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Antibiotika — ein zweischneidiges SchwertErwachet! 1976 | 8. Juni
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dies trotz der Tatsache, daß die Ärzte seit über 25 Jahren vor diesem Mittel gewarnt werden.
Woher kommt die Neigung, zu viele Antibiotika zu verabreichen? Als die Behandlung mit Antibiotika aufkam, konnte man damit gegen die meisten Infektionskrankheiten ganz anders vorgehen als vorher. Jetzt gab es wenigstens etwas, was die für die Krankheit verantwortlichen Mikroorganismen angriff. Konnte man keine genaue Ursache für die Krankheit feststellen, haben Ärzte, die von diesen Mitteln begeistert waren, sie versuchsweise bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt, das heißt, ohne daß ihr Einsatz wirklich angezeigt war. Was auch dazu beitrug, war, daß die Patienten dies sehr oft so verlangten. Das Ergebnis war ein in vielen Fällen ungerechtfertigter Gebrauch von Antibiotika.
Ein weiterer Grund für den übermäßigen Gebrauch von Antibiotika ist sicher auch der Wunsch des Arztes, einfach irgend etwas zu unternehmen, und dabei denkt er dann nur an die nützlichen Auswirkungen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, wie dies von S. M. Wolfe, dem Direktor der Ralph Nader’s Health Resource Group, zur Sprache gebracht wurde, daß die Ärzte in der Erlangung von Informationen über Arzneimittel zu sehr von den Arzneimittelvertretern abhängen, deren Interessen von ihrem Warenangebot bestimmt werden.
Weshalb ein „zweischneidiges Schwert“?
Warum helfen Antibiotika vielen, aber nicht allen Menschen? Warum sind sie so oft ein zweischneidiges Schwert? Ein Faktor ist der körperliche Zustand des Patienten. Bei starken Antibiotika ist es wahrscheinlich, daß sie stark giftige Nebenwirkungen haben. Es ist die Aufgabe der Leber und der Nieren, die Giftstoffe zu beseitigen. Wenn aber die Leber erkrankt ist oder wenn die Nieren nicht voll funktionsfähig sind, beseitigen sie die giftigen Rückstände der Antibiotika vielleicht nicht völlig, so daß die Körperzellen diesen Giftstoffen zum Opfer fallen, der Patient krank wird und vielleicht sogar stirbt.
Noch häufiger entstehen beim Gebrauch von Antibiotika Komplikationen durch eine Allergie oder irgendeine Unverträglichkeit. Ein Patient kann gegenüber einem oder mehreren dieser Präparate allergisch sein, und das kann für ihn Schaden und sogar den Tod bedeuten. Beispielsweise wird die überwiegende Mehrzahl der über eintausend lebensgefährlichen Reaktionen auf Antibiotika, die bisher beschrieben wurden, durch Penicillin hervorgerufen, und von diesen führten 10 Prozent zum Tode.
Dann besteht noch das Problem, daß die Mikroorganismen gegenüber dem Mittel unempfindlich werden, so daß sich die bakterientötende Wirkung des Antibiotikums nicht mehr zeigt. Dies ist in der letzten Zeit bei der Behandlung der Gonorrhö eingetreten. Jahrelang waren die Gonokokken, die diese Krankheit hervorrufen, äußerst empfindlich gegenüber Penicillin, so daß man fast völlig sicher sein konnte, daß die Krankheit bei Verabreichung des Antibiotikums verschwinden würde. Seit einiger Zeit haben sich aber Gonokokkenstämme entwickelt, die gegen Penicillin resistent sind, so daß man nun wesentlich höher dosieren muß als früher oder andere, weniger wirksame Arzneimittel einsetzen muß.
Noch ein Grund, weshalb Antibiotika sich als ein zweischneidiges Schwert erweisen können, ist, daß sie bis auf wenige Bakterienstämme alle Bakterien ausrotten, doch die wenigen vermehren sich dann und rufen gänzlich neue Krankheiten hervor und verschlimmern die Lage. Derartige „Superinfektionen“ werden von Bakterien hervorgerufen, die auf das Antibiotikum nicht ansprechen, aber durch die anderen Bakterien in einer Art „natürlichem“ Gleichgewicht in Schach gehalten wurden.
Von dieser Seite des Problems war in einem Artikel der in Detroit erscheinenden Zeitung The Sunday News vom 28. Juli 1974 die Rede, in dem von Ärzten gesprochen wurde, die warnend darauf hinwiesen, daß ein übermäßiger Gebrauch des — auch in Deutschland — weitestverbreiteten Antibiotikums zur Heranbildung neuer resistenter Stämme von Bakterien geführt hat, die bei Kindern Gehirnentzündung hervorrufen. Bei dem Antibiotikum handelt es sich um Ampicillin, eine Form des Penicillins. Dr. S. Ross vom Kinderkrankenhaus in Washington (D. C.) vertritt die Ansicht: „Die Wirkung von Ampicillin ist verpufft, weil es von Ärzten in der Klinik und auch außerhalb wahllos verwendet wurde.“ Es „war früher das bevorzugte Mittel ... bei schweren Krankheiten des Darmtraktes. Im Jahre 1967 waren fünf Prozent ... [derartiger] Fälle unempfindlich dagegen. Jetzt sind es 95 Prozent ... Die zunehmende Resistenz erfüllt uns mit Schrecken.“
Ein Beispiel dafür sind die möglichen Auswirkungen einiger Antibiotika auf die Darmflora, die nützlichen Bakterien im Darm, die zur richtigen und größtmöglichen Ausnutzung der Nahrung so wichtig sind. Viele praktische Ärzte vertreten die Ansicht, die fortgesetzte Anwendung von Antibiotika töte nicht nur die schädlichen Bakterien, sondern auch einen großen Teil der Darmbakterienflora. Darum legen einige Ärzte Wert darauf, daß ein Patient, der Antibiotika nimmt, zugleich auch vermehrt Joghurt oder ähnliche Milchprodukte zu sich nimmt.
Was kann der einzelne tun?
So mancher mag aus dem bisher Gesagten den Schluß ziehen, das alles betreffe nur die Ärzte, nicht aber ihre Patienten. Wäre das aber richtig? Wenn so viele Ärzte nicht genügend Vorsicht walten lassen, wie dies sogar Sprecher der Ärzteschaft zugeben, dann sollte doch der „Laie“ bestimmt darum besorgt sein. Diese Einstellung kam in der Zeitschrift Science Digest vom Januar 1975 zum Ausdruck: „Insgesamt gesehen werden alle antibakteriellen Mittel von den Ärzten im allgemeinen so häufig mißbräuchlich oder unnötigerweise eingesetzt, daß die Öffentlichkeit lernen muß, sich selbst zu schützen, indem sie sich über die Gefahren Gewißheit verschafft, denn die Ärzteschaft als Ganzes versagt hier ganz offensichtlich.“
Daraus wird deutlich, daß man sehr vorsichtig mit Antibiotika umgehen sollte. Man sollte seinen Arzt nie drängen, Antibiotika zu verschreiben. Niemals sollte man Mittel einnehmen, die anderen verschrieben wurden; man experimentiere nie selbst. Der Arzt muß erfahren, ob man in der Vergangenheit Antibiotika bekommen hat und ob irgendwelche Reaktionen aufgetreten sind. Er sollte auch darüber Bescheid wissen, welche anderen Arzneimittel man zur Zeit einnimmt. Verschreibt er Antibiotika, sollte man sich erkundigen, ob auch eine Behandlung mit anderen Mitteln möglich ist. Wenn es nicht ohne Antibiotika geht, dann halte man sich genau an die ärztliche Vorschrift.
Wir können dieses Thema nicht besser zusammenfassen als mit einem Zitat aus den Schlußbemerkungen Dr. Zureks in seinem Kapitel „Durch Antibiotika verursachte Krankheiten“: „Wir hoffen, diese Betrachtung der nachteiligen Auswirkungen von antibakteriellen Wirkstoffen trägt dazu bei, daß man diesen Arzneimitteln mit angemessenem Respekt gegenübertritt. Sie haben Wunder gewirkt, aber auch Katastrophen hervorgerufen. Keines ist völlig ohne Gefahr. ... Die Behandlung mit Antibiotika ist nur dann erfolgreich, wenn man sich darüber im klaren ist, was sie wirklich leisten, und sich ihre Gefahren ständig vor Augen hält.“
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Die Bedeutung der EktohormoneErwachet! 1976 | 8. Juni
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Die Bedeutung der Ektohormone
● Wissenschaftler untersuchen eingehend die Auswirkung des Geruchs der Ektohormone. Ektohormone sind Wirkstoffe, die nach außen abgegeben werden und die den Hormonen ähneln. Einige Insekten benutzen Ektohormone, um andere Artgenossen anzulocken. Im Bienenstock erhält die Königin eine besondere Ernährung und wird in einer übergroßen Zelle groß. Aber was hindert die anderen Bienen, die Fähigkeit zu entwickeln, Eier zu legen und somit Rivalinnen der Königin zu werden? Man vermutet, daß die Bienenkönigin ein Ektohormon absondert, das die Arbeitsbienen beeinflußt, die es riechen oder winzige Mengen davon fressen. Dieses verhindert, daß sich die Eierstöcke der Arbeitsbienen entwickeln, und steuert ihre Fähigkeit, Zellen für die Königin zu bauen. Wenn jedoch die Königin stirbt oder den Bienenstock verläßt, um eine neue Kolonie zu gründen, verschwindet der Geruch ihrer Ektohormone. Die zurückgebliebenen Bienen beginnen bald wieder, Zellen für die Königin (Weiselzellen) zu bauen, um eine Ersatzkönigin hervorzubringen.
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