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Genügt es, aufrichtig zu sein?Der Wachtturm 1956 | 1. August
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Genügt es, aufrichtig zu sein?
VIELE Leute sagen, es genüge, wenn jemand in seinem Glauben aufrichtig sei. Sie argumentieren, daß Gottes Gericht eher auf Aufrichtigkeit als auf Richtigkeit beruhe. Es sei nicht so sehr eine Sache des rechten Glaubens, sondern mehr des aufrichtigen Glaubens. Aufrichtigkeit ist notwendig, genügt sie aber?
„Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes.“ Der falsche Weg führt nicht deshalb an den rechten Ort, weil jener, der ihn geht, aufrichtig ist. — Spr. 14:12.
Jesus sagte zu seinen Nachfolgern: „Die Stunde kommt, da jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen heiligen Dienst zu erweisen.“ Wird Jehova es gutheißen, daß Christen aus Gründen der Aufrichtigkeit getötet werden? — Joh. 16:2, NW.
Der Apostel Paulus sagte von jenen, deren Glaube wohl aufrichtig, aber verkehrt war: „Ich lege für sie das Zeugnis ab, daß sie Eifer für Gott haben, doch nicht gemäß genauer Erkenntnis; denn weil sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten, sondern ihre eigene aufzurichten suchten, unterwarfen sie sich nicht der Gerechtigkeit Gottes.“ — Röm. 10:2, 3, NW.
Diese Personen waren aufrichtig. Sie waren auch widerspenstig. Sie waren derart darauf erpicht, zu beweisen, daß sie im Recht waren, daß sie keine Zeit hatten, das kennenzulernen, was Gott als das Rechte bezeichnete. Sie waren nicht aufrichtig demütig, sondern waren aufrichtig widerspenstig, indem sie ihren eigenen Willen und ihre Wege vergötterten und sich weigerten, sich dem Willen und den Wegen Gottes zu unterwerfen.
Aufrichtigkeit ist notwendig, genügt aber nicht. Jene, die wahrhaft aufrichtig sind, werden sich ändern, wenn sie lernen, daß sie im Unrecht sind. Wegen ihrer Aufrichtigkeit erweist Jehova ihnen Barmherzigkeit. So war es im Falle des Apostels Paulus, der schrieb: „Ich [war] früher ein Lästerer und Verfolger und Frevler. Dennoch wurde mir Barmherzigkeit erwiesen, weil ich unwissend war und aus Mangel an Glauben handelte.“ — 1. Tim. 1:13, NW.
Jehova fordert mehr als nur Aufrichtigkeit: „Was fordert Jehova von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu wandeln mit deinem Gott?“ Wie ist es möglich, gerecht zu handeln und Güte zu praktizieren, ohne zu wissen, was Jehova als gerecht und gut ansieht? Wie kann man demütig mit Gott wandeln, wenn man den Weg oder Pfad Gottes nicht kennt? Man kann nicht widerspenstig auf eigenen Wegen und gleichzeitig demütig auf Gottes Wegen wandeln. — Mich. 6:8.
Jemand, der wahrhaft aufrichtig ist, wird sich ändern, wenn erwiesen ist, daß er sich im Unrecht befindet. Wie aufrichtig ist denn jener, dem aus seiner eigenen Bibel nachgewiesen wird, daß „die Seele, welche sündigt, sterben soll“, der aber fortfährt, zu glauben, daß die Seele unsterblich sei? Wie aufrichtig ist jener, der noch glaubt, daß Gott und Christus einander in einer Dreifaltigkeit gleich seien, nachdem er in seiner eigenen Bibel Jesu Worte gelesen hat: „Mein Vater ist größer als ich“? Wie aufrichtig ist jener, dem aus seiner eigenen Bibel nachgewiesen wird, daß ‚der Lohn der Sünde der Tod ist‘, der aber fortfährt, zu argumentieren, daß die Strafe für Sünde ewige Qual sei? — Hes. 18:4; Joh. 14:28; Röm. 6:23.
Ist es nicht möglich, daß viele, die sagen, Aufrichtigkeit genüge, nur ihrer eigenen Handlungsweise folgen und ihr den Stempel göttlicher Gutheißung aufdrücken wollen? Es ist so leicht, eigene Wege zu gehen, während man sich selbstgefällig hinter der Behauptung der Aufrichtigkeit versteckt. Oft lauert Widerspenstigkeit unter dem Mantel der Aufrichtigkeit. Wenn dies nicht der Fall ist, wenn die Aufrichtigkeit durch und durch echt ist, ändert sich sein Besitzer, wenn sich seine Wege als falsch erweisen. Wenn jemand sich nicht bemüht, zu lernen, was recht ist, wenn er sich nicht ändert, nachdem sein Glaube als falsch erwiesen ist, dann war der Betreffende nie wahrhaft aufrichtig.
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Jesus und die JudenDer Wachtturm 1956 | 1. August
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Jesus und die Juden
Warum nahmen vor neunzehnhundert Jahren die Juden an Jesus Anstoß? Warum ist er heute ein noch größerer Stein des Anstoßes für die Juden? Welche Tatsachen bilden den Schlüssel zu einem diesem Thema gegenüber lange verschlossenen Sinn?
JESUS konnte Wasser in Wein verwandeln. Er konnte dem Winde Halt gebieten, die Wellen besänftigen und auf dem Wasser wandeln. Er konnte mit wenig Broten und Fischen Tausende speisen. Er konnte Lahme heilen, Aussätzige reinigen, Blinde sehend und Taube hörend machen. Ja, er konnte selbst die Toten zum Leben auferwecken.
Aber er konnte nicht die jüdische Nation bekehren.
Er erwartete dies auch nicht. Er wußte, daß Jesaja vorausgesagt hatte, daß er beiden Häusern Israels ‚ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Strauchelns‘ sein werde. Gottes Wort würde nicht unerfüllt bleiben. Er erwartete Verwerfung, Verfolgung und Tod. — Jes. 8:14.
Dessenungeachtet verursachte Jesus, daß Tausende und aber Tausende einzelner Juden vom Judaismus zum Christentum übertraten. Das Christentum ruht auf jüdischer Grundlage. Alle Apostel und ersten Jünger Jesu waren Juden. Obwohl die Mehrheit dieser Christen aus den Juden den niedrigeren Ständen entstammten, waren doch einige davon früher Schriftgelehrte, Priester und Pharisäer gewesen. (Apg. 6:7; 15:5) Die charakteristische Eigenart des Juden hat sich nicht verändert. Wenn Rasseneigenart damals Tausende nicht davon abhielt, Jesus anzunehmen, können solche rassischen Züge nicht zu Recht dafür verantwortlich gemacht werden, daß die Juden Jesus Christus verwerfen. Warum nahmen ihn damals denn so viele Juden an, heute aber so wenige?
Er wirkte damals Wunder, welche Christen heute nicht wiederholen können. Sie waren eindrucksvoll, in die Augen fallend und lockten große Mengen an. Aber Jesus legte nicht Nachdruck auf die Wunder. Wunder flößen heilige Scheu und Bewunderung ein und lenken die Aufmerksamkeit auf sich. Aber das Erlangen genauer Erkenntnis ist das, was die Menschen bekehrt, was ihnen ihren Sinn umgestalten hilft und ihre Persönlichkeit verändert, indem es sie von der alten Denk- und Handlungsweise weg und zu neuen Wegen christlichen Denkens und Benehmens führt. Weil jetzt mehr Prophezeiungen erfüllt sind
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