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Die Bedrohung durch die AtombombeErwachet! 1984 | 22. Juni
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Unterstützung erhalten — durch Kirchenführer und kirchliche Organisationen.
Das hat für manche eine erstaunliche Kehrtwendung bedeutet. Noch im Jahre 1950 berichtete die New York Times: „Durch seine Tageszeitung L’Osservatore Romano versicherte der Vatikan der Regierung und dem Volk der Vereinigten Staaten heute, daß er volles Verständnis für die Gründe habe, warum Präsident Truman den Entschluß gefaßt habe, eine Wasserstoffsuperbombe bauen zu lassen.“ Im Jahre 1958 wurde aus Dänemark gemeldet, daß ein Organ des protestantischen Ökumenischen Rates der Kirchen den Standpunkt vertrat: „Ein Christ könnte den Einsatz von Atomwaffen in einem begrenzten Krieg mit seinem Gewissen vereinbaren.“
Bestimmte Kirchenführer sprachen sich noch deutlicher für die Atombombe aus. Im Jahre 1958 erklärte der Erzbischof von Canterbury: „Soviel ich weiß, soll sich nach göttlicher Vorsehung das Menschengeschlecht auf diese Weise [durch Atombomben] selbst vernichten.“ Und im Jahre 1961 meldete die englische Zeitung Daily Express: „England soll die Wasserstoffbombe behalten, ... sagte gestern der Erzbischof von Wales. Vielleicht führt sie die Menschen zu Christus.“
Es ist daher recht bemerkenswert, feststellen zu müssen, daß man jetzt von protestantischer und katholischer Seite gegen die Kernwaffen protestiert. Warum diese Kehrtwendung? Was sagen sie jetzt? Wird das auf lange Sicht wirklich etwas ändern?
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Warum die Bischöfe jetzt dagegen aufstehenErwachet! 1984 | 22. Juni
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Warum die Bischöfe jetzt dagegen aufstehen
„NOCH nie ist die Menschheit der Selbstzerstörung so nahe gewesen wie jetzt.“ Mit diesen Worten warnte die 6. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, die im vergangenen Sommer in Vancouver (Kanada) tagte, vor der drohenden Gefahr einer nuklearen Katastrophe. Sie rief zur Beendigung des Wettrüstens auf, indem sie erklärte: „Die atomare Abschreckung ist moralisch unannehmbar, weil bei diesem Konzept der Einsatz von Kernwaffen intendiert wird.“
Wenige Monate zuvor, im Mai 1983, veröffentlichten die katholischen Bischöfe der USA die endgültige Fassung eines langen Briefes, der überschrieben war „Die Herausforderung des Friedens — Gottes Verheißung und unsere Antwort“. Darin rieten sie dringend zur Abrüstung und sprachen sich dafür aus, „die Erprobung, Produktion und Stationierung neuer nuklearer Waffensysteme anzuhalten“. Sie beteuerten: „Es [darf] kein Mißverständnis über unsere tiefe Skepsis hinsichtlich der moralischen Akzeptanz jedes Einsatzes von Kernwaffen geben.“
Das sind zwei der bedeutenderen Erklärungen, die in letzter Zeit von Kirchenführern gegen Kernwaffen abgegeben wurden. Gewisse Kreise haben auf die Stellungnahme der Bischöfe in der Frage der Atomrüstung begeistert reagiert. Wie die Zeitung New York Times schrieb, sagte ein presbyterianischer Geistlicher darüber: „Aus dem Brief spricht eine Stimme des sittlichen Gewissens, die sich nicht nur an die Katholiken wendet, sondern an alle Amerikaner und an jeden anständigen Menschen ... Gott segne die katholischen Bischöfe.“
Es gab aber auch Kritik. Der amerikanische Philosoph Sidney Hook schrieb: „Der Standpunkt der Bischöfe verrät Unwissenheit, ist unrealistisch und moralisch verantwortungslos.“ Und die Führerin der Anti-Feministinnen-Bewegung Phyllis Schlafly soll gesagt haben, die Erklärung der Bischöfe sei gefährlich, weil sie die Katholiken auf den Weg des „Pazifismus ... und der Abrüstung sowie der Liebe zu den Russen“ führe.
Wenn man bedenkt, daß die Geistlichen jahrhundertelang Kriege unterstützt haben und daß man in den Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg von dieser Seite noch Worte zugunsten der Kernwaffen gehört hat, stellen die kritischen Erklärungen gegen die Atomrüstung schon eine erstaunliche Kehrtwendung dar. Was ist der Grund dafür?
Vierzig Jahre zu spät
Der Brief der amerikanischen Bischöfe enthält eine Art Begründung: „Das heutige Zerstörungspotential der Atommächte bedroht den Menschen und die Zivilisation, die wir langsam aufgebaut haben, und sogar die Schöpfungsordnung selbst.“ Das ist jedoch seit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki vor fast 40 Jahren so. Warum hörte man damals aus diesen Lagern keine Proteste?
In dem Dokument der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen heißt es: „Wir glauben, daß jegliche Absicht, Massenvernichtungswaffen einzusetzen, eine furchtbare Verletzung des Geistes Christi ist, der in uns wohnen sollte.“ Traf das nicht auch zu, als im letzten Weltkrieg Hunderttausende von der Zivilbevölkerung ums Leben kamen? Doch damals gab es wenige Kirchenführer, die dagegen protestierten.
Der Kernphysiker Harold M. Agnew äußerte
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