen. Inwiefern? Insofern, als hinter einer „Zurechtweisung“ im biblischen Sinne als Motiv nicht nur die Absicht steht, Übertreter zu überzeugen oder der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Auf das Motiv wird in dem Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament (Bd. II) mit den Worten hingewiesen (Kursivschrift von uns):

      „Im Neuen Testament wird ... [eléncho] in einer bestimmten Begrenzung gebraucht. ... [es bedeutet:] jem[and] seine Sünde vorhalten und ihn zur Umkehr auffordern. Das kann privater Vorgang zwischen Zweien sein Mt 18, 15; Eph 5, 11, aber auch kirchenregimentliche Tätigkeit eines Gemeindeleiters, so oft in den Pastoralbriefen: 1 Tm 5, 20; 2 Tm 4, 2; Tt 1, 9. 13; 2, 15. ... [das Wort bedeutet nicht nur:] ,tadeln‘, ,schelten‘, auch nicht nur: ,überführen‘ im Sinne des Beweisens, auch nicht nur: ,offenkundig machen‘, ,dartun‘, sondern zurechtweisen, nämlich: von der Sünde zur Buße weisen.“

      15 Eine biblische Zurechtweisung erfolgt somit nicht lediglich, um den Betreffenden zu beschämen oder um die Mißbilligung seiner verkehrten Handlung auszudrücken, ihm sozusagen einen Verweis zu erteilen oder ihn zu schelten. Mit einer Zurechtweisung zielt man nicht nur darauf ab, die Person so weit zu bringen, daß sie von einer verkehrten Handlungsweise abläßt, sondern man verfolgt einen positiven Zweck, nämlich das Herz des Betreffenden zu erreichen und ihn zu veranlassen, diese Sünde zu hassen. Wird somit jemandes verkehrte Handlung ‘offen dargelegt’, so geschieht dies nicht lediglich, um ihn bloßzustellen, sondern um ihn als Bruder zu „gewinnen“ und ihn davor zu bewahren, daß er aus der Versammlung ausgeschlossen wird, weil er sich immer tiefer in die Sünde verstrickt (Matth. 18:15, 16).

      VON UNSEREM EIGENEN HERZEN ODER MIT HILFE ANDERER ZURECHTGEWIESEN

      16, 17. Welche Faktoren sollte man bei der Frage im Sinn behalten, ob jemand, der bereits von der Sünde abgelassen hat, zurechtgewiesen werden muß?

      16 Was aber, wenn ein Christ seine Sünde ein oder mehrmals begeht, sein Gewissen ihn veranlaßt zu bereuen und er von dieser Sünde läßt oder sie aufgibt? Muß er immer noch zurechtgewiesen werden?

      17 Hier sollten wir an die Bedeutung des Wortes „zurechtweisen“ (eléncho) denken. Wir haben gesehen, daß es zum Beispiel bedeuten kann, daß man jemand beschuldigen oder vielleicht befragen oder ins Kreuzverhör nehmen muß, um seinen Fehler nachzuweisen oder seine falsche Ansicht über eine Handlung, die er zugegeben hat, zu widerlegen und ihn dadurch in seinem Sinn und seinem Herzen zu überführen. All das geschieht in der Absicht, ihn zur Reue zu bewegen, damit er nicht nur seine verkehrte Handlungsweise aufgibt, sondern sie auch nicht wieder pflegt.

      18. Kann jemand von seinem Herzen zurechtgewiesen werden, und wenn ja, auf welche Weise?

      18 Hat jedoch ein Übeltäter, der seine Sünde bereut und sie aufgibt, sich eigentlich nicht schon selbst zurechtgewiesen? Ja, denn sein Gewissen hat ihn angeklagt, und Gottes Wort und Gottes Geist haben ihn überführt, und sein Herz hat ihn veranlaßt, zu bereuen und sich von seiner Sünde abzuwenden oder sie aufzugeben. Er hat es nicht nötig, daß jemand anders ‘seinen Fehler offen darlegt’, damit er ihn einsieht und damit er seine verkehrte Handlungsweise korrigiert. (Vergleiche Psalm 16:7; Jeremia 2:19.)

      19. Inwiefern ist das, was Petrus tat, ein Beispiel dafür?

      19 Das traf offensichtlich auf den Apostel Petrus zu. Jesus hatte Petrus warnend darauf hingewiesen, daß er seinen Herrn dreimal verleugnen werde. Als die schwierige Lage eintrat und man Jesus verhaftete und zum Verhör abführte, wurde Petrus schwach und verleugnete Jesus tatsächlich dreimal. Doch es bedurfte nur eines Blickes Jesu, und das Herz des Petrus wurde berührt. Er ging hinaus, weinte bitterlich und bereute seine Tat. Sein Herz und die Erinnerung an Jesu Worte hatten ihn zurechtgewiesen. Petrus bewies von da an durch sein Verhalten, daß er entschlossen war, nicht wieder einen ähnlichen Fehler zu begehen. Einige Wochen später hielt Jesus es für angemessen, Petrus als einen der „Grundsteine“ der Christenversammlung zu gebrauchen (Luk. 22:54-62).

      20, 21. (a) Welche Hilfe kann jemand vernünftigerweise selbst dann in Anspruch nehmen, wenn er entschlossen ist, seine Sünde nicht zu wiederholen? (b) Warum mußte David eine Zurechtweisung erteilt werden, und wie ging Nathan dabei vor?

      20 Das heißt nicht, daß eine solche Person keine Hilfe mehr nötig hätte. Sie mag zwar entschlossen sein, die Sünde nicht zu wiederholen, dennoch aber den Beistand anderer benötigen, die sie in diesem Entschluß bestärken. Jehova Gott hat für Brüder gesorgt, die uns in dieser Hinsicht helfen können (Spr. 17:17; Luk. 22:31, 32; Gal. 6:2).

      21 Bei König David verhielt es sich einmal anders als bei Petrus. Er mußte von jemandem zurechtgewiesen werden, nachdem er sich besonders schwerwiegender Vergehen schuldig gemacht und anderen damit großen Schaden zugefügt hatte. Er war sich indes der Verkehrtheit seiner Handlungsweise nicht voll bewußt und versuchte sogar, seine Sünde zu vertuschen. Gott sandte deshalb den Propheten Nathan, um David zurechtzuweisen. Nathan tat dies, indem er in einem packenden, lebendigen Gleichnis eine Situation schilderte, die derjenigen Davids glich. David war über die Selbstsucht des beschriebenen Mannes erbost und verurteilte seine grausame, unbarmherzige Haltung. Er war entsetzt, als Nathan zu ihm sagte: „Du selbst bist der Mann!“ Doch als David seine Handlungen im richtigen Lichte sah und deutlich erkannte, wie niederträchtig sie waren, bereute er. Hätte er das nicht getan, so hätte er nach seinen eigenen Worten den Tod verdient (2. Sam. 12:1-13).

      22. In welchen Worten drückte David seine gute Einstellung zu einer Zurechtweisung aus, und wie zeigte er, von welch großem Nutzen Reue ist?

      22 In einem seiner Psalmen drückte David die richtige Einstellung zu einer Zurechtweisung mit den Worten aus: „Sollte der Gerechte mich schlagen, es wäre liebende Güte, und sollte er mich zurechtweisen, es wäre Öl auf das Haupt, das mein Haupt nicht zurückweisen möchte“ (Ps. 141:5). Außerdem beschrieb David in Psalm 32:1-6 die Qualen, die er selbst litt, als er es versäumt hatte, Jehova um Vergebung seiner Sünden zu bitten, sowie die große Erleichterung, die ihm widerfuhr, nachdem er seine Sünden bereut und sie Gott bekannt hatte.

      23. Woran werden ‘weise Zurechtweiser’ denken, und inwiefern geht das aus den Schrifttexten hervor, die in diesem Absatz erwähnt werden?

      23 Um ‘weise Zurechtweiser’ zu sein, sollten Hirten der Versammlung auch daran denken, daß es bei Zurechtweisungen verschiedene Grade geben kann, wie es auch bei Vergehen verschiedene Schweregrade gibt. (Vergleiche Galater 6:1; 2. Timotheus 2:24-26 mit Titus 1:13.) Selbst Personen, die einen guten Ruf als Diener Gottes genießen, müssen vielleicht mitunter wegen einer falschen Ansicht, wegen einer verkehrten Äußerung oder Handlung zurechtgewiesen werden.

      24, 25. Kann es vorkommen, daß auch treue Diener Gottes zurechtgewiesen werden müssen, und zu welch guten Ergebnissen wird eine solche Zurechtweisung führen?

      24 Das war bei Petrus zu einer späteren Zeit der Fall. In Galater 2:11-14 wird davon berichtet, daß er nach Antiochia in Syrien ging und mit unbeschnittenen nichtjüdischen Christen Freundschaft pflegte und mit ihnen aß. Als aber gewisse Männer von der Versammlung in Jerusalem (Männer, die offensichtlich noch der Ansicht waren, die Juden sollten sich getrennt halten) nach Antiochia kamen, hörte Petrus auf, mit nichtjüdischen Christen Gemeinschaft zu pflegen. Als der Apostel Paulus diese verkehrte Handlungsweise und ihre schlechten Auswirkungen auf andere jüdische Gläubige beobachtete, fühlte er sich verpflichtet, Petrus zurechtzuweisen. Mit vernünftigen Argumenten zeigte er Petrus die Verkehrtheit seiner Handlung, und zwar öffentlich, so daß es die anderen hören konnten. Petrus nahm zweifellos diese Zurechtweisung an, und er sprach später mit herzlichen Worten von Paulus (2. Petr. 3:15, 16).

      25 Ja, es verhält sich so, wie wir in Sprüche 9:8, 9 lesen: „Erteile einem Weisen eine Zurechtweisung, und er wird dich lieben. Gib einem Weisen, und er wird noch weiser werden.“ „Man sollte den Verständigen zurechtweisen, damit er Erkenntnis verstehe“, wie das bei Petrus der Fall war. Mögen unsere Ohren daher stets für die vernünftigen „Zurechtweisungen der Zucht“ offen sein, die für alle, die Gott und seine Gerechtigkeit lieben, der „Weg des Lebens“ sind (Spr. 19:25; 6:23; 25:12).

      [Fußnote]

      a Unter dem Stichwort eléncho ist in Robinsons Lexicon of the New Testament zu lesen: „Beschämen, Schande bringen, nur bei Homer [einem griechischen Dichter der vorchristlichen Zeit]. ... Gewöhnlich und im N[euen] T[estament] überzeugen, ... widerlegen, jemandem Unrecht nachweisen.“

      In dem Werk Word Studies in the New Testament von Vincent heißt es: „Im frühen klassischen Griechisch bedeutet es Schande bereiten oder beschämen ... Dann [später]: ins Kreuzverhör nehmen oder befragen, um zu überzeugen, überführen oder widerlegen. ... Von Argumenten: den Beweis erbringen; beweisen; durch eine Kette von Schlußfolgerungen beweisen“ (Kursivschrift von uns).

  • Personen, die Sünde treiben, zurechtweisen
    Der Wachtturm 1977 | 1. März
    • Personen, die Sünde treiben, zurechtweisen

      „Weise Personen, die Sünde treiben, vor den Augen aller zurecht, damit auch die übrigen Furcht haben“ (1. Tim. 5:20).

      1, 2. Welche Anweisungen erteilte Paulus dem Timotheus, während sich dieser in Ephesus aufhielt, und welche Fragen ergeben sich daraus?

      ALS der Apostel Paulus seinem Mitarbeiter Timotheus Rat darüber erteilte, wie er Probleme in Ephesus behandeln sollte, wo einige zu sinnlosem Gerede Anlaß gaben und widersprechende Lehren vertraten, sagte er unter anderem: „Weise Personen, die Sünde treiben, vor den Augen aller zurecht, damit auch die übrigen Furcht haben (1. Tim. 5:20; 1:3-7; 6:3-5).

      2 Was verstand der Apostel Paulus unter „Sünde treiben“? Wäre jemand, der eine Sünde mehr als einmal begangen hat, automatisch eine Person, die ‘Sünde treibt’?

      WER ZÄHLT ZU DENEN, DIE „SÜNDE TREIBEN“?

      3, 4. Was bedeutet der griechische Ausdruck, den Paulus hier gebrauchte, und wie lautet daher die Wiedergabe in bestimmten Übersetzungen?

      3 In der Sprache, in der der Apostel Paulus schrieb (Griechisch), lautet der Ausdruck „Sünde treiben“ hamartánontas, Partizip Präsens Aktiv des griechischen Zeitworts „sündigen“. Was lernen wir daraus? Beachten wir, was Bibelkommentare darüber sagen (Kursivschrift der Betonung wegen):

      In dem Werk The Expositor’s Greek Testament heißt es: „... der Gebrauch des Partizips des Präsens läßt erkennen, daß von gewohnheitsmäßigen Sündern die Rede ist. ... Paulus spricht von hartnäckigen Sündern.“

      In dem Theologisch-homiletischen Bibelwerk von J. P. Lange lesen wir: „Die Sündigenden werden dargestellt als in diesem Augenblick noch wirklich in jener Sünde lebend, daher hier das Präsens, wo man sonst vielleicht das Präteritum erwarten konnte.“

      4 Paulus gebraucht daher eine Verbform, mit der eine gegenwärtige Tat beschrieben wird, nicht eine vergangene; sie bezeichnet eine Handlungsweise, die andauert, nicht eine, die aufgegeben worden ist. In Anbetracht dessen geben verschiedene Bibelübersetzer den Text wie folgt wieder:

      Schlatter (1931) „Den Sündigenden halte vor allen ihre Sünde vor ...“

      Kürzinger: „Die Fehlenden weise in Gegenwart aller zurecht ...“ (Siehe auch Ketter, Perk, Rösch, Schäfer.)

      New American Standard: „Diejenigen, die weiterhin sündigen ...“

      5. (a) Was ergibt sich aus der Wiederholung einer Sünde? (b) Was ist jedoch ausschlaggebend, damit jemand als eine Person bezeichnet werden kann, ‘die Sünde treibt’?

      5 Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß ein Vergehen um so schwerwiegender wird, je häufiger die Sünde begangen worden ist. Jemand, der längere Zeit eine Sünde begeht, treibt gewiß Sünde. Diese Darlegungen lassen jedoch erkennen, daß jemand nicht lediglich schon dadurch, daß er eine bestimmte Sünde mehr als einmal begangen hat — vielleicht zwei- oder dreimal —, unter Personen einzureihen ist, „die Sünde treiben“. Von grundlegender Bedeutung wäre die Frage, ob sich der Betreffende von dieser Sünde abgewandt oder sie aufgegeben hat oder ob es sich um eine fortdauernde, anhaltende Handlungsweise handelt. Wenn letzteres der Fall ist, dann treffen die Worte des Apostels Paulus auf ihn zu.

      6, 7. Inwiefern läßt sich das durch Matthäus 7:7 veranschaulichen?

      6 Dieser Gedanke läßt sich durch andere Texte veranschaulichen, in denen griechische Verben im Präsens vorkommen. In Matthäus 7:7 erscheinen im Griechischen beispielsweise drei Verben in der Präsensform (Imperativ). Die Neue-Welt-Übersetzung gibt diesen Text wie folgt wieder:

      „Bittet fortwährend, und es wird euch gegeben werden; sucht unablässig, und ihr werdet finden; klopft immer wieder an, und es wird euch aufgetan werden.“

      7 Jesus wollte bestimmt nicht sagen, daß wir dieser Aufforderung nachkommen, wenn wir Gott mehr als einmal um etwas bitten — vielleicht zweimal. Nein, sondern wir sollten fortwährend bitten, unablässig suchen und immer wieder anklopfen oder darin beharren.

      8. Auf welche Personen bezieht sich somit 1. Timotheus 5:20, und welche Personen sind nicht damit gemeint?

      8 Somit ist in 1. Timotheus 5:20 von Sündern die Rede, die gerade deswegen vor den Augen aller zurechtgewiesen werden müssen, weil sie die Sünde nicht aufgegeben haben, sondern darin beharren. Das läßt deutlich erkennen, daß der Apostel nicht von Personen spricht, die eine Sünde ein oder mehrere Male verübten, danach aber bereut und ihre falsche Handlungsweise wirklich aufgegeben haben.

      SICH NICHT ZURÜCKHALTEN, DIE ERFORDERLICHE HILFE ZU SUCHEN

      9. Was zeigt, daß ein reumütiger Sünder sich nicht davon zurückhalten sollte, die Hilfe christlicher Ältester zu suchen?

      9 Angenommen, ein Glied der Versammlung hat sich in eine Sünde verstrickt — sei es eine Übertretung auf sittlichem Gebiet oder irgend eine andere ungeziemende Handlung — und bereut nun aufrichtig diese Sünde. Gibt es für den Betreffenden irgendeinen Grund, zu zögern, die Hilfe von Ältesten zu suchen, um in seinem Entschluß, diese Sünde nicht zu wiederholen, gestärkt zu werden? Beachten wir, welchen Rat der Jünger Jakobus in Jakobus 5:14-16 gibt:

      „Ist jemand unter euch krank? Er rufe die älteren Männer der Versammlung zu sich, und sie mögen über ihm beten und ihn im Namen Jehovas mit Öl einreiben. Und das Gebet des Glaubens wird dem sich nicht wohl Fühlenden zum Heil sein, und Jehova wird ihn aufrichten. Und wenn er Sünden [Plural, was zeigt, daß es sich um mehr als nur eine Sünde handeln konnte] begangen hat, wird Ihm vergeben werden. Bekennt also einander offen eure Sünden, und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ (Vergleiche Psalm 41:1-4.)

      10, 11. (a) Wie sollte es sich auf einen bereuenden Übertreter auswirken, wenn er weiß, daß die Ältesten ihn ‘heilen’ möchten? (b) Führe ein Beispiel dafür an.

      10 Ist es für den aufrichtig bereuenden Übertreter nicht eine Ermunterung, ‘seine Sünden offen zu bekennen’, wenn er weiß, daß diejenigen, denen er sie bekennt, vor allem darauf bedacht sind, ihm Hilfe zu leisten, damit er von seiner geistigen Krankheit „geheilt“ wird? Ganz anders könnte es sich jedoch auswirken, wenn ein reuiger Übertreter das Gefühl hätte, er werde automatisch als jemand behandelt, der es verdiene, vor der ganzen Versammlung als einer, der ‘Sünde treibt’, gerügt zu werden.

      11 Nehmen wir zum Beispiel an, ein Mann, der früher, bevor er ein Christ wurde, manchmal zuviel getrunken hat, ist einige Tage allein zu Hause. In dieser Zeit trinkt er vielleicht zuviel Wein oder Bier, so daß er betrunken ist, und das vielleicht zweimal innerhalb weniger Tage. Er schämt sich danach sehr und bedauert das, was er getan hat, aufrichtig. Da er erkennt, daß er rückfällig geworden ist, wünscht er sich vielleicht sehnlichst die Hilfe der Ältesten, um in seinem Entschluß bestärkt zu werden, die Sünde nicht zu wiederholen. Wenn er nun, da er mehr als einmal gesündigt hat, dächte, die Ältesten würden es automatisch als notwendig erachten, der Versammlung bekanntzugeben, daß er gesündigt habe, so würde er vielleicht lange zögern, sie um Hilfe zu bitten.

      12. Zwischen wem sollte keine Schranke entstehen, und wie wird das verhindert werden?

      12 Durch eine solche Einstellung könnte eine Schranke zwischen den Hirten der Versammlung und denen entstehen, die dringend ihrer Hilfe bedürfen, um eine sündige Neigung zu überwinden. Wäre aber das Vertrauen vorhanden, daß die Ältesten die Aufrichtigkeit des Sünders, der sich vom Unrecht abgewandt hat und es nie wieder begehen möchte, in Betracht ziehen, so würde ihn das bestimmt veranlassen, zu den Ältesten zu gehen; er würde ihre Hilfe ebenso schätzen wie ein verletztes Schaf die Hilfe seines Hirten. (Vergleiche Psalm 23:1-5 mit Hesekiel 34:4.)

      13. Weshalb müssen Älteste mitunter die Initiative ergreifen und von sich aus mit einem Übertreter sprechen?

      13 Möglicherweise erfahren die Ältesten von dritter Seite, daß sich ein Glied der Herde eine schwerwiegende Übertretung hat zuschulden kommen lassen. Da sie als Hirten an der geistigen Gesundheit des Betreffenden interessiert sind, werden sie mit ihm über das sprechen, was sie gehört haben. Vielleicht stellen sie fest, daß er für ihre Hilfe dankbar ist, sie aber nicht darum gebeten hatte, weil er schüchtern ist oder sich schämt oder aus irgendeinen anderen persönlichen Grund. Vielleicht stellen sie sogar fest, daß er das Unrecht bereits bereut und die verkehrte Handlungsweise aufgegeben hat.

      14. Was werden die Ältesten, selbst wenn sie sicher sind, daß der Übertreter von seinem Herzen wirklich zurechtgewiesen worden ist, dennoch tun?

      14 Wenn die Ältesten sicher sind, daß der Übertreter wirklich von seinem Herzen und Gewissen und durch die Macht des Wortes Gottes zurechtgewiesen worden ist, können sie ihre Bemühungen ganz und gar darauf konzentrieren, dem Betreffenden wieder zu geistiger Gesundheit zu verhelfen. Sie können dem reumütigen Sünder gesunden biblischen Rat erteilen, der ihn stärkt und ihm so hilft, nicht rückfällig zu werden, wobei sie ihm den Ernst der Lage vor Augen führen. Sie können ihm helfen, besser zu verstehen, wie gefährlich es ist, auch nur vorübergehend in seiner Wachsamkeit nachzulassen, und ihm zeigen, daß er ‘mit Furcht und Zittern seine eigene Errettung bewirken’ muß (Phil. 2:12).

      AUSGEGLICHEN UND VERSTÄNDNISVOLL DIE NOTWENDIGKEIT ERWÄGEN

      15. Was bestimmt das weitere Vorgehen der Ältesten?

      15 Wenn es sich um jemand handelt, der eine schwerwiegende Sünde begangen hat, sollten die Ältesten der Versammlung allerdings sicher sein, daß der Übertreter — ob er bei ihnen Hilfe gesucht hat oder sie zu ihm gegangen sind — aufrichtig bereut und sich ernsthaft bemüht, einen ordentlichen Wandel zu führen. Ist der Betreffende indes von seinem Herzen nicht zurechtgewiesen und nicht veranlaßt worden, von dem Unrecht abzustehen, so sind die Ältesten verpflichtet, ihm zu helfen, indem sie sich bemühen, die notwendige Reaktion bei ihm herbeizuführen.

      16. Könnte jemand, der eine Sünde nur einmal begangen hat, dennoch als eine Person gelten, die ‘Sünde treibt’? Wenn ja, wieso?

      16 Daß eine Sünde mehrmals begangen worden ist, fällt zwar sicherlich ins Gewicht und muß berücksichtigt werden, wenn es um die Frage geht, ob dem Betreffenden eine biblische Zurechtweisung erteilt werden muß, doch es ist nicht in jedem Fall der entscheidende Faktor. Jemand mag nur einmal Hurerei begangen haben. Wenn er aber diese Sünde nicht aufrichtig bereut hat, ist er immer noch ein Hurer. Wieso? Weil er diese verkehrte Handlungsweise in seinem Herzen nicht abgelehnt oder verworfen hat. Jesus sagte, daß ein Mann, der eine Frau fortwährend leidenschaftlich ansieht, in seinem Herzen mit ihr Ehebruch begangen hat (Matth. 5:28). Wenn also jemand immer noch mit einem gewissen Vergnügen auf eine Sünde zurückblickt, statt sie zu verabscheuen und sie tief zu bedauern und entschlossen zu sein, sie nicht zu wiederholen, so hat er diese Sünde immer noch in seinem Herzen. Er ist von der Sünde nicht gereinigt worden, indem Gott ihm durch Jesus Christus vergeben hätte, und daher ist er immer noch unrein (1. Joh. 1:9; 2:1). Er wird diese Sünde wahrscheinlich wieder begehen, wenn sich ihm die Gelegenheit dazu bietet und er meint, ungeschoren davonkommen zu können.

      17. Gegenüber welchen Personen, die vorgeben zu bereuen, müssen Älteste besonders vorsichtig sein?

      17 Älteste haben daher guten Grund, die angebliche Reue eines Übertreters sorgfältig zu prüfen, wenn es sich erwiesen hat, daß der Betreffende der Heuchelei, der Lüge und der bewußten Täuschung schuldig ist, oder wenn er offensichtlich die Sünde vorsätzlich, vielleicht kalt berechnend, geplant hatte. Das ist etwas ganz anderes, als wenn jemand unerwartet in eine Situation gerät, in der er aufgrund menschlicher Schwäche einer Versuchung erliegt. Ananias und seine Frau Sapphira planten beispielsweise gemeinsam eine Täuschung, indem sie ‘die verkehrte Tat in ihrem Herzen beschlossen’ (Apg. 5:1-11).

      18. (a) Sollten Älteste mit einem Gemeinschaftsentzug zögern, wenn jemand auf besonders schamlose Weise gesündigt hat? Woraus ist dies zu erkennen? (b) In welcher Hinsicht sollte man bei jemandem, der gerechte Grundsätze offen mißachtet hat, später aber zufolge aufrichtiger Reue wiederaufgenommen worden ist, immer noch sehr vorsichtig sein?

      18 Angenommen, ein verheirateter Mann, der insgeheim mit einer anderen Frau flirtet, gibt sich die ganze Zeit den Anschein, rein zu sein, und nimmt vielleicht sogar heilige Dienstvorrechte in der Versammlung wahr, verläßt dann aber seine Frau und macht sich mit der anderen davon. Sollten die Ältesten in einem solchen Fall zögern, den Betreffenden aus der Versammlung auszuschließen? Offensichtlich nicht. Als der Apostel Paulus von einem Mann hörte, der mit einer Frau zusammen lebte, die anscheinend immer noch die Frau seines Vaters war, empfahl Paulus der Versammlung, sofort zu handeln, und schrieb: „Entfernt den bösen Menschen aus eurer Mitte“ (1. Kor. 5:1-5, 12, 13). Desgleichen sollten Älteste wirklich Vorsicht walten lassen, bevor sie der Bitte einer solchen Person um Wiederaufnahme nachkommen, da der Betreffende ihnen wenig Grund zu der Überzeugung gegeben hat, daß er es ehrlich und aufrichtig meint. Wenn er schließlich wiederaufgenommen wird, sollte man später sehr vorsichtig sein, wenn es darum geht, ihm irgendwelche Verantwortung in der Versammlung zu übertragen.

      19. Inwiefern könnte jemand, der eine bestimmte sündige Handlungsweise noch nicht völlig überwunden hat, dennoch einen besseren Herzenswunsch offenbaren als die obenbeschriebenen Personen?

      19 Im Gegensatz dazu wendet sich vielleicht jemand aus der Versammlung an einen Ältesten um Hilfe und sagt ihm, daß er immer noch mit einem Problem zu kämpfen habe. Er mag zwar die Sünde noch nicht völlig überwunden haben, doch läßt er vielleicht den aufrichtigen, von Herzen kommenden Wunsch erkennen, dies zu tun. Wenn daher kein Anzeichen vorliegt, daran zweifeln zu müssen, werden die Hirten der Versammlung ihm entsprechend beistehen. Er unterscheidet sich gewiß ganz wesentlich von einer Person, die plant, andere zu täuschen, oder die versucht, eine falsche Handlungsweise zu rechtfertigen (Ps. 51:1-3, 10, 17).

      20. Welcher Selbsttäuschung unterliegt jemand, der in seiner Sünde verharrt, und inwiefern ist er für die Versammlung eine Gefahr?

      20 Jemand, der in der Sünde verharrt, entschuldigt sich im allgemeinen in seinem Herzen und redet sich ein, Gott werde seine Handlungsweise vergeben. (Vergleiche Psalm 36:2; 50:17-21.) Noch schlimmer ist, daß er andere zu einer solchen Handlungsweise verleiten kann. In Sprüche 10:17 lesen wir: „Wer sich an Zucht hält, ist ein Pfad zum Leben, wer aber Zurechtweisung verläßt, veranlaßt zum Umherirren.“ Im eigenen Interesse und im Interesse aller muß er zur Rechenschaft gezogen und wieder auf den richtigen Weg gebracht werden.

      MIT ALLER LANGMUT UND KUNST DES LEHRENS ZURECHTWEISEN

      21. Wie sollten Älteste gemäß der Bibel vorgehen, wenn sie eine Zurechtweisung zu erteilen haben?

      21 Wie gehen die Hirten der Versammlung vor, wenn die Umstände eine Zurechtweisung angebracht erscheinen lassen? Wenn der Übertreter seine Sünde nicht zugibt, sind die Ältesten verpflichtet, „überzeugende Beweise“ für seine verkehrte Handlung zu unterbreiten. Das können sie nicht, wenn sie davon nur gerüchtweise erfahren haben. (Vergleiche Johannes 16:8; Jesaja 11:3.) Vielleicht müssen sie Fragen stellen, um wichtige Tatsachen zu ermitteln. Bei der Zurechtweisung geht es aber vor allem darum, dem Übertreter anhand biblischer Beweise und Argumente zu zeigen, daß es verkehrt wäre, zu denken, seine sündige Handlungsweise sei in Gottes Augen entschuldbar. Die Ältesten sollten ihm helfen, die Sünde im richtigen Licht zu sehen und zu erkennen, weshalb er sie hassen sollte (Hebr. 1:9). Dadurch weisen sie ihn zurecht und bringen ihn wieder auf den rechten Weg. Als Hirten verfolgen sie das Ziel, ihn zur Reue zu bewegen und dazu, seine verkehrte Handlungsweise aufzugeben, und zwar nicht nur nach außen hin, sondern auch in Sinn und Herz (Tit. 1:9; Jak. 1:25; 2:8, 9).

      22. Inwiefern werden die Ältesten bei ihrem Bemühen das Endziel einer christlichen Zurechtweisung im Auge behalten und wie können sie die Anweisung befolgen, jemand „mit aller Langmut und Kunst des Lehrens“ zurechtzuweisen?

      22 Älteste, die den Zweck einer Zurechtweisung im Auge haben, werden daran denken, daß sie nicht lediglich als eine Personengruppe handeln, die Tatsachen ermittelt oder eine Schuld nachweist. Sie tadeln einen Sünder nicht einfach (obwohl ihre Zurechtweisung einen Tadel einschließen kann). Sie verfolgen das edle und liebenswerte Ziel, ‘einen Sünder vom Irrtum seines Weges zurückzuführen, um eine Seele vom Tode zu retten’ (Jak. 5:19, 20). Sie sollten bestimmt nicht das Gefühl haben, unter Zeitdruck zu stehen, als ob ihre Bemühungen, dieses Ziel zu erreichen, auf eine einzige Besprechung beschränkt bleiben müßten. Wenn sie glauben, daß mehr Zeit erforderlich ist, können sie dem Betreffenden empfehlen, nach Hause zu gehen und über das, was sie mit ihm besprochen haben, nachzudenken und dieserhalb zu Jehova zu beten. Sie könnten dann nochmals eine Besprechung mit ihm anberaumen. Dadurch bewirken sie vielleicht, daß ihr Rat und ihre Zurechtweisung in seinen Sinn und in sein Herz eindringen können. Und selbst wenn sie (nach einer oder mehreren Besprechungen mit ihm) zu einem Beschluß kommen, werden sie sich dessen bewußt sein, daß ihm noch eine Zeitlang Aufmerksamkeit und Beistand geschenkt werden muß, damit er geistig wieder gesundet. Sie haben aber die Genugtuung, zu wissen, daß sie ihn, wie es in 2. Timotheus 4:2 heißt, „mit aller Langmut und Kunst des Lehrens“ zurechtgewiesen und ermahnt haben. Es ist die Zeit und die Mühe werta.

      23. (a) Wird jemand, der bereut und sich von seiner Sünde abwendet, automatisch weiterhin in der Versammlung alle Funktionen ausüben wie zuvor? Begründe deine Antwort. (b) Welche Faktoren werden die Ältesten in jedem Fall berücksichtigen?

      23 Die Tatsache, daß jemand von seinem Herzen zurechtgewiesen worden ist, bedeutet nicht, daß er in der Versammlung automatisch weiterhin alle Funktionen ausübt wie zuvor. Mit ihm verhält es sich ebenso wie mit einer Person, die sich von einem körperlichen Leiden erholt und nicht in der Lage ist, dieselbe Last zu tragen wie andere. Die Ältesten halten es vielleicht für ratsam, ihn eine Zeitlang nicht zu verantwortlichen Aufgaben heranzuziehen, weil sie glauben, daß eine solche Einschränkung dazu beitragen könnte, den Betreffenden „wieder zurechtzubringen“ (Gal. 6:1). Und wenn jemand erst bereut, nachdem er von anderen zurechtgewiesen worden ist, das heißt also, nachdem man ihn von seiner sündigen Handlungsweise überzeugt hat, um ihn zu echter Reue zu bewegen, kann die Entbindung von seinen Aufgaben oder Vorrechten als ein Teil der ‘Zucht in der Gerechtigkeit’ erfolgen (2. Tim. 3:16; Hebr. 12:5, 6). In jedem Fall müssen die Ältesten gewisse Faktoren berücksichtigen, wie zum Beispiel die Schwere des begangenen Unrechts, wieviel Zeit seit der Übertretung verstrichen ist, welche Umstände zur Sünde führten und inwieweit eine Absicht vorlag oder frühere Ermahnungen nicht beachtet wurden.

      24, 25. (a) Welche Anforderungen stellen diese biblischen Grundsätze an Älteste, und wieso? (b) Welche Frage ist nun noch zu beantworten?

      24 All das erfordert, daß Älteste ausgeglichen sind, ein gutes Urteils- und Unterscheidungsvermögen sowie Verständnis haben. Die Ältesten müssen sorgfältig abwägen, was sowohl im Interesse der betreffenden Person als auch im Interesse der ganzen Versammlung ist. Einerseits müssen sie sich bewußt sein, daß sie Gott gegenüber verpflichtet sind, darauf zu achten, daß die Sünde nicht in die Versammlung eindringt und sich ausbreitet. Andererseits müssen sie darauf bedacht sein, daß sie durch die Art und Weise, wie sie ihre Brüder behandeln, stets Jehovas eigene vernünftige und barmherzige Handlungsweise nachahmen. (Vergleiche Apostelgeschichte 20:28-31; Judas 3, 4, 21-23.)

      25 Was ist denn unter der Anweisung des Paulus zu verstehen, Personen, die Sünde treiben, „vor den Augen aller“ zurechtzuweisen? Betrachten wir also, wie diese Anweisung ausgeführt werden sollte.

      [Fußnote]

      a Gemäß Jesaja 1:18, wo das dem Wort eléncho entsprechende hebräische Wort gebraucht wird, sagt Jehova zum Volk Israel: „‚Kommt nun, und laßt uns die Dinge zwischen uns richtigstellen [„mit einander rechten“, Jerusalemer Bibel; Bruns u. a.]‘, spricht Jehova. ,Wenn sich eure Sünden auch wie Scharlach erweisen sollten, werden sie so weiß werden wie Schnee.‘“

  • „Vor den Augen aller“ zurechtweisen
    Der Wachtturm 1977 | 1. März
    • „Vor den Augen aller“ zurechtweisen

      „Den Spötter solltest du schlagen, damit der Unerfahrene klug werde; und man sollte den Verständigen zurechtweisen, damit er Erkenntnis verstehe“ (Spr. 19:25).

      1. Vor wem sind Personen, die in der Sünde beharren, gemäß 1. Timotheus 5:20 zurechtzuweisen, und warum?

      WIE verhält es sich also mit der Anweisung, die Paulus dem Timotheus gab, nämlich Personen, die in der Sünde beharren, „vor den Augen aller“ zurechtzuweisen? Dadurch soll bewirkt werden, daß „auch die übrigen Furcht haben“, das heißt sich davor fürchten, derselben Sünde zu verfallen (1. Tim. 5:20). Welche Umstände erfordern eine solche Zurechtweisung, und wie kann jemand „vor den Augen aller“ zurechtgewiesen werden?

      2—4. Was kann über die Bedeutung der Worte „vor den Augen aller“ gesagt werden, und durch welche biblischen Beispiele läßt sich das veranschaulichen?

      2 Worauf sich die Worte „vor den Augen aller“ beziehen, steht nicht eindeutig fest. Sie könnten bedeuten, daß die Zurechtweisung vor der ganzen Versammlung erteilt wird oder daß die Zurechtweisung vor denen erteilt wird, die irgendwie in die Angelegenheit verwickelt sind oder davon wissen — zum Beispiel auch Zeugen der Sünde — und die anwesend sind, wenn der Übertreter zurechtgewiesen wird. Ganz gleich, welche Bedeutung diese Worte auch haben, so zeigen sie doch, daß die Zurechtweisung vor anderen und nicht rein privat erfolgen sollte.a

      3 Die in 1. Timotheus 5:20 gebrauchte griechische Wendung erscheint auch in Lukas 8:47 im Zusammenhang mit der Frau, die durch Jesus von einem Blutfluß geheilt wurde. Der Bericht lautet: „[Sie] enthüllte vor allem Volk [griechisch: „vor den Augen des ganzen Volkes“], um welcher Ursache willen sie ihn angerührt hatte.“ Diese Worte bedeuten sicherlich nicht, daß sie es vor der ganzen Einwohnerschaft der Stadt (möglicherweise Kapernaum) tat, sondern vor den Personen der Volksmenge, die gerade da waren und die Frage Jesu hörten: „Wer ist es gewesen, der mich angerührt hat?“ (Luk. 8:43-47).

      4 Ähnlich drückte sich Paulus aus, als er davon berichtete, daß er Petrus in Antiochia zurechtgewiesen hatte: „Als ich aber sah, daß sie nicht den geraden Weg gemäß der Wahrheit der guten Botschaft wandelten, sagte ich vor ihnen allen zu Kephas [Petrus] ...“ Die Worte „vor ihnen allen“ könnten hier zwar bedeuten „vor der ganzen Versammlung“, doch könnte sich das Fürwort „ihnen“ auch auf diejenigen beziehen, die Paulus zuvor erwähnte, nämlich ‘diejenigen, die nicht den geraden Weg gemäß der Wahrheit der guten Botschaft wandelten’. Es könnte sein, daß er die Zurechtweisung nicht in einer Zusammenkunft der Versammlung aussprach, sondern vielleicht bei der Mahlzeit, bei der sich jüdische Gläubige, wie Petrus, von den anderen abgesondert hatten (Gal 2:11-14).

      5. Wodurch wird die Anwendung dieser Worte bestimmt, da wir diesbezüglich keine ausdrückliche Regel in der Bibel finden?

      5 Da man nicht dogmatisch sagen kann, wie umfassend die Worte „vor den Augen aller“ anzuwenden sind, scheint sich ihre Anwendung nach dem zu richten, was als erforderlich angesehen wird. Wenn die ganze Versammlung von der Zurechtweisung erfahren muß dann sollte dies geschehen; wenn nicht, dann sollte die Zurechtweisung vor all denjenigen erteilt werden, die mit der Sache zu tun haben oder aus dem einen oder anderen Grund aus der Zurechtweisung Nutzen ziehen sollten.

      SICH VON GOTTES LIEBE LEITEN LASSEN

      6. Welche Rolle spielt gemäß der Bibel die Liebe in diesen Angelegenheiten?

      6 Bestimmte biblische Grundsätze stehen dem unnötigen Bekanntmachen von Übertretungen und Sünden anderer entgegen. Die Bibel zeigt im allgemeinen, daß man die Sünden eines Bruders gewöhnlich aus Liebe zudecken sollte, statt bewußt die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. (Vergleiche Sprüche 10:12; 11:12, 13; 16:27; 17:9; 1. Petrus 4:8.) Jehova spricht davon, daß er denjenigen zurechtweisen werde, der, abgesehen von anderen Sünden, ‘wider seinen Bruder einen Fehler preisgibt’ (Ps. 50:20, 21). Gottes Sohn stellte die göttliche Regel auf, die in jedem Fall gilt: „Alles daher, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun, sollt auch ihr ihnen ebenso tun“ (Matth. 7:12). Niemand von uns wünscht daß seine Fehler öffentlich bekanntgemacht werden, wenn dies nicht wirklich erforderlich ist. Falls andererseits unsere Brüder zu ihrem eigenen Nutzen etwas erfahren müssen, sollten wir uns in ihre Lage versetzen und einsehen, daß wir es selbst nicht gern hätten, wenn man uns etwas Wichtiges vorenthalten würde, was wir erfahren sollten.

      7, 8. Führe Beispiele an, die zeigen, daß jemand unnötigerweise verletzt werden könnte, wenn man öffentlich bekanntmacht, daß er gesündigt hat, obwohl diese Bekanntmachung nicht notwendig wäre.

      7 Wenn es nicht erforderlich ist, den Fehler eines anderen öffentlich bekanntzumachen, es aber dennoch geschieht, könnte man den Betreffenden unnötigerweise verletzen. Nehmen wir beispielsweise an, eine attraktive junge Frau, die aufgrund ihrer Arbeit viel unterwegs sein muß, hat auf einer Reise mehrmals eine Sünde begangen. Die Ältesten haben dies vielleicht von einer anderen Person gehört. Sie sprechen sie daraufhin an und stellen fest, daß es zutrifft. Da sich die junge Frau nicht von sich aus an die Ältesten gewandt hat, beschließen diese, der Versammlung bekanntzugeben, daß sie sie zurechtgewiesen haben, wobei sie ihren Namen erwähnen. Was wird die Versammlung nun denken? Einige nehmen vielleicht an, daß es sich um ein Vergehen auf sittlichem Gebiet handelte, während in Wirklichkeit etwas anderes geschehen war. Auf der besagten Reise kam die junge Frau in die Nähe ihrer Heimat und nutzte die Gelegenheit, ihre Angehörigen zu besuchen, die keine Zeugen Jehovas sind. Sie hatte früher geraucht, und da ihre Angehörigen Raucher sind, wurde sie schwach und rauchte auch einige Male. Wenn dann in der Versammlung bekanntgemacht wird, daß sie zurechtgewiesen worden ist, machen sich möglicherweise viele aufgrund ungerechtfertigter Vermutungen ein ganz falsches Bild von ihr.

      8 In die gleiche Lage könnte ein verheirateter Mann kommen, der zu Hause zweimal so viel Alkohol genossen hatte, daß er betrunken war. Auch in seinem Fall könnte die Bekanntmachung in der Versammlung, daß er zurechtgewiesen worden ist, einige zu der falschen Annahme verleiten, er habe Ehebruch oder eine andere schwerwiegende Sünde begangen, was nicht den Tatsachen entsprechen würde. Wie groß wäre der Nutzen, der sich — für den Betreffenden und für die Versammlung — aus einer solchen Bekanntmachung ergäbe, und würde er wirklich den angerichteten Schaden aufwiegen?

      9, 10. (a) Was läßt die Behandlung von Sünden beim Volk Israel hinsichtlich der Frage erkennen, ob bekanntgemacht werden sollte, daß jemand gesündigt hat? (b) Von den strengen Maßnahmen in Verbindung mit welcher Art von Sünden sollten die Israeliten erfahren und sich davor fürchten?

      9 Der Grundsatz, jemandes Vergehen nicht weiter bekanntzumachen als erforderlich, scheint auch durch die Art des Vorgehens unter dem Gesetzesbund im alten Israel gestützt zu werden. Die biblischen Bestimmungen und Berichte lassen erkennen, daß Fälle, in denen eine strafbare Handlung vorlag, vor die Ältesten der Stadt im Tor kamen, vor allem Streitfälle, wie zum Beispiel wenn der Beschuldigte nicht zugab, dem anderen Unrecht getan zu haben, und auch wenn das ganze Gemeinwesen ernsthaft von dem Unrecht betroffen wurde oder dadurch gefährdet war. (Siehe Aid to Bible Understanding, S. 384, 385, 1053, 1054.)

      10 Das, was der Apostel Paulus in 1. Timotheus 5:20 schreibt, nämlich „damit auch die übrigen Furcht haben“, erinnert uns daran, daß im Gesetzesbund von strengen Maßnahmen die Rede ist, die gegen bestimmte Übertreter zu ergreifen waren, wobei die Worte erscheinen: „Dann wird ganz Israel es hören und sich fürchten, und man wird nicht wieder etwas so Schlechtes tun in deiner Mitte.“ Aber es ist bemerkenswert, daß es sich bei den Sünden entweder um solche handelte, die das Gemeinwesen gefährden konnten, wie zum Beispiel wenn jemand zum Abfall aufrief oder ihn befürwortete, Sünden, auf die die Todesstrafe stand, oder es waren Sünden, die bereits an die Öffentlichkeit gedrungen waren, wie zum Beispiel eine falsche Zeugenaussage vor einem öffentlichen Gericht (5. Mose 13:6-11; 17:8-13; 19:15-20).

      11, 12. Zu welcher Einstellung ermunterte Jesus gemäß Matthäus 18:15-17 im Zusammenhang mit den schwerwiegenden Sünden, auf die sich sein Rat bezieht?

      11 Auch Jesu Anweisung aus Matthäus 18:15-17 zeigt, daß man gebührend darauf bedacht sein sollte, private Probleme möglichst privat zu behandeln. Die damit verwandten Worte aus Lukas 17:3, 4 lassen erkennen, daß dieser Rat auf Sünden zutrifft, die von einer Person gegen eine andere begangen worden sind. Wie Jesus sagte, sollte die Person, gegen die gesündigt worden ist, die Sache nicht weitererzählen, sondern zu dem Übertreter gehen und die Angelegenheit unter vier Augen regeln. Das kann sich auf den Übertreter günstig auswirken, wenn er erkennt, daß der andere Rücksicht genommen und die Sache nicht bekanntgemacht hat, wodurch er für die Zurechtweisung empfänglicher sein mag. Selbst wenn die Bemühungen unter vier Augen fehlgeschlagen sind, sollte die Angelegenheit nicht in die Öffentlichkeit getragen werden, sondern die Person, gegen die gesündigt worden ist, sollte sich erneut bemühen, indem sie ein oder zwei andere mitnimmt. Erst wenn auch die Bemühungen dieser kleinen Gruppe ergebnislos verlaufen sind, sollte die Angelegenheit „der Versammlung“ vorgetragen werden (das heißt offensichtlich den sie vertretenden Personen, den Ältesten; vergleiche 4. Mose 35:12, 24, 25 mit 5. Mose 19:12; Josua 20:4).

      12 Wir sollten beachten, daß die Sünden, die in Jesu Rat angesprochen werden, wirklich schwerwiegende Sünden sind, denn nach den Worten Jesu wird dem Übertreter die Gemeinschaft entzogen, wenn er auf die Zurechtweisung der Versammlung nicht hört (Matth. 18:17). Obwohl es sich dabei um schwerwiegende Sünden handelte, sollten sie jedoch nicht weiter bekanntgemacht werden, als es die Umstände erforderten. Dieser Rat bezieht sich zwar auf Sünden, die eine Person gegenüber einer anderen begeht, doch scheint sich der von Gottes Sohn geäußerte Grundsatz, eine solche Sache nicht unnötigerweise bekanntzumachen, auf alle Fälle zu beziehen, ganz gleich, um welche Art von Übertretung es sich handelt.

      13. Wann sollte also jemand logischerweise vor der ganzen Versammlung zurechtgewiesen werden, und wann sollte dies „mit Strenge“ geschehen?

      13 Alle biblischen Hinweise zeigen, daß eine Zurechtweisung vor der Versammlung nur dann erteilt wird, wenn es sich um eine schwerwiegende Sünde handelt, die in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist oder mit Sicherheit noch bekannt wird, oder wenn vertraulichere Bemühungen, den Sünder zur Reue und zur Abkehr von der Sünde zu bewegen, nur zu zweifelhaften Ergebnissen geführt haben und eine gewisse Gefahr für die Versammlung für möglich gehalten wird, eine Gefahr, vor der die Glieder der Versammlung gewarnt werden müssen, damit sie sich davor schützen könnenb. Wenn die Übertretung größere Schwierigkeiten für die Versammlung mit sich gebracht hat, muß der Betreffende „mit Strenge“ zurechtgewiesen werden, und zwar so lange, bis das Unrecht bereinigt ist (Tit. 1:13).

      EINE ÖFFENTLICHE ZURECHTWEISUNG AUSSPRECHEN

      14. Wieso entspricht eine Bekanntmachung, die einfach besagt, jemand sei zurechtgewiesen worden, in Wirklichkeit nicht der Anweisung, jemand ‘vor den Augen aller zurechtzuweisen’? Was ist erforderlich?

      14 Soll eine Person, die fortgesetzt gesündigt hat, wirkungsvoll zurechtgewiesen werden, so müssen überzeugende Beweise aus Gottes Wort dargelegt werden. Das Verlesen einer Bekanntmachung in Gegenwart einer Gruppe, daß jemand „zurechtgewiesen worden ist“, kann keine ‘Zurechtweisung vor den Augen aller’ sein. Die Bekanntgabe an sich besagt ja, daß der Betreffende „zurechtgewiesen worden ist“, und zeigt somit, daß die Zurechtweisung eine Sache der Vergangenheit ist und offensichtlich nicht in Gegenwart derer erfolgt, die die Bekanntgabe hören, denn sonst brauchte eine solche Bekanntmachung nicht gegeben zu werden. Die Bekanntmachung könnte ein ‘Schelten vor den Augen aller’ genannt werden, doch ist sie nicht die eigentliche Zurechtweisung. Sie ist zwar eine Beschuldigung oder Bloßstellung, doch ist sie nicht mit überzeugenden Beweisen verbunden, durch die sich eine Zurechtweisung auszeichnet. Um eine wirkliche Zurechtweisung vor der Versammlung zu erteilen, muß mit Nachdruck auf das hingewiesen werden, was Gottes Wort über die bestimmte Sünde sagt. Das ist wichtig, wenn bei den Zuhörern eine gottgefällige Furcht davor erweckt werden soll, derselben Sünde zu verfallen (2. Tim. 4:2).

      15, 16. Muß eine Person namentlich genannt werden, damit sie „vor den Augen aller“ zurechtgewiesen wird, und inwiefern geht das aus 1. Korinther 14:23-25 hervor?

      15 Muß der Übertreter namentlich genannt werden, damit er „vor den Augen aller“ zurechtgewiesen wird? Da in der Bibel nichts davon gesagt wird, daß der Name erwähnt werden sollte, scheint auch das von der bestehenden Notwendigkeit abzuhängen. Offensichtlich kann die Zurechtweisung in einer öffentlichen Zusammenkunft erfolgen, ohne jedoch den oder die Zurechtgewiesenen namentlich zu erwähnen.

      16 Der Apostel Paulus spricht zum Beispiel in seinem ersten Brief an die Korinther von einem Außenstehenden, der eine christliche Zusammenkunft besucht. Dieser Fremde war sich vielleicht zuvor der Verkehrtheit seiner Handlungen und seiner Lebensweise nicht bewußt. Er sah keine Notwendigkeit zu bereuen. Wenn er aber, wie der Apostel zeigt, die in der Zusammenkunft Anwesenden über Gottes Wahrheit sprechen hört, „wird er von ihnen allen überführt [„zurechtgewiesen“, Kürzinger], er wird von allen genau beurteilt; das Verborgene seines Herzens wird kund“. Es ist nicht etwa so, daß alle Anwesenden seinen Namen ausrufen, denn er ist ja für sie ein Fremder. Aber durch die machtvollen Wahrheiten, über die sie sprechen, sieht er sich in einem neuen Licht, und sein Herz wird zur Reue veranlaßt (1. Kor. 14:23-25).

      17. Weshalb mußten einige auf Kreta streng zurechtgewiesen werden, und wie konnte Titus ‘fortfahren, sie zurechtzuweisen’?

      17 Paulus gab Titus, der sich auf der Insel Kreta befand, in einem Brief hinsichtlich bestimmter Personen den Rat: „Fahre fort, sie mit Strenge zurechtzuweisen, damit sie im Glauben gesund seien.“ Der Grund, weshalb diese Personen mit Strenge zurechtgewiesen werden mußten, bestand darin, daß sie in der Versammlung Unruhe stifteten. Es waren ‘widerspenstige, eitle Schwätzer und Sinnesbetörer, die ganze Haushalte untergruben indem sie Dinge lehrten, die sich nicht gehörten’; andere waren Lügner und Faulenzer. Um ‘fortzufahren, sie zurechtzuweisen’, d. h. es immer wieder zu tun, verlas Titus wahrscheinlich nicht wiederholt bestimmte Namen und gab nicht regelmäßig bekannt, daß die betreffenden Personen einen verkehrten Wandel pflegten, sondern er lenkte in privaten Gesprächen und in öffentlichen Zusammenkünften immer wieder die Aufmerksamkeit auf Gottes Wort und darauf, was es hinsichtlich dieser verkehrten Handlungen gebietet. Dadurch wußte die Versammlung, daß jeder, der eine solche Handlungsweise pflegt, einen schlechten Einfluß ausübt, vor dem man sich schützen mußte. Der deutliche biblische Rat half der ganzen Versammlung, eine heilsame Furcht davor zu entwickeln, sich in derartige Handlungen zu verstricken (Tit. 1:9-13; vergleiche 2. Timotheus 4:2-4; 2. Thessalonicher 3:6-15)c.

      18. Welche Umstände würden es insbesondere erfordern, eine Zurechtweisung in den Zusammenkünften der Versammlung zu erteilen?

      18 Wenn sich ein Glied der Versammlung etwas hat zuschulden kommen lassen, können die Hirten der Versammlung zweifellos den Fall mit dem Betreffenden in einem persönlichen Gespräch behandeln. Wenn sie aber Grund zu der Annahme haben, daß andere versucht werden könnten, dieselbe Art Sünde zu begehen, sollten sie in den Zusammenkünften Zeit darauf verwenden, eine Zurechtweisung hinsichtlich der betreffenden Art Sünde zu erteilen, ganz besonders dann, wenn die Angelegenheit öffentlich bekanntgeworden ist oder öffentliches Aufsehen erregt hat.

      19. Unter welchen Umständen könnten es die Ältesten als ratsam erachten, eine kurze Bekanntmachung zu geben und den Übertreter namentlich zu erwähnen?

      19 Falls die Ältesten es aufgrund der Umstände für erforderlich halten, den Namen der Person bekanntzugeben, können sie das tun (obwohl es nicht in einer Ansprache über das Thema geschehen sollte), indem sie erklären, daß sie den Betreffenden zurechtgewiesen haben. Sollte es sich um eine Sache handeln, die Aufsehen erregte, so erhalten die Glieder der Versammlung dadurch die Möglichkeit, die Versammlung gegenüber Personen zu verteidigen, die behaupten mögen, sie entschuldige ein solches Vergehen. Aber selbst wenn die Übertretung nicht weiter bekanntgeworden ist oder im geheimen begangen wurde, mögen die Ältesten eine Bekanntmachung als notwendig erachten. Zum Beispiel könnte sich ein junger Mann nacheinander mit mehreren jungen Frauen eines unzüchtigen Wandels (nicht unbedingt der Hurerei) schuldig gemacht haben. Nachdem er zurechtgewiesen worden ist, mag er Reue zeigen, dennoch haben die Ältesten in seinem Fall vielleicht gewisse Bedenken. Es mag sein, daß sie ihm früher schon einmal Rat erteilen mußten. Da er also einen gewissen Mangel an Entschlossenheit verrät, die Sünde zu meiden, halten es die Ältesten vielleicht für angebracht, in der Versammlung eine entsprechende Bekanntmachung zu geben, so daß sich die einzelnen Glieder, insbesondere die jüngeren Schwestern, dessen bewußt sind, daß man in Gesellschaft dieses jungen Mannes ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen sollte. Die Ältesten können bekanntgeben, daß sie ihn zurechtgewiesen haben, wobei sie seinen Namen erwähnen.

      20. Was ist im Fall einer kurzen Bekanntmachung erforderlich, damit die Glieder der Versammlung ‘Furcht davor haben’, derselben Sünde zu verfallen?

      20 Wenn eine solche kurze Bekanntmachung, daß jemand zurechtgewiesen worden ist, erfolgt, werden natürlich die meisten Glieder der Versammlung, sofern die Tat heimlich erfolgte, keine Ahnung davon haben, vor welcher Art von Sünde sie sich hüten sollten. Ohne zu wissen, worin die Sünde bestand, werden sie wohl kaum ‘Furcht davor haben’, derselben Sünde zu verfallen. Deshalb sollte ein Ältester in einer späteren Zusammenkunft einige biblische Gedanken behandeln, die mit der betreffenden Art Sünde zusammenhängen, und zeigen, wie man in diese Sünde verstrickt werden könnte und weshalb sie so verwerflich und schädlich ist, und er sollte vernünftigen Rat darüber erteilen, wie man sich wappnen kann, um nicht in eine solche Schlinge zu geraten. Bei einer solchen Ansprache werden jedoch keine Namen genannt.

      21. Wie können die Glieder einer Versammlung vor Sündern geschützt oder darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Personen, deren Sünden offensichtliche Auswirkungen haben, vor allen zurechtgewiesen worden sind, auch wenn kein Name genannt wird?

      21 Die Ältesten sind vielleicht sogar der Meinung, daß schon eine solche Ansprache genügt, denn wenn auch in keiner früheren Zusammenkunft ein Name bekanntgegeben wurde, mögen die Glieder der Versammlung durch die Ansprache den nötigen Aufschluß erhalten, um sich schützen zu können, falls der Betreffende an sie herantritt und erneut die in der Ansprache beschriebene Taktik anwendet. Nehmen wir an, daß unerlaubter Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft führt oder daß eine Ehe aufgrund von Ehebruch geschieden wird. Der Älteste, der in einer Ansprache zeigt, wie jemand in eine Sünde auf geschlechtlichem Gebiet verstrickt werden kann, könnte u. a. warnend sagen: „Wir sollten nicht denken, das könnte uns nicht passieren, denn es ist in unserer Versammlung passiert, und wir stellen mit Bedauern fest, daß es nun unerfreuliche Folgen hat.“ Wiewohl also weder vor noch während, noch nach der Ansprache ein Name genannt worden ist, würden die Glieder der Versammlung wissen, daß eine Zurechtweisung erteilt worden ist, sobald sie von der Schwangerschaft oder der Ehescheidung Kenntnis erhalten.

      22. (a) Welche schriftgemäße Verantwortung haben Älteste im Hinblick auf Übertretungen und gegenüber denjenigen, die sie begangen haben? (b) Inwiefern hat der Übertreter stets für seine Sünde zu zahlen, auch wenn ihm Barmherzigkeit erwiesen worden ist?

      22 Als Hirten können die Ältesten einer Versammlung anhand des Wortes Gottes heilen, zurechtweisen, Verweise erteilen, zurechtbringen und züchtigen (Gal. 6:1; 2. Tim. 3:16; Jak. 5:14-16). Sie können aber auch dadurch einen „Verweis“ erteilen, daß sie reuelosen Sündern die Gemeinschaft entziehen (1. Kor. 5:1-13; 2. Kor. 2:6-8). Die Versammlung mag einem Sünder Barmherzigkeit erweisen. Das bedeutet aber nicht, daß er straffrei ausgeht. Denn obwohl er aufgrund seiner Reue Jehovas Barmherzigkeit erlangt, wird die Sünde bei ihm unausweichliche Folgen haben. Die Sünde wird sich zwangsläufig auf den Übertreter in geistiger, seelischer, körperlicher und materieller Hinsicht mehr oder weniger schädigend auswirken. Doch er ist selbst an dem schuld worunter er zu leiden hat. Er erntet, was er gesät hat (Gal. 6:7, 8).

      23. Was sollten wir alle daher beharrlich und vertrauensvoll tun?

      23 Bemühen wir uns daher alle, nicht im Hinblick auf das Fleisch und seine schlechten Neigungen zu „säen“, sondern im Hinblick auf den Geist, da wir wissen, daß wir „vom Geist ewiges Leben ernten“ können. Ja, „laßt uns nicht nachlassen, das zu tun, was vortrefflich ist, denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten“, nach der Gerechtigkeit zu trachten, die uns Gottes Anerkennung und seinen reichen Segen einträgt (Gal. 6:8, 9).

      [Fußnoten]

      a Manche Übersetzungen verwenden bei der Wiedergabe von 1. Timotheus 5:20 das Wort „Öffentlichkeit“ oder „öffentlich“. Einige davon beschränken die „Sünder“ nur auf den Kreis der Ältesten, die im vorangehenden Vers (Vers 19) erwähnt werden. Monsignore Knox gibt den Text zum Beispiel so wieder: „Erteile denjenigen, die ein schlechtes Leben führen, einen öffentlichen Tadel“ und sagt in einer Fußnote: „‚Denjenigen‘ bedeutet wahrscheinlich ,denjenigen Presbytern [Ältesten]‘; die Anweisung, daß sie in der Öffentlichkeit getadelt werden sollten, wird meistens so aufgefaßt, daß es bedeutet ,vor den anderen Presbytern‘.“ Zur Frage, ob sich die Worte „vor allen“ auf „alle Ältesten“ oder auf „alle in der Versammlung“ beziehen, heißt es in dem Theologisch-homiletischen Bibelwerk von J. P. Lange: „Grammatisch ist das Eine eben so wohl zulässig als das Andere.“ Wir machen auf diese Punkte nur aufmerksam, um zu zeigen, daß die Worte „vor den Augen aller“ aus 1. Timotheus 5:20 grammatisch mehr als eine Anwendung zulassen: auf eine größere Gruppe wie die versammelte Gemeinde oder auf eine kleinere Gruppe wie eine Ältestenschaft.

      b Viele Bibelkommentatoren geben zu 1. Timotheus 5:20 ähnliche Erklärungen. Albert Barnes sagt dazu: „... die Anweisung spricht hier davon, wie ein Übertreter behandelt werden sollte, dessen Schuld erwiesen und öffentlich bekanntgeworden ist. In diesem Fall sollte eine öffentliche Mißbilligung zum Ausdruck gebracht werden.“ In dem Theologisch-homiletischen Bibelwerk von J. P. Lange heißt es: „... die Natur der Sache selbst erheischt, ... [hamartánontas] entschieden von gröberen Vergehungen zu verstehen, und zwar von solchen, an welchen die Gläubigen mit Grund Aergerniß nehmen.“ In Henry’s Bible Commentary ist zu lesen: „Sünder, die öffentlichen Anstoß erregt haben, müssen öffentlich getadelt werden, da ihre Sünde in der Öffentlichkeit geschehen und vor vielen begangen worden ist — oder zumindest viele davon gehört haben —, müssen sie öffentlich und vor allen zurechtgewiesen werden.“

      c Zwar werden bestimmte Personen in den Briefen des Paulus und Johannes in ungünstigem Sinne erwähnt, doch sollte man beachten, daß es sich dabei um Briefe handelt, die an Einzelpersonen geschrieben worden waren, um diese vor Abtrünnigen oder vor Personen zu warnen, die sich der Tätigkeit der Apostel widersetzten (1. Tim. 1:19, 20; 2. Tim. 1:15; 4:10, 14, 15; 3. Joh. 9). Im Gegensatz dazu enthalten viele Briefe der inspirierten Schreiber Zurechtweisungen, die unbedingt erforderlich waren, doch die Übertreter bleiben ungenannt. (Vergleiche Römer 2:1-4, 17-24; 1. Korinther 1:11-13; 3:1-4; 15:12; Jakobus 2:1-9.)

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    Der Wachtturm 1977 | 1. März
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